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S. 5z8.2 eine zweite Richtung ausgesteckt, wobei mehrere unzweckmäßige Bögen ausgeschaltet werden könnten. Es wird beschlossen, den Ausbau des Mühlbacher Weges unter Beibehaltung der alten Wegrichtung durchzuführen. Dabei sind vom Grundstücke der Irau Julie Kraus etwa 100 Quadratklafter Grund einzulösen u. zw. zu dem eforderten Preise von 3 Kronen pro Quadrat- klafter. - Laut Erlaß der politischen Bezirksverwaltung Asch führt die Masarykliga zur Bekämpfung der Tuberkulose auch im heurigen Frühjahr, insbesonders ab Monat März eine gesamtstaatliche Finanzaktion durch. Diese Aktion soll seitens der Gemeinde durch Mitarbeit und Spenden aus eigenen Mit- teln unterstützt werden. Der Stadtrat nimmt davon Kenntnis. Ueber Anregung des Stadtbauamtes wird beschlossen, im Laufe des heurigen Jahres in verschiedenen nichtgepflasterten Straßen einige gepflasterte Uebergänge herzustellen. — Zufolge eines Ansuchens um Herrichtung der Straße in der Scheibenflur wird beschlossen, die Besitzer der dort errichteten Einfamilien- Wohnhäuser aufzufordern, im Sinne der baubehördlichen Ver- pflichtung den Bürgersteig herstellen zu lassen; dann soll im heurigen Jahre die Kanalisierung und im nächsten Jahr der Ausbau der Jahrstraße durchgeführt werden. — Der Bücherei- rat ersucht um eine Hilfskraft für die Bücherei. Die Bücher- ausleihung, die im letzten Monat die Zahl von 4400 erreichte, steigt fortwährend, sodaß die Arbeiten vom Buchwarte nicht mehr zu bewältigen sind. Es wird der provisorischen Ein- stellung einer Hilfskraft grundsätzlich zugestimmt. Bezüglich der Bewerber um diese Stelle hat der Büchereirat Vorschläge zu erstatten. — Für das Laboratorium der städt. Lebensmittel- kontrolle werden die nötigen Anschaffungen bewilligt. — Zu einem von der politischen Bezirksverwaltung zur Aeußerung vorliegenden Ansuchen der Firma Brüder Wunderlich, betref- fend Bewilligung von 4 Wohnräumen des Hauses Nr. 1457 in der Goethegasse für Betriebszwecke, kann die Zustimmung nicht erteilt werden. Von der Ascher Diakonie. In der Hauptversammlung des Evang. Frauenvereins erstattete Frau Mathilde Gei- pel für den Tiakonissenbericht für 1925, in welchem es heißt: Unser abgelaufenes Vereinsjahr steht diesmal im Zeichen der Erinnerung u. zw. liegen bereits 25 Jahre segensreicher Tiakonissenarbeit hinter uns. Mit einem schö- nen Festabend, dessen Verlauf den werten Anwesenden viel- leicht noch in freundlicher Erinnerung steht, haben wir das 25jährige Jubiläum begangen. Tank der vielen rei- chen Spenden und der nimmermüden Hände, die sich in den Tienst der guten Sache gestellt hatten, haben wir außer den geselligen Stunden und der Freude auf ein gesegnetes Arbeitsfeld zurückblicken zu können, unserem Fond das Reinerträgnis von 5384 Kronen zuführen kön- nen. Getrost verfolgen wir auch weiterhin den Weg im Glauben, der in der Liebe tätig ist und wenn Manche unter uns einst das 50 jährige Erinnerungsfest der Tiakonie in Asch mitfeiern werden, so vergeßt nicht ganz derer, die bisher dieses Liebeswerk gefördert haben. Gott hat bis- her geholfen, er möge auch weiter helfen! — Nicht allein, daß das vergangene Jahr ein Jubiläumsjahr gewesen ist, auch in Bezug auf Spenden, die uns dieses Jahr reich- licher als sonst bei verschiedenen Anlässen zugeflossen sind, veranlassen uns dieses Jahr als ein gesegnetes zu be- tzeichnen. So empfingen wir an Spenden bei Freud und Leid 6728 Kronen. An Jahresbeiträgen kamen 3069 Kronen ein. Die Pflegegelder wurden hauptsächlich durch freiwillige Spenden überzahlt und betragen diese Einnahmen im Ver- lauf dieses Jahres 1110 Kronen. Nach Vereinbarung in unserer Hauptsitzung wird die Tag- und Nachtpflege 1 Klasse mit 30 Kronen, die 2. Klasse mit 20 Kronen und die 3. Klasse mit 10 Kronen berechnet; letztere Berechnung tritt jedoch gantz selten in Kraft, da die Pflege in diesem Falle meist unentgeltlich geleistet wird. Es bleibt nach wie vor der edle Zweck der Tiakonie in Asch, den Be- dürftigen die Pflege gern umsonst zuteil werden zu las- sen. Es sei an dieser Stelle besonders auch herzlich dan- kend unserer stets pflichteifrigen Frau Kassierin E. Ludwig gedacht. Großen Tank nochmals und Gottes Segen da- ü!Unsere Schwester Fini hat in diesem Jahr 1300 Krankenbesuche, 32 Nachtwachen, 111 Verbände und ver- schiedene Stundenpflegen geleistet. Auch eine Weihnachts- bescherung im Armenhause hat sie veranstaltet und danken wir ihr hierdurch herzlich für all' ihre Fürsorge und al- len lieben Spendern, die die Beteilungen an Arme er- möglichten. — Durch den Tod wurde uns in diesem Jahr ein wertgeschätztes Mitglied Herr Eberhard Zapf und eine von den Unſrigen: Frau Elsa Wagner entrissen; auch bei der Arbeit der Tiakonie sei an dieser Stelle letzterer für ihr liebevolles Verständnis in Treue gedacht. — Wir schlie- ßen unseren heutigen Bericht, nur immer wieder dan- kend, zunächst dem Herrn, dem Allmächtigen, der uns bis hierher geleitet und allen lieben Freunden, die stets mit Rat und Tat unser Liebeswerk unterstützt haben, getreu dem Spruche: „Nun aber bleibet Glaube, Hoffnung, Liebe diese drei; aber die Liebe ist die Größte unter ihnen.“ Der Konfirmationsbericht über das Jahr 1925, erstattet von Frau Bertha Schaller in der am 10. d. M. stattgefundenen Hauptversammlung des Evangelischen Frauenvereines, lautet: Ein Jahr ist wiederum seit unserer letzten Hauptversammlung verflossen. An der großen Weltenuhr ein unendlich kleines Atom, für unseren Verein aber ein ausschlaggebender Zeitraum. Wie viel Arbeit und Gelderfordernis bringt diese kurze Zeit! Abgesehen von unserem ganzen Vereinsgetriebe verändert auch alljährlich das Konfirmationsgebiet sein Bild. Nicht nur an der Zahl der zu beteilenden Kinder, sondern auch an der Quali- tät und Quantität der Spender und Spenden. Was die finanziellen Einnahmen betrifft, kann ich gottlob keinen Rückgang verzeichnen, jedoch an dem Bedürfnis, dem Vereine mit Waren zu helfen, muß unbedingt ein Krebsbazillus seine verheerende Wirkung fühlbar machen. Wie unheilbringend eine solche Erkrankung bei Nichtbeachtung werden kann, brauche ich wohl nicht des längeren zu erörtern. Ich bitte daher die werten Anwesenden, die hier in Betracht kommenden Aerzte, wie Jabrikanten, Ge- schäftsleute, überhaupt alle gutbesoldeten Menschenkinder, welche die Mittel haben, diese Krankheit zu kurieren, an ihre Menschen- liebe zu erinnern. Unser Warenmagazin wird recht klein und noch dazu jetzt, wo schon wieder eine neue Mode ist, die mehr Stoff verlangt. Der größte Maler mit seinen besten Gedanken kann sein Bild nicht verwirklichen, wenn ihm Pinsel und Farbe fehlen, und wir können bei aller Hilfsbereitschaft keine Waren verschenken, wenn unsere Jreunde auf uns vergessen. Hoffentlich ist es nur eine vorübergehende Krankheit und ich kann nächstes Jahr die Gesundung honstatieren. Die Einnahmen sind dank der Unterstützung von über 300 Mitgliedern unseres Vereines und des Beitrages des löblichen Presbyteriums nicht zurück- gegangen und kann ich außer diesen Beiträgen noch von spezi- ellen Zuwendungen berichten: Herr Adolf Werner spendete 15 K außer den gezeichneten Schuhen, Jrau Helene Buchheim hat ihr Konto in meinem Kassabuche bedacht und eine dankbare Mutter in der Langegasse, Frau Tini Wilhelm, gab mir 25 K aus Dankbarkeit für die Genesung ihres lieben Kindes. Waren- spenden erhielten wir von den Firmen: Gebrüder Adler, Jer- dinand Hübner, J. C. Klaubert & Söhne, Adolf Werner und Peter Guſtav Werner, ferner von den Frauen Martha Geipel, Sofie Jauernig, Hilde Martin, Gretl Planer und Ida Ruß Beschenkt wurden 34 Knaben und 35 Mädchen mit 1115 K in bar, 4 Knabenanzugstoffen, 11 Paar Schuhen, 1 Hut, 7 Kleiderstoffen, 4 Unterröcken, weiters Hosenträgern, Wäsche und Strümpfen. Gewiß eine große Anzahl von Kindern mit einer hübschen Beschenkung! Hoffen wir, daß damit Ireude und Erleichterung geschaffen wurde. Ich sage nun am Schlusse meines Berichtes im Namen meiner Mitarbetterinnen allen, die dazu beigetragen haben „Vergelt's Gott“ und bitte die Damen Her- mine Alberti und Lina Komma um den Revisionsbericht. Der Deutsche Bildungsverein verlautbart: Im Rahmen der bildenden Veranstaltungen des Deutschen Bildungsvereines beabsichtigt Herr Professor Richard Fleißner einen theoretischen Vortragskurs über „Kunstempfinden und Kunstbetrachtung“ zu halten, wobei er vor allem eine Einführung in das Kunstschaffen unserer Zeit im Auge hat. Dabei leitet ihn die Erkenntnis, daß niemand es so schwer hat, sich seinen Zeitgenossen ver- ständlich zu machen, wie der bildende Künstler. Technische Neuerungen bürgern sich meist sehr rasch ein, wenn ihre Zweck- dienlichkeit erkannt worden ist; die Ergebnisse der Arbeit des Jorschers wurden durch die Schule, durch Zeitungen und Zeit- schriften und auf andere Weise ins Volk getragen; die Werke des Dichters, des Komponisten werden durch den Buchhandel verbreitet, im Theater- und Konzertsaale aufgeführt und können so lebendige Wirkung tun. Der Maler aber und der Bild- hauer, die neue Jormen der hünstlerischen Gestaltung versuchen, stoßen dabei fast immer auf heftigen Widerspeuch und gewaltiges Befremden, selbst bem Großteile der Gebildeten. Ehe man noch weiß, was der Künstler will, fällt man über sein Tun ein vernichtendes Urteil. Niemand wird also die traurige Tatsache leugnen wollen, daß die Kunft, besonders die bildende Kunst, dem Volke fremd und unverständlich geworden ist. Diese Kluft aber muß sich wieder schließen, soll nicht unsere Entwicklung als Kulturvolk darunter leiden. Als ein Beitrag zu dieser Arbeit ist auch die neue, zunächst auf dier Stunden berechnete Vortragsreihe des Herrn Prof. Jleißner anzusehen. Der Vor- tragende lädt alle, die daran teilzunehmen wünschen, für Sonn- tag, den 14. März, 1/212 Uhr vormittags, zu einer kurzen Besprechung in die Steinschule ein. Die Novellierung des Gefällsstrafgesetzes wird laut Informationen der „Loko Preß“ beschleunigt vorbereitet. Das neue Gesetz wird sich auf direkte und indirekte Steuern beziehen und einheitlich in allen Gebieten der Republik sein. Die größte Veränderung ist die Einführung des münd- lichen Verfahrens und ferner der Umstand, daß dem Be- weisverfahren das freie Ermessen der Behörde zugrunde liegen wird. Außerdem wird das neue Gesetz den Par- teien freie Einsichtnahme in die Akten gewähren. Den Parteien selbst wird es überlassen bleiben, sich mit der verhängten Strafe zufrieden zu geben oder die Verkün- dung eines Gerichtsurteiles zu verlangen. Neuer Druck der Briefmarken. Auf Interventionen des Großhändlerverbandes bezüglich der schlechten Qua- lität des Klebstoffes auf den Briefmarken hat das Post- ministerium dahin geantwortet, daß bei den 19 Marken- werten, von denen insgesamt 800 Millionen Stück ver- braucht werden, die Fälle, in welchen sich die Marke los- gelöst hat, nur einen geringen Prozentsatz ausmachen. Außer- dem teilt das Ministerium mit, daß sich die Truckart we- sentlich verändert hat und daß künftig ein anderes Pa- pier verwendet werden wird, welches eine gleichmäßigere Gummierung ermöglicht. Der Truck wird künftig durch ameritanische Stahltiefdruckmaschinen erfolgen, welche bis- her in Europa einzig von Schweden verwendet werden. Auswanderungsbewegung im Jänner 1926. Nach den vorläufigen Vormerkungen des Statistischen Staats- amtes (zu deren Vollständigkeit noch Berichte aus 9 Be- zirken fehlen), wurden im Monate Jänner Auswanderer- pässe ausgestellt: in Böhmen für 460 Personen, in Mähren für 231, in Schlesien für 37, in der Slowakei für953, Karpathorußland für 64, in der ganzen Republik zusammen für 1745 Personen (im Dezember 1925 für 901 Personen). Von ihnen haben als Reiseziel 739 (642) Personen euro- päische Staaten angegeben u. zw. Frankreich 255 (161), den Verband d. Soz. Sowzet Republiken 104 (265), Deutsch- land 157 (58), Oesterreich 64 (51), Ungarn 47 (27), Ru- mänien 22 (21), das Königreich SS 16 (30), Polen 12 (1), sonstige europäische Staaten 62 (28) Personen. Ueber- seeische Staaten gaben als Reifeziel im ganzen 1001 (256) Personen an, und zwar: Kanada 743 (53), Argentinien 116 (135), die Vereinigten Staaten von Nordamerif 4 (- Brasilien 15 (1), sonstige überseeische Staaten“9 sonen. Außerdem gaben 5 (3) Personen kein Reiseziel an. Die Statistit der nach überseeischen Staaten ausgefolgten Auswandererpässe wird durch die Statistik der zum Ueber- seetransport übernommenen Auswanderer ergänzt, deren es im Jänner 1926 den vorläufigen Vormerkungen nach im ganzen 439 (im Dezember 1925: 415) gab und welche nach folgenden Staaten ausgewandert sind: in die Vereinig- ten Staaten von Nordamerika 247 (256), nach Argenti- nien 141 (135), nach Kanada 25 (14), Brasilien 3 (1), in sonstige überseeische Staaten 23 (9) Personen. Eger, 11. März. (Wiedergefundene Diebs- beute.) Im Juli v. J. waren aus der Sakristei der Herz-Jesu-Kirche in der Bruschiusstraße in Eger zwei ver- çoldete Kelche, die einen Werk von etwa 5000 Kr. hatten, gestohlen worden. Als Täter hatte man seinerzeit den 20jährigen Kellnerlehrling Robert Rapsty eruiert, der sich aber der Verhaftung durch Flucht entzog und bisher Die Verserischnux. Driginal-Roman von H. Courths-Mahler. (Nachdruck verboten.) „Quälen Sie sich doch nicht — ich bitte Sie, seien Sie ruhig. Meinetwegen sollen Sie sich nicht beunruhigen. Ich habe Ihnen nichts zu verzeihen — ich kann den gleich- gültigsten Menschen nicht leiden sehen, ohne mit ihm zu fühlen. Wie viel mehr schmerzt es mich, Sie leiden zu sehen. Seien Sie nicht so verzweifelt — Gott legt uns nicht mehr auf, als wir tragen können. Und wenn er uns auch keine andere Freude schenken will, Ihnen und mir, als die, daß wir uns begegnet sind — dafür müssen wir doch schon dankbar sein“, sagte sie mit bebender Stimme. Er sah zu ihr auf mit brennenden Augen. „Und wenn sich diese Freude in Leid verwandelt, Friede?“ Sie erbebte, als er ihren Namen nannte und er- hob sich. „Tann würde ich dieses Leid und diese Schmerzen lieben.“ Er sprang auf und trat vor sie hin. „Um meinetwillen?“ fragte er heiser. Sie neigte leise das Haupt. „Um Ihretwillen! Aber nun muß ich Sie fortschicken. Vater und Schwester könnten heimkommen — und — jetzt möchte ich ihnen nicht in Ihrer Gegenwart begegnen. Und, bitte — lassen Sie uns nie mehr an diese Tinge rühren — wir dürfen uns nicht verlieren.“ Er faßte ihre Hand. „Aber heißen Tank darf ich Ihnen sagen dafür, daß Sie so zu mir gesprochen haben. Reich haben Sie mich damit gemacht. Und — ich will nicht ruhen und rasten, bis ich eines Tages als freier Mann mit makellosen Na- men vor Ihnen stehen kann. Ob es mir gelingt, weiß ich nicht. Ich werde eine Reise unternehmen müssen, und ehe ich diese Reise unternehme, werde ich Ihnen die Ge- schichte meines Lebens aufzeichnen und Ihnen diese Auf- zeichnungen übergeben. Sprechen kann ich nicht davon, wenn Ihre Augen mich dabei ansehen, Wenn ich fern von Ihnen bin, sollen Sie alles lesen, was mich bindet und unfrei macht. Gelingt es mir, mich zu befreien, dann werde ich zu Ihnen zurückkehren. Gelingt es mir nicht, dann werde ich nicht die Kraft haben, hierher zurückzu- kehren — dann muß ich weiter friedlos meine Straße ziehen.“ 38) „Aber auch dann,“ fuhr Lersen in seiner Rede weiter fort, „lasse ich Solitüde nicht in andere Hände übergehen. Sie müssen mir dann versprechen, zuweilen hinüber- zugehen und nach dem Rechten zu sehen. Dies alles will ich Ihnen schon heute sagen, weil ich nicht weiß, ob ich noch einmal Gelegenheit habe, mit Ihnen allein sprechen zu können. Wann ich reise, steht noch nicht fest, ich er- warte erst noch den Besuch eines alten, väterlichen Freun- des. Danach treffe ich sogleich meine Vorbereitungen. Ge- ben Sie mir einen guten Wunsch mit auf den Weg, Friede ich bitte darum.“ Ihre Hand ruhte noch in der seinen. Sie war sehr bleich, und er fühlte, daß ihre Hand zitterte. „Gehen Sie mit Gott auf Ihre Reise, Ralf Lersen, meines Herzens innigste Teilnahme geht mit Ihnen auf allen Wegen,“ sagte sie leise. Er zog ihre Hand wie andachtsvoll an seine Lippen. „Heißen Tank! Und, was Sie von mir noch hören mögen, zürnen Sie mir nicht, und erhalten Sie mir Ihren Glauben und Ihr Vertrauen.“ „Tarin will ich nicht wankend werden, was auch kom- men mag.“ Noch einmal führte er ihre Hand an seine Lippen, noch einmal sah er ihr tief in die Augen. „Wir sehen uns noch, ehe ich reise,“ stieß er heiser hervor und riß sich los von Ihrem Anblick. Ohne sich noch einmal umzusehen, eilte er davon. Sie sah ihm nach mit großen, bangen Augen, bis seine schlanke Gestalt zwischen den Bäumen verschwand. Gleich darauf kam Frau Wengerli heraus und brachte aufe inem Tablett einen Eierkuchen und eine Schale mit Kompott. „So, Fräulein Friede, nun stärken Sie Ihnen — aber wo is denn der Herr Lersen?“ Friede raffte sich auf. „Er ist schon wieder fort, denn er war nur gekommen, um sich bei Vater und Schwester zu entschuldigen.“ Frau Wengerlich zeigte ein gleichmütiges Gesicht: „So, so — nur deswegen — ihm — dös hab ich mir gleich denkt. Weshalb soll er auch sonst gekommen sein. Nun essen Sie nur, Fräulein Friede — hernachen, da müssen wir halt wieder an die Früchte gehen.“ Tamit verschwand Frau Wengerli, um für sich, ihren Mann und die Kathrein das Essen zu richten. Als sie mit ihrem Mann beim Essen saß, sagte sie vergnügt: „Allweil wird's bald mit dem Herrn Lersen und un- serem Fräulein Friede, Alter den beiden schaut die Lieb nur so aus den Augen. Es gibt Hochzeit — verlaß dich drauf.“ „No, no, nur nit gleich mit der Schnellzugspost, Alte. Gut Ting will Weile haben. Und mir pressiert es nit, Fräulein Friede herzugeben.“ Frau Wengerli lachte. „Möchtest sie halt für dich behalten! Ach nein — wirst sie schon hergeben müssen. Aber ein bissel wird sie auch dann noch uns gehören. Sie vergißt uns halt nit, so eine Gute wie sie ist. Aber dös Fräulein Ursula.ja die wird Augen machen, wenn Fräulein Friede in Soli- tüde einzieht — aber keine guten.“ Wengerli machte eine abwehrende Bewegung. „Die und gute Augen — dös gibt's überhaupt nit.“ Friede hatte mit geistesabwesendem Gesicht ihr Mahl eingenommen und ging dann wieder an die Arbeit. Ihre Gedanken waren aber nicht bei dieser Arbeit, sie konnte an nichts anderes denken als an das, was sie mit Ler- sen gesprochen hatte. Als dann Vater und Schwester nach Hause kamen, berichtete sie ihnen, daß Lersen da gewe- sen sei, um sich zu entschuldigen, und daß er sein Auto für weitere Fahrten zur Verfügung stelle. Ursula knüpfte gleich wieder neue Hoffnungen an diese Nachricht und erzählte Friede dann, daß sie in Partenkirchen gewesen seien. „Es war ein herrlicher und amüsanter Ausflug, und wir werden Herrn Lersens Angebot natürlich dankend annehmen, nicht wahr, Papa?“ „Selbstverständlich was so liebenswürdig geboten wird, darf man nicht ausschlagen. Aber du mußt mir das nächste Mal etwas Geld mitgeben, Friede, man kann sonst in die scheußlichste Verlegenheit kommen,“ sagte er, vorwurfsvoll auf Friede blickend. Von dem verkauften Armband, das sich in ein jo- lennes Frühstück verwandelt hatte, sprachen sie beide nicht. Als Friede an diesem Tage ihre Arbeit beendet hatte, zog sie sich in ihr Zimmer zurück und vertiefte sich in Lersens Reisebriefe. Mit wahrer Andacht nahm sie in sich auf, was er erlebt und gesehen hatte, und ihr war dabei zumute, als sähe sie sein gebräuntes Antlitz vor sich, als höre sie seine Stimme. Und das Herz ging ihr auf. Aber dann dachte sie daran, daß er eine Reise vorhatte und nicht wußte, ob er von dieser Reise zu ihr zurückkehren würde. Da faltete sie die Hände im Gebet. Nichts erflehte sie vom Himmel, als daß er Ruhe und Frieden wiederfinden möge. (Fortiegung folgt.
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