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Seite 6 und Sträuchern den fatalen grellen roten Punkten, die einem unsere Verluste mit erschrecklicher Deut- lichkeit zum Bewußtsein bringen ... überall finster. Die Gendarmen gehen umher und sehen nach, ob es überall gelöscht ist, und wer noch eine Lampe brennen hat, wird mit einer Geldstrafe belegt. Die Vorsicht wird geübt wegen der „Zep- peline“. Neulich kam ein solches höllisches Fahr- zeug, in der Nacht still hinsegelnd, über der Stadt an und warf Bomben nieder, die mehrere Menschen töteten. Die Explosionen erschütterten mehrere hun- dert Häuser, und der Knall wurde weit über die Stadt hinaus gehört. Jetzt sitzt man im Mond- schein überall auf den Straßen und spricht gedämpft und ernst, während von ferne ein Getöse durch die Nacht rolit. Es sind die Kanonen der Deut- schen, die man hört. Der Feind ist bloß zwei bis drei Meilen entfernt. Zeitig geht man zur Ruhe, aber viele Menschen liegen in den Klei- dern, jeden Augenblick bereit auf die Straße hinaus- zulaufen. Viele liegen in den Kellern. Im Hotel St. Antoine wohnen mehrere von den Mini- stern und auch der päpstliche Nunzius. Sie sollen sich im Keller ganz bequem ein- gerichtet haben. Sie haben dort Lehnstühle und Kartentische stehen. Wer weiß, wann der „Zeppelin“ kommt! Es ist früh morgens gegen 4 Uhr, als alles durch ein heftiges Schießen aufgeschreckt wird. Die ganze Stadt springt auf die Beine, und hoch über dem östlichen Teil der Stadt sieht man die bekannte längliche Form, die von weißen elektrischen Strahlen licht beleuchtet wird. Der „Zeppelin“ ist da! Zehn Bomben hat er bereits heruntergeschleudert, ohne jedoch besonders viel Schaden anzurichten. Und jetzt fährt er weiter unter einem Regen von Kugeln. ziehbares, senkrecht gestelltes Fernrohr, dessen obere Spitze über Wasser ragt und dem Kommandanten ermöglicht, sich zu orientieren und Rundschau zu halten. Als einzige Angriffswaffe führt das Untersee- boot mehrere automobile Torpedos, die in der Nähe des feindlichen Zieles angelangt, mittelst Luftdruckes aus einem Rohre abgelassen werden und nun mit eilzugsgleicher Geschwindigkeit genau drei bis vier Meter unter der Wasseroberfläche in der ihnen einmal erteilten Richtung unveränderlich zum Ziele zueilen. Treffen sie dieses, so gelangt die in der Spitze des Torpedos befindliche Ladung von etwa 100 bis 150 Kilogramm Schießbaumwolle zur Explosion und reißt dadurch eine so große Oeffnung in die Schiffswand, daß die einströmenden Fluten selbst die mächtigsten Schiffe sofort zum Sinken bringen können. Zur Verständigung untereinander und mit den Schiffen der eigenen Flotte führen sie Navysche Sig- malapparate. Der Preis eines kompletten modernen Unterseebootes stellt sich auf beiläufig 800.000 Kro- nen. In dem deutschen Marinebudget pro 1913 wa- ren 20 Millionen Mark allein für die Ergänzung der Unterseebootflotille vorgesehen. Besonders die Erwerbung des Sehvermögens hat das Unterseeboot zu einer höchst gefährlichen Waffe gemacht, gegen welche sich kaum irgendwelche Schutzmaßregeln treffen lassen — waren ja auch die Schutznetze der englischen Panzerschiffe illusorisch — und alle Anzeichen sprechen dafür, daß jene engli- schen Fachleute, welche die Unterseeboote als die Schiffe der Zukunft bezeichneten, recht behalten wer- den. Der Heldengeist, der die Bedienungsmannschaf- ten der deutschen Unterseebootflotille beseelt, wird übrigens hoffentlich noch recht oft England in die- ser seiner Ansicht bestärken lassen. Letzte Nachrichten. Neue Briefmarken mit Preisaufschlag. Wien, 29. September. Die „Wiener Zeitung“ veröffentlicht eine Verordnung des Handelsministe- riums vom 24. September, betreffend die Aus- gabe neuer Briefmarken zu 5 und 10 Hel- lern. Auf die Dauer der kriegerischen Er- eignisse werden neue Briefmarken von 5 und 10° Hellern ausgegeben mit einem Preisaufschlag von 2 Hellern auf den Nomnalwert und Fran- kierungswert; sie werden also im Einzelver- schleiße zum Preise von 7 und 12 Hel- lern verkauft. Bei Verkauf eines ganzen Blattes zu 80 Stück beträgt der Verschleißpreis 5.40 Kronen, bezw. 9.35. Die aus dem Aufschlag sich ergebenden Einnahmen werden der Unterstützung der Witwen und Waisen der gefallenen Krieger über- wiesen werden. Kleinmut in England. Amsterdam, 29. September. In einem Artikel der gestrigen Londoner „Times“ heißt es, manzwei- felt in England an der Tüchtigkeit der neuen Armee. Jedenfalls bestehe ein Mangel an Offizieren. Wahrscheinlich und besonders des- halb, da infolge der Riesenverluste die meisten Offiziere schon jetzt nach Frank- reich gehen. Für die neue Armee werden also wenig Offiziere übrig bleiben. Das Anterseeboot. Gleich dem Flugzeuge und Luftschiffe hat im gegenwärtigen Völkerringen nun auch das Unter- seeboot, das bisher im Ernstfalle noch nicht erprobt war, seine Feuertaufe erhalten und nach der Hel- dentat des „U 9“ werden wohl auch die weiteren Ereignisse des Seekrieges deutlich widerlegen, daß das Unterseeboot durchaus nicht eine Nebenwaffe im Küstenkriege ist, wie vielfach vor dem Kriege ange- nommen wurde. Die Tatsache, daß ein einziges deut- sches Unterseeboot imstande war, in wenigen Augen- blicken drei stolze Panzerkreuzer auf den Grund des Meeres zu senden, eröffnet ganz neue Ausblicke für den Seekampf der Zukunft und es scheint fast, als wäre nun auch für die prahlerischen Fürchtese die Zeit des Gruselns gekommen. Die Bestrebungen, Schiffe zu schaffen, die un- ter dem Wasser zu fahren vermögen, reichen bis 1742 zurück, in welchem Jahre ein Engländer, Da- vid Bushnell, mit einem Boote die Themse von Westminster bis Greenwich befuhr. Damals schon hatte das Boot die Aufgabe, feindliche Schiffe zu zer- stören, was man durch die Befestigung einer Mine am feindlichen Schiffe, die durch ein Uhrwerk zur Entzündung gebracht werden sollte, zu erreichen ver- suchte. Weitere Versuche wurden von Robert Ful- ton, 1804, der sich vom Unterseeboot die „Frei- heit der Meere“ erhoffte, von dem Schweden Nor- denfelt, 1885 bis 1888, vom Spanier Peral, endlich in Frankreich von Goubet, G. Zede und von Romazzotti angestellt. Diese Unterwasser- boote waren mehr oder weniger nur zur Fahrt un- terhalb der Wasseroberfläche gebaut und haben sich nicht bewährt, doch blieb Frankreich das erste Land, das sich später mit Erfolg dem Baue von Tauch- booten zuwendete. Es gab sich damit der allerdings trügerischen Hoffnung hin, durch diese submarine Waffe einen nicht einzubringenden Vorsprung vor allen anderen großen Seemächten erlangt zu haben. Nur zögernd folgte England dem Beispiele Frankreichs, da es vorerst glaubte, sich auf seine zahlreichen Panzerriesen ausschließlich verlassen zu sol- len. Als letzte der großen Seemächte nahm Deutschland den Bau von Unterseebooten auf; doch tat es dies mit der ganzen ihm innewohnenden Energie, so daß es bald den Vorsprung Frankreichs und Englands nicht nur eingeholt hatte, sondern in seinen Unter- seebooten eine Waffe besitzt, die, wie die Versenkung dreier englischer Panzerkreuzer durch ein einziges deut- sches Unterseeboot beweist, geeignet ist, die Engländer das Gruseln zu lehren. Wird schon im allgemeinen die Konstruktions- art der Unterseeboote von jedem Staate geheim- gehalten, so hat Deutschland darin wohlüberlegter- weise noch ein übriges getan, denn von dessen Un- terwasserfahrzeugen ist selbst die sonst stets wohlin- formierte englische Admiralität über die wichtigsten Baueinzelheiten und sogar über die Anzahl der Schiffe völlig im unklaren. Welche Vorteile aber diese Ge- heimhaltung verbürgt, hat die jüngste Heldentat bei Hoek van Holland erwiesen. Die zigarrenförmigen Schiffskörper der neuesten Unterseeboote haben bei der Fahrt an der Wasser- oberfläche, wobei der Kommandoturm, und ein Teil des oberen Schiffsrumpfes über Wasser ragt, eine Wasserverdrängung von etwa 500 bis 1000 Tonnen. Hiebei werden sie mit Petroleummotoren mit einer bis zu 18 Seemeilen reichenden Geschwindig- keit fortbewegt. Um unter Wasser zu tauchen, wer- den alle Luken geschlossen, und wird in seitlich an- gebrachte Behälter Wasser eingelassen, bis die ge- wünschte Fahrtiefe erreicht ist. Selbstverständlich wer- den auch die Petroleummotoren abgestellt und die Fortbewegung erfolgt durch elektrische Akkumu- latoren. Vom Moment des Untertauchens, das innerhalb weniger Minuten erfolgt, wenn das Boot nicht bemerkt werden will oder sich in der Nähe des Feindes befindet, tritt ein äußerst wichtiges In- strument in Funktion, das Periskop, eine Art aus- Nitolni Nikolajemitschs Flucht aus Insterburg. Ueber den Aufenthalt des Großfürsten Nikolai Nikolajewitsch und des Generals Rennenkampf in Insterburg und ihre Flucht berichtet der „Königs- berger Anzeiger“ folgende Einzelheiten: In dem „Dessauer Hof“, in dem der Großfürst Nikolai Nikolajewitsch und General Rennenkampf ge- wohnt haben — der Großfürst verabschiedete sich von dem Wirt mit den Worten: „In vierzehn Tagen sehen wir uns wieder!“ — sieht man jetzt wieder deutsche Uniformen. Der Wirt des „Dessauer Hofes“ hat in den neunzehn Tagen, in denen der russische Generalstab bei ihm wohnte, sehr interessante Er- fahrungen gemacht. Als das Oberkommando im „Dessauer Hof“ Wohnung nahm, wurde zuerst das ganze Haus nach Bomben abgesucht. Die im Keller liegenden Kohlensäureflasche'n hielten die Rus- sen für — Höllenmaschinen und ließen sie weit hinaus auf einen freien Platz bringen. Erst als ihnen Fpäter das Bier nicht mundete und der Wirt die nötigen Erklärungen gab, wurde eine der Flaschen unter starker Bedeckung herbeigeholt und die Russen überzeugten sich von der Ungefährlichkeit der „Bomben“. Natürlich haben die Russen im Ho- tel sehr gut gelebt, der Sekt floß in Strömen und der Adjutant des Generalissimus Großfürsten Nikolai Nikolajewitsch, Oberst v. Gräwen, forderte von dem Wirt, daß er die Kellner durch Damenbedienung ersetze. Als General Rennenkampf bei seiner Rück- kehr ins Hotel von dieser „Neuerung“ erfuhr, war er nicht sonderlich davon erbaut und schrie: „Hinaus mit dem Weiberpack!“ Die russischen Offiziere gaben sehr viel Geld aus. Als schließlich dem Adjutan- ten des Großfürsten es an Geld mangelte, blieb er die Hotelrechnung schuldig und versprach dem Wirt, für den Betrag Kolonialwaren zu schicken. Als die Waren in die Nähe von Insterburg kamen, hatte jedoch schon die russische Herrschaft ihr Ende erreicht und die Bagage fiel in die Hände der deutschen Truppen. Der Abzug der Russen vollzog sich ziem- lich rasch. Großfürst Nikolai Nikolajewitsch und Ge- neral Rennenkampf verließen ziemlich hastig Inster- burg, aber noch in Uniform. Erst in Gumbinnen legten sie Zivilkleider an. Die wenigen russischen Patrouillen, die noch in Insterburg weilten, warfen. als deutsche Kavallerie anrückte, die Gewehre hin und ergaben sich. Auf dem Felde der Riesenschlacht. Eine erschütternde Schilderung von einem Kampf- felde in der Nähe von Meaux gibt der Sonderbericht- erstatter des „Gaulois“, dem es gelungen war, auf die blutgetränkte Wahlstatt zu gelangen. „Alles ist zerstört,“ schreibt er, „zertrümmert, dem Boden gleich- gemacht. Es ist, als hätte ein Wirbelsturm von Eisen und Feuer das Dorf verwüstet. Die Kirche ist nur noch ein Skelett. Die Wände sind durchlöchert wie Spitzen. Der Turm ist eingestürzt. Die große Turm- uhr ist von einer Granate getroffen, die die eine Hälfte der Uhr in ihrer Steinhöhle ließ und die andere auf die Straße warf. Vor einem Tor steht in einsamer Verlassenheit eine Gliederpuppe, die ein Soldat in spaßhafter Anwandlung aus dem Schau- fenster einer Modistin herausgenommen und hier aufgepflanzt haben mag. Ich trete aus dem Dorf und schlage den Weg nach Vareddes ein. Hier harrt meiner eine Erscheinung des Grausens. Das Ge- müt ist fieberhaft erregt. Man kann sich unmöglich etwas Erschütterndes und Grauenhafteres vorstellen. So weit das Auge reicht, nichts als Gräber, die über die Ebene zerstreut sind. Schwankend bahnt sich ein von vier Ochsen gezogener Karren seinen Weg über das Feld. Er ist vollgepfropft mit Leichen. Das Herz krampft sich zusammen. Die Leichen tragen alle rote Hosen. Ich wende meine Augen nach der anderen Seite. Aber auch hier dasselbe Bild, man sieht ja, Gott sei's geklagt, die roten Hosen so entsetzlich weit. So begegnet man überall in der Ebene, in den Gräben, hinter Strohhaufen, Hecken Konstantinovel, 29. September. Nachrichten aus persischen Zeitungen zufolge, wurde ein General- gouverneur, der ein Parteigänger Rußlands war, abgesetzt und durch den jüngeren Bruder des Schah ersetzt. Vermüschtes. (Der Sohn des Spions.) Aus Wien wird geschrieben: „Ich saß gestern im Rathausparke und sah den Kindern beim Spiel zu. Sie spielten natür- lich Krieg. Es gab Deutsche und Franzosen, Russen und Serben, und ein Spion mußte natürlich auch dabei sein. Der wurde ausgezählt, denn keiner wollte die Rolle des Spions freiwillig spielen. Aber der Ausgezählte weigerte sich, sein Schicksal hinzunehmen. „Ich will nicht Spion sein!“ rief er. „Ich will nicht Spion sein, genug, daß mein Vater Spion ist!“ Andere hatten diese Worte auch gehört. Man rief einen Wachmann, der den Jungen über Namen und Adresse ausholte ... Am nächsten Tage erzählte mir der Wachmann, daß des Knaben Vater wirklich als Spion verhaftet worden war.“ Die Befestigungen Westrußlands. Schon aus der Beurteilung der politischen und geographischen Lage Rußlands geht hervor, daß dessen Landesbefestigung der Möglichkeit eines Doppel- krieges gegen Deutschland und Oesterreich-Ungarn Rechnung tragen muß. Westrußland wird von dem Innern des Reiches durch das gewaltige Wald- und Sumpfgebiet des Polesie abgeschlossen und er- hält hierdurch den Charakter eines mehr oder weni- ger isolierten, mit dem Hinterlande durch nur wenige Verbindungen im Zusammenhange stehenden Gebie- tes; innerhalb desselben springt Russisch-Polen weit in deutsches Gebiet hinein, von Ostpreußen und West- und Mittelgalizien stark umfaßt, durch die flankieren- de Lage Wolhyniens jedoch im Süden einigermaßen geschützt. In dieses Grenzgebiet müssen die Auf- marschräume der russischen Armee verlegt werden, einerseits, um diese reichen Distrikte Westrußlands der feindlichen Invasion nicht preiszugeben, ander- seits, weil die nächste günstige Etappe sich erst jen- seits der großen Wald- und Sumpfzone des Pri- piatj befindet. Das keilförmige Vorspringen des Auf- marschraumes in Russisch-Polen erfordert besondere Maßnahmen für dessen Schutz in der Front und Flanke. Für diese Zwecke sind nahezu 70 Prozent der Feldtruppen an der Westgrenze disloziert und an der Weichsel, am Bug und in Wolhynien große befestigte Räume geschaffen worden. Man hat hier zu unterscheiden die Befestigungen in Russisch-Polen und den Weichsel-Narew-Waffenplatz. Russisch-Polen wird durch die Weichsel in zwei Räume getrennt, die stark verschiedene Verhältnisse für die Versamm- lung, den Unterhalt und die Bewegung großer Trup- penmassen aufweisen. Polen links der Weichsel ist nach Wegsamkeit, Gangbarkeit, Unterkünften und Hilfsmitteln ein gün- stigerer Operationsschauplatz als alle übrigen Grenz- länder Rußlands, günstiger als Polen rechts der Weichsel. Es springt weit zwischen der österreichischen und deutschen Grenze vor, bietet einerseits einen weit vorgeschobenen Versammlungsraum, von dem aus die von Westen nach Ostpreußen bezw. nach Mittel- und Ostgalizien führenden leistungsfähigen Verbindungen des Gegners bedroht werden können und sich günstiger Operationsrichtungen ableiten las- sen, ist anderseits aber auch von beiden Flanken her umfaßt, vom Hinterlande durch mehrere Strom- barrieren, darunter von jener der Weichsel getrennt und mit diesem nur durch wenige feste Brücken und Kommunikationen im Zusammenhange. Der Mangel an ausgesprochenen Grenzhindernissen hob die Weich- selbarriere von der Grenze bis Plock zu einer natür- lichen Verteidigungslinie. Die Weichsel ist abwärts der österreichischen Grenze durch Wassermassen, Ufer- und Talbeschaffenheit jederzeit ein mächtiges Hinder- nis, sie ist bis Warschau 300 bis 900 Meter breit und 2 bis 7 Meter tief, abwärts Warschau 400 bis Persien russenfeindlich.
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