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3. Mai 1899 „Karlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr 101 Seite 3 der Ueberreichung sei einer der Abgeordneten zu betrauen. Schließlich wurde der Antrag auf Ab- fassung einer Petition angenommen; dieselbe sei den einzelnen Flaschenbierhändlern zur Unterschrift vor- zulegen, ebenso seien Unterschriften der Kunden zu sammeln. Zur Ausarbeitung der Petition wurde ein sechsgliedriges Comité gewählt. Während der Debatte fehlte es nicht an Ausfällen gegen die Abgeordneten Dr. Ruß und Schönerer, denen als Muster der Dr. Verkauf gegenübergestellt wurde. (Ein erfüllter Wunsch) Wir haben bereits wiederholt Gelegenheit genommen, auf die mangelnde Auerlichtbeleuchtung im oberen Stadt- theile hinzuweisen und kürzlich lenkten wir die Auf- merksamkeit auf die fehlenden Laternen in der He- lenenstraße und am Laurenziberg. Dieser Tage hat man nun dem Wunsche Rechnung getragen und die Laternen ausgewechselt. Es fehlen also nur noch eine Anzahl Laternen auf der Panoramastraße, dann dürfte wohl so ziemlich die Auerlichtbeleuchtung durchgeführt sein. — Einem weiteren von uns zum Ausdrucke gebrachten Wunsch trug man Rechnung, nämlich der Anlage eines gepflasterten Gehweges von dem Hause „Villa Maria“ bis „Reichsadler“. Wie wir erfahren, hat man die Anlage bewilligt und dürfte deren Ausführung kaum mehr auf sich warten lassen. — Nachdem die „Bauten“ in der Andreasgasse so ziemlich „zu Ende sind“, wird man sich wohl auch des seinerzeitigen Versprechens er- innern und an die Anlegung des Gehweges in der Kunststraße schreiten. Länger wird sich diese Arbeit kaum mehr hinausschieben lassen. (Eine blutige Schlägerei) hat vor- gestern bei Wickwitz zwischen italienischen, deutschen und tschechischen Bahnarbeitern stattgefunden. Als Ursache wird angegeben, daſs ein Theil den 1. Mai feiern, während ein anderer Theil arbeiten wollte und über den Streit hierüber entstand eine arge Rauferei, wobei das Messer eine Hauptrolle spielte. Von der Gendarmerie wurden am Abende noch zwei verhaftete italienische Arbeiter an das hiesige Krankenhaus eingeliefert und zwar ein gewisser Palma und Gatti, welche grässlich zugerichtet waren und den ganzen Kopf in Bandagen eingewickelt hatten. (Der Sternenhimmel im Mai.) Auf dem Sternenhimmel bleibt Merkur unsichtbar. Venus ist den ganzen Monat hindurch nur wenig über eine Viertelstunde als Morgenstern im Osten zu sehen. Mars geht immer früh am Morgen unter, so daſs die Dauer der Sichtbarkeit am Ende des nur noch 23/4 Stunden beträgt Jupiter kann noch die ganze Nacht hindurch gesehen werden, doch wegen der langen Dämmerung am Ende des Monats nur noch 41/2 Stunden. Saturn geht immer früh am Abend, zuletzt um 9 Uhr auf, und wird gegen Ende die ganze Nacht hindurch sichtbar. Die Sonne tritt am 21. d. M. in das Zeichen der Zwillinge. Aich, 1. Mai. [O.-C] (Verschiedenes.) Die Gemeindevertretung hat den Herrn Dr. Rudolf Knoll wegen seiner Verdienste als Bezirksobmann, die er sich besonders in letzter Zeit als Förderer des Brücken- und Straßenbaues erwarb, das Ehrenbürgerrecht von Aich verlieben, und wird ihm das Diplom demnächst über- reichen. — Eine deutschnationale § 2-Versammlung, welche am 16. v. M. im Gemeindegasthanſe stattfinden sollte, wurde von der Behörde anlässlich des Maurerstreiks ver- boten, während 2 Tage darauf eine unangemeldete socialistische § 2-Versammlung in Grimms Restauration in Aich stattfand, welche aber nur schwach besucht war. Die deutschvölkische Versammlung wird im Laufe dieses Monats abgehalten. Vermilchtes. (Ludwig Büchnerf.) Professor Dr. Ludwig Büchner, der Verfasser von „Kraft und Stoff“, ist in der Nacht zum 1. d. M. gestorben. Der Verstorbene, der als naturwissenschaftlicher Schriftsteller durch sein Werk „Kraft und Stoff“ (Frankfurt 1855) allgemeines Auf- sehen erregte und eine heftige litterarische Fehde hervor- rief, ist am 28. März 1824 zu Darmstadt geboren. Er studierte seit 1843 in Gießen, Straßburg, Würzburg und Wien Medizin und ließ sich dann in seiner Vaterstadt als Arzt nieder. 1854 wurde er Privatdocent in Tübingen und war zugleich als Assistenzarzt an der dortigen Klinik thätig. Infolge der durch sein Werk entstandenen wissen- schaftlichen Fehde verließ er seine Stellung in Tübingen und nahm die ärztliche Thätigkeit in Darmstadt von Neuem auf. Büchner hat später noch eine große Anzahl naturwissenschaftlicher Werke veröffentlicht, die mehr oder minder Bedeutung besitzen. Ein Bruder des Verstorbenen ist der Dichter Georg Büchner und eine Schwester, Lutse Büchner, ist als Roma schriftstellerin, sowie durch ihre Thätigkeit im Interesse der weiblichen Erwerbsfähigkeit in weiteren Kreisen bekannt geworden. Der Dahinge- schiedene hat ein Alter von mehr als 75 Jahren erreicht und ist in seiner Geburtsstadt Darmstadt verstorben. Ein ehrendes Andenken wird ihm in wissenschaftlichen Kreisen bewahrt bleiben. (Ein Sieg der Deutschnationalen in Brünn.) Bei der vor einigen Tagen im kleinen Fest- saale des „Deutschen Hauses“ abgehaltenen Hauptver- sammlung des Vereines „Deutsches Haus“ siegten die Deutschnationalen, indem sie alle ihre vier Kandidaten gegen die Deutschliberalen durchbrachten. LFuhrmann Hentschel--Aufführung von Socialdemokraten zur Maifeier ver- anstaltet.) Nach einer Meldung aus Lemberg wurde eine Aufführung des „Fuhrmann Hentschel“ anlässlich der Maifeier von den dortigen Socialdemokraten im Stadt- theater veranstaltet. (Etwas für Radfahrer. ) Ein Herr aus Teplitz- Schönau gab vor einigen Tagen in Dresden bei dem zur Abfahrt bereit stehenden Personenzug nach Bodenbach sein Fahrrad unter Umgehung der Gepäcks-Expedition direct an den Packmeister im Gepäckwagen ab und benützte dann denselben Zug zur Heimfahrt. In Bodenbach angekommen, will er sein Rad in Empfang nehmen, doch wird ihm be- dentet, daſs das Rad schon auf einer Zwischenstation von einem Herrn abgefordert worden sei. Das Rad konnte nicht zur Stelle geschafft werden, auch auf der Zwischen- station wusste man nichts über das Schicksal des Vehikels. Es liegt deshalb die Vermuthung nahe, daſs irgend ein Ganner die unbescheinigte Uebergabe des Rovers an den Zug beobachtet und dann vor Erreichung des Zieles sich denselben aus dem Packwagen hatte geben lassen. Dieser Fall mahnt zur Vorsicht. (Was die Parlamente kosten.) Von allen Staaten, die ein Parlament haben, lässt Spanien sich dieses am wenigsten kosten, — wie dies allerdings seinen Mitteln entspricht; es gibt seinen Abgeordneten nämlich gar keine Vergütung. Dasselbe thut Großbritannien, trotz- dem es hinsichtlich seiner Finanzen gerade der Antipode von Spanien ist. Die Mitglieder des deutschen Reichstages erhalten bekanntlich auch nichts, haben aber wenigstens freie Eisenbahnfahrt. Am einträglichsten ist die Politik in den Vereinigten Staaten; die Mitglieder beider Häuser erhalten dort jährlich 20.850 Mark und außer der Reise- vergütung noch 520 Mark für Zeitungen, Schreibmaterial und sonstige Unkosten. Frankreich zahlt den Mitgliedern des Senats und der Deputirtenkammer jährlich 7000 Mark; außerdem genießen sie freie Bahnfahrt erster Classe. In Dänemark beziehen die Abgeordneten pro Tag 6 Mark 75 Pfennig und Reisevergütung, in Rumänien täglich 20 Mark und Erstattung der Reisekosten, in Bulgarien 16 Mark 10 Pfennig täglich und Reisevergütung; Preußen bewilligt den Mitgliedern des Herrenhauses nur freie Reise denen des Abgeordnetenhauses außer der Reisevergütung täglich 15 Mark; Oesterreich außer der freien Fahrt 15 Mark 20 Pfennig pro Tag, die Schweiz 10 Pfennige weniger, und Serbien 8 Mark täglich; diejenigen Mitglieder. die ein Staatsamt bekleiden, oder Pension beziehen, erhalten jedoch nur 4 Mark, außerdem sind hier zum Bezug der Diäten nur die beim Namensruf Anwesenden berechtigt. In Belgien beziehen die Mitglieder der Deputiertenkammer monatlich 836 Mark, in Ungarn die des Abgeordnetenhauses — die des Magnatenhauses erhalten nichts — 3900 Mark pro Jahr und 1300 Mark Wohnungszuschuss, in Griechen- land 1492 Mark pro Tagung und in Schweden die Mit- glieder der zweiten Kammer 1350 Mark für den Zeitraum einer Tagung. Die Niederlande zahlen den Abgeordneetn der zweiten Kammer jährlich 3360 Mark, denen der ersten Kammer täglich 16 Mark 80 Pfennig, diejenigen lausge- schlossen, die in Haag selbst wohnen. Norwegen endlich bewilligt seinen Volksvertretern täglich 50 Pfennige. Eintreten eine Verbeugung machte, die er durch ein Neigen des Hauptes erwiderte. Die Indianer bückten sich jedesmal, wenn sie an ihm vorbei- giengen, bis tief auf die Erde. Augenscheinlich war die Reisefreundschaft ab- gethan und wir mussten den mit Respect behandeln, den wir bisher als uns gleichstehend angesehen hatten. Und der weißbärtige Häuptling mit dem stolzen Gesicht sah auch so königlich aus, daſs wir versucht waren, dem Beispiele der andern zu folgen, und uus jedesmal zu verbeugen, wenn sein Blick uns traf. „Das Mahl ist bereit“, sagte Zibalbey. „Bitte, setzt Euch. Nein, Tochter, du brauchst nicht vor mir zu stehen. Wir sind noch Wandergenossen und die Ceremonien können unterbleiben, bis wir in der Stadt des Herzens sind.“ Dann setzten wir uns und die Indianer be- dienten uns. Woraus die Gerichte bestanden, kann ich nicht sagen, doch mundeten sie uns nach den langen Entbehrungen trefflich. Aber trotz des angenblicklichen Behagens schien der Senor trübe gestimmt, als ahne ihm Unheil. Maya und er liebten sich noch immer, doch äußerlich waren die Dinge verändert, das hatte sie ihm gezeigt. Während unserer Wanderschaft war er sozusagen der Oberste gewesen, denn farbige Menschen erkennen einen weißen Mann aus guter Familie immer als sich überlegen an. Nun war das anders und man konnte es schon aus Zibalbays Benehmen merken. Früher hatte er ihn „Senor“ oder sogar „Freund“ genannt; heute gebrauchte er ein Wort, das „Fremd- ling“ oder „Unbekannter“ bedeutet, und auch mich nannte er schlechtweg Ignatio, ohne einen Titel hinzuzufügen. Doch einen Trost fanden wir hier, nachdem wir durch sechs Wochen den Tabak entbehrt. Die Indianer brachten uns Zigaretten, die sie gefertigt hatten, indem sie die dünnen Fasern, die um die Maiskolben wachsen, zusammengerollt hatten. „Komm her,“ sagte Zibalbay zu dem Indianer, als wir alle damit bedient waren. „Begieb dich nun an das Ufer des Sees und sage dem Haupt- mann der Landleute, dass sein Herr zurückgekehrt sei, und befiehl ihm in meinem Namen, vier Sänf- ten herzurichten und zu senden, daſs sie spätestens fünf Stunden nach Sonnenaufgang hier sind. Sag' ihm auch, daſs er Kanoes bereit hält, um uns über den See zu rudern, aber wenn ihm sein Leben lieb ist, soll er kein Wort von unserm Kommen nach der Stadt hinüber verlauten lassen. Und nun flink auf den Weg.“ Der Mann verbeugte sich und eilte hinaus in die Nacht, trotz des heulenden Sturmes und des Hagels, der auf das Dach schlug. „Wie weit ist es bis zum Dorfe?“ fragte der Senor. „Ungefähr zehn Meilen,“ entgegnete Zibalbay, „und der Weg ist nicht gut. Aber wenn er nicht abstürzt oder in einem Schneesturm umkommt, so wird er in sechs Stunden dort sein. Komm, Tochter, es ist Zeit zu ruhen und du wirst müde sein. Gute Nacht euch, meine Gäste, morgen hoffe ich euch besser zu bewirten.“ Mit einem Gruß schritt er zur Thüre hinaus. Maya stand auf, um ihm zu folgen, und im Vorbeigehen reichte sie dem Senor die Hand, die er küsste. „Geh' noch nicht schlafen, Ignatio,“ wandte er sich zu mir, als jene gegangen. „Nimm noch eine Zigarette und ein Glas „aqua ardiente“ und lass uns plaudern. Weißt du, Freund, mir scheint, Zibalbay ist verändert. Ich habe seinen Charakter nie recht bewundert, aber vielleicht verstehe ich ihn nicht.“ „Nicht, Senor? Mir scheint ich verstehe ihn. Der Mann ist, wie manche christlichen Priester. ein Fanatiker und gleich mir ein Träumer. Auch ist er voller Ehrgeiz und tyrannisch und wird weder sich noch andere schonen, wenn es gilt, ein Ziel zu erreichen, wenn er hofft, die Wohlfahrt seines Landes oder den Ruhm der Götter zu erringen. Denke, wie muthig und ernst der Mann gewesen sein muss, daſs er auf das Geheiß einer Stimme, auf eine Vision hin wagte, sein Amt niederzulegen und von seinem einzigen Kinde begleitet, fast ohne Nahrungsmittel hunderte von Meilen Wald und Wüste zu durchreisen. Bedenke, was das ihm ge- wesen sein muss, ihm, dem fast göttliche Ehren er- wiesen worden sind, so in den Wäldern Yucataus den reisenden Arzt zu spielen und Bele digungen und Qualen von niedrig gesinnten weißen Spitz- buben zu ertragen. Und das alles hat Zivalbay ohne Murren erduldet, weil er glaubt, er habe das Ziel seiner Mission erreicht.“ (Fortsetzung folgt.)
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