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„Karlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr. 287
17. December 1898
Kreuz“ nicht nur alle diese von der Gesellschaft
ausgehenden Publicationen sowie die Ausschreibung
von Freiplätzen für Militär-Kurhäuser, die Namen
der neu eintretenden Vereinsmitglieder u. dgl. ver-
lautbaren, sondern auch durch nicht officielle, das
„Weiße Kreuz“ betreffende Miltheilungen und Artikel
die allgemeine Aufmerksamkeit auf das Wirken der
Gesellschaft lenken. Das Jahrbuch wird nach wie
vor regelmäßig erscheinen.
(Gesellschaft zur Förderung
deutscher Wissenschaft, Kunst und
Literatur in Böhmen.) Zu Beginn der letzten
Vollversammlung, welche am 6. December d. J. in
Prag stattfand, gedachte der Vorsitzende mit warmen
Worten des dahingeschiedenen ordentlichen Mitgliedes
Regierungsrathes Professor Dr. Sprinzl. Auf
Ankrag der Abtheilung für bildende Kunst erhielten:
Der Bildhauer Ernst Borsdorf aus Teplitz eine
weitere Subvention zur Fortsetzung seines Studien-
aufenthalts in Paris und einen Auftrag zur Aus-
führung einer Bronce-Vase; die Kunstakademiker
Rudolf Porsche aus Gablonz und Richard Placht
aus Böhm-Leipa Stipendien zu ihrer Ausbildung
in Wien und der Kunstakademiker Hugo Steiner
ein solches für Prag; der Maler Gustav Hiebel
aus Maffersdorf, d. z. in Berlin, einen Beitrag
zu seiner künstlerischen Fortbildung; ferner der
Maler Julius Köhler aus Gablonz eine Unterstützung
zur Verlängerung seiner Studien in Paris. Endlich
wurde die Anfertigung eines für den Sitzungssaal
bestimmten Porträts des großmüthigen Gönners
der Gesellschaft Fr. Schmidt an Frau Clementine
v. Wagner in München übertragen. Auf Auftrag
der Abtheilung für Literatur erhielten Redacteur
Heinrich v. Zimmermann in Budweis und Bürger-
schullehrer Julius Parsche in Dauba Beiträge zur
Förderung ihrer literarischen Bestrebungen. Auf
Antrag der Abtheilung für Wissenschaft wurde ein
größerer Betrag zur Herausgabe der von der deutschen
Universität beschlossenen Festschrift bewilligt, ferner
dem Gymnasialprofessor Dr. Johann Endt
in Karlsbad eine Subvention der Deckung der
Druckkosten seiner „Beiträge zur altjonischen Vasen-
malerei“ und dem Conservator R. v. Weinzierl in
Prag ein solcher zur Bearbeitung des Gräberfeldes
von Lang-Anjezd; ferner Herrn Privatdocenten
Dr. Rudolf Wolkau in Czernowitz (aus Prelautsch)
ein Stipendium für eine Reise nach Italien zu
Studien über den böhmischen Humanismus; Herrn
Dr. Ernst Pick aus Jaromirz (d. z. in Straßburg i. E)
eine Subvention zu Untersuchungen über Protein-
stoffe und vom Oberlehrer Wenzl Peiter in Wellemin
eine solche für seine ornithologischen Forschungen
im Böhm. Mittelgebirge. Endlich wurden zu ordent-
lichen Mitgliedern der Gesellschaft die Professoren
an der deutschen Universität Dr. Christian Freiherr
von Ehrenfels, Dr. Johannes Gad, Dr. Anton
Kurz und der Professor an der deutschen technischen
Hochschule Dr. Victor Uhlig gewählt. — Der die
Wandgemälde des Emausklosters in Prag behandelnde
III. Band der Forschungen zur Kunstgeschichte
Böhmens rührt von dem Professor der deutschen
Universität in Prag Herrn Dr. Josef Neuwirt her.
(Der Heller im Postsparcassenver-
kehre.) Es ist wiederholt vorgekommen, daſs bei
Einlagen auf Empfang Erlagscheine der Postspar-
cassen) Beträge von halben Kreuzern seitens der
Postämter abgestrichen, bezw. Hellerbeträge nicht
angenommen wurden. Obwohl es im Interesse
einer einfachen Verrechnung im Checkverkehr
wünschenswert erscheint, daſs Einlagen nur in Be-
trägen mit ganzen Kreuzern bewerkstelligt werden,
ist doch die Annahme von auf halbe Kreuzer lauten-
den Beträgen nicht zu verweigern, zumal auch
Gerichte und Steuerämter Checkconti besitzen, auf
welche häufig Beträge mit halben Kreuzern zur
Einzahlung gelangen. Zur Vermeidung weiterer
Reclamationen wurden die k. k. Postämter ange-
wiesen, in Hinkunft die Abstriche von Halbenkreuzer-
Beträgen auf den Empfangs-Erlagscheinen zu unter-
lassen und derartige Einlagen anstandslos anzu-
nehmen und zu verrechnen.
Director Witte=Wild persönlich — vollstes Lob und
stürmischen Beifall. — Am Sonntag findet in der Turn-
halle eine große Lehrerversammlung der Bezirke Teplitz-
Dux-Bilin statt. In derselben gelangen die Forderungen
der österreichischen Lehrerschaft bezüglich ihrer materiellen
Besserstellung zur Besprechung. Zu dieser Versammlung
wurden die Reichsraths- und Landtagsabgeordneten, Be-
zirks- und Ortsschulräthe eingeladen. — Der Beschluſs
des Stadtverordneten-Collegiums wegen Reorganisation
der Kurkapelle: Verstärkung derselben ꝛc. findet im Publicum
lebhaften Anklang.
Vermischtes.
(Die 40 „Unsterblichen“) der französischen
Akademie vertheilen sich zur Zeit auf folgende Berufs-
klassen: 2 Professoren, 10 Historiker, 5 als gute Redner
bekannte Politiker, 4 Dichter, darunter Francois Coppee,
5 bekannte dramatische Schriftsteller, nämlich Sardou,
Pailleron, Legouvé, Halévy, Lavedan, 4 Romanschrift-
steller, unter ihnen Bourget, Loti und Anatole France,
4 Kritiker, 2 „eigentliche“ Journalisten, einen Prälaten,
einen sogenannten Gelehrten und einen Advokaten.
(Wertvolle alte Bibeln.) Die erste gedruckte
Ausgabe der Bibel, die zugleich das erste Buch war, das
mit beweglichen Metalltypen gedruckt wurde, ist vor kurzem
für 60,180 Mk. in London verkauft worden. Die Bibel
ist eine Copie der berühmten Mazarin- oder Gutenberg-
bibeln. Bei einer früheren Versteigerung hat dieselbe Bibel
einen noch höheren Preis erzielt, nämlich 79.560 Mk.
Seitdem hat man aber an dem Buche einige Defecte ent-
deckt, die den Preis heruntergedrückt haben. Die Bibel
ist von Gutenberg'zwischen 1450 und 1455 gedruckt worden.
Drei andere Exemplare der Mazarinbibel, die in letzter
Zeit verkauft worden sind, erzielten Preise von 40.800,
50.185 und 81.600 Mk.
(Die leidenschaftlichsten Theaterfreunde)
sind die Bewohner der Stadt Verviers in Belgien. In
ihrem großen Theater finden Tag für Tag Vorstellungen
von sechs- und siebenstündiger Dauer statt und stets wird
hinter einander Oper, Operette und Drama heruntergespielt.
Die letzte Sonntagsvorstellung bestand aus dem „Maitre
de Chapelle“, „Thais“, und „Courrier de Lyon“, also aus
zwölf Acten. Die Vorstellung begann um 6 Uhr abends
und endete um 2 Uhr morgens, dauerte also acht Stunden.
Das sind Kunstenthusiasten!
Ein neuer italienischer Tondichter.)
Perosi, ein junger Geistlicher und Componist mehrerer
geistlicher Musikwerke, versucht jetzt, in der italienischen
Musikwelt Mascagni in den Schatten zu stellen. Sein
Oratorium „Die Auferstehung Christi“ wurde am Dienstag
unter allgemeiner Begeisterung in der Apostelbasilika zu
Rom zum erstenmal aufgeführt. Besonders stürmischen
Beifall errang das Duett der beiden Marien am Grabe,
auch das ganze opernhafte Präludium des zweiten Theils,
das wundervolle „Quid ploras?“ und der schöne Cheru-
binenchor sowie das Finale. Dem Componisten wurde
von Kardinal Rampolla im Auftrage des Papstes ein
prachtvoller, brillantenbesetzter Tactstock aus Ebenholz
überreicht.
(In einem englischen Blatte) finden wir fol-
gende amüsante Darlegung: „Die englischen Kaufleute
mit ihrem praktischen Geschäftssinn annoncieren viel
häufiger als ihre Collegen in den anderen Ländern und
sie fahren nicht schlecht dabei, im Gegentheil! Ihr Grund-
satz ist, daſs eine Annonce wenigstens zehnmal erscheinen
muſs, um Effect zu machen. 1. Insertion: der Lefer sieht
sie nicht. 2. Insertion: er sieht sie, aber er liest sie nicht.
3. Insertion: er liest sie. 4. Insertion: er informiert
sich über den Preis des annoncierten Artikels. 5. In-
fertion: er schreibt die Adresse auf. 6. Insertion: er
spricht darüber mit seiner Frau. 7. Insertion: er ent-
schließt sich, zu kaufen. 8. Insertion: er kauft. 9. In-
sertion: er lenkt die Aufmerksamkeit seiner Freunde auf
die Annonce. 10. Insertion: die Freunde sprechen darüber
mit ihren Frauen.“ Probatum est!
(„Smart“) sein, heißt jetzt in Paris: nach der
letzten Mode gekleidet sein. Früher sagte man — so
schreibt Maurice Muret im „Journal des Débats“ —
„chic“ oder „vlan“ oder „pchutt“ aber die Worte
wechseln schnell. Jetzt heißt es nur noch „smart“
Dieses neue Wort von echt britischer Klangwirkung hat
sich rasch die Gunst „unserer Elègants“ erobert —
das Gigerlthum und die Kunst haben kein Vaterland.
Also „smart“ heißt modern. Aber die Mode ist die
unbeständigste aller irdischen Erscheinungen. Die von
gestern ist nicht mehr die von heute. Man bleibt des
schönen Beiwortes „smart' nur dann wahrhaftig würdig.
wenn man beständig zu interessieren weiß. Der berufs-
mäßige „smart“ Jüngling muſs seinem Werke nach den
Berechnungen der hervorragendsten Spezialisten täglich
eine Mindestarbeit von fünf bis sechs Stunden
widmen. Den Rath seines Schneiders darf er nur mit
Vorsicht genießen und muss im Uebrigen seine eigene
Phantasie zu Rathe ziehen. Er wird auch in einigen
Modeblättern wertvolle Fingerzeige finden, die gewisser-
maßen ein Canevas des „Smart“ sind, die ihm in der
schwierigen Kunst, seinen äußeren Menschen zu putzen,
als „Leitmotive“ dienen können. Der Modeberichterstatter,
der die Leser des „Cri de Paris“ auf Alles, was in der
kommenden Saison „smart“ sein wird, aufmerksam zu
machen hat, scheint besonders gut unterrichtet zu sein.
Hören wir seine weisen Worte: Der „smart gentloman“
muſs dreimal täglich sein Kostüm wechseln. Bis
1 Uhr nachmittags trägt er den kurzen Rock, ein
farbiges Hemd und einen kleinen Hut. Von
1 bis 6 Uhr erledigt er seine Geschäfte im
schwarzen, geschweiften, unten nicht sehr abgerundeten
Jacket; Besuche macht er im Ueberrock. Ferner zieht
er dunkle Beinkleider und Lackschuhe an. Weiße Hand-
schuhe sind verpönt (die Worte sind im Urtext durch
Sperrdruck hervorgehoben). Man trägt nur ziegelrothe
Handschuhe, und zwar locker in der Hand.
Um 6 Uhr legt der „smart gentleman“ den schwarzen
Gehrock an und bindet die weiße Cravatte um (wer eine
schwarze Cravatte trägt, hat überbaupt keine Lebensart).
Die weiße Cravatte muss zu einem „harmonischen Monu-
ment“, zu einer „fmarten Körperzierde“ gestaltet
werden. Die Cravatte muss durchaus drei „Enden“
haben. Zu diesem Zwecke macht man einen kleinen
Knoten, der an den Ausläufern bauchig sein muss.
Wie man diesen Knoten bindet und wie man dann die
Cravatte um den Hals schlingt und mit dem „Plastron“
in Einklang bringt, das kann nicht mit wenigen Worten
gesagt werden; dazu bedarf man einer ganzen Vorlesung.
Man glaube nicht, daſs die Herstellung des „Knotens mit
den drei Enden“ ein Unternehmen ist, das die menschlichen
Kräfte übersteigt. Mit Fleiß und Ausdauer kann es ge-
lernt werden. — Beweis: es giebt schon Leute, die es ge-
lernt haben. Nun noch einige Bemerkungen zur Veivoll-
ständigung der Erziehung: Fingerringe, Berlogues und
Schnurbärte — jawohl Schnurbärte! — trägt man nicht
mehr. Dagegen dürfte der „Chapeau claque“ sehr „smart“
werden. Der Hemdeinsatz muſs glatt und angemessen ge-
stärkt sein, man lasse es sich aber um Himmelswillen nicht
einfallen, ihm Glanz zu verleihen. Das ist nicht mehr
„smart“. Als allgemeine Regel merke man sich: „Man
trage nie etwas, was auffallen könnte.“
Telegrapsiischie Naciriciten.
Wien, 16. Dec. Inmitten der stürmischen
Scenen, die sich gestern im Abgeordnetenhause ab-
spielten, wurde ein Galleriebesucher wahnsinnig
und musste auf die psychiatrische Kinit gebracht
werden. Der Betreffende ist der russische Grund-
besitzer Iwan Walentin, der kürzlich aus Warschau
nach Wien gekommen und in einem Hotel der
innern Stadt wohnte. Gestern Nachmittag begab
er sich ins Abgeordnetenhaus, um einer Sitzung
beizuwohnen. Während der durch den Abg. Wolf
hervorgerufenen stürmischen Scene gerieth nun der
Russ: in eine solche Aufregung, daſs er zu toben
begann und Schimpfworte in den Saal hinabrief.
Es mussten mehrere Diener erscheinen, um ihn zu
entfernen. Auf Grund des Gutachtens des Polizei-
Bezirksarztes wurde er auf das Beobachlungs-
zimmer der genannten Klinik gebracht.
Wien, 16. Dec. Die „Wiener Zeitung“ meldet:
Der Kaiser genehmigte die erbetene Abberufung des
außerordentlichen und bevollmächtigten Botschafters
in Petersburg Fürsten Liechtenstein von seinem Posten
und gestattete, daſs demselben die kaiserliche Aner-
kennung und der Dank bekannt gegeben werde.
Wien, 16. Dec. Die „Wiener Zeitung“ meldet:
Se. Majestät der Kaiser verlieh mit Allerhöchster
Entschließung vom 4. December d. J. dem pen-
sionirten Bergdirector Richard Fitz in Brüx in An-
erkennung seiner vieljährigen montanistischen und ge-
meinnützen Thätigkeit den Titel eines Bergrathes
unter Nachsicht der Taxe.
Wien, 16. Dec. Mehrere Blätter nennen als
den in Aussicht genommenen Nachfolger des Fürsten
Liechtenstein auf dem Botschafterposten in Peters-
burg den Gesandten in Bucarest Baron von
Aehrenthal.
Teylitz, 16. December. [O.C.] (Verschiedenes.)
Die mit so großer Spannung erwartete Erstaufführung
von Gerhard Hauptmann's „Die Weber“ — die erste
Aufführung in Oesterreich-Ungarn — am hiesigen Stadt-
theater hatte einen großartigen Erfolg. Das ausverkaufte
Haus zollte der Aufführung — Regie und Inscenierung
Název souboru:
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