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5. November 1898
„Karlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr. 252
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arrangierten Abendconcerte der Pleier'schen Kapelle
in seinem Restaurant fanden großen Anklang, so
daſs morgen Sonntag 1/28 Uhr abends wieder ein
solches Concert stattfindet. Das hier weilende
Kurpublicum begrüßte freudig die Gelegenheit, einem
dritten Abendconcerte außer jenen der Kurkapelle
anwohnen zu können.
(Uebersetzung im k. k. Postdienste.)
Der Postcontrolor Karl Möser in Brüx wurde
nach Karlsbad übersetzt.
(Das Teppichhaus Orendi,) durch
seine Erzeugnisse weltberühmt, hat sein Musterlager
wieder im Centralhotel Loib, Parterre eröffnet und
kann die Besichtigung täglich von 2 bis 5 Uhr
nachmittags erfolgen.
(Stenographie!) Wichtig für Jeder-
mann ist in unserer schreibseligen Zeit die Kenntnis
der Stenographie; trägt sie doch infolge ihrer
Kürze dazu bei, die Schreibarbeit zu vereinfachen
und die dazu verwendete Zeit auf den 4. bis 5.
Theil herabzuvermindern. Da nicht Jedermann
Gelegenheit geboten ist, an einem mündlichen Unter-
richtscurse theilzunehmen, hat der „Verein stend-
graphiekundiger Lehrer und Lehrerinnen Böhmens“
(über 300 Mitglieder) beschlossen, wieder zwei
briefliche Unterrichtscurse, einen Anfangs und einen
Fortbildungscurs zu eröffnen. Ersterer dauert 10,
letzterer 5 Wochen. Die Theilnehmer haben für
ersteren einen Lehrmittelbeitrag von 3 Kronen, für
letzteren 1 Krone 50 Heller zu erlegen. (Nichtlehrer
außerdem Correcturgebühr von 20 Heller für jede
Aufgabe.) Anmeldungen werden an die Leitung
des oben genannten Vereines (Obmann Herr F.
J. Hirschberg, staatl gepr. Lehrer der Stenographie)
in Joachimsthal (Erzgebirge) erbeten, welcher zu
allen Auskünften in stenographischer Beziehung gern
kostenlos bereit ist (Antwortmarke!) Dem Unter-
richte liegt das verbreitetste und einzig staatlich an-
erkannte System Gabelsberger zu Grunde, nach
welchem mit Ausschluss aller übrigen Systeme in
den Schulen Oesterreichs, Sachsens, Bayerus ꝛc.
unterrichtet werden darf. (Probebrief 40 Heller in
Marken.)
(Trauung. ) Am 15. d. M. vormittags
/29Uhr findet in der hiesigen Decanalkirche die
Trauung des Herrn Auton Hoffmann (Photo-
keramische Anstält in Karlsbad) mit Fräulein Therese
Stock ftatt.
§ 2-Versammlung im Restaurant
„Bavaria“.) Ueber dieselbe erhalten wir als
Ergänzung unseres Berichtes über die socialdemo-
kratische Versammlung im „Hotel Weber“ folgende
Mittheilung: „Montag abend fand nach der social-
demokratischen Versammlung, welche in Folge des
nichts weniger als löblichen Benehmens seitens ihrer
Veranstalter vom Regierungsvertreter aufgelöst wurde,
eine § 2- Versammlung im Saale des Gasthauses
„Bavaria“ statt. Herr Rasp besprach in längerer
und sachlicher Rede die sogenannten Principien der
Socialdemokcaten, deren sehr unklaren Ziele, das
ausbeutende Gebahren ihrer Führer, welche aus-
schließlich und nur in Folge Verblendung der
Arbeiter, von deren sauer verdienten Kreuzern ge-
mächlich leben. — Reduer kritisirt mit scharfen
Worten die vielgerühmte socialdemokratische Freiheit
und Bildung. Zuerst laden sie oder besser gesagt
locken sie verschiedene Herren der deutschnationalen
Partei zu ihren Versammlungen, wird ihnen in
weitgehendster Weise Redefreiheit verbürgt und wie
halten dieselben ihr Wort? Die Herren Ordner
ergreifen die mitgebrachten Stöcke und stürzen sich
mit Geschrei auf die verhassten geladenen Gäste.
So sieht der den Eingeladenen zugesicherte Schutz
aus. Sehr trefflich schilderte auch Herr Paulus
— aus eigener Beobachtung und Erfahrung —
die miſslichen Verhältnisse und Zustände der social-
demokratischen, allein seligmachenden Partei, deren
Thaten auch neuerdings wieder bewiesen haben,
wie es mit der so viel gepriesenen Freiheit ausschaut
und wie viel „besser“ die socialdemokratische Partei
gegenüber allen bürgerlichen Parteien sich benehme.
Nachdem noch mehrere Herren in dieser Rich-
tung sprachen und ihre Entrüstung über die Ueber-
fälle von Seite der Socialdemokraten ausdrückten,
schloss in vorgerückter Stunde der Vorsitzende die
durch nichts getrübte Versammlung.“
(Verein der Gastwirtsgehilfen.)
Die Mitglieder des Vereins der Gastwirtsgehilfen
veranstalten während der Wintermonate jeden
Donnerstag im Vereinslocale Restaurant „Schützen-
halle“ gesellige Zusammenkünfte der Mitglieder
zum Zwecke des Meinungsaustausches und Be-
sprechung von Standesfragen. Auch werden an
diesen Tagen gemeinnützliche Vorträge über belie-
bige, die Mitglieder interessierende Themen abge-
halten. Nächsten Donnerstag hält Herr Georg
Huber den ersten Vortrag.
(Von der Bezirkskrankencassa.) Die
Auszahlungen der Bezirkskrankencassa haben am
letzten Zahltage 722 fl. 87 kr. an 149 Kranke
betragen, somit nahezu 100 fl. mehr gegen die Vor-
woche und gegen das Vorjahr.
(Postmeisterstellè.) In Welchau (Bez.
Karlsbad) gelangt die Postmeisterstelle zur Besetzung.
Gesuche sind binnen drei Wochen bei der k. k. Post-
und Telegraphendirection in Prag einzubringen.
(Eine lebende Blindschleiche) wurde
von einem Leser unseres Blattes an einem Baum-
stamme gefangen, eine zur vorgerückten Jahreszeit
bei uns selkene Erscheinung. Wir haben das
muntere Thierchen der hiesigen ersten Volksschule
übermittelt.“
(Zum Regierungs-Jubiläum Sr.
Majestät des Kaisers.) Se. Excell. der
Minister für Kultus und Unterricht hat im
Hinblicke auf die außerordentliche Bedeutung des
am 2. December 1898 stattfindenden fünfzigjährigen
Regierungs Jubiläums St. M jestät des Kaisers
zum Zwecke einer allgemeinen und im Wesentlichen
einheitlichen Feier dieses Jubiläums an allen nicht
dem Gebiete der Hochschulen angehörenden Schulen
und Lehranstalten mit Erlass vom 31. October d.
J. Folgendes angeordnet: 1. Die Jubiläums-
Feier hat am 2. December 1898 stattzufinden. An
diesem Tage hat an sämmtlichen oben bezeichneten
Schulen und Lehranstalten jeder Unterricht zu ent-
fallen. — 2. Die Jubiläums-Feier hat aus einem
Festgottesdienste und einer Schulfeier zu bestehen.
An jenen Anstalten, an welchen sich Schüler ver-
schiedener Konfession befinden, sind nach Thunlich-
keit für jede Konfession besondere Fest-Gottesdienste
zu veranstalten und ist in jedem Falle das Ein-
vernehmen mit den betreffenden Kirchenbehörden und
Vorständen der Religions-Genossenschaften zu pflegen.
3. Am Festgottesdienste haben sich sämmtliche Lehrer
und Schüler der betreffenden Konfession zu betheiligen.
Wo an allgemeinen Volksschulen die öctlichen Ver-
hältnisse die Theilnahme sämmtlicher Schüler nicht
gestatten, ist diese auf die oberen Stufen einzu-
schränken. — 4. Nach Beendigung des Festgottes-
dienstes haben sich sämmtliche Lehrer und Schüler
entweder in der Schule selbst oder in einer passenden
größeren Räumlichkeit zu einer Schulfeier zu ver-
sammeln. An Volksschulen kann, wo die Raum-
verhältnisse es nicht gestatten, alle Kinder zu ver-
einigen, von der Theilnahme der unteren Jahres-
stufen abgesehen werden. — 5. Bei dieser Schul-
feier ist den Schülern seitens des Directors, be-
ziehungsweise Schulleiters oder eines Mitgliedes des
Lehrkörpers die besondere Bedeutung des Tages und
der Regierung Sr. Majestät des Kaisers Franz
Joseph I. in einer des Anlasses würdigen, der
Fassungskraft und dem Gefühlsleben der Jugend
entsprechenden Weise darzulegen. Sodann ist die
Feier mit Absingung der ersten Strophe der Volks-
hymne zu schließen. Jede sonstige etwa beabsichtigte
Veranstaltung, insbesondere jede deklamatorische
oder musikalische Aufführung (Festspiel u. dgl.)
hat im Hinblicke auf die tiefe Trauer, in welche
Se. Majestät, das Allerhöchste Kaiserhaus und die
gesammte Monarchie durch das erschütternde Ab-
leben Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin
Elisabeth versetzt worden sind, zu unterbleiben.
6. Sollte in einzelnen Fällen die Veranstaltung des
Festgottesdienstes am 2 December 1898 in Folge
besonderer unüberwindlicher Hindernisse unmöglich
sein, so hat zwar die angeordnete Schulfeier am
2. December 1898, der Festgottesdienst jedoch an
lassen, ohne daſs ich auf Fragen zu antworten habe,
ohne daſs ich Auskünft wegen Dingen geben muss,
die niemals passiert sind und mit denen ich doch
zu thun gehabt haben soll.“
„Dann muss doch Ihr Feind aber ein Mensch
sein, der gar nichts anderes zu thun bat, als Sie
zu verfolgen und zu ärgern. Nach Ihren Be-
schreibungen muss dieser Gegner sogar den ganzen
Tag angestrengt arbeiten, um diese Nichtswürdigkeit
gegen Sie auszuführen.“
„Das habe ich mir auch schon gesagt, und ich
bin sogar der Ueberzeugung, daſs ein Mensch allein
diese Riesenarbeit gar nicht ausführen kann, sondern
daſs mein Gegner Beihilfe hat. Denken Sie doch,
es ist vorgekommen, daſs an manchem Tag sechs
bis acht Schmähbriefe an meine Bekannnten und
mich eingegangen sind, dabei war jeder Brief drei
bis vier bedruckte Seiten lang.
„Ja, da muſs natürlich etwas geschehen, Herr
Wegener, ich kann Ihnen einen Privatdetektiv em-
pfehlen, dessen Dienste ich selbst erst vor einem
Vierteljahr in Anspruch nahm. Der Mann hat
kein großes Bureau mit Personal und kostspieliger
Einrichtung, sondern arbeitet ganz allein. Er war
früher bei der Kriminalpolizei und hat seit einem
Jahre seinen Abschied genommen. Er ist außer-
ordentlich zuverlässig und geschickt, und was die
Hauptsache ist, auch billig. Er lässt sich natürlich
seine Leistungen auch bezahlen, aber er stellt wenigstens
keine unverschämten Forderungen. Schreiben Sie
sich die Adresse auf, der Mann heißt Nagel und
wohnt Kochſtraße 87. Er hat eine kleine Wohnung
drei Treppen hoch, er ist Junggeselle und sicher
von Eine bis Zwei anzutreffen.“
„Was wird mich ungefähr die Sache kosten?“
„Nun, ich vermuthe, Nagel wird doch einige
Zeit ganz nach Ihrem Wohnort übersiedeln oder
sich wenigstens zeitweise dort aufhalten müssen.
Die ganze Sache wird ungefähr vier Wochen dauern:
hat Nagel bis dahin kein Resultat, so wird er Ihnen
von selbst graten, die Geschichte aufzugeben. Auf
drei- bis fünfhundert Mark für diesen Monat
werden Sie sich aber schon gefasst machen müssen.“
„Darauf soll es mir nicht ankommen, wenn
es mir gelingt meine Gegner abzufassen und un-
schädlich zu machen. Also zwischen Eins und Zwei
ist der Mann zu sprechen, ich werde sicher bei ihm
sein — aber da ist ja der erste Berliner Bahnhof.
Ich steige hier aus, Herr May, ich habe ein paar
Besorgungen zu machen.“
Pünktlich um ein Uhr befand sich Wegener in
der Kochstraße und suchte nach dem Hause Nummer
87. Als er es gefunden hatte, stieg er die ziemlich
dunklen Treppen hinauf und begegnete auf der
dritten Treppe einen Mann, der eilig von oben
herunter kam. Die Treppe war nicht besonders
breit, und Herr Wegener wohlbeleibt; er musste
zur Seite treten, um den Herunterkommenden an
sich vorüber zu lassen. Der Fremde musterte beim
Vorübergehen Wegener mit einem eigenthümlichen
Blick. Dann nahm er höflich seinen Hut ab und
fragte: „Mein Herr, wollten Sie vielleicht zu mir?
Mein Name ist Nagel, Privatdetektiv.“
„Allerdings wollte ich Sie aufsuchen. Mein
Name ist Wegener Ich bedarf Ihrer Hilfe, und
mein Freund, der Kaufmann May, hat Sie mir
empfohlen.“
„Ich bin Herrn May jedenfalls sehr dankbar,
daſs er sich meiner noch erinnert. Umsomehr thut
es mir leid, Herr Wegener, nicht mit Ihnen nach
meinem Bureau zurückkehren zu können. Ich habe
einen außerordentlich wichtigen Weg zu machen, der
mich nur kurze Zeit in Anspruch nimmt, den ich
aber nicht aufschieben kann. Es war ein Glück,
daſs ich Sie fragte, ob Sie zu mir wollen, Sie
hätten mich sonst gar nicht angetroffen. Nun habe
ich eine Bitte, Herr Wegener, ich kann Ihnen nicht
zumuthen, daſs Sie noch einmal wiederkommen.
Bitte, begleiten Sie mich auf meinem Wege, der
nur zwei Straßen weit geht. Ich habe dort in
einem Hause nur eine Anfrage zu besorgen, die
allerdings höchst wichtig ist. In dem Hause be-
findet sich ein Restaurant. Wenn Sie die Güte
haben wollten, mich in diesem Restaurant zu er-
warten, so würde ich nach zehn Minuten höchstens
wieder bei Ihnen sein, und Sie könnten mir dann
in aller Ruhe erzählen, um was es sich handelt.
Ich darf nämlich nicht wieder nach Hause, sondern
habe noch gerade in jenem Restaurant eine Person
zu erwarten, respective zu beobachten. Sie sind
mir doch nicht böse, Herr Wegener?“
„Ganz und gar nicht, Herr Nagel, es ist mir
nur lieb, daſs ich Sie getroffen habe. Ich habe
Zeit und will gern die paar Minuten auf Sie
warten.“
Název souboru:
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