Text na stránkách 4
Text:
14. October 1898
Seite 4
�Karlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr. 234
14. Octo.
daher dringend zu wünschen, daſs sich bei den
Grundablösungen keine großen Differenzen ergeben
und durch überspannte Forderungen der Grund-
eigenthümer keine Verzögerung in der Ausführung
des für unsere Gegend so wichtigen Projektes ein-
trete. Obwohl bei dem Bau der Strecke Karlsbad-
Marienbad noch manche Arbeiten zu bewältigen
sind, so steht doch zu erwarten, daſs diese Linie bis
Ende November eröffnet werden kann, da ein großer
Theil der noch vorzunehmenden Arbeiten auch nach
Jnbetriebsetzung dieser Bahn fertiggestellt werden
könnte.
(Steckbrief.) Das Egerer k. k. Kreis-
gericht hat gegen den 30 Jahre alten, flüchtigen,
eines Effectendiebstahls beschuldigten Taglöhner
Karl Pleyer aus Hohenstollen bei Neudek einen
Steckbrief erlassen Der Gesuchte ist von mittlerer
Größe und an der etwas nach rechts verschobenen
Nase leicht erkenntlich
(Die heurige Kartoffelernte) wird fast
ohne Ausnahme als sehr zufriedenstellend bezeichnet.
Seit Jahren sei eine ähnliche, ertragreiche und gute
Kartoffelernte nicht dagewesen.
(Die Befürchtung, dass der Blätter-
schmuck unserer Bäume) unter den Nach-
wirkungen jener langandauernden Hitzperiode im
Herbste nicht lange standhalten werde, hat sich leider
erfüllt, auch auf den höheren Baumsorten ist überall
das Laub bereits braun und trocken geworden und
beginnt abzufallen.
(Gefährlichkeit elektrischer Glüh-
lampen.) Man nimmt allgemein an, daſs die
elektrischen Glühlampen, weil sie von der Luft
durch die Glasbirne vollständig abgeschlossen sind,
ohne jede Gefahr überall, z. B. auch zwischen
Decotationsstoffen u. s. w. verwendet werden können.
Nach einem im „Lancet“ mitgetheilten Versuch ist
aber die von den Lampen ausgestrahlte Wärme-
menge bedeutend größer als man denkt, und sehr
wohl ausreichend, um eine Entflammung hervor-
zurufen. Ein einfacher Versuch beweist die Richtig-
keit dieser Behauptung. Legt man eine gewöhn-
liche Glühlampe in ein Gefäß, das mit einem halben
Liter Wasser gefüllt ist und setzt die Lampe dann
in Betrieb, so wird das Wasser langsam erwärmt
und schon nach Verlauf einer Stunde siedet es.
Aber auch eine directe Zündung lässt sich durch
eine Glühlampe leicht bewerkstelligen, indem man
sie in einen Haufen gekämmter Baumwolle legt.
Schon nach kurzer Zeit ist die Baumwolle versengt
und sehr bald tritt die Entflammung ein. Wird
Celluloid mit einer brennenden Glühlampe in Ver-
bindung gebracht, so entzündet es sich schon nach
fünf Minuten. Durch diese Versuche ist der Be-
weis dafür erbracht worden, daſs die Verwendung
von Glühlampen, wenn sie mit leicht brennbaren
Stoffen in Berührung kommen, nicht absolut un-
gefährlich ist.
ihn geküßt! Das ungewisse Etwas, das er ersehnt
hatte, war gekommen.
In der Ferne grollte es dumpf, ein Blitzstrahl
zuckte aus den Wolken.
Army riſs sich gewaltsam aus seiner Lethorgie
und stürmte vorwärts. Endlich hatte er ihre Mal-
geräthschaften abgegeben. Ein brennendes Ver-
langen, nach dem Santa Mariasee zu eilen, über-
kam ihn plötzlich. Dort wollte er dem nahenden
Unwetter entgegensehen! Er wollte Zeuge sein
des grausigen, wilden Kampfes der entfesselten
Elemente!
Dort wollte er ringen mit dem fremden
Elemente, das in seiner eigenen Brust raste.
Und die dunkle Fluth, die vorher ruhigathmend
wie eine schlafende Königin dagelegen hatte, schien
jetzt von einem bösen Traume gequält zu werden.
Ihr Busen hob und senkte sich erregter; hochauf
däumte sie sich, um den Druck der Athmosphäre.
der sie beengte, von sich abzuschütteln. Da peitschte
sie der Sturmwind — und sie erwachte. Die weiße
Schaumkrone auf dem Haupte, grollend, zischend,
vor Zorn aufschreiend erwehrte sie sich des furcht-
baren Feindes. In mächtigen Donnerschlägen,
die die Luft erbeben ließen, mischte sich ihr Weh-
geheu', grelle Blitze beleuchteten den schaurigen
Kampf, und der Himmel weine Thränen ohne
Zahl dazu.
Schiffhäuseln, 13. October. Falls die Neu-Draho-
witzer keine Ortschronik führen, wird man sich früher
oder später verwundern, wieso ein so hübscher Ortstheil
mit seinen stattlichen Häusern „Schiffhäuseln“ benamset
werden konnte. Seit das „Schiff“ — der Ausdruck war
damals wieder vergrößert, es war nur ein Schiffchen —
verschwunden und die Eisenbrücke den Verkehr über die
Eger besorgt, wurde auch die Baulust am anderen Ufer
rege und es dehnten und reckten sich die Häuseln in die
Breite und Höhe und Tiefe. Auch jetzt erhebt sich wieder
an Stelle eines solchen Häuschens ein wahrer Zinshaus-
palast, fast so groß wie das bisher größte Gebäude, das
Schulhaus, und ein zweites, ebenso großes Gebäude steht
für nächstes Jahr als Nachbar in Aussicht.
Eger, 12. October. (Einrückung.) Am 6. d. M.
sind hier gegen 500 Mann Ersatzreservisten des Landwehr-
Infanterie=Regimentes Nr. 6 zur achtwöchentlichen Aus-
bildung eingerückt.
Vermischtes.
(Die letzten Briefe des Kaisers von China.)
Der gegenwärtig in Hongkong weilende frühere vertraute
Rathgeber des Kaisers, Kang-Yu-Wei, hat dem dortigen
Berichterstatter der „Times“ unter anderem auch die
Briefe mitgetheilt, welche der Kaiser am 16. und 17.
vorigen Monats an ihn richtete. Der erste lautet: „Wir
wissen, daſs sich das Reich in wirren Zeiten befindet.
Wenn wir nicht westliche Methoden ergreifen, ist es nicht
zu retten. Wenn wir nicht die hemmenden conservativen
Minister beseitigen und an deren Stelle junge, intelli-
gente Leute setzen, welche die westlichen Angelegenheiten
kennen, ist es unmöglich, Reformen durchzuführen. Aber
die Witwe wird nicht damit übereinstimmen. Ich habe
Ihrer Majestät wiederholt den Rath gegeben, aber sie
wird wüthend. Ich fürchte, ich werde meinen Thron
nicht schützen können. Sie erhalten hierdurch den Befehl,
sich mit Ihren Collegen zu berathen, welchen Beistand
Sie uns gewähren können, um mich zu retten. Ich bin
sehr besorgt und niedergeschlagen. Ich erwarte gespannt
Ihren Bescheid.“ — Das zweite Schreiben lautet: „Ich
habe Ihnen befohlen, die Gründung eines amtlichen
Organs zu leiten. Es ist sehr gegen meinen Wunsch.
Ich bin voller Sorge, die ich nicht mit Tinte und Feder
beschreiben kann. Sie müssen sofort ausgehen und Mittel
finden, um mich zu retten, ohne einen Augenblick Verzug.
Ihre Hingebung und Treue rührt mich sehr. Retten Sie
sich selber. Ich hoffe, daſs Sie mir in Kurzem wieder
werden beistehen können in der Reorganisation des
Reiches, damit alles auf eine richtige Grundlage kommt,
Dies ist mein Wunsch.“
(Weltausstellung Paris 1900.) Die fran-
zösische Ausstellungsverwaltung hat dem Generalcom-
missariate nun auch das Reglement für die anlässlich der
Pariser Weltausstellung stattfindenden internationalen
Congresse übermittelt. Dieselben stehen unter dem Pa-
tronate der französischen Regierung und wurden in nach-
stehe de zwölf Sectionen eingetheilt: Section 1: Er-
ziehung und Unterricht. Section 2: Schöne Künste;
decorative Künste; Belletristik; darstellende Kunst: Ge-
schichte: Archäologie. Section 3: Mathematische Wissen
schaften (mathematische Fächer im engeren Sinne, Me-
chanik, Astronomie, Geodäsie.) Section 4: Physik und
Chemie, sowie deren Anwendung (Physik, Chemie,
Meteorologie, die auf der Physik und Chemie basierenden
Industrien.) Section 5: Naturwissenschaften (Geologie,
Mineralogie, Botanik, Zoologie, Anatomie, Physiologie,
Anthropologie.) Section 6: Medicin und Pharmaceutik.
Section 7: Angewandte Mechanik, Bauwesen zu Land
und zu Wasser, Transportmittel. Section 8: Boden-
cultur (Agrononomie, Ackerbau, Weinbau, landwirtschaft-
liche Industrien, Gartenbau, Waldcultur, Jagd, Fischerei.)
Section 9: Politische Oekonomie, Gesetzgebung und
Statistik. Section 10: Socialwissenschaften (Social-
öconomie, Hygiene, öffentliches Hilfswesen.) Section 11:
Colonisation und Erdkunde (Geographie, physikalische
Geographie, Länderforschungen.) Section 12: Industrie
und Handel im Allgemeinen. Diesen Sectionen ent-
sprechend werden zwölf Specialcomités behufs Entgegen-
nahme und Prüsung der Congreßanmeldungen eingesetzt,
während die Arbeiten eines jeden Congresses durch eine
Organisationscommission vorbereitet werden. Endlich
wird noch eine Commission supérieure zur Prüfung der
Anträge der Specialcomités, zur Verfassung der Durch
führungsbestimmungen für das Reglement, sowie zur
Entscheidung darin nicht vorgesehener Fälle geschaffen.
Im Rahmen des Reglements ist die Organisation und
Administration der Congresse jedoch diesen selbst überlassen.
mmel ein
wohl-
(Die eben verstorbene Prinzessin Alb.
war die letzte preußische Fürstenbraut, die bei ihrer
Trauung die überlieferte Lockenfrisur trug. Auch das
alte Zeremoniell des Kartenspiels fand bei ihrer Hochzeit
noch statt. Ehemals setzten sich das regierende Königs-
paar nach der Trauung und das junge Paar an den
Spieltisch und nahmen Karten zur Hand, während die
Hochzeitsgesellschaft vorbeidefilierte. Die Eltern des Braut-
paares und die höchsten Gäste saßen ebenfalls an Spiel-
tischen. Bei der Doppelvermählung 1878 kam dieses
Zeremoniell zum ersten Mal in Fortfall und wurde nicht
wieder aufgenommen. Die Töchter Kaiser Friedrichs und
des Prinzen Friedrich Karl trugen auch keine Lockenfrisur
mehr zum Myrthenkranze.
Herr Konstantin v. Rengarten), der aus-
dauernde Weltumwanderer, hat, wie aus Rigc geschrieben
wird, seine Fußreise um die Erde am letzten Sonntag in
der livländischen Hafenstadt, von wo er ausgegangen war,
zum Abschluſs gebracht. Seine Reise, die im Ganzen
4 Jahre und 1 Monat 12 Tage und 12 Stunden ge-
dauert hat, war reich an Abenteuern und interessanten
Erlebnissen in den Orientländern, in China und Amerika.
(Ibsen und der Weltfrieden.) Ein Mitarbeiter
des „Christiania Verdens Gang“ sprach jüngst mit Jbsen
über das Manifest des Zaren. „Mit einem solchen Vor-
schlage muſs man ja durchaus sympatisieren“, sagte der
Dichter. „Der Gedanke ist schön und gut; aber die Sache
hat ja so viele Seiten. Wenn der Krieg abgeschafft wüede,
müſste eine andere Form des Schröpfens erfunden werden.“
„Des Schröpfens?“ „Ja, Schröpfen. Ich glaube, daſs
die Menschen auf ihrer jetzigen Stufe etwas derartiges
brauchen, sonst würden sie zu dickblütig werden.“ —
„Glauben Sie denn nicht, daſs das Militärwesen die
Entwickelung hemmt?“ — „Das ist eine zweifelhafte Sache.
Sollte jetzt der Miltärdienst aufhören, würde es vielleicht
eher einen Rückschritt der menschlichen Entwickelung be-
deuten. Glauben Sie mir, diese Soldatenkasernen bedeu-
ten eine ausgezeichnete Schule. Ich habe Leute durch das
Kafernenleben aus Thieren in Menschen verwandelt ge-
sehen. Ich erinnere mich einiger Weber aus Sachsen (?;
Sie machen sich kaum eine Vorstellung von ihrem Aus-
sehen und Benehmen vor dem Militärdienste, aber nach
ein paar Jahren Kasernenleben, wie waren sie dann
anders geworden, — wohlerzogene, kecke, beinahe stilvolle
Menschen.
(Auch ein Hochzeitsangebinde.) In einem
Bezirksblatt des württembergischen Unterlandes ist fol-
gender „Aufruf an Bewerberinnen“ zu leien, der von
einem Dentisten unterzeichnet ist. Der Aufruf lautet:
„Aus Anlaſs der Vermählung Ihrer Königlichen Hoheit
Prinzessin Pauline von Württemberg mit Sr. Durch-
laucht dem Erbprinzen von Wied werden von Unter-
zeichnetem sechs unbemittelten, unbescholtenen Mädchen
des Bezirkes .... unentgeltlich künstliche Zähne eingesetzt
wenn dieselben (die Mädchen nämlich, nicht die Zähne!
D. R.) ein Zeugnis ihres Herrn Ortsvorstehers mit-
bringen und sich bis 12. October d. J. melden.“
ist
Vom Büchertisch.
Nansen's großes Werk „In Nacht und Eis?
kürzlich im Verlage von F. A. Brockhaus in Leipzig
einer neuen revidierten Ausgabe erschienen (2 Sände mit
211 Abbildungen, 8 Chromotafeln, 4 Karten, geb. 20 M.).
Diese neue Ausgabe weist dieselben Vorzüge auf, welche
„In Nacht und Eis“ zu dem am meisten gelesenen
Reisewerke unserer Zeit gemacht haben. Nansen ist ein
Meister der Feder und zugleich ein scharfer Beobachter;
sein Werk spiegelt deshalb die berühmte Fahrt der „Fram“
und seine denkwürdige Schlittenreise in einer ungemein
fesselnden und instructiven Weise wieder. Was Nansen
auf der mehr als 3 jährigen Polarreise geleistet und er-
duldet hat ist bewunderungswert. Mit der Schilderung
seiner einzigdastehenden Erlebnisse in den Eiswüsten des
Nordpols, seines unablässigen Kampfes mit den finsteren,
Verderben drohenden Mächten spannt er den Leser aufs
höchste und gibt zugleich ein Bild einer kraftvollen Per-
jönlichkeit, wahren Mannesmuthes und echten Forscher-
geistes. Die Ausstattung des Werkes ist ebenso reich als
elegant; die Naturtreue der interessanten Bilder ist da-
durch verbürgt, daſs sie fast ausschließlich photographische
Aufnahmen Nansen's darstellen; einen hervorragenden
Schmuck bilden die Chromotafeln, welche nach Originalen
Nansen's den malerischen Bauber der Landschaft des
höchsten Nordens wiedergeben. Einen besonderen Vorzug
hat die neue revidierte Ausgabe von „In Nacht und
Eis“ dadurch, daſs Nansen sich in dem wesentlich er-
weiterten Schluſswort über die hauptsächlichsten wissen-
schaftlichen Ergebnisse seiner Polarreise ausführlich in
allgemein verständlicher Weise ausspricht. — Kürzlich ist
esd. Verlagshandlung gelungen, die Erzählungen zweier
Begleiter Nansen's zu erwerben, die als Supplementband
zu „In Nacht und Eis“ (geb. 10 M., Verlag von F. A.
Brocthaus, Leipzig) erscheinen. In diesem berichtet Nord-
abl, der Elettrotechniker an Bord von Nansen's Schiff,
(Fortsetzung folgt.)
Název souboru:
karlsbader-badeblatt-1898-10-14-n234_5230.jp2
Porta fontium