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Sinne der gesetzlichen Definition des Begriffes ein-
geschränkt und Betriebe größerer Ausdehnung, ins-
besondere solche, welche mit fremden Hilfskräften
und Maschinen arbeiten, als Gewerbe behandelt
und damit auch zur Genossenschaft herangezogen
werden.
Karlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr. 73
C1. März 1898
mochen.
„O Gott, meine Veronika!“ rief Frau von
Biberstein wiederum schluchzend aus.
„Welche Beweise können Sie für Ihre An-
gaben liefern?“ fragte ihr Gatte noch immer mit
der ungläubigsten Miene, während sein plötzlich so
bleich gewordenes Aussehen doch bereits, einen
tiefinnern Schmerz verrieth. (Fortsetzung folgt.)
Versüh er nach Rom, wo sie seine Ehegattin werden
sollte Doch er betrog sie, ließ sie nach einigen
Wochen im Stich und das arme Weib hat in dem
Tibec ihren freiwilligen Tod gefunden.“
„Das ist nicht wahr:“ rief Herr von Bibea-
stein aus. —
„Sie werden die Bestätigung meiner Mit-
theilung von ihm selber hören. Andere häßliche
Geschichten, die man von ihm weiß, will ich über-
gehen und nur noch Folgendes erwähnen. Er lebte
bei meiner Tante in der Schweiz längere Zeit mit
einer jungen Dame zusammen, die von ihm als
seine Frau eingeführt und als solche auch von aller
Welt betrachtet wurde. Allein es stellte sich später
heraus, daſs die Beiden nicht als Mann und Frau
zusammengehörten. Die Pseudo-Gattin musste
unser Haus natürlich sofort verlassen, und nur auf
sein dringendes Bitten fand sich meine Tante geneigt,
ihn noch so lange in seiner Wohnung zu dulden,
bis er seine dringendsten Angelegenheiten erledigt
hatte. Ich befinde mich hier auf einer Durchreise,
hörte so ganz zufällig von seiner Verlobung mit
Ihrer Tochter und habe mich daher veranlaset ge-
sehen, Ihnen zur Warnung diese Mittheilungen zu
Vermischtes.
(Das Abgeordnetenhaus) wird vor den Oster-
ferien nur mehr drei oder vier Sitzungen halten. Die
Debatte über die Regierungserklärung wird zu Ende ge-
führt und die Verhandlung über die Anträge auf Er-
hebung der Ministeranklage gegen den Grafen Badeni
wegen der gegen das Abgeordnetenhaus und einzelne Ab-
geordnete verübten Gewaltthätigkeiten wird zum mindesten
begonnen werden. Die Osterferien sollen bis zum 20.
April dauern; sie werden von den deutschen Abgeordneten,
namentlich von jenen aus Böhmen, dazu benützt werden,
um mit den Wählern in Fühlung zu treten und zu der
von Seite der Schönerergruppe erfolgten Aufkündigung
der deutschen Gemeinbürgschaft Stellung zu nehmen.
(Räuberromantil in Klondyke.) Eine Washing-
toner Depesche meldet heute, daſs Raubgesindel den
Weißen Paß auf dem Wege nach Klondyke besetzt halte;
die Infanterie-Garnison von Skagway habe den Befehl
erhalten, Personen und Eigenthum ohne Rücksicht auf die
Kosien zu beschützen. Wer weiß, wie viel Abenteurer,
Glücksritter und Verzweifelte aus allen Ländern für den
herannahenden Frühling den Plan einer Reise nach dem
nordischen Eldorado gefasst hatten. Als in Kalifornien
in den ersten Jahrzehnten unseres Jahrhunderts die so
rasch berühmt gewordenen Goldfelder entdeckt wurden,
da strömten Goldgräber aus aller Welt nach der Stätte,
wo sie unermesslichen Reichthum zu finden hofften; eben-
so war es in Südaustralien der Fall. Eine seltsame Ge-
sellschaft war es, die sich in diesen öden und unwirtlichen
Landstrichen zusammenfand, die Ausgestoßenen, der Ab-
schaum aus aller Herren Länder, aber auch ehrliche Leu'e,
die nichts weiter wollten, als eine Summe Geldes sich
erwerben, um damit etwas „anfangen“ zu können, und
Einfältige, welche wirklich meinten, das Gold liege nur
so auf der Erde und man brauche es bloß zu sammeln.
Und in dieser mehr als gemischten Welt kam es bald zu
dem, was unausbleiblich war: Raub, Mord und Todt-
schlag nahmen überhand; manch Einer, der, um sein
Glück zu suchen, ins Land gekommen war, fiel von frevel-
hafter Hand, und das gelbe Metall, das er so eifrig,
unter so viel Mühen und Entbehrungen gesucht hatte,
bereicherte den Mörder, der vielleicht später ein ähnliches
Schicksal fand. Wilde Scenen spielten sich ab und eine
Reihe amerikanischer Schriftsteller bemühte sich mit Er-
folg, diese Bilder aus dem wildesten Westen zu packen-
den Sensationsromanen zu gestalten. Die heute einge-
troffene Nachricht aus Klondyke zeigt, daſs auch dort schon
Wien, 30. März.
Präsiden Dr. von Fuchs eröffnet die
Sitzung um 11 Uhr 35 Min. Auf der Minister-
bank sämmtliche Minister.
Vor Uebergang zur Tagesordnung erhält das
Wort Abg. D'r. Verkauf. Derselbe kommt
auf die gestrige Freisprechung des Wachmannes
Glas, welcher den Abg Cingr aus dem Saale
entfernt hatte, sowie auf die Confiscationen von
Zeitungen wegen des Abdrucks von im Hause ein-
gebrachten Interpellationen zu sprechen und ver-
weist auf seinen in dieser Angelegenheit eingebrach-
ten Dringlichkeitsantrag, welcher sich gegen die
Entscheidung des Gerichtes bezüglich der Confis-
cationen richtet. Redner fragt das Präsidium, ob
es nach der Verhandlung der Nothstandsanträge
seinen Dringlichkeitsantrag wegen der Verletzung
des § 28 P'-G. zur Verhandlung bringen wolle,
eventuell beantragt er, das Haus zu befragen.
Präsident Dr. von Fuchs erklärt, es werde
nicht möglich sein, den Antrag des Abg. Verkauf
vor der Verhandlung der Ministeranklagen zur
Verhandlung zu bringen. Er lasse daher über den
Antrag des Abg. Verkauf abstimmen. Der An-
trag des Abg. Verkauf findet nicht die nothwendige
Zweidrittel-M jorität. (L bhafte Unruhe bei den
Sozialdemokraten.)
Abg. Wolf beschwert sich darüber, daſs der
Präsident über seinen gestrigen Antrag zur Tages-
ordnung die Unterstützungsfrage stellte. Das wider-
spreche dem Paragraph 44 der G.-O., wornach
formale Anträge sofort zur Abstimmung gelangen
müssen. Er verlangt daher, daſs dieser sein An-
trag heute zur Abstimmung gelange. Der Präsi-
dent erklärt, seiner Ansicht nach sei der Antrag des
Abg. Wolf nicht formaler, sondern materieller Natur
gewesen. Er könne daher dessen Wunsch nicht ent-
sprechen. Noch vor Uebergang zur Tagesordnung
ertheilt der Präsident dem Abg. Daszynski nach-
träglich auf Grund des stenografischen Protokolls
den Ordnungsruf und zwar wegen einer ungebühr-
lichen Aeußerung über die Thätigkeit des ungari-
schen Ministeriums. Das Haus geht zur Tages-
ordnung, das ist zur Verhandlung der Nothstands-
Dringlichkeitsanträge über.
Im ganzen kommen nun dreizehn Dringlich-
keitsanträge in Nothstandsangelegenheiten zur Ver-
handlung, was geraume Zeit in Anspruch nimmt.
Die Verhandlung wird sodann abgebrochen. Es
folgen Interpellationen. Abg. Prade interpelliert
den Justizminister wegen eines angeblichen Mini-
sterialerlasses, durch den das Reichenberger Kreis-
gericht einen scharfen Verweis erhielt, weil es eine
Tagsatzung vertagte, da der Vertreter einer Partei
der böhmischen Sprache nicht mächtig zu sein er-
das Goldsieber mit allen seinen Folgen auftritt; den
Abenteurern haben sich die Verbrecher zugesellt, und der
aus dem Goldlande glücklich Heimkehrenden harren auf
dem Weißen Passe, in den finsteren Nadelwäldern dieser
wilden und wüsten Gegenden verwegene Banden, welche,
was die armen Glücksucher mühsam sich erwarben, leicht
in die eigene Tasche gleiten lassen.
(Ein Frühstück bei Menelik) Der französische
Maler Paul Busset, der soeben von einem längeren Auf-
enthalt bei Menelik zurückgekehrt ist, gibt folgende Schil-
derung eines äthiopischen Frühstücks: „Sehr eigenthümlich
sind die Sonntagsdejeuners im Thronsaale des Palastes,
eines geräumigen Rundbaues aus Holz, dessen roth ge-
maltes Weidendach durch schlanke, blau bemalte Pfeiler
gestützt wird. Ich sehe noch, wie zwei Schritte vom Bal-
dachin, unter dem die kaiserliche Majestät thront, die
Herren Jlg und Mondon auf einem sehr niedrigen Fuß-
schemel sitzen und mit den Räthen des Herrschers die
Mahlzeit theilen, die ihnen der Kaiser gewährt. Das Essen
besteht aus Sahne, Milch und vielen Fleischstücken, welche
auf einem Tischchen liegen, dessen Unterlage von einem
Haufen Brode gebildet war. In dem Raume, zu dem
die Menge Zutritt hat, begann ein Schauspiel, würdig
der Schilderungen aus der Zeit Homers. Durch die lange
Reihe der in Gruppen auf dem Boden hockenden Krieger
wanden sich die Palasidiener und schleppten gewaltige
Viertel rohen Rindfleisches heran. Die Anwesenden stürzten
sich förmlich auf dieses blutige Fleisch, das für sie das
leckerste aller Gerichte, den „brondo“ abgibt, und schnitten
mit den Messern lange Streifen ab, die sie mit großem
Behagen auf der Stelle verzehrten.“
Abgeordnetenhaus.
Telegramme.
Teplitz, 30. März. Ein blutiges Liebesdrama
spielte sich heute um die Mittagsstunde in nächster
Nähe unserer Stadt ab. Der 18 Jahre alte Lackierer-
gehilfe Wilhelm Ruß aus Teplitz unterhielt mit der
15 jährigen Schneiderstochter Anna Stedefeld aus
Teplitz ein Liebesverhältnis, welches jedoch von den
Eltern des Mädchens nicht gestattet wurde. Gestern
Abend entfernten sich beide aus der elterlichen Woh-
nung, irrten in der Umgebung herum und giengen
heute Früh zu dem Schlossberge, wo Ruß zuerst
seine Geliebte und dann sich selbst durch einen Re-
volverschuß in die linke Schläfe entleibte.
Wien, 30. März. Die Gemeinderaths-
wahlen in den 19 Wiener Bezirken aus dem
1. Wahlkörper sind folgendermaßen ausgefallen:
1. Bezirk: 7 Liberale, 2. Bezirt: 4 Siberale, 3.
Bezirk: 3 Liberale, 4. Bezirk: 3 Liberale, 5. Be-
zirk: 1 Liberalr und 2 Christlichsociale (1 Man-
dat ist für die Lberalen verloren gegangen), 6. Be-
zirk: 2 Liberale, 7. Bezirk: 3 Liberale (die Libe-
ralen haben hier 1 Sitz gewonnen), 8 Bezik:
2 Liberale, 9. Bezirk: 3 Liberale,“ 10. Bezirk:
1 Liberaler und 1 Christlichsocialer. 11. Bezirk:
1 Christlichsocialer, 12. Bezirk: 2 Christlichsociale,
13. Bezirk: 1 Christlichsocialer, 14. Bezirt:
Christlichsociale, 15 Bezirk: � Christlichsociale,
16. Bezirk: 2 Christlichsociale, (die Siberalen haben
sich hier der Wahl enthalten), 17. Bezirt: 2 Christ-
lichsociale, 18. Bezirk: 2 Christlichsociale, 19. Be-
zirk: 1 Christlichsoc aler; zusammen 29' Liberale
und 17 Christlichsociale. Die Liberalen haben
somit 1 Mandat gewonnen.
Wien, 30. März. Die „Wiener Zeitung“
meldet: Für die verstorbene Prinzessen Franzisca
de Joinville wurde eine sechswöchentliche Hoftrauer
angeordnet. — Der Kaiser verlieh dem Oberlandes-
gerichtsrathe Johann Borecky in Pra� anlässlich
der erbetenen Versetzung in den bleibenden Ruhe-
stand taxfrei den Titel und Charakter eines §
rathes. — Der Kaiser ernannte die Bezirkshaupt-
männer Dr. Franz Schedle und Heinrich Wojaöek
zu Statthaltereiräthen bei der Statthalterei in Prag.
— Der Kaiser verlieh dem Bezirkshauptmanne
Emanuel Schmatt in Prag den Titel und Charakter
eines Statthaltereirathes mit Nachsicht der Taxe.
— Der Kaiser verlieh dem Polizeirathe der Prager
Polizeidirection Karl Krikawa den Titel und
Charakter eines Regierungsrathes mit Nachsicht der
Taxe. — Der Kaiser verlieh dem Straßeneinräumer
Wenzel Schwab in Reitschowes in Anerkennung
seiner vieljährigen und belobten Dienstleistung das
des
silberne Verdienstkreuz.
Wien, 30. März. Die nächste Sitzung
Herrenhauses findet am 5. April statt.
Wien, 30. März. Sonntag den 3. April ist
der gemeinsame Ministerrath anberaumt, in welchem
der gemeinsame Voranschlag der Berathung unter-
zogen und seitens der Regierung definitiv festgestellt
werden soll. Eine Verschiebung dieser gemeinsamen
Ministerconferenz um einige Tage würde nur in
dem Falle platzgreifen, wenn der ungarische Finanz-
minister, welcher derzeit unwohl ist, bis Samstag
den
nicht genesen sein würde. — Die Delegationen
werden, wie neueuestens verlautet, für Montag
2. Mai nach Budapest einberufen werden. Das
ungarische Abgeordnetenhaus wird am 14. April die
Wahl der Mitglieder der Abgeordneten vornehmen.
Die Delegationssession wird zu Pfingsten ihren Ab-
Ga-
schluss finden.
Wien, 30. März. Der Statthalter von
lizien, Fürst Sangusko, hat seine Demission gege-
ben, die auch bereits angenommen wurde. Der Fürst
klärte. Abg. Horica und Gen. interpellieren den
Ministerpräsidenten unter Hinweis darauf, daſs
das Telegraphen Correspondenzbureau über die
Saazer Vorgänge im November 1897 nicht be-
richtete, ob der Ministerpräsident bereit sei, alles
Nöthige zu veranlassen, damit das Correspondenz-
bureau aufhöre, den Kampfgenossen der politischen
Parteien in der Hetze gegen die nicht deutschen
Nationalitäten abzugeben.
Schluss der Sitzung um 6 Uhr. — Nächste
Sitzung morgen um 11 Uhr vormittags. Tages-
ordnung: 1. Wahl des 48gliedrigen Budgetaus-
schusses; 2. Fortsetzung der heutigen Tagesordnung.
Název souboru:
karlsbader-badeblatt-1898-03-31-n73_3270.jp2