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„Karlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr. 70
27. März 1898
kehrenden Züge ist in dem Fahrplan-Placat, giltig
vom 1. October 1897 bis 30. April 1898 enthalten.
(Kirchenmuſik). An dem heutigen Passions-
(sogenannten schwarzen) Sonntage werden im
Hochamte nach der um 1/210 Uhr beginnenden
Predigt die Messe für Sopran und Alt mit Orgel-
begleitung von Franz Z. Skuhersky op. 43 und
das Offertorium „Confitebor“ von W. E. Horak
zur Aufführung gelangen. — Zum Schlusse des
nachmittägigen Gottesdienstes (Beginn um 3 Uhr)
u. zw. während der Kreuzpartikel-Darreichung werden
der Hymnus „O crux ave“ und das Fastenlied
„Gekreuzigter Erlöser“ gesungen werden.
(Die Erinnerungsmedaille.) Für die
aus Anlass des fünfzigjährigen Regierungsjuviläums
unseres Allerhöchsten Kriegsherrn zu stiftende Me-
daille wurde officiell die Bezeichnung „Erinnerungs-
medaille“ festgesetzt. Die bisher populär üblich
gewesene Bezeichnung „Jubiläumsmedaille“ ist da-
her amtlich nicht zulässig und auch nicht mehr zu
gebrauchen. In Ergänzung und theilweiser Be-
richtigung der Mittheilungen über die Erinnerungs-
medaille sei bemerkt, daſs nunmehr die endgiltige
Entscheidung über die Medaille selbst getroffen ist.
Derselben zufolge ist die allgemeine Medaille aus
Bronce, hat 34 Millimeter Durchmesser und
2 Millimeter Stärke. In Folge einer gestellten An-
frage hat das Reichs-Kriegsministerium entschieden,
daſs auch jene in keine Rangclasse eingereihten Ga-
gisten und Personen des Mannschaftsstandes Anspruch
auf die Erinnerungsmedaille haben, welche im
letzten Präsenzjahre, sei es aus Standesrück-
sichten oder im Superabitrierungswege vorzeitig
beurlaubt oder ausgeschieden wurden oder im
dritten Präsenzdienstjahre in die Ersatz-Reserve
übersetzt wurden, demnach das achte, respective
das dritte Präsenzjahr noch nicht vollendet haben.
Es bleibt sonach Grundsatz, daſs für die Anspruchs-
berechtigung der genannten Personen auf die Er-
innerungsmedaille das achte, beziehungsweise dritte
Präsenzjahr im activen Stande begonnen worden
sein muss. In weiterer Ergänzung wurde ent-
schieden, daſs die Kapellmeister, welche als solche
in der Zeit vom 2. December 1848 bis einschließ-
lich 2. December 1898 in Verwendung gestanden
sind oder noch stehen, bedingungslos auf die Er-
innerungsmedaille Anspruch haben.
(Falsche Eingulden- und Kronen-
stücke) wurden, wie wir dem „Tepl.-Schön. Anz.“
entnehmen, in letzter Zeit in Aussig verausgabt.
Die Falsificate sind von dem echten Gelde kaum
zu unterscheiden, da sie sogar — mit einer ge-
ringen Nuance — beinahe denselben Klang haben.
Nur bei sehr genauer und eingehender Besichtigung
macht man die Wahrnehmung, daſs die falschen
Geldstücke einen leichten Stich ins Bläuliche haben.
Die Prägung ist eine ganz vorzügliche und ge-
wahrt man nur bei den falschen Kronenstücken
links seitlich von dem Kronenaufsatze einen er-
habenen Prägungsstrich von der Größe eines
kleinen Beistriches. Auch ist bei den Kronen-
stücken die Randprägung etwas undeutlich. Er-
wähnt möge noch werden, daſs die falschen Gulden-
stücke die Jahreszahl 1886 tragen, während man
auf den Kronenstücken die Jahreszahl 1895 er-
blickt.“
(Zur Besteuerung angemeldet) Der
Gesammtbetrag der zur Besteuerung durch die
Personaleinkommenster angemeldeten Einkommen er-
reicht im Karlsbader politischen Bezirke die nette
Summe von 31/2 Millionen Gulden.
(Die Einrichtung besonderer Bade-
schnellzüge) für die Strecke Berlin, Dresden,
Teplitz, Karlsbad wird mit dem 1. Mai geschaffen
und bis Ende August beibehalten werden. Die
neuen Züge sollen mit den kürzesten Fahrzeiten
als D Züge unter Erhebung einer Platzgebür für
die Strecke Berlin-Bodenbach nach dem folgenden
Fahrplan befördert werden: Abfahrt vom Anhalter
Bahnhof Berlin 8 Uhr 45 Min. vormittags, Ankunft
Dresden Altstadt 11 Uhr 40 Min. vormittags, in
Teplitz 2 Uhr nachmittags, in Karlsbad 4 Uhr
39 Min. nachmittags. Der entsprechende Gegen-
zug fährt von Karlsbad 1 Uhr 40 Min.
nachmittags, von Teplitz 4 Uhr 12 Min.
nachmittags, von Dresden 6 Uhr 31' Min. nach
mittags und erreicht Berlin 9 Uhr 30 Min. abends.
Die Fahrzeitabkürzung beträgt in der Richtung
Berlin Karlsbad 72 Minuten und umgekehrt 53
Min.
(Frachtgebüren für Fahrräder.)
Vom k. k. Eisenbahnministerium ist kürzlich eine
alle Radfahrerkreis- interessirende Entscheidung er-
flossen. Der steierische Radfahrer-Gauverband hatte
nämlich an das genannte Ministerium eine Eingabe
gerichtet, in welcher um Herabsetzung der Fracht-
gebüren für Fahrräder als Personengepäck gebeten
wurde. Das genannte Ministerium hat nun dieses
Gesuch dahin beantwortet, dass Fahrräder ohne
Gewichtsangabe nach dem bekannten Durchschnitts-
tarife berechnet werden. Dem Aufgeber steht es
frei, falls sein Rad weniger wiegt, dasselbe nach
dem allgemeinen Gewichtstarife berechnen zu lassen.
(Wiedereintritt nichtactiver Unter-
officiere.) Für Unterofficiere, welche nach voll-
streckter Präsenzdienstpflicht während des laufenden
Jahres zur Fortführung ihrer Dienstzeit freiwillig
einrücken, kann ausnahmsweise die Dienstesprämie
für 1898 beim Kriegsministerium angesprochen
worden.
Budapest, 24. März. (Jubilänm.) Der Director
der Pester Walzmühl-Gesellschaft Herr Koloman Rajner
feierte dieser Tage sein 25jähriges Jubiläum bei dieser
Gesellschaft, aus welchem Anlasse er der Gegenstand vieler
Ehrungen war. Der greise Präsident Baron Friedrich
von Kochmeister hob in einer schwungvollen Anrede die
hingebungsvolle, unermüdliche Thätigkeit des Inbilars
hervor, und überreichte ihm im Namen des Verwaltungs-
rathes ein wertvolles Ehrengeschenk. Auch von Seite der
Beamtenschaft, Vertreter und Arbeiter wurden dem Ge-
feierten eine prachtvoll und künstlerisch ausgestattete Adresse
überreicht und viele Huldigungen dargebracht.
Vermischtes.
(Thun und Kaizl.) In einem Wiener Fenilleton
bringt das „N. P. J.“ allerlei „Momentaufnahmen“ der
neuen Minister. Der Correspondent lässt im neuen Cabinet
blos zwei Charakterköpfe gelten, Thun und Kaizl. Alle
andere „enttäuschen“ ihn, insbesonders auch Bärnreither,
den er dem Exterieur nach für „einen ganz gewöhnlichen
Wiener Hausherrn oder Gemeinderath“ halten würde.
Vom Grafen Thun entwirft er folgendes Contersei, welches
in dem Momente des ersten Erscheinens des Minister-
präsidenten im Abgeordnetenhause aufgenommen worden
ist: „Graf Thun nickt wohlwollend hoheitsvoll seinen Be-
kannten zu, die sich beeilen, Spalier zu bilden. Albrecht
Dürer hat seine Geharnischten so sehnig gezeichnet. Seine
Größe lässt ihn beinahe mager erscheinen. Er geht elegant,
elastischen Schrittes und man begreift seine Vorliebe für
die Uniform. Als Statthalter von Böhmen trug er stets
den Waffenrock. Er betont geflissentlich die Alluren des
ehemaligen Militärs. Den Frack mit dem Ordenskettlein
trug er heute wohl nur, weil er eben so viele „Civilisten“
in seinem Cabinet hat. Der Kopf fällt auf, ist von der
künstlich herbeigeführten Originalität der Sportsmen etwa.
Das scharfgeschnittene Gesicht ist von einem grauen Bart
eingerahmt. Das rechte Auge, das ein Monocle hält, ist
das Centrum einer reichen Faltendraperie, die Oberlippe
ist rasiert. Man könnte den Grafen Thun für einen in
Wind und Wetter verwitterten Marineur halten, wüsste
man nicht, daſs er Major in der Reserve des vierzehnten
Dragoner-Regiments ist. Die Schnurrbartlosigkeit gehört
zu den Privilegien der Windischgrätz-Dragoner seit Grün-
dung des Regiments, seit anderthalb Jahrhunderten, seit
der Schlacht von Kolin, vor der man die knabenhaft aus-
sehenden „blanc-becs“ mit ihrer Jugend verhöhnte, die
sie aber gar nicht hinderte, dreinzuschlagen wie die Alten.
Im stählernen Harnisch würde sich dieser Premier wahr-
scheinlich viel besser und stilvoller ausnehmen wie im Frack-
Er ist eigentlich die einzig auffällige und eigenartige Er-
scheinung des neuen Cabinets. Die andern Minister be-
mühen sich nicht im geringsten, „bedeutend“ auszusehen.
Es scheint, daſs man nachgerade das staatsmännische Wesen
nicht mehr geflissentlich in individuellen Frisuren, persön-
lichen Gilets und Beinkleidern, sowie vollendeten Denk-
malposen sucht. Die anderen Minister sind Herren von
auf seiner schönen Braut, weil sie in diesem Augen-
blick zum Geliebten sprach.
„Nein, nein, er ist nicht glücklich; er liebt mich
noch immer,“ sagte sich Martha zum wiederholten
Male. In diesem Augenblick hätte sie auf ihn zu-
eilen, ihre Hände wie einst um seinen Hals legen
und, sich an ihn schmiegend, zu ihm wieder so innig
und vertrauensvoll aufschauen mögen! —
Sie erschrak — sie entsetzte sich vor sich selber
und trat schnell nach der Wand zurück, wo sie er-
schöpft auf einen Stuhl niedersank. Der Athem
gerieth ihr in's Stocken, vor den Augen flimmerte
es ihr, aber sie konnte den Blick von dem Braut-
paar nicht auf eine Minute abwenden, und was
sah sie nun? — Veronika stand auf; sie verließ
ihn und auch er erhob sich. Mit dem Gefühl einer
gewissen Erleichterung — Martha erkannte mit
Sicherheit, daſs er einen Seelenkampf zu bestehen
hatte! — begab er sich in das Erfrischungszimmer,
trank hier ein Glas Portwein, zündete sich eine
Cigarrette an und eilte hinaus in den Garten.
Martha fühlte sich gedrungen, ihm in einiger Ent-
fernung vorsichtig zu folgen.
9. Kapitel.
Es war eine liebliche, stille Nacht, obwohl die
herbstliche Zeit bereits die Mitte des November
erreicht hatte. Graf Troczyn hatte das obere
Plateau nach der Seite hin überschritten, wo unten
der tiefe, geheimnisvolle Teich grenzte; er ging die
breite Treppe nach der Terrasse hinunter. Martha
war ihm eben so eilig wie leise gefolgt. Sie be-
fürchtete, er werde sich in das Wasser stürzen,
welches bis in die Nähe der Terrasse vordrang;
sie blieb daher am Rande des Plateau's und zwar
hinter einem dichten Fliederstrauch an der Terrassen-
Treppe stehen, in der Absicht, nöthigenfalls von
hier aus ihm nachzueilen, um ihn aus der Fluth
zu retten oder mit ihm zu sterben.
Er aber ging am Rande des Ufers, die Cigarrette
kräftig rauchend, auf und ab. Dann blieb er stehen,
lehnte sich auf die kalte Marmor-Ballustrade und
sah nach dem Monde hin, der lichtvoll und theil-
nehmend auf ihn herabschaute. Der Arme bedurfte
eines Trostes. „Agathe, Agathe! Du bist doch
gewiss nicht mehr unter uns hier auf Erden. Bist
Du dort oben? Siehst Du mich, sieht mich Dein
Geist aus den höheren Sphären, in welche Du
schon damals gehörtest, siehst Du jetzt auf mich
herab? Veronika ist edel und gut — Du warst
es auch, und Du hast mein Herz, welches Dich
mit aller Liebe eines Mannes aufgenommen, noch
nicht verlassen! Tröste mich, tröste mich, meine
Agathe!“
Das „Fischermädchen“ hatte aufmerksam ge-
lauscht und sein leises Flehen verstanden.
Er kam nun wieder die Stufen herauf und
sprach für sich weiter: „Jetzt aber hinweg mit
allen trüben Gedanken an die Vergangenheit! Sie
ist todt, und was ich an ihr begangen habe, das
will ich sühnen, ich will ein guter Mensch werder.
— — Sei ein Mann!! Du darfst Veronika nicht
auch noch unglücklich machen!“
Er war bis auf das Plateau zurückgekommen,
ging an dem Fliederstrauch, hinter welchem Martha
noch stand und daher von ihm nicht gesehen werden
konnte, vorbei und nach dem Schlosse zurück.
Nun eilte Martha schnell und geräuschlos
hinter ihm her, warf ihm ihr großes Spitzentuch
über den Kopf und knotete es auch sogleich zu.
„Aha, ich weiß doch, dass Du es bist, Veronika,“
sagte er lächelnd. „Löse das Tuch nur wieder ab,
wir kennen uns ja!“
„Es ist nicht ihre Braut, Herr Graf. Ich
bin eine Unbekannte, und will Ihnen auch unbe-
kannt bleiben.“
Sie flüsterte so leise, daſs er ihre Stimme
nicht erkennen konnte.
Er versuchte, das Tuch abzulösen, doch sie bat
ihn, er möge es wenige Augerblicke nur noch be-
er-
halten. Er möge ihr auch gestatten, einige Worte
zu ihm zu sprechen, welche ihr eigenes Herz
leichtern und das seine erfreuen sollten.
„Wohl auch ein Maskenspiel, meine Dame?“
„Ach nein! — Sie sind verheirathet, Herr
Graf — nicht wahr?“ —
„Verheirathet?! — Gewesen, meine unbekannte
Gnädige!“
„Treiben Sie jetzt aber nicht wieder ein
böses Spiel? Die Baronesse Veronita hat auch ein
besseres Schicksal verdient, als Jene, welche sie
bereits für todt halt n.“
„Meine Dame, Sie beginnen ja eine seltsame
Unterhaltung mit mir. Haben Sie meine verstor-
bene Frau gekannt?“
(Fortsetzung folgt.)
Název souboru:
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