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Nr. 70
Sonntag den 27. März 1898
XXII XXXVIII. Jahrgang
Karlobader
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genommen.
Mannseripte werden nicht zurücktgegeben
Herausgeber: Ernest Franiemh.
Inserate übernehmen die Annoncen-Bureaus Haasenstein & Vogler in Wien, Rudolf Mosse in Berlin und Wien und sämmtliche anderen Filialen dieser beiden Firmen.
Dir Belegationswahlen.
[O.-B.] Wien, 25. Mürz.
Das war ein hässliches Schauspiel für die
deutschen Galleriebesucher, als der Abgeordnete Wolf
in der gestrigen Abendsitzung gegen die Deutschen
auftrat. Vom Glück begünstigt, durch die Uner-
schrockenheit seines Wortes populär geworden, hat
dieser junge Volksvertreter offenbar vergessen, daſs
die anderen Abgeordneten auch eine Meinung haben;
sein stolzes, beinahe möchte man sagen übermüthiges
Berufen auf die Wählerschaft deutet darauf hin,
daſs er der Ansicht ist, im Hinblick auf die günstige
Meinung des Volkes über ihn die Abgeordneten
haranguieren zu können. Was auch hätte er sonst
für Gund, über die Delegationswahlen auch nur
zu sprechen? Weiß man in der Wählerschaft, wie
die Delegationswahlen zustande kommen? Da steht
auf dem Tisch eine Urne und in die werfen die
Abgeordneten ihre Stimmzettel und zwar länderweise.
Eine Obstruction gegen diese Wahlen gibt es nicht,
ebenso keine Debatte. Als bei der vorigen Wahl
die Deutschen ohne Compromiss mitwalteten, ver-
lor niemand ein Wort; heuer musste es dem Abg.
Wolf vorbehalten bleiben, gegen die Deutschen aus-
fällig zu werden. Zu welchem Zwecke? Lediglich
den billigen Erfolg zu erzielen, sich als besser
hinstellen zu können. Der Erfolg ist durch die mann-
hafte Zurückweisung seitens der anderen Parteien
vereitelt worden. Die Sache sah eher einer kleinen
Blamage gleich.
Bedauerlich bleibt dabei nur, dass durch solche
Vorkommnisse die so schön bethätigte Gemeinbürg-
schaft der Deutschen gestört wird. Das Auf-
treten Wolfs im Hause macht nach außen einen
vortheilhafteren Eindruck als im Hause selbst. Sein
präponderierender Hinweis auf seine Popularität
verbittert; seine haranguierenden Zwischenrufe gegen
Sprecher deutscher Parteien fordert den Unwillen
der Parteien geradezu heraus Als kürzlich der
Abgeordnete Steinwender sprach, musste er sich mit
hestigem Unwillen gegen Wolfs Zwischenrufe wenden
und sich dafür eine Sottise anhören. Warum? Weil
es dem Abg. Schönerer gefallen hatte, gegen den
Präsidenten, der ja gewiss kein Bayard ist, mit
Worten loszuziehen, die in den niedrigsten Kneipen
mit Ohrfeigen beantwortet würden und weil die
deutschen Abgeordneten dabei nicht secundierten.
Darf man sich dann wundern, wenn die Volkspartei
die Anträge Wolfs nicht unterschreiben will und
nicht unterschreibt? „Menschen, Menschen sind wir
alle“ und eben weil auch der Abg. Wolf nur ein
Mensch ist, kann er nicht verlangen, daſs ihm zwei
große Parteien blindlings gehorchen sollen.
Nehmen wir nun aber die Delegationswahlen.
Wäre (6 besser, wenn die Deutschen sich nicht an
ihnen betheiligten? Was wäre dann die Folge?
Die Forderungen der Regierung würden ja doch
bewilligt, die Deutschen aber hätten eine Gelegen-
heit weniger, sich über die herrschenden Zustände
auszusprechen. Sehr richtig bemerkte Dr. Pergelt:
„Die Betheiligung an den Delegationswahlen hat
ja doch nur den einen Zweck, dass im Wahlkampfe
so viel als möglich deutsche Abgeordnete in die
Delegationen entsendet werden. Die Delegationen
sind eine gesetz- und verfassungsmäßige Jastitution,
eine parlamentarische Körperschaft, ein Kampfplatz
mehr für die Deutschen in Oesterreich, um dort für
ihre bedrohten und schwer verletzten Interessen ein-
zutreten.“ Wenn darauf Abg. Wolf zurief,
die Körperschaft wäre da, um dem Kriegsminister
Millionen zu bewilligen, konnte der Adg. Kaiser
mit Recht erwidern, die Deutschen hätten sie nicht
bewilligt. Es gieng aus der ganzen Controverse
hervor, dass Abg. Wolf im Unrecht war; daſs er
das nicht zugab und schwieg, war ein großer Fehler,
der zum Gaudium für die Gegner der Deutschen
würde.
Nein, die Deutschen haben keinen Fehler be-
gangen, da sie sich an den Delegationswahlen be-
theiligten und wenn Abg. Wolf gegen sie die Drohung
aussprach, eine Probe bei der Wählerschaft zu ver-
anstalten, so können sie es ruhig darauf ankommen
lassen. Mit den Delegationswahlen ist nichts ver-
geben, aber auch wenn das der Fall wäre, die
Deutschen können sie einfach nicht verhindern und
darum ist es besser, sie geben den Kampfplatz nicht
auf, sondern behaupten ihre Position. Bei ruhiger
Ueberlegung muss sich das auch Abg. Wolf sogen;
er darf dann nur seine durch die Erfolge seines
Auftretens einigermaßen gewachsene Eitelkeit ein
wenig dämpfen und er wird finden, dass zu einem
Schimpf gegen seine Brüder kein Anlass vorlag.
Er betheiligt sich nicht, gut, es macht ihm niemand
einen Vorwurf daraus; die anderen betheiligen sich,
auch gut, es darf darüber kein Vorwurf erhoben
werden. Es ist aber zu fürchten, daſs diese Erfolge
Wolfs jede Einkehr verhindern. Das deutsche Volk
hat seine „Lieblinge“ immer noch selber verwöhnt
und daran giengen sie schließlich zugrunde. Man
braucht sich nur an Knotz zu erinnern, um den
Lohn vor Augen zu haben. Es wäre sehr gesund,
Karlsbad und die Karlsbader im Jahre
1848.
(8. Fortsetzung.)
Dr. Anzer schreibt weiter folgende Tagesneuig-
keiten?
Die Versammlung in Frankfurt hat sich kon-
stituirt, indem Heinrich von Gagern mit 494 unter
513 Stimmen definitiv zum Präsidenten erwählt
wurde. Als erster Vice-Präsident wurde gewählt
Soiron mit 408 und als zweiter Andrian von
Wien mit 310.
Oberst Pannasch ist zum Commandanten der
Nationalgarde in Wien erwählt worden.
Die Friedensunterhandlungen mit Dänemark
sollen so weit gediehen sein, daſs sich die Bundes-
truppen bis hinter die Eider zurückziehen, Schleswig
neutral bleibt und Rendsburg eine Bundesbesatzung
erhält. Die Provinz Schleswig soll auf ähnliche
Weise, wie es mit Posen beabsichtiget ist, nach den
deutschen und dänischen Elementen getheilt und die
Besitzungen resp. ausgetauscht werden. Der deutsche
Theil wird sodann zu Holstein und somit zum
deutschen Bunde geschlagen, der dänische fällt an
die dänische Krone zurück. Die meisten Schwierig-
keiten soll übrigens die Provinz Lauenburg machen.
Für den, dem Handel zugefügten Schaden wird
Dänemark genügende Entschädigung bieten.
Der Baron Jellachich hat sich den Verordnun-
gen des ungarischen Ministeriums unterworfen;
diese seine Unterwerfung in der Croatischen Zeitung
publizirt und in derselben auch die Bewohner
Croatiens, Slavoniens und Dalmatiens zum Ge-
horsam gegen das ungarische Ministerium aufge-
fordert. 23. Mai. (O. Pst. Ztg.)
Nach einem Berichte aus Berlin vom 25. Mai
heißt es, daß Rußland dem preußischen Kabinet er-
klärt hat, es werde sobald Jütland nicht von den
preußischen Truppen geräumt werde, diesen Umstand
für einen casus belli ansehen.
Die polnische Schilderhebung im Herzogthume
Posen hat ein klägliches Ende genommen; de ein-
zelnen Banden, die bisher noch bewaffnet herum-
zogen, waren ohne fähige Führer und stoben ge-
wöhnlich beim Anblick der preußischen Truppen aus-
einander oder ergaben sich ohne Widerstand. Die
Führer selbst sind sämmtlich eingezogen, und täglich
treffen Transpotte von versteckt gewesenen Waffen
in Posen ein.
Am 27. Mai fand in Leipzig ein Arbeiter-
auflauf, namentlich der Maurergesellen statt. Da-
bei soll der Seidenhändler Simon der Menge 1000
Thaler geboten, wenn sie auseinander gehen wolle.
Man antworteee: Wir mögen kein Geld, wir ver-
langen nur Beschäftigung und Verdienst.
Der Slavenkongreß in Prag wurde am 1. Juni
eröffnet. Um 9 Uhr Vorm. begaben sich die Mit-
glieder zu einer gottesdienstlichen Feier in die St.
Cyrill- und Methud-Kapelle der Teynkirche und von
da in den Sophieninsel-Saal, wo die Sitzungen
statt finden werden. Die Mitglieder werden nach
den 3 Hauptstämmen der österreichischen Slaven in
3 Abtheilungen eingeschrieben. Zur 1. Abtheilung
gehören die Böhmen, Mährer, Schlesier und Slo-
waken; zur 2. die Polen und Ruthenen; zur 3.
die Slowenen, Croaten, Serben und Dalmatier.
Das Programm des Slavenkongreßes stellt
folgende vier Fragen: 1) Welche ist die Bedeutung
und Existenz der Slaven in der österreichischen
Monarchie und ihre Stellung zu einander als ver-
brüderte Nationen. 2) Welche ist die Stellung der
slavischen Völker zu den übrigen Völkern O ster-
reichs. 3) Welche ist die jetzige Stellung der öster-
reichischen Slaven zu allen übrigen außer Oesterreich
lebenden Slaven. 4) Welche Schritte sind zu thun,
in Beziehung der Stellung der österreichischen
Slaven zu den übrigen europäischen Völkern.
Die hartnäckig betriebene Agitation in Pag
gegen den Bürgermeister Pstroß, hat in der am
30 Mai erfolgten Resignation desselben ihr ge-
wünschtes Endziel gefunden und am 31. Mai wurde
Dr. Wanka zum provisorischen Bürgermeister in
Prag gewählt. Aber auch dieser hat bereits wieder
resignirt und die Wahl ist von Neuem angeordnet.
Die Petition der Doktoren der Rechte um
Freigebung der Advokatie wurde durch einen vom
8. Mai 1848 datirten Erlaß des h. ik. k. Appella-
tionsgerichtes bejahend erlediget.
Wie früher in Berlin, so wurde auch in Breslau
am 26. Mai Abends um 10 Uhr der Konstitutions-
Název souboru:
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