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Nr. 70 Sonntag den 27. März 1898 XXII XXXVIII. Jahrgang Karlobader und Abonnements-Dreise: ...2 f. ...4 f. ... 8 H. ... Wochenblatt. Zustellung ins Haus pro quartal 20 kr. Mit Hostversendung. Erscheint ganzjährig täglich mit Ausnahme nach ..3 fl. Vierteljahrig Sonn- und Feiertagen. 6b. Halbjährig 8 jär12 fl. Viertiljährig .. 6 �. ....12„ Halbj ihrig anzjährig24 Für Karlsbad: Wucteljährig uland: Ausland: Redaktion und Administration im Hause „Bellevue“, Stefanspromznnde Telephon-Nr. 59. Jafernte werden nur gegen Vorauszühlung an- een.Breis der Amal gespaltenen Betü- zeile 6 kr. Inferate, für den nächsten Tag bestimmt, werden nur bis 2 Uhr Nachmittags in der dmnraton und in der Traniech'schin Teihbibliuthek „3 Tämmer“, Mäckt entgegen- genommen. Mannseripte werden nicht zurücktgegeben Herausgeber: Ernest Franiemh. Inserate übernehmen die Annoncen-Bureaus Haasenstein & Vogler in Wien, Rudolf Mosse in Berlin und Wien und sämmtliche anderen Filialen dieser beiden Firmen. Dir Belegationswahlen. [O.-B.] Wien, 25. Mürz. Das war ein hässliches Schauspiel für die deutschen Galleriebesucher, als der Abgeordnete Wolf in der gestrigen Abendsitzung gegen die Deutschen auftrat. Vom Glück begünstigt, durch die Uner- schrockenheit seines Wortes populär geworden, hat dieser junge Volksvertreter offenbar vergessen, daſs die anderen Abgeordneten auch eine Meinung haben; sein stolzes, beinahe möchte man sagen übermüthiges Berufen auf die Wählerschaft deutet darauf hin, daſs er der Ansicht ist, im Hinblick auf die günstige Meinung des Volkes über ihn die Abgeordneten haranguieren zu können. Was auch hätte er sonst für Gund, über die Delegationswahlen auch nur zu sprechen? Weiß man in der Wählerschaft, wie die Delegationswahlen zustande kommen? Da steht auf dem Tisch eine Urne und in die werfen die Abgeordneten ihre Stimmzettel und zwar länderweise. Eine Obstruction gegen diese Wahlen gibt es nicht, ebenso keine Debatte. Als bei der vorigen Wahl die Deutschen ohne Compromiss mitwalteten, ver- lor niemand ein Wort; heuer musste es dem Abg. Wolf vorbehalten bleiben, gegen die Deutschen aus- fällig zu werden. Zu welchem Zwecke? Lediglich den billigen Erfolg zu erzielen, sich als besser hinstellen zu können. Der Erfolg ist durch die mann- hafte Zurückweisung seitens der anderen Parteien vereitelt worden. Die Sache sah eher einer kleinen Blamage gleich. Bedauerlich bleibt dabei nur, dass durch solche Vorkommnisse die so schön bethätigte Gemeinbürg- schaft der Deutschen gestört wird. Das Auf- treten Wolfs im Hause macht nach außen einen vortheilhafteren Eindruck als im Hause selbst. Sein präponderierender Hinweis auf seine Popularität verbittert; seine haranguierenden Zwischenrufe gegen Sprecher deutscher Parteien fordert den Unwillen der Parteien geradezu heraus Als kürzlich der Abgeordnete Steinwender sprach, musste er sich mit hestigem Unwillen gegen Wolfs Zwischenrufe wenden und sich dafür eine Sottise anhören. Warum? Weil es dem Abg. Schönerer gefallen hatte, gegen den Präsidenten, der ja gewiss kein Bayard ist, mit Worten loszuziehen, die in den niedrigsten Kneipen mit Ohrfeigen beantwortet würden und weil die deutschen Abgeordneten dabei nicht secundierten. Darf man sich dann wundern, wenn die Volkspartei die Anträge Wolfs nicht unterschreiben will und nicht unterschreibt? „Menschen, Menschen sind wir alle“ und eben weil auch der Abg. Wolf nur ein Mensch ist, kann er nicht verlangen, daſs ihm zwei große Parteien blindlings gehorchen sollen. Nehmen wir nun aber die Delegationswahlen. Wäre (6 besser, wenn die Deutschen sich nicht an ihnen betheiligten? Was wäre dann die Folge? Die Forderungen der Regierung würden ja doch bewilligt, die Deutschen aber hätten eine Gelegen- heit weniger, sich über die herrschenden Zustände auszusprechen. Sehr richtig bemerkte Dr. Pergelt: „Die Betheiligung an den Delegationswahlen hat ja doch nur den einen Zweck, dass im Wahlkampfe so viel als möglich deutsche Abgeordnete in die Delegationen entsendet werden. Die Delegationen sind eine gesetz- und verfassungsmäßige Jastitution, eine parlamentarische Körperschaft, ein Kampfplatz mehr für die Deutschen in Oesterreich, um dort für ihre bedrohten und schwer verletzten Interessen ein- zutreten.“ Wenn darauf Abg. Wolf zurief, die Körperschaft wäre da, um dem Kriegsminister Millionen zu bewilligen, konnte der Adg. Kaiser mit Recht erwidern, die Deutschen hätten sie nicht bewilligt. Es gieng aus der ganzen Controverse hervor, dass Abg. Wolf im Unrecht war; daſs er das nicht zugab und schwieg, war ein großer Fehler, der zum Gaudium für die Gegner der Deutschen würde. Nein, die Deutschen haben keinen Fehler be- gangen, da sie sich an den Delegationswahlen be- theiligten und wenn Abg. Wolf gegen sie die Drohung aussprach, eine Probe bei der Wählerschaft zu ver- anstalten, so können sie es ruhig darauf ankommen lassen. Mit den Delegationswahlen ist nichts ver- geben, aber auch wenn das der Fall wäre, die Deutschen können sie einfach nicht verhindern und darum ist es besser, sie geben den Kampfplatz nicht auf, sondern behaupten ihre Position. Bei ruhiger Ueberlegung muss sich das auch Abg. Wolf sogen; er darf dann nur seine durch die Erfolge seines Auftretens einigermaßen gewachsene Eitelkeit ein wenig dämpfen und er wird finden, dass zu einem Schimpf gegen seine Brüder kein Anlass vorlag. Er betheiligt sich nicht, gut, es macht ihm niemand einen Vorwurf daraus; die anderen betheiligen sich, auch gut, es darf darüber kein Vorwurf erhoben werden. Es ist aber zu fürchten, daſs diese Erfolge Wolfs jede Einkehr verhindern. Das deutsche Volk hat seine „Lieblinge“ immer noch selber verwöhnt und daran giengen sie schließlich zugrunde. Man braucht sich nur an Knotz zu erinnern, um den Lohn vor Augen zu haben. Es wäre sehr gesund, Karlsbad und die Karlsbader im Jahre 1848. (8. Fortsetzung.) Dr. Anzer schreibt weiter folgende Tagesneuig- keiten? Die Versammlung in Frankfurt hat sich kon- stituirt, indem Heinrich von Gagern mit 494 unter 513 Stimmen definitiv zum Präsidenten erwählt wurde. Als erster Vice-Präsident wurde gewählt Soiron mit 408 und als zweiter Andrian von Wien mit 310. Oberst Pannasch ist zum Commandanten der Nationalgarde in Wien erwählt worden. Die Friedensunterhandlungen mit Dänemark sollen so weit gediehen sein, daſs sich die Bundes- truppen bis hinter die Eider zurückziehen, Schleswig neutral bleibt und Rendsburg eine Bundesbesatzung erhält. Die Provinz Schleswig soll auf ähnliche Weise, wie es mit Posen beabsichtiget ist, nach den deutschen und dänischen Elementen getheilt und die Besitzungen resp. ausgetauscht werden. Der deutsche Theil wird sodann zu Holstein und somit zum deutschen Bunde geschlagen, der dänische fällt an die dänische Krone zurück. Die meisten Schwierig- keiten soll übrigens die Provinz Lauenburg machen. Für den, dem Handel zugefügten Schaden wird Dänemark genügende Entschädigung bieten. Der Baron Jellachich hat sich den Verordnun- gen des ungarischen Ministeriums unterworfen; diese seine Unterwerfung in der Croatischen Zeitung publizirt und in derselben auch die Bewohner Croatiens, Slavoniens und Dalmatiens zum Ge- horsam gegen das ungarische Ministerium aufge- fordert. 23. Mai. (O. Pst. Ztg.) Nach einem Berichte aus Berlin vom 25. Mai heißt es, daß Rußland dem preußischen Kabinet er- klärt hat, es werde sobald Jütland nicht von den preußischen Truppen geräumt werde, diesen Umstand für einen casus belli ansehen. Die polnische Schilderhebung im Herzogthume Posen hat ein klägliches Ende genommen; de ein- zelnen Banden, die bisher noch bewaffnet herum- zogen, waren ohne fähige Führer und stoben ge- wöhnlich beim Anblick der preußischen Truppen aus- einander oder ergaben sich ohne Widerstand. Die Führer selbst sind sämmtlich eingezogen, und täglich treffen Transpotte von versteckt gewesenen Waffen in Posen ein. Am 27. Mai fand in Leipzig ein Arbeiter- auflauf, namentlich der Maurergesellen statt. Da- bei soll der Seidenhändler Simon der Menge 1000 Thaler geboten, wenn sie auseinander gehen wolle. Man antworteee: Wir mögen kein Geld, wir ver- langen nur Beschäftigung und Verdienst. Der Slavenkongreß in Prag wurde am 1. Juni eröffnet. Um 9 Uhr Vorm. begaben sich die Mit- glieder zu einer gottesdienstlichen Feier in die St. Cyrill- und Methud-Kapelle der Teynkirche und von da in den Sophieninsel-Saal, wo die Sitzungen statt finden werden. Die Mitglieder werden nach den 3 Hauptstämmen der österreichischen Slaven in 3 Abtheilungen eingeschrieben. Zur 1. Abtheilung gehören die Böhmen, Mährer, Schlesier und Slo- waken; zur 2. die Polen und Ruthenen; zur 3. die Slowenen, Croaten, Serben und Dalmatier. Das Programm des Slavenkongreßes stellt folgende vier Fragen: 1) Welche ist die Bedeutung und Existenz der Slaven in der österreichischen Monarchie und ihre Stellung zu einander als ver- brüderte Nationen. 2) Welche ist die Stellung der slavischen Völker zu den übrigen Völkern O ster- reichs. 3) Welche ist die jetzige Stellung der öster- reichischen Slaven zu allen übrigen außer Oesterreich lebenden Slaven. 4) Welche Schritte sind zu thun, in Beziehung der Stellung der österreichischen Slaven zu den übrigen europäischen Völkern. Die hartnäckig betriebene Agitation in Pag gegen den Bürgermeister Pstroß, hat in der am 30 Mai erfolgten Resignation desselben ihr ge- wünschtes Endziel gefunden und am 31. Mai wurde Dr. Wanka zum provisorischen Bürgermeister in Prag gewählt. Aber auch dieser hat bereits wieder resignirt und die Wahl ist von Neuem angeordnet. Die Petition der Doktoren der Rechte um Freigebung der Advokatie wurde durch einen vom 8. Mai 1848 datirten Erlaß des h. ik. k. Appella- tionsgerichtes bejahend erlediget. Wie früher in Berlin, so wurde auch in Breslau am 26. Mai Abends um 10 Uhr der Konstitutions-
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