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„Karlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr. 11
15. Jänner 1898
der Lebensfragen Oesterreichs: deutsch oder tschechisch,
Einheitsstaat oder Föderalismus nicht mehr zugeben.
Unter diesen Umständen wird es der Regierung
nicht lange möglich sein, eine unbestimmte Haltung
einzunehmen und sich über diese Capitalfragen nicht
zu entscheiden. Sehr wichtige Reformen, auch die
Wahlreform, sind halbwegs genügend durchgeführt
und wenn auch der Ausgleich' mit Ungarn an die
Thüre pocht, so wird derselbe doch nicht früher
noch einmal gemacht werden können, ehe nicht über
die Lebensfragen Oesterreichs entschieden ist. Die
Deutschen werden aber diese Entscheidung in aller
Eintracht herbeizuführen trachten — dann wird sie
auch in ihrem Sinne ausfallen.
socal-Nachrichten.
(Wohlthätigkeitsconcert. ) Wie allsonn-
täglich findet auch morgen wieder ein Nachmittags-
concert der Kurkapelle im Kurhause statt, dessen
Erträgnis dem flädtischen Armenfonde zugeführt
wird. Hoffentlich wird dem Concerte wie bisher
immer, auch diesmal ein zahlreicher Besuch zutheil.
(Kirchenmustk). An dem morgigen zweiten
Sonntage nach der Erscheinung, zugleich dem hl.
Namen Jesu-Festtage, werden im Hochamte nach
der um 1/210 Uhr vormittags beginnenden Predigt
die Pastoralmesse in C von Ignaz Reimann op. 110,
das Graduale „Huc pastores advolate“ von Rovert
Führer und das Öffertorium „Jesu dulcis me-
moria“ für Mezzosopran-Solo (Fel. Bertha Lucka)
mit Jastrumentalbegleitung von Alois Janetschek
(Maauscript) zur Aufführung gelangen.
(Sie Errichtung eines ganzjährigen
Bürgerschullehrer Curses) in Karlsbad
steht nun außer allem Zweifel. Die Verhaudlungen
der Behörden hierüber sind bereits in ein allerletztes
Stadium getreten. Der Curs wird voraussichtlich
am 16. September dieses Jahres eröffnet und be-
tragen die wöchentlichen Unterrichtsstunden 12, da-
runter auch eine Stunde Somatologie und Schul-
bygiene. Auch der viermonatliche Bürgerschullehrer-
Turncurs für Lehrerinnen wird mit 19. März er-
öffnet werden.
(Die erste Redoute) findet am 30. Jänner
im „Hotel Weber“ statt. Herr Stalla hat hier-
für bereits umfassende Vorbereitungen getroffen.
Wie alljährlich wird auch diesmal eine Masken-
leihanstalt im Hotel etabliert sein
(Die constituierende Versammlung)
des Vereines für Brieftaubenspott „Luftpost“ zu
Karlsbad fand Dienstag den 11. Jänner abends
8 Uhr im Restaurant „Gatti'g Bierhalle“ statt, bei
welcher die Wahl der Furctionäre vorgenommen
wurde. Gewählt wurden von zwölf anwesenden
Mitgliedern die Herren: Ernst Hein („Stadt
Weimar“) als Obmann und Schriftführer, Franz
Walter (Keiserpark) als Obmarn Stellvertreter,
Fritz Taschler („Parnaß“) als Cassier und Karl
Wenisch („Kulmbach) als Inventarien-Verwalter.
Die Versammlung wurde mit einem vom Obmanne
des genannten Vereines ausgebrachten Togst auf
Se. Majestät den Kaiser eröffnet, in welchen
Toast alle Mitglieder begeistert einstimmten.
Sodann wurde über Antrag des Obmannes be-
schlossen, anlässlich des 50·jährigen Regierungs-
Jubiläums St. Majestät heuer einen großen Brief-
tauven-Fest-Depeschenflug ab Wien zu veraustal-
ten. Hierauf wurde eine längere Debatte betreffs
der Brieftauben-Wettflüge in- und ausländischer
Brieftaubenzüchter-Vereine geführt, wobei alle Mit-
glieder des obengenannten Vereines ihre treuöster-
reichische Gesinnung kundgaben und der Obmann
auf seine journalistische Thätigkeit im Briefrauben-
fache zu sprechen kam. Die Mittheilung des Ob-
mannes, daſs demnächst in der wohlbekannten all-
gemein beliebten Zeitschrift „Oesterreich's deutsche
Jugend“ eine von ihm verfasete Brieftaubenge-
schichte erscheinen wird, fand beifälligste Aufnahme,
da diese Erzählung die deutsche Jugend sowie über-
haupt viele Leser der genannten Zeitschrift anspor-
nen dürfte, sich für Brieftaubenzucht, einem hoch-
interessanten gemeinnützigen patriotischen Unter-
nehmen, zu interessieren und dasselbe zu fördern.
Schließlich gelangten mehrere Nummern des ersten
österreichischen Fachblattes für Geflägelzucht „Der
Thierzüchter“, in welchem Fach-Artike', verfasst von
Herrn Hein, enthalten sind, zur Vertheilung, wo-
runter der Ertikel „Der belgische Brieftaubenschlog“
(mit Abbildung) besonders großes Interesse erweckte.
— Hier sei noch erwähnt, dass die Statuten des
neuen Vereines zur Besichtigung des sich für den-
selben interessierenden Publikums beim Vereinscassier
Herrn Fritz Taschler aufliegen, welche auch Bei-
tritts-Anmeldungen (als beitra endes oder wirkendes
Mitglied) stets entgegennimmt, wie überhaupt jede
gewunschte, die Karlabader Luftpost betreffende
Auskunft gerne ertheilt.
(Ernennung.) Der Kaiser hat mit Aller-
höchster Entschließung den Landesgerichtsrath Herrn
Theovor Haas in Eger, Schwager des Herrn
Brauereibesitzers Weber, zum Obellandesgerichts-
rathe ernaunt.
(Dem Deutschen Schulvereine) wid-
mete statt eines Kranzes für Herrn Franz Kngler
Herr J-U. Dr. Hugo Körbl den Betrag von 7 fl.
(Sterbefall) Vorgestern abends verschied
hier im Alter von 64 Jahren der frühere Gast-
wirt und Besitzer des Gasthauses „Am Rhein“ Herr
Johann Haberzettl. Das Leichenbegängnis
findet heute Samstag den 15. d. M. um 4 Uhr
von der Leichenhalle aus auf dem katholischen Fried-
hofe statt.
(Spenden.) Für die Familie Otto Bach-
mann sind uns zugekommen statt eines Kranzes für
den verstorbenen Herrn Franz Kugler von Herrn
Hofrath Dr. Julius Hofmann in Wien 10 fl.,
und von K B. 2 fl., worüber wir dankend quittieren.
(Concurs.) Im Schulbezirke Karlsbad
kommen nachstehende Stellen zur Besetzung: Je
eine Oberlehrerstelle an der vierclassigen Volks-
schule iu Pirkenhammer und an der zweiclassigen
Volksschule in Schönthal; die Schulleiterstelle an
der einclassiigen Volksschule in Tissau; je eine
Lehrerstelle an den Volksschulen in Donawitz, Engel-
haus, Halmgrün, Leimgruben, Neudorf, Zeitlitz und
Tüppelsgrün; eine Lehr rinstelle an der Mädchen-
volksschule in Altrohlau, eventuell — im Falle
der Vorrückung eine Unterlehrerinstelle an dieser
Schule; je eine Unterlehrerstelle an den Volks-
schulen in Donawitz, Donitz, Engelhaus, Grün,
I nessen, Neudorf, Ottowitz, Weheditz und an der
Knabenvolksschule in Altroplau; je zwei Unterlehrer-
stellen an den Volksschulen in Drahowitz und Lich-
tenstadt; eine Unterlehrerinstelle an der Mädchen-
voiksschüle in Altroblau; die Unterlehrerstellen in
Donitz, Engelhaus, Grün, Janessen und Ottowitz und
je eine Unterlehrerstelle in Brahowitz und Lichtenstadt
können auch mit weiblichen Lehrträften besetzt werden.
Zur Erlangung der Oberleh erstellen in Pirtenhammer
und Schönthal sowie der Schulleiterstelle in Tissau
ist die Befähigung zur subsidären Ertheilung des
fatholischen Religionsunterrichtes erforderlich. Alle
vorgenannten Schulen stehen in der V. Gehalts-
classe, nur die beiden Schulen in Altrohlau sind in
die IV. Gehaltsclasse eingereiht. Bewerber um
eine dieser Stellen haben ihre vorschriftsmäßig
instruirten Gesuche birnen sechs Wochen, vom Tage
der Einschaltung dieses Concurses im „Prager
Abendblatte“ gerechnet, im vorgeschriebenen Dienst-
wege beim k. k. Bezirksschulrathe Karlsbad einzu-
bringen.
(Automaten-Trafiken.) Das Blatt
„Trafik“ theilt mit: Zu den vielen Automaten, die
Zündhörzchen und Bonbons verkaufen und auch
Musikproductionen zu Gehör bringer, werden nun
auch mit Einwilligung des Finanzministeriums die
Cigarren-Automaten kommen, die den off ciellen
Titel „Automaten zum Verschleiße von k. k. ärari-
schen Tabakfabrikaten“ führen. Auf diese Weise
soll dem Puvlikum Gelegenheit geboten werden,
seinen Bedarf an Rauchrequisiten auch zur Zeit.
der Sperrstunden, wie bei Nachtzeit und an Sonn-
tagen, auf bequeme Weise zu decken. Durch diese
Automaten ist auch beabsichtigt, den Trafikbesitzern,
die sich dieselben gegen eine verhältnismäßig ge-
ringe Gebür mieten können, eine Erhöhung ihrer
Wyllards Verhängnis.
Roman in drei Bänden von M. E. Braddon.
Deutsch von Cl. Steinitz.
Einzige autorisirte Uebertragung. Alle Rechte vorbehalten.
(63. Fortsetzung.)
„Nein“, stammelte Hilda. „Ich weiß, daſs
Grahame sich aus einem früheren Verhältnis in
allen Ehren befreit hat, bevor ich ihn zu meinem
zukünftigen Gattea annahm. Ich stellte ihm diese
Bedingung, als er um mich warb. Bis er mir
versichern konnte, daſs diese Angelegenheit völlig
etledigt sei, habe ich mein Jawort zurückgehalten.“
„Sie wussten also, dals eine Andere vorhanden
war?!“ rief Lady Valeria mit vernichtendem Spott.
„Und Sie haben sich nicht gescheut, dieser Anderen
den Liebhaber zu stehlen?“
„Sie haben kein Recht, so zu sprechen, Lady
Valeria.“
„Ich habe das Recht. Und Sie trotz Ihrer
Provinzmanieren wussten recht wohl, was Sie
thaten. Erfahren Sie denn, dass jenes Verhältnis,
von dem Sie so leichtfertig reden, eine Alles ver-
gessende Leidenschaft war, die jeglichen Gefahren
Trotz bot und aus jeder Zeile dieser Briefe brennt.
Lesen wie sie, Mädchen, und sehen Sie zu, was
dies „Verhältnig“ bedeutet.“
Sie hatte ihr Margar thentäschchen geöffnet
und ein Packet Briefe herausgezogen.
„Sie werden ja Herrn Grahame's Handschrift
kennen?“
„Es ist Bothwells Hand,“ sagte Hilda, „aber
ich lehne es ab, Briefe zu lesen, die nicht an mich
gerichtet sind.“
„Sie fürchten sich, sie zu lesen?“
„Ich glaube Ihnen, daſs es Liebesbriefe sind.
Darf ich fragen, ob sie an — des Genera! Harborough
Frau gerichtet sind?“
Der ruhige, gemessene Ton, der feste Blick der
ehrlichen Augen, die entschlossene Haltung, der stolz
getragene kleine Kopf, die nervösen Hände, die sich
fest an die Stuhllene klammerten, an der sie stand,
überraschten Lady Valeria und zwar durchaus nicht
angenehm. Sie hatte erwartet, ein liebesieches
Mädchen zu ihren Füßen schluchzen zu hören, das
heim ersten Angriff den Geliebten auszuliefern
bereit sein würde. Und statt eines schwachen
Mädchens fand sie ein Weib, das sehr wohl im
Stande war, für seine Liebe einzustehen.
Die Briefe sind an mich gerichtet und ich
möchte, daſs Sie sie lesen, um Bothwell Grahame's
„Verhältnis“ kennen zu lernen.“
„Ich will sie nicht lesen. Mir genügt voll-
kommen, zu wissen, daſs er eine verheirathete Frau
liebte und daſs sie seine Liebe ermuthigte, sie, eines
guten und tapfern Mannes Frau, die um ihrer
edlenGeburt willen sich hätte sto zer, treuer und
reiner erweisen sollen, als Frauen niederen Geschlechts.
Es thut mir leid, daſs Sie hergekommen sind, Lady
Valeria, sehr leid, dass Sie mir Ihr Geheimuis
enthüllt haben.“
„Es ist heute das Geheimnis von aller Welt.
Eine Frau in meiner Lage wird von Spürnasen
verfolgt. Jedermann weiß, daſs Bothwell Grahame
mich liebte und daſs ich ihn wiederliebte. Das
erscheint Ihnen gewiss fürchterlich. Und doch kann
ich Ihnen sagen, daſs ich meinem Manne treu war
im Sinne der Welt und daſs er mich noch im
Tode ehrte. Das Gelübde, das Bothwell Grahame
an mich band, hat keine Ehre und kein Rechtsgefühl
verletzt, und ich habe keinen Augenblick daran ge-
zweifelt, daſs er mir gehöre bis zum Tod. Da
begegnete er Ihnen zu unglücklicher Stunde. Der
Gedanke, daſs seine Nachbarn die grauenhaftesten
Dinge von ihm dachten, machte ihn wahnsinnig.
Sie trösteten ihn und hielten zu ihm in seinem
Missgeschick, und das hat ihn zu dem Schritt be-
wogen, den er seither stets bereut hat. Er hält
sich durch sein Geständnis für gebunden und findet
keine Möglichkeit des Rücktritts. Um Ihnen treu
zu sein, bricht er das heiligste Gelübde, das je ein
Mann einem Weibe geschworen hat.“
„Sie haben ihn jenes Gelübdes entbunden,
Lady Valeria“
„Niemals. Wohl wechselten wir ein paar
übereilte Worte und schieden im Zorn. Aber von
einer Aufhebung seines Gelübdes ist nicht die Rede
gewesen.“
Sie konnte nicht glauben, dass Lady Valeria
ihr eine wohlerwogene Lüge sagen würde. Trotz
ihrer Abwehr fing sie an, sich überzeugt zu fühlen.
Bothwell hatte sie getäuscht.
„Ich bitte Sie, diese Briefe zu lesen,“ drängte
Lady Valeria. „Sie denken sonst geringer von
mir, als ich verdiene. Ich mache den Anspruch
nicht, ein gutes Weib zu sein, aber ich möchte Sie
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