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Ar. 79 Mittwoch den 7. April 1897. XXI XXXVII. Jahrgang. Karlsbade: Redaktion und Administration und im Hause „Bellevne“, Stefanspromennde Telephon-Nr. 59. Wochenblatt. Inferate werden nur gegen Vorausjahlung an- genommen. Preis der 4mal gespaltenen Btit- zeile 6 kr. Inserate, für den nächsten Tag bestimmt, werden nur bis 2 Uhr Nachmittags in de? Administration und in der eiht „3 Tämmer“, Warkt entgegen- genommen.“ Manuseripte werden nicht zurücktgegeben Abonnements-Preise: Für Karlsbad: Bierteljährig ....2 fl. Halbjährig... .....4 f. a.8 fl. Postversendung. Inland: .....3 fl. ..6h. ....12 fl. Ausland: 135 Vierteljährig -...... 6 m. �albjihrg12„ anährg24„ Wierteljährig arg. Erscheint ganzjährig täglich mit Ausnahme nach Sonn- und Feiertagen. Herausgeber: Ernest Franieck. Mit 12: Inserate übernehmen die Annoncen-Bureaus Haasenstein & Voater in Wien, Zudolf Wosse in Berlin und Wien und sämmtliche anderen Filialen dieser beiden Firmen. Das Handschreiben des Kaisers an den Grafen Badeni hat nach der „Wiener Zeitung“ folgenden Wortlaut: Seine k. u. k. Apostolische Majestät haben das nachstehende A h. Handschreiben allergnädigst zu erlassen geruht: „Lieber Graf Badeni! Im Namen des Gesammtministeriums haben Sie Mir unter Darlegung der Umstände, welche sich der Herstellung fester parlamentarischer Verhältnisse zur Zeit entgegenstellen, die Demission des Cabinets angeboten. Ich nehme diese Demission nicht an, da Ich Gewicht darauf lege, daſs eine von Mir gewählte Regierung, unbeirrt durch zeitweilige Parteischwierig- keiten, ihre Thätigkeit ausschließlich durch das all- gemeine staatliche Interesse bestimmen lasse. Indem Ich Sie und die Mitglieder des Cavinets der Fortdauer Meines vollsten Vertrauens versichere, erwarte Ich, daſs das Ministerium auch künftig mit patriotischer Hingebung und nachdrucks- voller Festigkeit die Geschäfte führen und unentwegt an jenen Grundsätzen festhalten wird, welche in der bei seinem Amtsantritte abgegebenen program- matischen Erklärung und in der Thronrede vom v. M. enthalten sind. Wien, 4. April 1897. 29. „Deutsche Streitigkeiten.“ Man schreibt uns aus Berlin: Für Franzosen giebt es „spanische Schlösser,“ das sind Luftschlösser. Die Franzosen haben auch eine aparte Bezeichnung für Streitigkeiten um ein Nichts, um etwas recht Albernes, und zwar nennen sie diese „deutsche Streitigkeiten.“ In der That bekommen nur Deutsche es fertig, um eine Mücke zu streiten, als wenn es sich um einen Elephanten und noch mehr handelte. Das wäre nur uns „ein Vergnügen eigener Art,“ wenn nicht manchmal der blutigste Ernst aus solchem lächerlichen Streit ent- stände. Der Nibelungen große Noth hat einen „deutschen Streit“ zum Ursprung, und wer die deutsche Geschichte kennt, weiß, daſs nicht nur in der Sage aus einem für ernste Menschen lächerlichen Etikettenstreit die schlimmsten Folgen entstanden sind. Die bösesten Capitel der deutschen Geschichte haben oft nicht mehr zum Ausgangspunkt als den Streit zwischen Griemhilde und Brunhilde, meist sogar weniger. Hat da neulich eine lange und breite Verhand- lung im preußischen Abgeordnetenhause stattgefunden, zu welcher sogar der Minister des Jnnern tele- graphisch herbeigerufen werden musste, über einen Streit, der schon lange die Hannoveraner, die sonst doch im Verkehr so nett und liebenswürdig sind, in zwei Lager getheilt hat. Der Regierungspräsident v. Brandenstein hatte sich geweigert, an der Cen- tenarfeier theilzunehmen, weil das Comité, welches die Feier vorbereitete, die Aufforderung an ihn nur so kurze Zeit vorher geschickt, daſs, wie der Minister sagte, bei etwaiger Abwesenheit vom Orte der Regierungspräsident unmöglich eine Erklärung hätte abgeben können, ob er theilnehmen wolle oder nicht. Statt sich zu freuen, daſs er am Orte ist und ant- worten kann, statt sich zu sagen, das Comité wisse, daſs er anwesend sei, oder daſs die Vorbereitungen sich verspätet haben oder daſs man sich sagt, zur Annahme der Einladung brauche ein Re- gierungspräsidenten nicht einen Moment zur Ueber- legung, zog Herr von Brandenstein es vor, bei einem so seltenen Feste durch seine Abwesenheit zu glänzen und bei vielen den ungerechtfertigten Ver- dacht zu erwecken, er sei ein verkappter Welfe. Zu seiner Entschuldigung führte der Minister an, es sei bei der Sedanfeier dem Präsidenten schon so mitgespielt worden. Der Minister vergaß dabei aber, daſs diese Entschuldigung nicht auch für die Ablehnung der Theilnahme an der Sedanfeier aus- reicht. Gar viele, mordsmäßige Reden wurden da im Abgeordnetenhause verbrochen, und das ist in dem Diäten Landtage ein kostspieliges Vergnügen. U. a. redete Graf Limburg-Stirum, der Stadt- director von Hannover habe nicht den richtigen Takt, gegen einen social Höherstehenden an den Tag ge- legt, was natürlich die Frage aufwerfen lässt, ob ein Regierungspräsident wirklich social höher steht, als der Stadtdirector, und wenn das, ob der social höher Stehende nicht die Pflicht hat, der höflichere zu sein. Den Vogel in jener denkwürdigen Sitzung schofs der Abg. Etzlers ab, welcher meinte, wenn Franz Joseph m. p. Badeni m. p. Amerikanische Eisenbahnen. Ludwig Hevesi plaudert im „Pester Lloyd“ über Eisenbahn-Erlebnisse in Amerika. Es heißt in dem Aufsatz u. A.: Wenn man Amerika schon längst hinter sich hot, verspürt man noch immer etwas wie Heimweh nach den dortigen Eisenbahnen. Man möchte wieder einmal ruhig schlafen in einem Pullman'schen Schlafwagen, wo man sein Bett nicht von unten auf der Straße vorbeirasselnden Fuhr- werken zittern fühlt, denn die Bewegung so eines „limited express“ ist das thatsächliche Dahin- schweben. Sie stellen eines Morgens ein rand- volles Glas Wasser hin und abends ist kein Tropfen verschüttet. Und wie gut man da einschläft! Das Geräusch eines solchen fahrenden Zuges ist ein vor- treffliches Schlafmittel. Es ist nicht das unange- nehme viersilbige Gevolter eines europäischen, son- dern eine einförmig singende, trommelnde und klin- gende Melodie. Sie besteht aus dem fortwähren- den Geprassel des kleinen schwarzen Graupenhagels von Kohlenstückchen auf dem Dache, dann aus dem leisen Pfeifen des Fahrwindes, der zwischen den schief aufgesträubten schmalen Platten des Milch- glasdaches hindurchstreicht und aus dem unaufhö-- lichen Geläut der fernen Maschine, deren Glocke das Vieh vom Bahndamm scheuchen soll. Weicht es nicht, so sprüht ihm die Maschine durch eine eigene Spritze heissen Dampf aufs Fell, das macht ihm doch Beine. Die amerikanischen Lokomotiven haben so allerlei kleine Privatbequemlichkeiten, die wir nicht kennen. So führt z. B. jede einen eigenen Hebelapparat mit, um, wenn sie ein wenig entgleist ist, wieder zurechtgehoben zu werden. Wegen einer solchen Kleinigkeit stieg ich nicht einmal aus meiner Badewanne. Bäder fahren ja selbstverständlich auch mit. Und eine Barbierstube auch. Mö ten Sie sich auf der Hessischen Ludwigsbahn, die im Stoßen den Weltrekord verdient, barbieren lassen? Ich nicht. Und eine Bibliothek ist auch im Zuge. In Mahagonikasten mit Glasscheiben stehen da die besten Werke, auch wissenschaftliche, in allen Sprachen. Alles ist tadellos in Leder gebunden, mit den Vignetten der Gesellschaft in Gold. Sogar ein eigener Bibliothekar ist angestellt; selbstverständlich ein Neger, mit jenen gewissen großen weißen Zähnen zum freudigen Grinsen, wenn man sich von ihm das „Leben Abraham Lincolns“ geben lässt. Und zurückzugeben braucht man das entlehnte Buch gar nicht, man lässt es einfach beim Aussteigen auf seinem Sitz liegen Von einer Fahrt durch Süd-Kalifornien werden folgende Eindrücke erzählt: Station Barstow ist mir aus heiterer Veranlassung im Gedächtnis ge- blieben. Sie liegt in Süd Kalifornien, an der Atlantic Pacific. Mitten in unabsehbarer rost- brauner Sandwüste. Im Hintergrunde, weit, weit, streicht schneebedeckt die Sierra Nevada dahin, Gipfel an Gipfel. Himmel tiefblau, Luft zitternd vor Hitze, Thermometer 46 Grad Réaumur im Schatten. Publikum durchaus in „seersuckers“ gekleidet, eine Art roher Baumwoll-Krêpe, weiß mit grauen Streifen; das soll das Kühlste sein, was es in tropischer Hitze zu tragen gibt. Jeden Augenblick ein Glas Eiswasser, jede Stunde ein Bad in Eiswasser, um nicht an Hitzschlag zu Grunde zu gehen. In solcher Gegend steht Station Barstow, wo übrigens im Winter die heftigsten Schneestürme toben. Barstow besteht bloß aus drei hölzernen, schneeweiß gestrichenen Häusern, etwa 500 Schritt vom Zug, mitten im rostbraunen Sand. Vor jedem Haus steht eine schneeweiß angezogene, blonde Dame; jung, schön, von den besten Manieren. Das sind Kellnerinnen; hochanständig, gebildet, ge- eignet, dem Reisenden, der hier einkehren muss, durch zivilisirte Ansprache den Abend zu verkürzen. Hart an den Schienen aber steht ein „Bar“, be- laden mit Speisen unter hellgrünen Drahtglocken, gegen die zahllosen Fliegen. Dahinter der Bar- Tender (Schankwirt), ein hagerer, sonnenverbrannter Feuilleton.
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