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7. März 1897.
Karlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr. 54
Seite 5
St, Triest III. Wahlkörper, Dalmatien L, —
19. März: Mähren Gr, Böhmen St, Galizien H. —
20. März: Niederöstekreich St, Oberösterreich H,
Salzburg Gr, Tirol St, Vorarlberg St, Steiermark
St, Käcnten Gr, Krain Gr, Böhmen H, Schlesien
Gr, Kustenland H, Dalmatien St. — 21. März.
Dalmatien H. — 22. März: Oberösterreich Gr,
Tirol H, Vorarlberg H, Steiermark H, Böhmen
Gr, Galizien Gr, Küstenland Gr, Triest H. —
23. März: Niederösterreich H, Tirol Gr, Steier-
mark Gr, Dalmalien Gr. — 24. März: Nieder-
österreich Gr.
Telegramme.
Prag, 6. März. (Landtag). Oberstland-
marschall Fürst Georg Lobkowicz eröffnet die
Sitzung um 10 Uhr 40 Min.
Am Regierungstische: Statthalter Graf Cou-
denhove, Statthaltereirath Pietrzikowski und Be-
zirkscommissär Dr. Neumann.
Es wird der Einlauf an Druckschriften und
Petitionen verlesen und sodann gleich zur Erledi-
gung der Tagesordnung geschritten, d. i. zur Fort-
setzung der Budgetdebatte und spricht zuerst Abg.
Dr. Kramai (pro).
Der Oberstlandmarschall theilt mit, daſs sich
in die Rednerliste noch haben eintragen lassen u. z.
pro die Abg. Dr. Engel, Krajnik, Krejcik und Dr.
Zahor.
Abg. Graf Chotek beantragt Schluss der De-
batte. Der Antrag wird angenommen.
Die gegen das Budget eingetragenen Abge-
ordneten wählen zum Generalredner den Abg. Prof.
Fournier. Die Pro-Redner können sich über einen
Generalredner nicht einigen und es entscheidet des-
halb das Los. Aus der Urne geht der Abg. Krejcik
hervor, der jedoch zu Gunsten des Abg. Hermann
Janda auf das Wort verzichtet.
Nachdem die Generalredner (contra) Abg.
Prof. Fournier und (pro) Abg. Herrmann Janda
gesprochen und der Generalberichterstatter Abg. Dr.
Fort auf das Schluſswort verzichtet, wird das
Eingehen in die Specialdebatte beschlossen.
Zur Verhandlung gelangt Capitel I „Land-
tag (Erfordernis 156·610 fl, Bedeckung 100 fl.)
Diesbezüglich beantragt die Budgetcommission u. a.
eine Erhöhung der Diäten für jene Abgeordnete,
die außerhalb Prag wohnen von 5 fl. auf 8 fl.
Gemäß diesem Antrage wurden mit Zugrunde-
legung einer 60tägigen Landtagsdauer die Diäten
der 236 Abgeoroneten füc 60 Tage à 8 fl und
5 fl. im Bekrage der 103.200 fl als Erfordernis
is das Budget aufgenommen.
Abg. Gebler spricht sich mit Rücksicht auf die
tristen Landesfinanzen gegen die Erhöhung der
Abgeordnetendiäten aus.
Abg. Stastny kruisiert die Thätigkeit des Land
tages sehr abfällig. Die Abgeordneten arbeiten
nicht, sie betrachten den Landtagssaal als einen
Unterhaltungsort, kämen nur her, um sich zu amü-
sieren und hier an ihre Frauen Briefe zu schreiben.
(Große Heiterkeit.)
Abg. P. Opitz spricht gleichfalls gegen die
beantragte Erhöhung der Abgeordneten-Diäten.
Wir verdienen ja nicht einmal die 5 fl, die wir
bekommen, raft Redner auf. (Allgemeine Heiterkeit.)
Wir müssen mit der Sparsamkeit bei uns selbst
anfangen. Redner beantragt, daſs eine Erhöhung
der Dläten für die Abgeordneten derzeit nicht
staufinde.
Oberstlandmarschall: Dieser Antrag ist unzu-
lässig, weil er negativ ist. Die Herren Abgeord-
neten, die mit der Erhöhung nicht einverstanden
sind, werden ja bei der Abstimmung Gelegenheit
haben, dieser Ansicht Ausdruck zu geben.
Abg. Breznowsky sagt, Abg. Stastny habe
die Vorwürfe, dass im Landtage Nichts ge-
arbeitet werde' und Nichts vorwärts komme, an
eine falsche Adresse gerichtet; diese Vorwürfe waren
an die Adresse der Regierung zu richten. Wir
sind ja kein Landtag des Königreiches Böhmen,
sondern ein Landtag des Oberstlandmarschalls.
Wir vermögen ja nicht einmal den Dienern hier
zu ihren Bärten zu verhelfen. (Bekanntlich dürfen
die Landtagdiener keine Bärte tragen.) In den
Commissionen werde fleißig gearbeitet, aber die
Anträge kämen nicht ins Plenum.
Abg. Stastny: Das ist ja Ihre Sache!
Abg. Breznovsky: Meine? Ja bin ich denn
der Landmarschall? (Allgemeine Heiterkeit). Und
damit ich dem Herrn Stastny auch sage, warum
die Anträge nicht über die ersten Lesungen hinaus-
kommen, es wird hier viel zu viel geredet.
Abg. Stastny: Das ist wahr.
Abg. Brezuovsky: Ja der Abg. Stastny
hat in seinem Antrage selbst 3 Stunden gesprochen.
(Große Heiterkeit. ) Redner wendet sich gegen den
Abg. Opitz, der gesagt habe, daſs man hier zu
viel streite und Sachen bespreche, die nicht her
gehören und so oft die Gleichberechtigung aufs
Tapet komme, sei er es, der sich am meisten auf-
rege und jedesmal spreche. Es ist ja wahr, sagt
Redner, daſs das Interesse sich vom Landtage
abwendet und wenn unten vor dem Thore nicht
die Scharfschützen und Grenadiere stünden, wüsste
man gar nicht, daſs der Landtag beisammen sei.
(Große Heiterkeit.)
Abg. Stastny: Dafür rufen sie: „K'wer-
aus!“
Abg. Breznovsky: Aber Ihnen nicht. Stürmi-
sche Heiterkeit.)
Hierauf wird Capitel „Landtag“ sammt der
Erhöhung der Abgeordneten-Diäten angenommen
und Capitel II „Landesverwaltung“ in Verhand-
lung gezogen.
Nachdem die drei ersten Capitel des Budgets
erledigt worden waren, wurde die Verhandlung
abgebrochen und wird derselbe heute Abend
fortgesetzt.
Wien, 6. März. Börse. Die ungünstige Auf-
fassung der politischen Situation erhielt in den vor-
liegenden Tagesmeldungen sowie in dem unbeglau-
bigten Budapester Gerüchte von der vorzeitigen
Rückkehr des Kaisers nach Wien neue Nahrung
und infolge dessen griff bei Eröffnung des heutigen
Verkehrs eine weitere intensive Flauheit um sich.
Das Ausgebot war wohl kein starkes, allein, da dem
Markte jede Aufnahmsfähigkeit fehlt, genügten
schon die wenigen Angstverkäufe, um die Course
um 4—5 fl. unter ihren gestrigen Schlussstand zu
drücken. Erst im weiteren Verlaufe des Verkehrs,
welcher zwar eine große Reihe von Effecten um-
fasste, im Ganzen jedoch wenig belangreich war,
beruhigte sich die Tendenz und da die Contremine zu
theilweisen Deckungen schritt, so erfolgte schließlich
sogar eine Reprise, die sich namentlich in der Cou-
lisse kräftiger geſtaltete. Gegen gestern sind die
Course trotzdem wesentlich im Rückstande geblieben.
Wien, 6. März. Heute nachts tangirte in
der Station Bratz in Vorarlberg ein Güterzug,
einen in Einfahrt begriffenen Personenzug. Vier
Wagen des Personenzuges wurden zertrümmert.
Eine italienische Frau wurde getödtet und zwölf
talienische Arbeiter verletzt.
Hamburg, 6 März. Wie der „Hamburgischen
Börsenhalle“ gemeldet wird, ist der bei Newquay
gesunkene Dampfer der zur Rhederei von Robert
M. Stoman & Cp. gehörige Dampfer „Syrakusa“.
Die gesammte aus 30 Mann unter dem Befehle
des Capitän Rheder stehende Besatzung ist der-
selben Meldung zufolge mit dem Schiffe zu Grunde
gegangen.
Brüssel, 6. März. Der Senat hat den Ge-
setzentwurf betreffend die Glücksspiele im Genzen
angenommen. Durch das Gesetz werden Glücks-
und Bankspiele an öffentlichen oder dem Publicum
zugänglichen Orten verboten. Eine Ausnahme wird
für die Städte Spa und Ostende gemacht, wo die
Einrichtung eines Spielclubs erlaubt ist.
Condon, 6. März. Unterhaus. Balfour
erklärt, er wolle über das Vorgehen der Parla-
mentsmitglieder, die gestern das Telegramm an
den König Georg unterzeichnet hätten, keine An-
ficht äußern; voraussichtlich werden keine ernsten
Folgen entstehen (stürmischer Beifall bei den
Ministeriellen) aus einem Schriftstück, das von
weniger als einem Sechstel des Hauses nach der
kürzlichen Berathung über die englische ausländische
Politik, über welche keine Abstimmung gefordert
wurde, unterzeichnet worden sei. (Beifall bei den
Ministeriellen.)
Palikora gelandet werden, um die dort einge-
schlossenen Muselmanen selbst mit Gewalt zu befreien.
Constantinopel, 6. März. Heute nachts wurde
von Murathi der achtzehnte Militärzug abgeschickt.
Bisher sind 25 Redifvataillone und 1' Cavallerie-
regiment nach Saloniki abgegangen. — Gestern
fand ein außerordentlicher Ministerrath statt. Die
Untwort auf die vorgestrige Note der Mächte wird
heute erwartet
Paris, 6. März. Die „Ag. Havas“ meldet
aus Canea: Die türkischen Behörden sprachen dem
frauzösischen Consul sowie den französischen Marine-
Officieren und Soldaten den Dank für die von
ihnen bewiesene Energie und Hingebung bei der
Befreiung der türkischen Familien in der Provinz
Silna aus. Die Marinetruppen mussten die
Familien mehrere Meilen weit aus dem Innern
der Jasel und sogar aus der Mitte der blokierten
Muselmanen holen.
London, 6. März. Im Unterhause erklärte
Balfour, die ergänzende Collectivaote der Mächte
betreffend den Rückzug der türkischen Truppen aus
Kreta sei am 5. d. M. in Constantinopel überreicht
worden. Er habe den Wortlaut nicht, könne den-
selben daher nicht vorlegen, aber unter keinen Um-
ständen könne die Türkei eine uncontrollirte Herr-
schaft auf der Insel führen.
Paris, 6. März. Die „Ag. Havas“ meldet
aus Athen von 1 Uhr morgens. Es herrscht hier
fieberhafte Thätigkeit. Transportdampfer überführen
ununterbrochen große Mengen Munition, Waffen,
Lebensmittel und militärische Ausrüstungsgegenstände
nach Tessalien. Es heißt, daſs im Falle von
Zwangsmaßregeln seitens der Mächte das ganze
Inter sse an die Grenze werde verlegt werden.
Constantinopet, 6. März. Infolge der mehr-
fach verbreiteten Behauptung. dass die Flotte nicht
actionsfätzig sei, verfasste der Marineminister eine
Eingabe, in der er erklärt, daſs der Zustand der
Flotte ein guter und die Türkei j der Seemacht
zweiten Ranges gewachsen sei. Die Eingabe sollte
von allen Viceadmiralen unterzeichnet werden. Zwei
derselben weigerten sich dies zu thun. Infolge
dieses Zwischenfalles erklärte der Marineminister
in einer zweiten Eingabe an den Sultan, er sei
persönlich bereit, das Commando der Escadre zu
übernehmen. Es ist jedoch zu bezweifeln, ob eine
diesbezügliche Betrauung mit dem Commando er-
folgen werde.
Constantinopel, 6. März. Wie verlautet, wird
die Antwort der Pforte auf die Collectivnote der
Mächte Aufklärung darüber verlang, wie die
Kreta zu verleihende Autonomie beschaffen sein soll.
In türkischen Kreisen ist man sehr unzufrieden über
den dem Gesandten des Sultans zur Begrüßung
des Königs Alexander von Serbien in Sofia zutheil
gewordenen Empfang.
London, 6. März. Die „Times“ melden
aus Athen: Infolge der unzureichenden Blockirung
der Südküste von Kreta wurden durch das griecht-
sche Kriegsschiff „Sphakteria“ und andere Schiffe
Lebensmittel ohne Zwischenfall auf der Insel ge-
landet. Die Vorräthe wurden durch griechische
Soldaten über die Berge den Truppen zugeführtt
welche nunmehr für drei Monate verproviantir,
sind.
Familien-Nachrichten.
Geborene:
27. Feber. Dem Anton May, Stadtsecretär e. K.
Gestorbene:
27. Feber Anna Lorenz, Private 78 J. kath. verw.
28. Rosalie Egerer, Private 67 J. kath. ledig. —
Emma Bachmann, Tagarbeiterin 20 J. tath. ledig.
2. März Bertha Scharf, Hausbesitzerslochter3 W. kath.
= 4. Magdalene Tellinger, Dienstmädchen 27 J. kath
ledig. 5. Johann Wagner. Tagarbeiter 45 J. kath.
verheirathei.
Gefundene und verlorene Gegenstände.
Verloren:
Ein Reiszeug von rothbraun gepreßtem Leder, Firma
C. Kiffler, München, enthaltend 3 Zirtel. 2 Reißfedern,
ein Verlängerungsstück und eine Bleistiftiapsel.
Gefunden:
Der griechisch-türktische Conflict.
Paris, 6. März. Wie die „Ag. Havas“ aus
Canea meidet, werden, wenn es' das Wetter er-
laubt, 500 Marinesoldaten aller Mächte heute in
Ein Armband.
Meinungs-
Anstausch.
Název souboru:
karlsbader-badeblatt-1897-03-07-n54_2355.jp2