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Nr. 29 Samstag den 6. Feber 1897. XXIXXXVII. Jahrgang. Vierteljährig Wierteljährig Für Karlsbad: .........2 fl. .4 fl. anjährig8 1. Mit Poſtversendung. Inland: .... 3 fl. 6 fl. ...12 fl. Ausland: -.... 6 m. .....12„ .......24„ Abonnements-Preise: Verteljährig Karlsbader Sadeblatt und Wochenblatt. Erscheint ganzjährig täglich mit Ausnahme nach Sonn- und Feiertagen. Herausgeber: Ernest Franiech. Telephon-Nr. 59. Inserate werden nur gegen Vorauszahlung an- genommen. Preis der Amal gespaktenen Beiu- zeile 6 *r. Inserate, für den nächsten Tag bestimmt, werden nur bis 2 Uhr Nachmittags in der Administration und in der Tranieck'schen ht„3 Tämmer“,Warhentgegen genommen.“ Redaktion und Administration im Hause „Bellevue“, Stefanspromenade Manuseripte werden nicht zurücktgegeben Inserate übernehmen die Annoncen-Bureans Haasenstein & Bogler in Wien, Andotf Mosse in Berlin und Wien und sämmtliche anderen Filialen dieser beiden Firmen. Der Großgrundbesitz in Oesterreich. In den „Deutschen Worten“ findet sich eine Zusammenstellung der Zahl und des Besitzes der österreichischen Großgrundherren, die von weiterem Interesse ist. Darnach gibt es unter den 791 Steueramtsbezirken nur 82 Bezirke (10 v. H), in denen kein Großgrundbesitzer, d. h. kein Steuer- träger, der über 1000 fl. Steuer zahlt, vorkommt. In 156 Bezirken (nahezu 20 v. H.) haben Groß- grundbesitzer zwar keinen zusammenhängenden Be- sitz von mehr als 1000 fl. Steuerleistung, aber immerhin schon Boden gewonnen. In 171 Be- zirken (22 v' 9) steht je ein Großgrundbesitzer als wirkschaftlich Mächtigster den Bauern gegenüber, in 382 Gezirken (nahezu 50 v. H.) sind zwei oder mehrere Großgrundbesitzer vorhanden. 40 v. H. der Großgrundbesitzer haben in mehreren Bezirken des Landes, 13 v. H' in mehreren Kronländern des Reiches Großgrundbesitz. Ia Niederösterreich, Böhmen, Mähren und Schlesten gibt es keinen Bezirk ohne Großgrundbesitz. Von dem Jahre 1873-1891 nahm die Zahl der Großgrundbesitzer von 4931 bis 5402 zu, also im Staat durchschnitt 9 5 v. H. Aber in einzelnen Kronländern stieg sie weit höher; das ist immer ein Zeichen des finkenden Wohlstandes der Bauern. In Oserösterreich mit dem bestsituierten Bauern- stand steigt die Zahl der Großgrundbesitzer um 145 v. S., in Gυtz und Gradiska um 165 v. H., in Galizien um 17° v. H, in der Bukowina um 24 v. H., in der Steiermark schon um 30 v. H. und in Salzburg um 87 v. H. Niederösterreich, Böhmen, Mähren, Schlesien diese Länder sind schon gewissermaßen gesättigt, die Zunahme an Großgrundbesitzungen daher nicht mehr so groß wie in anderen Ländern, nur 7. v. H. Desto mehr werden die Alpenländer heimge- sucht, wo sich die Herren Magnaten von den win- terlichen Vergnügungen erholen. Ganze Thäler und Gebirge werden aufgekauft und abgesperrt! Zahlreiche Gehöfte sind verschwunden, und dort, wo ehemals zahlreiche Bauernfamilien, wenn auch ein kärgliches Auskommen gefunden haben, findet man einige Taglöhner und Jäger, welche nun die Hirsche mit dem Heu füttern, das vorher zur Rin- derzucht gedient hatte. Im Gerichtsbezük Zell sind 16 Alpen und im Gerichtsbezirk Schwaz 7 Alpen cassiert, die von den Gemeinden Krieglach, Langen- wang, Neuberg benutzte Wachsenegger Alpe für mehr als 400 Stück Rindvieh, gehört jetzt dem Hoch- wild, das im Winter mit 4000—5000 Meterzentner Heu gefüttert wird. Aus dem Mühlviertel berichtet ein Pfarrer, daſs die Coburg'sche Verwaltung mehr als 20 Gehöfte zusammengekruft hat und der Boden als Wildschweinpark verwendet wird. Das ganze Karwend lgebirge ist für den Auftrieb abgesperrt. Im Gerichtbezirk Aflenz wurden 47 Güter mit 820 Stück Rindvieh in Jagdgründe verwandelt; desgleichen in Aflenz eine alpe von 5000 Joch und ein angrendes Bauerngut von 700 Joch. Ueberall klagen die Touristen über die Absperrung der Thäler und Gebirge. Im ganzen Hagengebiete und im westlichen Tennengebirge dürfen sich weder Ein- heimische noch Touristen blicken lassen. Das sind nur einige wenige Beispiele. Von einer erschö- pfenden Zusammenstellung kann hier keine Rede sein. Riesig sind die Großgrundbesitzungen in Böhmen, Mähren, Schlesien und Galizien. In Böhmen, einem Lande von 5·2 Millionen Hektar, — die Angaben für dieses Land wurden im Jahre 1891 veröffen licht besitzen 362 Personen 28 v. H. der ganzen Fläche und besonders 33 Magnaten unter ihnen rund 846000 Hektar = 17 v. H. des ganzen Kronlandes. Der Aermste unter ihnen hat 6000kιar, der Reichste 176 400 H ktar, ein Besitz, der um Decivietteltheile größer ist, als der ganze geistliche Besitz, der doch auch schon 2 v. H. des ganzen Ködelandes umfasst. Nun berechnet Dr. R. Meyer den Reinertrag eines höhmischen Gutes von 1100 Hiktar in den Jahren 1889 bis 1892 auf fl 59000 bei einer Ausgabe von fl. 89000 an Gehalt und Lohz. Da kann man sich nun beiläufig eine Vorstellung machen von dem Einkommen eines böhm schen Mag- naten. In Galizien besitzen 45 Personen 1/200.000 Joch, nahezu 9 v. H. des größten Kronlandes in Oesterreich. In Mähren besaßen schon Ende der 70 er Jahre 145 Privat-Personen 24 v. H. der ge- sammten Bodenfläche, darunter 10 Personen 5 v. H., 4 Personen 2 v. H und 1 Person 5 v. H. der ganzen Fläche. Außerdem besaß damals die Geistlichkeit 3·5 v. H. In Schlesien besaßen zu derselben Zeit 36 Großgrundbesitzer 26 v H. und die Geistlichkeit nahezu 10 v. H der ganzen Bodenflache. Also un- gefähr 36 v. H. von Schlesiens Bodens gehört einigen Großgrundbesitzern und der Geistlichkeit und der Rest den übrigen 600000 Einwohnern. Am Schalter. Von Gustav Berendt. Unser Herrgott hatte ihn in seinem Zorne zum Schalterbeamten gemacht. Wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er bekanntlich auch Verstand; dagegen scheint er es zuweilen für unzweckmäßig zu halten, denen, so er mit einem Schaller betraut, übergroße Geduld und Höflichkeit zu verleihen — vielleicht, weil er in seiner Weisheit gefunden hat, daſs eine gesunde, urwüchsige Grobheit einem vieltöpfigen Publicum gegenüber oft rascher zum Ziele führt, als artiges Entgegenkommen. Wenigstens ist unser Official im Innersten von dieser Ueberzeugung durchdrungen; sie ist ihm so in Fleisch und Blut übergegangen', daſs er in jedem Augenblick seines dienstlichen Lebens unbewusst nach ihr haudelt. Um 1 Uhr betritt er sein Burean und wirft zunächst den Verwegenen, die bereits am Schalter harren, um ihre Depeschen aufzugeben, einen un- gnädigen Blick zu. „Steht schon wieder eine ganze Herd' draußen! Nicht einmal zum Essen nehmen sich die Leut' Zeit!“ knurrt er vor sich hin, während er sich langsam seines Hutes und Ueberziehers ent- ledigt und dann gemächlich dem Schalter zuschreitet. „Was ist's“ schreit er die bescheiden gekleidete alte Frau an, die ihm zunächst steht und — erschrocken über den rauhen Ton — nicht sogleich antwortet, so daſs er mit erhöhter Ungeduld fortfährt: „Vor- wärts! Vorwärts doch! Soll ich noch lang hier stehen? Sie glauben wohl, ich hab meiter nix zu thun?“ „Ich .... Ich möcht' halt a Dipesch' auf- geben,“ stammelt die Alte endlich schüchtern. „Ja, daſs Sie keine Weißwürst wollen am Telegraphenschalter, kann ich mir denken!“ lachte er grimmig und fordert dabei durch einen raschen Blick die Umstehenden zum Mitlachen über den guten Witz auf. „Also geben Sie's her in Gottes- namen, Ihre Depesch!“ „Hergeben ... ja ... wenn ich's nur erst g'schrieben hätt'!“ Noch net g'schrieben?“ fährt er auf sie los. „Ja, was wollen S' denn nachher eigentlich? Soll ich's Ihnen vom Gesicht runterlesen? Vorwärts! machen S' da endlich Schreiben Sie's auf und Platz für die Andern!“ Unschlüssig starrt ihn die Frau an. „Schreiben ... ja, lieber Herr, recht gern ... aber wenn ich nur a Papier hätt' und a Tinten!“ „Tinten? Ihnen ist wohl Bleistift net gut genug? Da drüben auf dem Pult liegt einer und Papier dazu!“ „Verzeih'n S' halt, ich hab's net gesehn,“ murmelt sie, während sie zu dem Poli schleicht. „Na, da muss man eben seine Augen auf- machen! Wozu hat s' man denn? — Die Leute sind schon oft zu dumm!“ wendet er sich gemüthlich zu dem Nächsten, einem jungen Handlungsbefls- senen, „wenn man net so eine Riesengeduld hätt', wär's net zum Drauskommen!“ Damit wirft er einen Blick auf die dargereichte Depesche — und um die gemüthliche Vertraulichkeit ist's geschehen. „Ja!“ fährt er auf, „das Geschmier soll ein Mensch lesen können? Wie soll denn das heißen?“ „Ich weiß nicht, mein Prinzipal hat mir's gegeben,“ antwortete der Jüngling. „Ihr Prinzipal, so! Soll ich vielleicht heim- laufen zu Ihrem Pinzipal und den fragen? Ich kann bloß Sie fragen! Wenn Sie's also net wissen, gehn S' heim und fragen S'!“ Er gibt ihm die Depesche zurück. „Wie kann man nur so polizeiwidrig schreiben! Von 'em Holzhacker kann Fenilleton.
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