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„Karlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr. 247
28. October 1896
Seite des Evidenzhaltungsgeometers in mehreren Ge-
meinden des Egerer Bezirkes um nochmalige Bereisung
des Bezirkes bittlich wurden. Diesem Ansuchen wurde
stattgegeben und zwar entsandte die Landescommission den
Referenten der Subcommission zur Revision des Grund-
steuerkatasters, Dr. Milner, im Vereine mit einem Kataster-
Ober-Inspector in das Egerland zur Ueberprüfung der
erhobenen Beschwerden. — Ein umfangreicher Process
schweht derzeit zwischen den Kohlenwerksbesitzern: Actien-
gesellschaft Montan- und Industriewerke, vorm. Johann
David Stark, Anglobank und Daſsnitz-Klobner, Kohlen-
gewerkschaft und den Besitzern der Egerwiesen in Theussau,
Schaben, Daſsnitz, Kloben und Zieditz. Diese Wiesen
sind nach dem Gutachten Sachverständiger durch die Ab-
wässer von den Mineralwerken in Kahr und Haberspirk
und der Grubenwässer respective durch die bei Ueber-
fluthungen eintretende Verunreinigung nahezu wertles
geworden. Ueber Klage dieser Grundbesitzer hat die Be-
zirkshauptmannschaft in Fallenau und die Statthalterei
in Prag die geklagten Kohlengewerkschaften für verpflichtet
erkannt, Schadenersatz zu leisten. Auf Grund dieses Er-
kenntnisses haben sämmtliche Geschädigte, 90 an der Zahl,
die Entschädigungsklage beim Bezirksgerichte in Falkenan
eingebracht, nachdem die Entschädigungssumme von rund
100.000 fl. von den beklagten Firmen im Vergleichswege
nicht bezahlt wurde. Diese 90 Klagen sind jede 3-fach
a 2 Bogen stark, mit 4 Rubriken und 62 bis 77 Bogen
Beilagen versehen. Auf Grund dieser Ziffern kann man
sich eine Vorstellung von dem Umfang sämmtlicher Klagen
bilden.
Telegramme.
Wien, 27. October. In der gestrigen Sitzung
des Subcomités des Budgetausschuffes, wurde über
Antrag des Obmannes Abg. Dr. Ruß beschlossen,
das Finanzgesetz und das Gesetz betreffend das
Investitions Präliminare pro 1897 bei unverän-
derter Aufrechthaltung der Textirung dieser Gesetze
in ein Gesetz zusammenzuziehen, welches aus zwei
Abschnitten zu bestehen haben wird. Ferner wurde
über Antrag des Abg. Dr. Menger beschlossen,
eine Resolution vorzuschlagen, in der die Regierung
aufgefordert werden soll, künftighin die Investiti-
vnskosten bei jedem Ressort in der Regierungs-
vorlage über den Staatsvoranschlag ersichtlich zu
machen. Sodann ging das Subcomité in die Be-
rathung des Typus des Investitionspapieres ein
und beschloss dem Antrage der Regierung gemäß,
die Ausgabe eines nicht amortisablen Papieres vor-
zuschlagen. Ueber sämmtliche Beschlüsse des Sub-
comits des Budgetausschusses wird Abg. Szcze-
panowski mündlich dem Budgetausschusse berichten.
Wien, 27. October. In der heutigen Sitzung
erklärte Abg. Dr. Ruß: Das Friedensbedürfnis
des deutschen Volkes in Böhmen würde nur durch
eine Reihe gesetzlicher und administrativer Maßregel
Beweis liefern müssen, wie weit ich auf Deine
Kindesliebe und auf Deine Opferwilligkeit rechnen
kann. Unser Nachbar Fabricius hat den unsinnigen
Entschluss gefasst, sich um Deine Hand zu be-
werben. Woher er den Muth dazu genommen,
weiß ich nicht. Vielleicht hast Du selbst seinen
thörichten Hoffnungen einige Nahrung gegeben, —
jedenfalls aber ist es zwecklos, daſs wir uns darüber
jetzt der Kopf zerbrechen. Ich will Dich nicht
etwa bestimmen, seine Werbung anzunehmen, ich
sehe selbst ein, daſs eine Heirat bei solchem Alters-
unterschied Dir als ein Wahnwitz, als eine Un-
möglichkeit erscheinen muss! Aber ich bitte Dich:
weise ihn nicht allzu unfreundlich zurück! Nimm
ihm nicht gleich jegliche Hoffnung! Bedinge Dir
eine Bedenkzeit oder thue, was Dir sonst zweck-
mäßig erscheinen mag, um die letzte Entscheidung
noch für eine kleine Weile hinauszuschieben! Meine
Ehre, — Deine und meine Existenz sind es, die
hier auf dem Spiele stehen!“
Antonie hatte den ängstlich hervorsprudelnden
Wortschwall über sich ergehen lassen, ohne auch
nur durch ein Wimperzucken zu verrathen, dass
etwas Besonders in ihrer Seele vorgehe.
„So hat Fabricius vermuthlich meine Hand
zur Bedingung für seine Hilfe gemacht?“ fragte
sie mit eisiger Kälte.
Der Baron wagte nicht, seine Tochter anzu-
sehen.
(Fortsetzung folgt.)
befriedigt werden können, die ohne Hinzuthun der
Regierung unmöglich sind. Redner betont, die
Deutschböhmen müssen darauf verharren, daſs das
?
Gebiet von zwei Millionen Deutschen mit 21/2 %
Czechen ein geschlossenes Sprachgebiet bilde. Redner
führt aus, wie sich die Deutschen diese Abgrenzung
für Schule, Gerichtswesen, für die politische Ver-
wailung und die Landeskultur vorstellen. Redner be-
spricht ferner die Wirkungen der Sprachenverordnung
welche viele Deutsche veranlassen, nicht mehr das
Staatsgefühl, sondern das nationale Bedürfuis in erste
Linie zu stellen. Redner hebt hervor, daſs eine
ernsthafte Ordnung nur durch ein Einvernehmen
beider Nationalitäten möglich sei. Zur Anbahnung
einer beiderseitigen Friedensstimmung müsse aber
die Regierung ihre bisherige Haltung ändern.
Redner habe alle deutschböhmischen Fragen concret
angeführt, denn die Vertreter von Deutschböhmen
müssen erfahren, wie die Regierung dem ganzen
Complexe der böhmischen Angelegenheiten gegenüber
sich verhalte. Die nationale Spannung des deutschen
Volles habe einen nahezu unerträglichen Grad er-
reicht und es wäre ein Irrthum, zu glauben, daſs
sich diese nur auf die Oberfläche beschränke. Redner
bittet den Minister-Präsidenten, an keiner der be-
sprochenen Angelegenheit schweigend vorüberzugehen.
Wieu, 27. October. (Budgekausschuſs). Minister-
präsident Graf Badeni beruft sich auf seine Pro-
gramm-Erklärungen und sagt, die Regierung stehe
unbedingt auf dem Boden der Verfassung, deren
Ausgestaltung allerdings nicht ausgeschlossen sei. Bei-
spielsweise in der Wahlreform in schul-
und kirchenpolitischen Fragen lehne die
Regierung jede extreme Richtung ab; —
die Anbahnung des nationalen Friedens
sei eines der wichtigsten Probleme der
Regierung, aber die Anwendung einseiti-
ger Maßnahmen sei hiebei ausgeschlossen.
Eine Nationalität dürfe der anderen nicht
preisgegeben werden. Graf Badeni be-
tont die hervorragende Bedeutung des
deutschen Volkstammes in Oesterreich. —
Was dte angeblichen Abmachungen mit den
Jungcechen betreffe, so weist Graf Ba-
deni auf die Erklärung der Jungcechen
hin, nicht nur gegen den Dispositions-
fond, sondern auch gegen das Budget zu
stimmen. — Bezüglich des Schutzes
des nationalen Besitzstandes, erklärt Graf
Badeni, dieses hänge nicht vom Willen
der Regierung ab, hier entscheiden andere
Factoren, vornehmlich wirtschaftlicher
Natur und die ethnologische Entwick-
lung. Die Regierung werde alles thun,
um Eingriffe der einen Nationalität in
die Sphäre der anderen zu verhindern;
allein die Vertreter beider Nationali-
täten müssen auch gegenseitig mit ihrem
guten Willen hervortreten. Nach der
Rede Badenis wurde die Verhandlung
abgebrochen.
Wien, 27. October. Die „Wiener Zeitung“
meldet: Seine Majestät der Kaiser ernannte mit
allerhöchstem Handschreiben vom 22. October 1896
den Herzog Ludwig Philipp von Orleans zum
Ritter des goldenen Bließes.
Wien, 27. October. Wie die Blätter melden,
theilte Justizminister Graf Gleispach dem Abg.
Beer die bevorstehende Errichtung eines Kreisge-
richtes in Mährisch Schönberg mit.
Wien, 27. October. Die Blätter melden aus
Tyrnau in Ungarn, daſs eine bei einem Wahlex-
cesse eingreifende Husarenabtheilung mit einem Stein-
hagel empfangen wurde. Ein Husar wurde getödtet.
Die Husaren zersprengten den Pöbel mit der blanken
Waffe. Zwei Personen wurden schwer verletzt.
Wien, 27. October. Nach einem soeben ein-
gelangten in Gravosa aufgegebenen Telegramm des
Commandanten der auf einer Segelübungkreuzung
in den süddalmatinischen Gewässern sich befindlichen
k. u. k. Escadre fand am 26. d. M. um 33/4 Uhr
früh, als die Escadre bestehend aus S. M. Schiffen
„Laudon“ (Flaggenschiff) „Zriny“ und „Nantilus“
in der Kielwasserlinie, d. i. ein Schiff hinter dem
anderen segelte, während einer heftigen Wind- und
Regenboa eine Collision zwischen S. M. Schiffen
„Laudon“ und „Nantilus“ sowie ein Antreiben S.
M. Schiffes „Zriny“ an S. M. Schiff „Laudon“
statt, wobei „Laudon“ den Klü erbaum, „Nantilus“
den Kreuzmast verlor und auf „Zriny“ der Anker-
fischkrahn brach. Um 61/2 U r'früh war die Es-
cadre wieder in der ursprünglichen vorerwähnten
Linie formiert und steuert seither zur Behebung
obiger Havarien nach dem Centralkriegshafen Pola.
Verletzungen unter Schiffsbemannungen sind nicht
vorgekommen.
Wien, 27. October. Das „Fremdenblatt,
erfährt: die Gesetze betreffend die direlte Personal-
Steuer erhielten die allerhöchste Sanktion.
Wien, 27. Octob.r. Der Budgetausschuſs
setzte die Debatte über den Etat des Justizmini-
steriums fort und nahm nach einer längeren Debatte
die in Verhandlung stehenden Titel des Etats des
Justizministeriums an.
Pola, 27. October. Ihre k und k. Hoheit
Frau Erzherzogin Maria Theresia ist gestern abends
um 91/2 Uhr hier angekommen.
Berlin, 27. October. Ueber Bismarks Ent-
hüllungen herrscht in den hiesigen Diplomaten-
kreisen große Verstimmung, die Ausdruck findet in
einer officiellen Erklärung des Reichsanzeigers, daſs
die Regierung nichts bestätigen und nichts demen-
tiren werde.
Berlin, 27. October. Die Telephonleitung
Berlin—Pest wird bestimmt im Frühjahre be-
gonnen und am 1. September dem Verkehre über-
geben.
Berlin, 27. Oct. Bezüglich der Enthüllungen
der „Hamburger Nachrichten“ erklärt der „Reichs-
anzeiger“, die Regierung verzichte auf jede Klar-
stellung, da die Zuversicht in die Aufrichtigkeit und
Vertragstreue der deutschen Politik bei den anderen
Mächten zu fest begründet ist, als daſs sie durch
derartige Enthüllungen erschüttert werden könnte.
Haure, 27. October. Gestern abends wollte
der Ingenieur Brindeau auf dem hiesigen Schiff-
platze ein Zündhölzchen in den Verschluſs eines für
Griechenland bestimmten Geschützrohres einführen,
wobei eine Explosion erfolgte. Brindeau wurde,
nachdem er gräßlich verstümmmelt worden war,
getödtet. Einem gleichfalls getödteten Geschützmeister
wurden beide Arme weggerissen. Ein griechischer
Artillerieofficier wurde an den Augen und Schen-
keln verwundet. Einem Arbeiter würden die Augen
ausgebrannt und ein Arm zerschmettert.
Leeds, 27. October. Bei der Firma Green-
moord & Hartley wird morgen die Arbeit wieder
aufgenommen werden.
Coburg, 27. Oct. Der Herzog von Sachsen-
Coburg und Gotha hat sich heute zum Besuche des
russischen Kaisers nach Darmstadt begeben und ge-
denkt morgen nach London weiterzureisen.
London, 27. October. Die „Tim 8“ schreibt,
die Enthüllungen der „Hamburger Nachrichten“
seien längst ein offenes Geheimnis gewesen, hätten
aber jetzt Wichtigkeit durch Bismarks kategorisches
Zugeständnis erlangt: Das Blatt ist der Ansicht,
daſs die Enthüllungen der „Hamburger Nachrichten“
den Vorwurf Eaglands, daſs Deutschland unter
Bismarcks Regime irregeleitet wurde, in sich
schließe, die russisch deutsche Entente sei in den
Händen Bismarcks größtentheils mit seiner eigenen
Schuld zusammengebrochen. Al xander III. habe
die Ueberzeugung erlangt, dass der Friede Earopas
durch Bismarck- Pläne bedroht werde. Sein
Misstrauen gegen Bismarck habe die Saat der
französisch-russischen Uebereinkunft zum Keimen ge-
bracht. Die „Morgenpost“ meint, die Antipathie
gegen England, welche Bismarck in das Gemüth
der Deutschen pflanzte, habe tiefe Wurzeln gefasst.
Das Blatt hält es daher für möglich, daſs die
deutsche Politik dem B'smark'schen Course folgen
und Deutschland sich vorbereiten werde, sich einer
französisch-russischen, England feindlichen Abmachung
anzuschließen.
Münster, 27. October. Auf dem hiesigen
Jahrmarkt entstand gestern eine große Panik, weil
in einer Akrobatenschaubude infolge der Explosion
einer Benzinlampe auf der Bühne Feuer ausbrach.
Die hohe Feuersäule, die aus dem Zelte hervor-
schlug, ergriff auch das Nachbarzelt, wo eine Ser-
pentintänzermn sich producirte. Aus allen Zelten
klürzte das Publicum ins Freie, nicht blos durch
die Ausgänge, sondern auch durch Löcher, die man
in die Leinward schnitt Unter das schreiende
Publicum mischten sich Clowus in ihren hunten
Název souboru:
karlsbader-badeblatt-1896-10-28-n247_4880.jp2
Porta fontium