Text na stránkách 1
Text:
Nr. 54
Freitag den 2. Juli 1886.
HX. Jahrgang.
Badeblatt.
Karlsbader
Redaktion und Administration
Saison-Abonnement:
im Hause „Bellevue“, Stefanspromenade.
Tür Ktarlsbad
Saison-Tagblatt.
......4 fl. — kr.
Der �oſt, Inland6 fl. — kr.
Inserate
eutscheRic12 Reichsmk.
werden nur gegen Vorauszahlung angenommen
(Erscheint mit Ausnahme der Montage täglich.)
und kostet die 4spaltige Petitzeile oder deren
Raum 6 kr. Pränumerationen und Inserate
Monatl. Abonnement:
werden in der Administration dieses Blattes
Für Karlsbad ......—fl. 90 kr.
und in der Leihbiblioth k „,3 Lämmer“,
Herausgeber: Ernest Franieck.
Warkt, entgegengenommen.
Einzelne Nummer 5 kr.
Inserate übernehmen: Haasenstein & Vogler, Annoncenhureau in Wien, Prag, Hamburg. Lübeck, Berlin, Leipzig, Dresden, Breslau, Köln, Frankfurt a. M., Stuttgart,
und Lausanne, Rudolf Mosse in Berlin, Breslau, Hamburg, Nürnberg, Wien, Prag, Frankfurt a. M., Leipzig, Stuttgart, Halle a. S.,
Basel, St. Gallen, Zürich, Genf
München, Straßburg und Zürich. — A. Oppelik, Wien und G. L. Daube & Comp., Frankfurt aM.
Badebulletin.
Unter den Angekommenen des gestrigen Tages befinden sich:
Herr A. E. Horwitz, Privatier aus Petersburg,
Frau V. Groag aus Trenchin,
(Rothes Herz)
Herr Isidor Kulka m. Gem. a. Wien.
Jerr J. G. G. Bührer, Kaufmann aus Biebrich,
(Kosmos)
Herr Sigmund Baer, Kaufmann a. Würzburg.
Herr Moriz Böckh, Privatier mit Gemalin aus
Budapest
Bavaria)
Herr Ph. Schoenthal, Kaufmann aus Fürth i. B.,
Herr Isaae Beuth, Kaufmann aus Amsterdam. (Albion)
Mr. R. H. Percy Hutchinson, Fabrikant mit Gemalin a.
England.
(Anger's Hotel)
Herr Ignaz Fuchs, kais. Rath aus Prag.
(Venus)
Herr Leo von Zanthier, Major z. D. aus Oberlößnitz,
Mrs. M. F. Wendt aus Newyork.
(Fischer)
Herr Christian Graf Kinsky, Landmarschall von Nieder-
österreich aus Wien.
(Melone)
Herr Edouard Müller, Proprietär m. Gem. aus Paris,
Herr H. Alexander, Kfm. m. Gem. u. Tochter a. Berlin,
Herr Karl Schmidt, Rentier m. Gem. a. Berlin (Austria)
Frau Wilhelmine Kohnberger, Privatiere mit Tochter aus
(Stadt Gotha)
Wien.
Vergnügungs-Anzeiger.
Café Posthof.
Symphoniekonzert der Kurkapelle
unter Leitung des Musikdirektors August Labitzky.
1. Rákóczy- Marsch, symphonisch bearbeitet v. F. Liszt.
2. Friedensfeier, Fest-Ouverture von C. Reinecke.
3. Scenes Poétiques von B. Godard.
4. Serenade für Streichorchester von F. Weingartner.
5. Ländliche Hochzeit, Symphonie in fünf Sätzen von
C. Goldmark.
Anfang 4 Uhr.
Stadtpark.
Heute Abends 1/28 Uhr.
Abend-Konzert der Kurkapelle.
Stadttheater.
Gastspiel des Herrn Josephy, vom k. k. pr. Theater an
der Wien in Wien.
Die Fledermaus.
Komische Operette in drei Aufzügen von Johann Strauß.
Gabriel von Eisenstein? Herr Josephy.
Anfang halb 7 Uhr.
Kurhaus.
Vorstellung
des berühmten Prestidigitateur
Prof. C. Herrmann aus Wien.
Anfang 1/28 Uhr.
Etablissement Sanssouci.
Nachmittags-Konzert
der Karlsbader Konzert-Kapelle unter Leitung des
Kapellmeisters Ludwig Pleier.
1. Boccaccio-Marsch von Suppé.
2. Ouverture „Ket Hußar“ von Doppler.
3. An der schönen blauen Donau, Walzer von Strauß.
4. Konzert-Arie für Posaune-Solo von Pandert.
5. Carmencita, Polka von Bizet.
6. a) „Zufriedenheit“, Lied von Glesinger.
b) „Die Schöne von Valencia“, Serenade Valse v. Kral
Potpourri über kärntnerische Volksmelodien.
8. Unter Donner und Blitz, Polka schnell von Strauß.
Anfang 4 Uhr.
Entrée frei.
Salle de Saxe.
Abend-Konzert
der Karlsbader Konzert-Kapelle unter Leitung des
Kapellmeisters Ludwig Pleier.
1. Giskra-Marsch von Ziehrer.
2. Ouverture zur Oper „Der Mulatte“ von Balfe.
3. An der schönen blauen Donau, Walzer von Strauß.
4. Fantasie aus der Op. „Carmen“ von Bizet.
5. Haideröslein, Polka-Mazur von Gleisner.
6. Ca Paloma, mexikanisches Lied von Yradier.
7. Potpourri aus „Feldprediger“ von Millöcker.
8. Schlaraffen-Galöp von Wolf.
Anfang halb 8 Uhr.
Entrée frei.
Schießstand des k. k. priv. Schützen-Corps
an der neuen Bahnhofstraße,
ist täglich zur gefälligen Benützung geöffnet.
Gut eingeschossene Gewehre u. Pistolen stehen zur Verfügung.
Telegramme
des Correspondenz-Burcau.
Wien, 1. Juli. Heute Vormittags fand die
Beeidigung des neuen Handelsministers, Marquis
de Bacquehem, durch den Kaiser statt u. zw. unter
Intervention des Oberstkämmerers und des Mi-
nisterpräsidenten. — Bacquehem machte hierauf dem
Kronprinzen seine Aufwartung.
Bei dem Empfange der Beamten seines Mi-
nisteriums erklärte Marquis Bacquehem, daß er in
der pflichtgetreuen, thatkräftigen Unterstützung des
Beamtenkörpers einerseits eine unerläßliche Vor-
bedingung, andererseits eine der Bürgschaften des
Entrée 50 kr.
Lola Montez und Ludwig I. von Baiern.
Die tragischen Ereignisse in Baiern haben mir
Lola Montez in Erinnerung gebracht, das schöne,
skandalsüchtige Mädchen, von welchem Lord Mal-
mesbury in seinen Memoiren sagte, daß es durch
ihr Gebahren am Münchener Hofe die Revolution
des Jahres 1848 entfesseln half. Wenn auch diese
Ansicht des edlen Lord etwas übertrieben erscheint,
so ist doch die Rolle, die sie gespielt hat, eine nicht
gewöhnliche und man wird ihre Geschichte nicht
ohne Interesse lesen. Sie war herausfordernd,
hielt stets Pistolen in ihrer Tasche in Bereitschaft
und chikanirte die Leute, welche ihr mißfielen.
Brutal in ihrer Leidenschaft, grob in ihren Worten
war sie eine Megäre in der Gestalt einer Göttin.
Ihr weißer Teint, die großen, dunklen Augen, die
braunen Haare, ihre schlanke, biegsame Taille, ihr
graziöser Gang verliehen ihr eine seltsame Macht
der Verführung. Wenn man sie hörte, so würde
man sie für eine Fischfrau gehalten haben, wenn
sie aber vorbeischritt, so repräsentirte sie die Idee,
welche man sich von einer Herzogin macht. Sie
verdrehte viele Köpfe, brachte viele Herzen in Auf-
ruhr und leerte viele Portefeuilles. Es war eine
Abenteuerin und von ihr kann mit mehr Recht als
bei Anderen gesagt werden, daß ihr Leben ein Ro-
man gewesen.
Wo sie geboren wurde, das ist unbekannt ge-
blieben; ihr Vater ein Spanier, ihre Mutter eine
Kreolin. Während ihrer Kindheit hielt sich Lola,
welche eigentlich Maria Dolores hieß, in Indien,
später in Schottland und England, dann in einem
Pensionate zu Bath im Herzogthum von Sommerset
auf. Noch ganz jung, zart und herzig wird sie
vom Kapitän Thomas James entführt, welcher sie
heirathet und nach Kalkutta bringt. Als Mann
verkleidet, macht sie zu Pferd die Schlacht gegen
die Afghanen mit und durchstreift an der Seite
ihres Mannes die Gebiete von Kaschmir und Kabu-
listan. Trotz dieses aufregenden Lebens erschien
ihr dasselbe dennoch an der Seite ihres Gemales
etwas eintönig. Sie war zur Unabhängkeit ge-
boren und jedes Joch war ihr unerträglich. Wäh-
rend ihr Gemal sich auf einer Expedition befand,
verließ sie Indien und kehrte nach Europa zurück
... in wessen Gesellschaft, das weiß ich nicht.
Ich fand sie in London, in Madrid, in Paris und
Brüssel wieder. Sie war keineswegs elegant und
gut situirt. Sie sang vielmehr auf den öffentlichen
Plätzen von vier Kerzen beleuchtet und sammelte
die kleinen Münzen, welche man ihr gab, mit den
Worten: Macht die Taschen auf für die kleine
Sängerin! Im Jahre 1839 engagirte sie sich als
Tänzerin bei dem Theater in Warschau. Ein Pole
sah sie, fand sie seinem Geschmacke entsprechend
und nahm sie mit sich nach Paris, wo er sie ver-
ließ. Ein Jahr später entdeckte sie Herr Dujarrier,
der Herausgeber des Journals „La Presse“, ein
in der Coulissenwelt sehr bekannter generöser und
galanter Mann, am Theater der Porte-Saint-
Martin — verliebte sich in sie und nahm sie zur
Frau. Von diesem Augenblicke an datirt die Be-
kanntschaft mit dem Namen Lola Montez. Du-
jarrier starb eines tragischen Todes in einem Duell.
Es entsprang daraus ein Prozeß, in welchem Lola
Montez der Untreue überführt wurde. Gauz Frank-
reich war kandalisirt, aber sie ward berühmt und,
wie man damals sagte, die „Löwin“ des Tages.
Ihre Extravaganzen wurden als sehr „chie“ be-
zeichnet und fanden laute Bewunderer. Ein Eng-
länder, Namens August Papon, führte sie nach
London, wo sie aber nicht blieb, da sie gehört hatte,
daß ihr früherer Gemal Thomas James sie suche.
Sie kam nach Deutschland, durchstreifte die Bäder,
opferte einige Gulden im Roulette und schloß sich
mit Vorliebe „Fremden von Distinktion“ an, ohne
sich irgendwo dauernd niederzulassen. Ende 1846
kam sie nach Stuttgart und warf mehr als einen
Blick zu dem Könige von Württemberg. Der alte
Wilhelm blieb aber unempfindlich, er war der
Tragödin Amalie Stubenrauch sehr attachirt und
hielt es nicht für opportun, diese mit einer Aben-
teuerin zu vertauschen, welche im — Ohrfeigen-
austheilen geübt war. Lola Montez verlor nach-
gerade die Geduld und zog im Frühling des Jahres
1847 nach München. Dort regierte König Lud-
wig I. luxuriösen Angedenkens. Er war damals
einundsechzig Jahre alt.
Ein Troubadour wie alle Wittelsbacher hatte
er Poesien veröffentlicht. Er liebte nur das Alter-
thum und in diesem besonders den Kultus der Venus.
Jede „Beauté“ war gewiß, bei ihm einen guten
Empfang zu finden und sie kamen auch aus allen
Winkeln der Erde hieher. Er ließ sie malen und
ihre Bilder in einem Saale aufhängen, in welchem
er gerne zu meditiren pflegte. Im Ganzen war er
ein sehr guter Mensch, ohne Falsch und sehr devot.
Die Jesuiten führten ihn an der Spitze des Szep-
ters herum und regierten das Königreich unter der
Hand. Der alte König folgte ihren Prozessionen an
den religiösen Festtagen, aber sie trugen Sorge,
Feuilleton.
Název souboru:
karlsbader-badeblatt-1886-07-02-n54_1365.jp2