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Wirn, 29. Mai. Die „Wiener Abendpost“ ist gegenüber der Meldung eines Wiener Blattes, daß der gestern stattgefundene Ministerrath be- schlossen habe, das ungarische Ministerium zu ver- anlassen, neuerlich über den Petroleumzoll zu ver- handeln, zu der bestimmtesten Erklärung ermächtigt, daß die angeführte Mittheilung jeden Grundes ent- behre. Berlin, 29. Mai. Der Kaiser dinirte heute bei dem italienischen Botschafter. Paris, 29. Mai. Heute wurde das Gelb- buch vertheilt, dasselbe enthält die Dekumente in der bulgarischen sowohl wie in der griechischen Frage. Aus denselben geht hervor, daß Frankreich in der bulgarischen Frage vornehmlich bei den meistinteressirten Mächten für die Friedens-Inter- essen wirken ließ, während es in der griechischen Frage, welche als Mittelmeer-Frage Frankreich be- sonders interessirt, eine aktivere persönliche Haltung jedoch im Sinne des Friedens einnahm und daß betreffs der ostrumelischen Zollfrage Frankreich fast allein die Handels-Interessen der Weststaaten ver- theitigte. Paris, 29. Mai. Die Kammer-Bureaux wählten hinsichtlich der Prinzenausweisungs-Frage eine Kommission — fünf Mitglieder derselben sind gegen jede Ausweisung, die sechs übrigen für obli- gatorische Ausweisung. Wien, 29. Mai. Des großen Frühlings- Festes erster Tag ist heute glänzend verlaufen. Weit über hunderttausend Fußgänger durchziehen schon seit Vormittags die festgeschmückten Prater- auen und am Nachmittag passirten über zwei Tausend mit Blumen bekränzte Privat-Equipagen den Prater- Eingang, so daß der Wagen-Verkehr die gedehnten Straßenzüge Praterstraße-Asperngasse-Ringstraße bis weit über das Burgthar hinauf occupirte. — Als um drei Uhr Nachmittags das Kronprinzen- Paar den Praterstern passirte, erscholl fast endloser Jubel. — Die hohe Aristokratie, voran Fürstin Metternich, war glänzend vertreten. — Morgen findet das Fest seine Fortsetzung. Ischl, 29. Mai. Der Herzog von Sachsen- Meiningen ist heute hier eingetroffen. Privat-Depeschen des „Karlsbuder Badeblatt“. Wien, 29. Mai. Die Bilanz der österr. ungar. Staatsbahn ist erschienen. Die Einnahmen 1885 betrugen 19,110.373 fl., die Ausgaben 18,889.673 fl., so daß 220.700 fl. Ueberschuß verbleiben, gegen 1,752.699 fl. im Jahre 1884:“ Bukaret, 29. Mai. Der Senat votirte ein- stimmig den autonomen Zolltarif. Athen, 29. Mai. Die Gerüchte, daß die Türken griechische Gefangene massatrirt hätten, werden dementirt. Petersburg, 29. Mai. Herr von Giers wird seine Badereise nach Franzensbad wahrschein- lich einige Wochen verschieben. Man bringt dieß mit Personalveränderungen im russischen Mini- sterium des Aeußeren in Verbindung, bis nach deren Erledigung der Minister in Petersburg ver- weilen wird.“ Wien, 29. Mai. Wetterprognose der metcoro- logischen Central-Anstalt: „Warm, Neigung zu Gewittern.“ Börse: Wien, 29. Mai. Aus Berlin lagen un- günstige Taxationsdepeschen vor, mit der Moti- virung daß die erwarteten russischen Convertirungs- geschäfte verschoben seien. Die Börse eröffnete schwach, Kredit 282.90 à 281.70, Ungarische Gold- rente 105.7 auch Staatsbahn waren matter 235.20 à 232.80 was man mit der heute erschienen Bilanzveröffentlichung in Verbindung bringen wollte. Man schloß zur späteren Notiz. Wien, 29. Mai. Mittags begannen Kredit- aktien 281.90 und schlossen 281250; Rubel 123.50; am Abend notirten Kreditaktien anfangs 287.70 und zum Schlusse 282.40; Staatsbahn 235.75. Berlin, 29. Mai. Kreditaktien 452.— à 454. Paris, 29 Mai. Rente 109.17. London, 29. Mai. Consols 101.93. Aspecten und Befürchtungen. Wir leben in einer Zeit, welche nicht nur in politischer sondern auch in meteorologischer Be- ziehung als eine der abnormsten betrachtet werden kann, die wir seit Menschengedenken hatten. Die klimatischen Verhältnisse scheinen außer Rand und Band gerathen zu sein. Noch sind die Tage des Wonnemondes nicht vorbei und die Temperatur hat eine Höhe erreicht, wie dies sonst nur in den Hunds- tagen der Fall zu sein pflegt. Die enorme Hitze dörrt den Boden aus, macht den Menschen schlaff und bewirkt, daß sich die Vegetation zu einem Wachs- thum in rapider und ungesunder Schnelligkeit ent- wickelt, welche die Befürchtung nahelegt, daß die- selbe degeneriren, austrocknen und die Lebenskraft verlieren werde, ehe sie die von ihr erwarteten Früchte zeitigt. Wir haben wohl noch keine aus- gesprochene Dürre, allein wenn nicht ein rascher Umschlag der Witterung eintritt, ist eine solche wohl zu befürchten und die Gefahr des Mißwachsens oder wenigstens einer ungenügenden Ernte ist eine Even- tualität, mit welcher man sich bereits heute beschäf- tigen sollte. Was eine schlechte Ernte in unseren Verhältnissen zu bedeuten hat, braucht wohl nicht erst weitläufig er- örtert zu werden. Oesterreich ist meist ein acker- bautreibendes Land, dem der Ertrag des Bodens Vieles ist und dem seine wenn auch theilweise hoch- entwickelte Industrie noch keinen genügenden Ersatz für eine Mißernte bieten kann. Allein das ist noch bei Weitem nicht Alles. Ein Land, das sich in re- lativ günstigen materiellen Verhältnissen befindet, kann dem nach einer Reihe guter Ernten eintretenden Mißwachsen noch ziemlich ruhig entgegensehen. Es werden auch da viele Hoffnungen enttäuscht, viele Existenzen vernichtet werden, allein auf die Allge- meinheit wird dasselbe keinen allzu verderblichen Einfluß üben können. Ein Land, das sich in einer günstigen Finanzlage befindet, wo der größte Theil des Volkes sich einer ziemlichen Wohlhabenheit er- freut, verwindet einen solchen Schlag, wenn auch nicht leicht, so doch ohne in der Wurzel seiner Existenz angegriffen zu werden. Anders aber ge- stältet sich das bei uns. Unsere finanziellen Ver- hältnisse sind keine rosigen, der Erwerb ungenügend und prekär, das Ausland kommt uns nicht zuhilfe, weil wir ihm in Zeiten des Mißwachsens nichts zu bieten haben und die Regierung, welche auch in ganz normalen ja ausgesprochen günftigen Zeiten, ihren Aufgaben nur mit einem sehr schweren Defizit gerecht werden kann, welche auch in den besten Zeiten nur von der Hand in der Mund lebt, muß, wenn die Folgen des Mißwachses eintreten, wenn das Volk die Steuern nicht mehr erschwingen kann, wenn der Ertag der Gefälle sich verringert, wenn die Zölle und die sonstigen Einnahmen sich in Folge des abnehmenden Handelsverkehrs verringern, zu außerordentlichen Mitteln schreiten, um ihren drin- gendsten Aufgaben gerecht zu werden, ganz abgesehen von der etwaigen Hilfsaktion, zu welcher sie in solchen Fällen verpflichtet wäre. Für die Regierung würde heuer der Eintritt einer Mißernte die Noth- wendigkeit eines neuen Anlehens bedeuten und was das in unseren Verhältnissen, bei dem theueren Gelde, das uns in solchen Fällen zu Gebote steht, sagen will, das weiß Jeder, der sich auch nur flüchtig mit dem Stande unserer finanziellen Angelegenheiten beschäftigt hat. Es wäre das ein rascher Schritt näher zu dem finanziellen Ruin, in welchen wir bei Fortdauer der gegenwärtigen Wirthschaft ohne- dies früher oder später gerathen müssen. Daß ein solcher Zustand als ein sehr unge- sunder, als ein ganz unleidlicher betrachtet werden muß, liegt auf der Hand. Es liegt etwas Be- schämendes darin, daß das Schicksal eines ganzen Landes gewissermaßen von Wind und Wetter ab- hängig erscheint und daß der nur von Witterungs- zufällen abhängige Ausfall der Ernte das ganze Staatsgetriebe der Gefahr aussetzen kann, in einen schlimmen Zustand zu gerathen. Für uns ist also der Witterungsverlauf durchaus kein so wenig be- deutendes Ereigniß, wie das vielleicht bei anderen Ländern der Fall ist. Unser Schicksal hängt zum großen Theile thatsächlich vom Laufe der Wolken, von den Launen des Windes, von Regen und Sonnenschein ab und es ist nur gut, daß dieselben außerhalb des Bereiches der Ingerenz unserer heimi- schen Staatsmänner und Finanzkünstler stehen, sonst würden wir bald schöne Geschichten auch in dieser Beziehung erleben. sokal- und Bäder-Nachrichten. (Die Ankunft) Ihrer Durchlauchten des Fürsten- paares Schaumburg-Lippe erfolgte, wie wir schon erwähnt, am vorgestrigen Tage mit dem Courirzuge via Eger um halb sechs Uhr Abend. Am Bahnhofe fand offi- zieller Empfang statt und waren die hiezu berufenen Persönlich- keiten erschienen. Beim Hereinfahren des Fürstlichen Paares nach der Stadt wurde dasselbe in den Straßen und vor dem Hotel erfurchtsvoll begrüßt. (Unterhaltungschronik.) Den Vergnügungs- reigen am heutigen Tage eröffnet Früh das Promenaden- konzert im Stadtparke, Nachmittags konzertirt daselbst die Kurkapelle, während im Etablissement Pupp sich die Musik des Regimentes Philippowicz, in Saussouci die Gesell- schaft Hinterwaldner und Abends im Restaurant Imperial die Pleier'sche Konzertkapelle hören lassen wird. Im Theater geht Nachmittags das klassische Lustspiel „Die bezähmte Widerspänstige“ von Shakespeare und Abends die zug- kräftige Operetten-Novität: „Der Zigeunerbaron“ in Scene. Weiter wird heute im Schützenhause das Panoptikum eröffnet. (Unterhaltungs-Schießen.) Heute Nachmittag wird auf der Schießstätte des Schützenkorps ein Unterhaltungs- schießen abgehalten, bei dem auf zwei Hauptscheiben (vereint) bei 100 Meter Distanz geschossen und die fünf ausgesetzten Preise auf den Tiefschuß ertheilt werden. Gut eingeschossene Gewehre sammt Munition stehen daselbst zur Verfügung. (Die Dame mit dem Barte.), Ein Naturphänomen, einzig in seiner Art wird sich von morgen ab im Restau- rant Panorawa dem Publikum präsentiren. (Neueste Kurlisten.) Karlsbad 7500, Marienbad 1142, Teplitz-Schönau 687 Kurgäste, 2990 Passanten, Tienczin- Töplitz 207, Pistyan 356, Aussee 101, Neuhaus bei Cilli 69 Personen. Marienbad, 28. Mai. Die Saison, welche nahezu einen Monot zurückgelegt hat, nimmt einen regelmäßigen Verlauf. Die Ankunft wird immer lebhafter und mit jedem Tage wird die Zahl der trinkenden und badenden Gäste größer. Mit dem ersten Juni — wohl spät genug, tritt der Sommerfahrplan der Kaiser Franz Josef-Bahn in Wirksamkeit, so daß auch die Verbindung eine bessere werden wird, wodurch auch die Ankunft eine weitere Steigerung erfahren dürfte. Daß für eine angenehme Existenz der an- wesenden Gäste bestens gesorgt ist, muß wohl nicht erst ge- sagt werden und wir haben abermals manche Neuerung za verzeichnen, die sehr beachtenswerth ist. Eine der besten Errungenschaften ist wohl die Verbindung des Kasinopark mit der Jägerstraße durch eine schön angelegte neue Straße, welche alle diesbezüglichen Erwartungen übertrifft. Eine andere seitens des Bürgermeisteramtes eingeführte Neue- rung in hygienischer Beziehung verdient ebenfalls volle Aufmerksamkeit und Beachtung, da die guten Folgen dieser Einrichtung sich allenthalben bemerkbar machen: es ist die polizeiliche Beaufsichtigung der zum Verkaufe nach Marien- bad gebrachten Milch. Ein alljährlich wiederkehrendes Uebel ist das Abfangen der Gäste bei der Ankuuft am Bahnhofe oder in der Stadt, wobei es oft zwischen den diversen dazu delegirten Persönlichkeiten zu lebhaften Streitig- keiten und undefinirbaren Controversen kommt. Es ist offenbar, daß diese Art des Entgegenkommens auf die an- kommenden Curgäste einen höchst unangenehmen Eindruck machen muß. Obwohl dieses unanständige Treiben den be- stehenden Vorschriften zuwiderlauft und niemand berechtigt ist, den ankommenden Kurparteien auf der Straße eine Wohnung anzubieten, so wird dieser ganz unqualifizsirbare Vorgang dennoch beibehalten und jeder Anstand außer Acht gelassen, um nur so bald als möglich in den Besitz von Parteien zu gelangen. Im Interesse des Ortes, ja im In- teresse jedes Einzelnen ist es gelegen, daß derartiger Skandal vermieden werde, damit der Ruf unserer Kurstadt nicht einem üblen Leumund anheimfalle; denn die Folgen der- artiger Ausschreitungen können nicht ausbleiben und un- berechenbar sind die Nachtheile, welche eine derartige anarchische Unwirthschaft mit sich bringen muß. Wir wollen dieses nur noch erwähnen, daß bei ganz geordueten Verhältnissen sicherlich mehr zu gewinnen ist, als bei diesen gewiß nicht einladenden Zuständen. — Die Summe der bis gestern angemeldeten Gäste belanft sich auf 1020 Parteien mit 1380 Personen. Unter den zuletzt an- gekommenen sind verzeichnet: Se. kgl. Hoheit Prinz Alex. von Preußen als Graf von Tecklenburg. Ihre kal. Hoheit Pünzessin Louise von Preußen als Gräfin von Lindow, Ihre kaiserl. Hoheit Frau Prinzessin Engenie Maximilia- nowna von Oldenburg, Se. Exzellenz Hugo Graf von Kirchbach, General der Infanterie und Ritterguts besitzer. (Freiplätze für kurbedürftige Offiziere in Marienbad.) Laut einer Mittheilung der Gesellschaft vom Weißen Kreuze an das k. k. Reichstriegsministerium stehen im Kurhause der Kronprinz Rudolf Stiftung in Marienbad, deren Administration die genannte Gesellschaft nunmehr übernommen hat, für die Kursaison 1886 in je- dem der Monate Mai, Jnni, Juli, Angust und September je 40, zusammen daher für die ganze Saison 200 Freiplätze, auf die Dauer je eines Monates für kurbedürftige Offiziere des k. k. Heetes, der Kriegs-Marine und der beiden Landwehren, dann für Militärbeamte, sowie für die Familien der genannten Per- sonen zur Verfügung. Die mit einem ärztlichen Zeugnisse belegten Gesuche, beide gestempelt, sind an das f. k. achte Corps-Kommando in Prag, dem das Verleihungsrecht übertragen ist, einzusenden. Zum Chefarzt des Kurhauses hat der Ausschuß der österr. Gesellschaft vom Weißen Kreuze den Regimentsarzt in der Reserve Dr. Ottokar Danzer ernannt. ersten (Bahnverkehr in Oesterreich.) Quartal 1886 wurden auf den Bahnen Oesterreich-Ungarns befördert 9,964.889 Personen, 15,132.465 Tonnen Güter
Název souboru: 
karlsbader-badeblatt-1886-05-30-n26_0660.jp2