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minder richtig ist, daß den Agitatoren von sogenannter maßgebender Seite die Erfüllung dieses Wunsches in Aus- sicht gestellt wurde. An „gutem“ Willen, den slavischen Freunden und Stützen eine Gefälligkeit zu erweisen, fehlt es auch wirklich nicht; aber — wir schöpfen aus sicherer Quelle — diesem „guten“ Willen setzten sich Hindernisse entgegen, welche die Slavenführer darüber belehren dürften, daß nicht Jeder allmächtig ist, den sie wegen seiner Slaven- freundlichkeit dazu machen möchten, Herr v. Pretis fürchtet die Slavenführer so wenig, wie ihre „maßgebenden“ Gönner. Im Hinblick auf die böswilligen Bemerkungen, in denen sich die Organe der verschiedenen Fraktionen der der- zeitigen Reichsrathsmajorität über die angeblich von Un- garn verschuldete Misère in der kroatischen Verwaltung er- gehen, erscheinen die diesfälligen Aufklärungen des Buda- pester Korrespondenten der „Münchener Allgem. Ztg.“ eines durchaus unbefangenen Beurtheilers der ungarischen Zu- stände von nicht zu unterschätzendem Interesse. Derselbe schreibt: „Die ganze Sache hat damit, ob die Verwaltung in Kroatien gut oder schlecht ist, gar wenig zu schaffen; Lombardo-Venetien besaß eine anerkannt gute Verwaltung, und die nationale Abneigung gegen Oesterreich schlug doch in hellen Flammen auf. Vollends ist es ein großer Irr- thum, die Fehler und Mängel der Verwaltung in Kroa- tien den Ungarn in die Schuhe zu schieben. Kroatien ist, was die innere Verwaltung, das Justizwesen, den Unter- richt betrifft, vollständig autonom, und in Kroatien sind in den öffentlichen Aemtern durchaus keine „Söhne der Pußta“ angestellt, sondern ausschließlich Landeskinder, und selbst in den finanziellen Aemtern, die direkt dem ungarischen Finanz- minister unterstehen, nur der kroatischen Sprache vollkommen mächtige Individuen, wie dies auch selbstverständlich ist, denn die Beamten der Steuer- und Grundbuchsämter, die Zoll- Beamten und Finanzwachleute müssen stets die Sprache des Landes sprechen, sonst könnten sie ja mit den Einwohnern nicht verkehren. Der beste Beweis dafür, daß es keine ungarischen Beamten in Croatien gibt, scheint uns der zu sein, daß man bisher noch nichts gehört, es sei einer oder der andere Beamte von den Excedenten bedroht oder erschlagen worden. Ohne Zweifel wäre dies aber geschehen, wenn solche verhaßte ungarische Beamte in Croatien existirten. Die Aufständischen bedrohen jedoch die croatischen Gemeindebe- amten, vergreifen sich an der croatischen Gendarmerie, weil sie eben keine Behörde oder Macht, sei dieselbe ungarisch oder kroatisch zu respectiren gesonnen sind. Der Steuerdruck ist wohl auch in Croatien hart, doch wo ist dies nicht der Fall, und gäbe derselbe Berechtigung zu einem Aufstande, so müßten ganz Oesterreich und Ungarn im Aufstande be- griffen sein.“ Keine Erzgebirgs-Ausstellung. Die von dem Erzgebirgsverein in Karlsbad pro 1884 projektirte Ausstellung von Erzgebirgs- Erzeugnissen und solchen Artikeln, deren Fabrikation zur Einführung im Erzgebirge geeignet, scheint, nach- dem die Realisirung des Unternehmens von der Bewilligung einer größeren Subvention aus Staats- mitteln abhängig gemacht worden, nunmehr in Frage gestellt. Se. Excellenz der Herr Handelsminister hat dem von der Egerer Handels- und Gewerbekammer befürworteten Antrage auf Gewährung der Remu- neration wegen der gebotenen Rücksichtnahme auf die schwierigen finanziellen Verhältnisse, welche der Regierung die möglichste Vermeidung namhafter außerordentlicher Auslagen und der damit verbun- denen erhöhten Inanspruchnahme der Steuerträger nahelegt, und insbesondere auch im Hinblicke auf die nachfolgenden speziellen Momente wenigstens derzeit keine gewährende Folge gegeben. Bei Anerkennung der günstigen Einflußnahme, welche das Ausstellungswesen — richtig geleitet — auf die Produktion auszuüben im Stande ist, und der Möglichkeit, daß eine Exposition von Erzeugnissen des Erzgebirges in dem Weltkurorte Karlsbad auf die Hebung des Absatzes derselben vortheilhaft zu- rückzuwirken vermöchte, entspreche das vor- gelegte Programm nicht den Anfor- derungen für die Bewilligung einer namhaften Staatsunterstützung. Es sei zu befürchten, daß durch die Verbindung einer allgemeinen Industrie- und Gewerbeausstellung mit der Spezialausstellung der Erzgebirgsprodukte der nächste Zweck dieses Unternehmens, nämlich die Er- zielung eines namhaften Absatzes von Erzgebirgs- Erzeugnissen beeinträchtigt und die Aufmerksamkeit auf die anderen ausgestellten, in ihrer äußeren Er- scheinung bestechenden Industrie- und Kunstobjekte, von denen auch ausländische zugelassen werden wollten, abgelenkt werde. Wenn jedoch die Aus- stellung auf Erzeugnisse des Erzgebirges beschränkt bleibe, sei wieder zu besorgen, daß das Unternehmen keine ausreichende Anziehungskraft üben werde, um Karlsbad, beziehungsweise der Ausstellung, aus diesem Anlasse einen namhaften Fremdenzufluß zu- zuführen. Diese Argumentation lege auch die Frage nahe, ob es denn nicht genüge, die Aufmerksamkeit und Kauflust der alljährlich regelmäßig eintreffen- den, nach vielen Tausenden zählenden Kurgäste und Besucher auf die Erzeugnisse des Erzgebirges hin- zulenken und ob es sich nicht empfehle, statt einer kostspieligen Ausstellungsanlage, deren Kosten, inkl. des Staatsbeitrages vielleicht zum geringsten Theile der Erzgebirgsbevölkerung zu Gute kommen, son- dern für Bau und Regie aufgehen würden, jenen Plan in kleinerem Umfange zu verwirklichen und an einem geeigneten Platze und in eleganter Aus- führung einen Bazar für dergleichen Produkte und zwar für Erzeugnisse verschiedener Branchen und Ortschaften in's Leben zu rufen. Die relativ ge- ringeren Kosten eines solchen Unternehmens würden durch die bereits zugesicherten Garantiebeiträge ge- wiß leicht beschafft und könnten dieselben durch eine den Benützern der Verkaufsstätte auferlegte kleine Miethe voraussichtlich wieder hereingebracht werden. Wenn dieser Versuch gelinge, wozu in der Billig- keit der betreffenden Produktion und in der Ver- meidung jeden Zwischenhandels gewiß günstige Chancen vorliegen, so könnte vielleicht in späteren Jahren eine größere Anzahl solcher Verkaufsbazare eröffnet werden und es würde, wenn etwa doch auf die Idee einer Ausstellung zurückgekommen würde, wenigstens eine Reihe einschlägiger Erfah- rungen vorliegen. So wie hinsichtlich eines regen Absatzes der Erzgebirgsprodukte die projektirte Ausstellung nicht unbedingt als das geeignetste Mittel erscheine, die vorgesteckten Ziele zu erreichen, so sei dies auch hinsichtlich der in weiterer Perspektive erfolg- ten Einführung neuer Erwerbszweige im Erzge- birge der Fall. Die Abhaltung einer Ausstellung würde in viel geringerem Grade dem angestrebten Zwecke dienen, als beispielsweise die Entsendung von Wanderlehrern in das Erzgebirge und die Ab- schickung von Bewohnern dieses Gebirges mit Sti- pendien an Fachschulen und Lehrwerkstätten, wo sie neue Techniken sich aneignen könnten, um sie später in der Heimat einzuführen. Solche Maßregeln setzten jedoch voraus, daß zuvor unter Mitwirkung von Sachverständigen aus den Erzgebirgsdistrikten, sowie auch außerhalb derselben, genau festgestellt werde, welche Industrien allenfalls sich zur Ein- führung im Erzgebirge eignen und auf welche da- her bei der gedachten Bestrebung das Augenmerk zu richten wäre. Bei solcher Vorbereitung dürfte relativ eine viel geringere Summe dem Erzgebirge mit größerem und direkterem Nutzen zu gewähren im Stande sein, als die für die Ausstellung in An- spruch genommene Staatssubvention (von 15.000 fl.) gegen deren Bewilligung schließlich auch noch das eine sehr gewichtige Argument spreche, daß trotz eines so bedeutenden Staatszuschusses ein Defizit (von mehr als 20.000 fl.) in Aussicht gestellt werde, dessen Bedeckung nicht außer Industrie ge- stellt sei. Local- und Bädernachrichten. (Rückgekehrte Deputation). Die Herren Bür- germeister Knoll, Stadtrath Zörkendörfer und Stadtver- ordneter Dr. Zloch, welche sich nach Wien begeben hatten, um dem Handelsminister das Memorandum der Stadt Karlsbad über die Bahnhofs-Anlage zu überreichen, sind gestern Abends mit dem Egerer Zuge um 8 Uhr wieder hier ein getroffen. (Benefize.) Zum Vortheile des gesammten Chor- personales gelangt im Stadtheater heute die Operette „Der lustige Krieg“ zur Aufführung. (Herbst-Kursaison in Meran.) Im Kurorte Meran hat bereits die Herbstsaison begonnen. Der Kur- vorstand veröffentlicht auch schon eine Fremdenliste. Dieselbe vom 1. September datirt und mit Nr. 1 bezeichnet, weist 67 Parteien mit 119 Personen aus. Diesem Anfang folgen voraussichtlich bald recht lange Namenreihen. Es ist dies dem Kurorte, welcher im vorigen Jahre in Folge der Elemen- tarschäden in Südtirol einen großen Entgang erlitten hat, nur zu wünschen. Der Kurvorstand hat in dem Zeitraume vom1. September 1882 bis 31. August 1883 über 26.000 fl. für das Kurwesen verausgabt, einen Betrag, der von dem Bestreben Zeugniß gibt, daß dem Kurwesen in Meran alle Aufmerksamkeit und Pflege zu theil wird. In der genannten Summe finden wir einen Betrag von 5827 fl., welcher für die Erhaltung und Neuherstellungen an Anlagen und Wegen. verausgabt wurde; 1595 fl. erforderte die Lesehalle, 6327 fl- die Kurmusik. Schon hieraus ist zu ersehen, daß für die Er haltung und Förderung des Fremdenwesens im Kurrayon Meran nicht wenig geschieht. Gegenden besitzen Naturschönheiten, die sich mit den schönsten anderer Länder messen dürfen. Der esthnische Strand bietet großartige Ansichten und auch im Innern des Landes gibt es prächtige Wälder, üppige Wiesen, wasserreiche Flüßchen, munter sprudelnde Bäche und grüne Hügelreihen mit edlem Laubholz bewachsen. An alle diese Orte finden wir Sagen geknüpft, von denen besonders die mit Blau- oder Kesselberge verbundene höchst fesselnd ist, die den Ursprung der esthnischen Sprache behandelt. Wohlhabende und zufriedene Menschen bewohnen diese fruchtbare Strecke und die Herren- höfe mit ihren freundlichen Umgebungen, ihren ge- bildeten, liebenswürdigen Bewohnern, deren Gast- freundschaft fast sprichwörtlich geworden ist, lassen den freundlichsten Eindruck im Gemüthe desjenigen zurück, der mit dieser Gegend in nähere Berührung kam. Eines aber charakterisirt den Esthen vor allem anderen. Er mag nun arm oder reich, gebildet oder roh sein, er zeichnet sich stets und überall durch die weichen, wohlklingenden Laute seiner bilderreichen Sprache aus. Seine bildliche Rede- weise ist im Deutschen schwer wiederzugeben, sie enthält meist eine wunderbare Poesie in Sage und Lied. Oft tritt uns in derselben der Nationalstolz des Volkes entgegen, des Volkes, das sich seit alten Zeiten für ein von Gott besonders bevorzugtes hält und das, wie es meint diese seine Sprache direkt vom Allvater erhalten haben soll. Auch sind Sitten und Gebräuche der Esthen von denen anderer Stämme sehr abweichend und haben sich, weil die abgeschlossene Lebensweise des Ethen und sein Miß- trauen gegenüber der übrigen Welt ihn von dieser fernhält, viel reiner und unverfälschter erhalten. Unbesiegbarer Haß gegen Deutsche und Russen, die sie als ihre Unterdrücker ansehen, charakterisirt das Volk, besonders aber eine wahre Verachtung der Letten, mit denen sie jede, auch die geringste Stammesverwandtschaft verleugnen. Gesang ist der Leute größte Freude. Er begleitet sie auf der Reise, er ertönt bei ihrer Feldarbeit, er klingt uns aus jeder Spinnstube entgegen; jeder seine Pferde weidende Hirtenbube singt ein Lied und die melan- cholischen Weisen ziehen über die Fläche hin und ersterben in leise verhallenden Cadenzen. Die Lieder, auch die Liebeslieder, sind meist nur ernsten Inhalts, die Melodien klingen alle weich und weh- müthig. Ein alter Esthe sagte mir einmal: „Unsere Gesänge sind traurig, weil auch das Leben auf Erden ein trauriges ist, die eigentliche Freude geht ja erst im Himmel an. Das Grab ist immer das Ende vom Liede, aber es ist auch das Ende vom Leben und darum sind unsere Lieder so schön, weil sie die Wahrheit singen und nicht was falsch ist.“ Die nachfolgenden Verse mögen uns als Bei- spiel esthnischen Volksgesanges dienen. Esthnisches Volkslied. Laula, laula suukenne, Ligo, linnokellekenne Mölga marjamelekenne, Looda römsart suddakenne. Küll saad süska waid ja olla Küll saad musta malia ala, Walge laua wahele, Kenno kirsto keskele. Eine besonders beliebte Sage unter den Esthen ist die, wie und wodurch der Gesang enstanden ist; wir geben sie hier wieder, wie sie vom Volksmunde überliefert wird. Als Gott den Menschen die Sprache verliehen hatte, bestimmte er dieselbe zu ihrem Nutzen und Gebrauch. Auch den Thieren gab er eine ent- sprechende Redeweise, daß sie sich untereinander verständigen könnten. Aber noch meinte er nicht genug gethan zu haben für seine liebe Welt, er wollte eine besondere Festsprache zur Lust und zur gemeinsamen Freude für alles, was lebt, der Welt schenken. Zu diesem Zwecke wurden an einem bestimmten Tage alle Ge- schöpfe auf jenen Berg, an dem jetzt Dorpak liegt, ein- geladen die Gabe Allvaters zu empfangen. Alles, was da lebte auf Erden, versammelte sich nun um den Berg herum, auf dessen Gipfel der heilige Hain stand. Nicht lange dauerte es, da hörte man ein Deutsch würde es ungefähr so lauten: Singe, singe Mündchen, Zwitschre, Vogelkehle. Jauchze nur ein Stündchen, Still verborgne Seele Stumm wirst du schon werden Wenn die Zeit gekommen, Daß in kühler Erden Du wirst aufgenommen.
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