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Nach Santander wurden für den Fall der
Erhebung der Garnison 230 Gendarmen entsendet.
General Quesaeta hält die Haupt-Passagen der
Provinz Logrono besetzt; dortselbst sind carlistische
Emissäre aufgetaucht.
Alexandrien, 10. August. In den letzten
24 Stunden, d. i. bis heute früh, sind 22 Personen,
zumeist Eingeborene, an der Cholera hier gestorben.
Amsterdam, 10. August. Der König der
Niederlande verlieh dem Erzherzog Karl Ludwig
das Großkreuz des niederländischen Löwenordens
Privat-Telegramme des Karlsb. Badeblatt.
Wien, 10. August. [Börse.] Mittags Fest-
heit, Kreditaktien beginnen 296.70, gehen auf 298. —
und schließen 297.30 — wenn auch sonst stille,
weil die Berliner Börsenkurse, Börsendepeschen und
Nachrichten optimistische Auffassungen bekunden,
denen aber die Londoner, Pariser und die Wiener
Börsen-Kurse nur schwach sekundiren.
Am Abend notirten Kredit erst 297.40, später
296.60.
An der Fruchtbörse ging Herbstweizen von
11.25 auf 11.15.
Berlin, 10. August. Kreditaktien 512. —
Paris, 10. August. Rente 109.10.
Debreczin 10. August. Josef Scharf ist hier
eingetroffen, jedoch sogleich nach Nanas weiter ge-
reist. Es verlautet, daß der Stadthauptmann die
sofortige Abreise anbefohlen habe, weil anläßlich
des Bebrecziner Jahrmarktes Kravalle befürchtet
wurden.
Rede des Abgeordneten Dr. Ruß
gehalten bei dem Commerse am 5. August anläßlich des
deutschen Sängerfestes zu Leitmeritz (4,5.u. 6. Aug. l. J.)
Redner bestieg die Tribüne, frenetisch begrüßt.
Er begrüßt zuerst im Namen und im Auftrage sämmt-
licher gekommenen und zurückgebliebenen Landtagsabgeord-
neten die Festversammlung. Sie seien der Einladung ge-
folgt, weil sie überall gern weilen, wo ernste Männer deutsche
Feste feiern. Er erinnert an die Wirkung der Sänger“,
Schützen- und Turnerfeste Deutschlands in den zwei De-
zenen welche dem deutsch-französischen Kriege 187071
vorhergegangen sind; er dankt für die Ansprache des Dr.
Schlesinger Leitmeritz) und will nur kurz erwidern, weil
er von einem so tiefen Einverständnisse zwischen dem Volke
und dessen Vertretern überzeugt ist, daß es der vielen Worte
nicht bedarf. (Lauter Beifall)
„Wir haben den Kampf nicht gesucht, er ist uns auf-
gedrungen worden unter der Maske der Versöhnung; wir
griffen nicht an; wir wollen nichts Neues gewinnen, nur
die alten Rechte' für das deutsche Volk in Besterreich er-
halten wissen. Unsere Abwehr ist deshalb so erbittert, weil
wir jeden Zoll breit unseres Rechtsbodens vertheidigen
müssen und von allen Seiten angegriffen werden. Wir
wollen den Frieden, aber nicht einen unaufrichtigen Waffen:
stillstand (Beifall), wir wollen die Ruhe, aber nicht um den
Preis eines schmachvollen Friedensschlusses. (Steigernder
Beifall.) Wir wollen Anerkennung der geschichtlich gewor-
denen Bedürfnisse des Staates, nicht aber immer neue
Experimente, weil wir die Widerstandsfähigkeit des Reiches
erhalten wollen gegen innere Erschütterungen und Stürme
von Außen, die im Osten drohen. (Beifall.) Und die Ge-
schichte, die jedem Volke den Platz anweist, den es verdient,
hat dem deutschen Volke in Desterreich einen Ehrenplatz
angewiesen, welchen ihm zu erhalten wir den Kampf führen.
Wir glauben ihn bisher mit ebensoviel Mäßigung als Ent-
schlossenheit geführt zu haben. Wollten wir den Ausdrücken
stürmischer Leidenschaft oder auch berechtigter patriotischer
Empörung Folge leisten, welche immer heftiger an unser
Ohr tönen, so hätten wir schon gar manchen Schritt thun
müssen, zu dem wir uns bisher noch nicht entschließen
konnten. (Lauter Beifall.) Es ist Irrthum, Selbsttäuschung
oder Lüge, wenn behauptet wird, daß das deutsche Volk so
jung sei, sich von einigen wenigen Männern bethören oder
sich eine Ueberzeugung aufzwingen zu lassen. Wir deutschen
Abgeordneten waren immer bemüht, die Meinung des
deutschen Volkes in uns aufzunehmen und ihr unverfälsch-
tes Organ zu sein. Erst vor wenigen Wochen, zwar neuer-
lich ausgestattet mit dem Vertrauen des deutschen Volkes,
sind wir doch, jeder einzeln und Alle zusammen, in jeder
Stunde bereit, einem Wunsch unseres Volkes nachzukommen,
welcher uns zuruckruft von der Wahlstatt, auf die es uns
gesendet hat. Stürmischer Beifall.)
Sagen Sie Allen, meine Herren, wenn Sie in Ihre
Heimath zurückgekehrt sind, Ihren Freunden, Brüdern und
Genossen, daß wir jeden Augenblick bereit sind, die Voll-
machten zurückzustellen, welche wir erhalten haben, flecken-
los von Muthlosigkeit oder Verrath, fleckenlos von falsch
verstandener oder erheuchelter Versöhnlichkeit. (Lanter Bei-
fall.) Bis dahin aber fechten wir, getragen von dem Ver-
trauen des deutschen Volkes, das sich nicht ergibt, nicht der
List, nicht der Gewalt, das' auch nicht stirbt (brausender
Beifall), fechten wir, erfüllt von der geschichtlich uns auf-
erlegten Pflicht, da wir unser Vaterland lieben und einem
großen Volke angehören. (Jubelnder Beifall.) Der Sieg.
wird unser sein, aber erst nach ehrlichem Kampfe, wie schon
die Schrift sagt, daß Niemand gekrönt wird, es sei denn,
daß er ehrlich gekämpft hätte. Der Sieg wird um so ge-
wisser unser sein, wenn wir Alle erfüllt bleiben von dem
Worte des unsterblichen Dichters:
„Was auch d'raus werde.
Steh' zu Deinem Volke,
Es ist Dein angebor'ner Platz.“
(Beifallssturm, der sich lange nicht legen will. Alle Ab-
geordneten unringen den Redner und beglückwünschen ihn.)
Local- und Bädernachrichten.
(Die Kaiserin Eugenie) erschien gestern nicht
heim Brunnen, sondern promenirte nur kurze Zeit im Parke
nächst dem Kaiserhause. — Wie wir erfahren, ließ dieselbe
dem Freiherrn v. Manteuffel auf dessen vorgestern von uns
publizirten Apell an das Badepublikum, ihre Ruhe
nicht zu stören, speziellen Dank sagen. — Nach Aeußerung
ihres sie hier behandelnden Arztes, Herrn Dr. B. London.
fühlt sich die Kaiserin wohl, hat Gefallen am hiesigen
Aufenthalte und bedauert, nicht schon früher hierhergekommen
zu sein. Sie unternimmt täglich Ausfahrten und Prome-
naden, bei denen wiederholt die herrlichen Umgebungen
Karlsbads die Bewunderung der Kaiserin erregten.
(Die Kurfrequenz) bleibt wohl immerhin eine
lebhaftere und der Vorsprung gegenüber der letzten Saison
in der Parteienziffer nähert sich bereits etwa hundert
Parteien und dennoch scheint momentan das Badeleben zu
stagniren — daran ist die Ungunst der Witterung schuld,
die nun schon seit länger als einem Monat zu Aller Ver-
druß hartnäckig anhält — Kein Tag vergeht ohne Regen,
und wenn auch zuweilen die Sonne für einen kurzen Augen-
blick sich hervorwagt — gleich deckt sie eine schwere graue
Wolke wieder zu, die uns dann noch o bendrein mit ihrem
Inhalte überschüttet. —
(Im Sommertheater) gelangt heute, nicht wie
wir gestern gemeldet, das Lustspiel „Krieg im Frieden“,
sondern „Der Kompagnon“ von L'Arronge, für hier als
Novität, mit dem Berliner Komiker Herrn Engels als
„August Voß“ zur Aufführung, während im Stadttheater
die Oper „Carmen“ zum zweiten Male in Szene geht.
(Pirkenhammer.) Ein Fest höchst seltener Art'
wurde in unserem, während der Saison von den Karls-
bader Kurgästen stark frequentirten Dörfchen, das einst
schon Th. Körner so schön besungen, gefeiert. Wie historisch
nachgewiesen, schmiedete Czar Peter der Große im Jahre
1711 in eigener Person in dem jetzt noch in Betrieb be-
findlichen Hammerwerk, ein Hufeisen und einen Eisenstab,
und hatte sich ause diesem Anlaß eine Gesellschaft
wackerer Männer vereint, diese denkwürdige Stätte, wo
einstens der Czar, gleich unserem unvergeßlichen Kaiser
Josef II. das Handwerk ehrte, mit einer diesbezüglichen
Gedenktafel zu schmücken. Diese Gedenktafel wurde in
feierlicher Weise Sonntag den 5. August von dem Comité
der Gesellschaft an die Gemeinde Vertretung übergeben.
An diesem Akte betheiligte sich der Männergesangverein,
der in trefflicher Weise zwei Gesangs-Pidcen („Ehre Gottes“
und „Tag des Herrn“) zum Vortrag brachte. Nachdem
von Seite eines Comité-Mitgliedes die Uebergabsrede in
schwungvollen Worten gehalten, wurde dieselbe von dem
Gemeindevorsteher treffend erwidert. Die Feier, so einfach sie
war, so sehr sprach sie Jedem zu Herzen, was vorzüglich bei
der, der Feier anwohnenden distinguirten russischen Gesell-
schaft ersichtlich war. Wie hoch der Russe seinen Czaren
verehrt, konnte man an dem Antheil ersehen, den die russi-
schen Gäste an den Worten nahmen, die sich auf das Leben
des Czareu bezogen. Den Tag schloß in würdiger Weise
ein von den Russen dem Comité der Gesellschaft, der Ge-
meindevertretung und den verschiedenen Vorständen der hier
bestehe den Vereine, die sich Vormittags an dem Festzuge,
sowie an der Feier selbst betheiligt hatten, Abends in Lei-
bold's Restaurant veranstaltetes Fest-Souper, wo bei dem
Schäumen des Champagners die begeistertsten Toaste auf
die Feier des Tages auf unseren glorreichen Monarchen,
sowie auf den großen Czaren und seinem jetzigen Nachfolger
ausgebracht wurden. In sinniger Weise hatten die Herren
Russen nicht vergessen, auch den wackeren Schmied, den
jetzigen Besitzer des Hammerwerkes und des historisch ge-
wordenen Hufeisens, zu dem Fest-Souper zuzuziehen, und
verschiedene Male wurde der einfachen Worte gedacht, die
der greise Schmied bei der Feier, in dankender Weise an
das Comité gerichtet; mögen auch sie hier ihren Platz
finden: „Ich danke Ihnen meine Herren für die Ehre,
die Sie meinem Hammerwerk erwiesen,
Und lobe mir den großen Czar.
Der einstmals mein College war.
(Franzensbad), 9. August. Die diesjährige
Saison geht nun succesive ihrem Ende nahe, denn des
Regens Ströme ergießen sich unaufhörlich über die Häupter
unserer Kurgäste. Niemand hat Lust, den ganzen Tag über
zu Hause in Gesellschaft der Madamé Langeweile zu sitzen
und Trübsal zu blasen; man will hier — und besonders die
„schöne Welt“ — sehen' und gesehen werden; Toiletten 3-
bis 6emal täglich in anderer Manier wollen zur Schau
und Geltung gebracht, man will bewundert, beneidet werden.
Wer kennt sie nicht die Schwächen des schwachen Ge-
schlechtes?! „O Sonne warum hast du uns das gethan!“
seufzt und jammert insgeheim manche Modefürstin, die ihren
ganzen Staat umsonst in 77 Koffern und Körben verpackt
hieher gebracht; der Schlafrock — dieses prosaische Unge-
thüm — ist das einzige Habit, welches bis nun aus Fracht-
guts-Schlummer geweckt und über das Persönliche als
Hülle gekleidet werden konnte. Die zahllose Hüte und Ro-
ben bergenden Eilgüter, welche unsere Damenwelt am lieb-
sten per Blitzug oder Telegraf hieher geschafft hätte —
werden schon vor ihrer Aktivität in den bleibenden Ruhe-
stand versetzt, pardon das Wort „versetzt“ soll nicht bedeu-
ten warum Ihr Schönen so traurig seid. Niemand be-
zweifelt, daß unserer Damenwelt ein anderer Faden aus-
gegangen ist als der sogenannte „Geduldsfaden“ — und
dieß ist auch in der That nicht zu verargen. Frau Sonne
in's Posthaus zurück. Das weitere erzählt er
folgendermaßen:
„Es stund schon seit einiger Zeit der sächsische
Major von Riedesel nebst 1 Lleutenant zu Zwickau,
welcher die sächsischen recrouten sowohl als die
preußischen deserteurs an sich zog und nächster
Tage mit denselben nach Reichenbach, allwo der
Rendezvous, marchiren sollte. Von Leipzig aus
war seit kurzem ein detachement von 200 Preuß.
Husaren (v. Kleist) nach Penig gekommen, von wo
aus diese Nacht ein Lieutenant mit 40—50 Pferden
hierher nach Zwickau detachirt wurde um den Major
v. Riedesel und die deserteurs und recrouten aufzu-
heben. Sie kamen also diesen Morgen an und wollten
von beiden Seiten in die Stadt. Die Sächsische Schild-
wache am Greizer Thor gab Feuer, blessirte einen
Husaren und schmiß das Thor zu, wie denn auch
mit noch einem andern benachbarten Thor geschahe.
Die Husaren jagten um die Stadt herum und
drungen zum Chemnitzer Thore hinein. Der
sächsische Unteroffizier zog den Schlagbaum zu und
wollte sie nicht einlassen, bekam aber einen Hieb
übern Kopf, sprung in den Stadtgraben und
salvirte sich. Weil aber das Thor offen geblieben,
so sprengten die Husaren herein, theilten sich in
der ganzen Stadt aus und suchten den Major und
die Sachsen in allen Häusern auf. Sie ritten
mit bloßen Säbeln und zum Theil gespannten Cara-
binern herum. Es kam ein Trupp davon in's
Posthaus und weil an meinem Wagen ein Säbel
und Säbeltasche von meinem Kammerhusaren hing,
ruften sie schon von weiten „da ist ein Säbel, das
ist ein Oestreicher, Beute!“ jagten herzu und hieben
nach den Stricken, womit der Säbel und die Ro-
quélaurs der domestiquen befestigt und an Bock
angebunden waren. Einige Andere visitirten die
Taschen in den Schlägen des Wagens und den
ganzen Wagen. Mein Laquay hatte, sobald er
vernommen, daß Preußen da wären, was in den
Taschen an baarem Gelde, silbernen Sporen, caillon
Schnallen, Futteral etc. etc. gestecket heraus und zu
sich genommen. Sie funden also daselbst nichts
und machten sich sodann über das Magazin her,
zogen einige Paquete Wäsche heraus so darin
lagen und nahmen eins mit fort, worinnen von
meiner Wäsche 1 Hemd, 1 paar weiße seidene Strümpfe,
2 Paar feine Unterstrümpfe, ein paar baumwollene
Stiefelstrümpf, ein neues Nacht-camisölchen von
Baumwollenen Zeug befindlich waren, ferner des
Heyducks Livréehosen. Einen Pack worin mein
Puderzeug befindlich, wurfen sie meinem Bedienten
wieder hin, mit den Worten, „das wäre nichts vor
einen Husaren, sie puderten und schmierten sich
nicht ein“. Mein Kammerdiener ging hinaus und
that Vorstellung, daß es ein Gräflich Xscher Wagen
wäre, es half aber nichts und bekam schnöde Worte
und Drohungen mit dem bloßen Säbel davor zur
Antwort. Da indessen der Officier vorbeyritte,
kam der Postcommissarius auch hinaus und man
sagte es ersterem, daß er seine Leute nicht so auf
öffentlicher Straße einen herrschaftlichen Wagen möge
plündern lassen. Er wollte es aber nicht glauben und
nachdem er gefragt wer es wäre, jagte er weiter.
Doch kam kurz darauf ein Unteroffizier geritten,
der die Husaren zu marche commandirte und
sie mitnahm. Etliche darunter so kein deutsch
redeten, wollten gar nicht ablassen, mußten aber
endlich doch fort. Mittlerweile hatten die Husaren
das quartier des Major v. Riedesel ausgemacht
und ihn gesucht. Er hatte sich oben auf den Boden
versteckt, weil aber ein Brett unter ihm durchbrach
und er hinunter in das andere Stockwerk fiel, so
wurden die Husaren das Gepolter inne und fingen
ihn. Er mußte also zu Pferd sitzen und mit fort.
Sie nahmen auch noch 8 recrouten u. deserteurs,
die sie gefunden, mit. Der andere Officier hatte
sich versteckt, sie bekamen ihn also nicht. Sie hielten
sich etwa 1/4 Stunden in der Stadt auf und
mauseten hier und dar in den Häusern beim visi-
tiren, besonders plünderten sie des Majors Quartier.
Der officier war sehr pressirt mit seiner expe-
dition, weil er überfallen zu werden fürchtete, wie
denn auch gegen Mittag patrouillen von Baroniai
Husaren vom Kleefeldischen corps in die Stadt
kamen. Als die Preußen aus der Stadt waren,
fuhr ich weg“. —
Hiermit wollen wir für diesmal von unserem
Grafen Abschied nehmen, uns vorbehaltend, bei
Gelegenheit noch andere Episoden aus seinen Auf-
zeichnungen mitzutheilen, wenn die vorstehenden den
Beifall der geneigten Leser gefunden haben sollten.
Název souboru:
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