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Nr. 28.
Frcitag den 1. Juni 1883.
VII. Jahrgang.
Karlsbader Badeblatt.
Redaktion und Administration
Saison-Abonnement:
im Hause „Bellevue“, Stefanspromenade.
Saison-Tagblatt.
Tür Karlsbad .......4 fl. — kr.
Der Post, Inland6fl. —kr.
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Raum 6 kr. Pränumerationen und Inserat
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und in der Seihbibliothek „3 Lämmer“,
Markt, entgegengenommen.
Einzelne Nummer 5 kr.
(Erscheint mit Ausnahme der Montage täglich.)
Herausgeber: Ernest Franieck.
Inserate übernehmen: Haasenstein & Vogler, Annoncenbureau in Wien, Prag, Hamburg. Lübeck, Berlin, Leipzig. Dresden, Breslau, Köln, Frankfurt a. M., Stuttgart,
Basel, St. Gallen, Zürich, Genf und Lausanne. Rudolf Mosse in Berlin, Breslau, Hamburg, Nürnderg. Wien, Prag, Frankfurt a. M., Leipzig, Stuttgart, Halle a.S.,
München, Straßburg und Zürich. A. Oppelik, Wieu und G. L. Daube & Co., Frankfurt a. M.
Badebulletin.
Nach der heute zur Ausgabe gelangenden Kurliste Nr. 99
sind bis zum 30 Mai 5825 Parteieu mit 7576 Personen
zur Kur hier eingetroffen. — Von den am gestrigen Tage
angemeldeten Kurparteien nennen wir:
Mr. Walter B. Lawrence mit Familie aus New-York.
(Pension Königsvilla.)
Mr. und Mrs. Hawkins aus Schottland.
König von England.)
Herr Georg Wedel, Kaufmann aus Frankfurt.ε
(Stuttgart.)
Herr Robert Siegl, Fabrikant aus Mähr. Schönberge
(Belvedere.)
Freiherr Josef v. Török, k. k. Feldmarschall-Lieutenant aus
(Rheinischer Hof)
Preßburg.
Freiherr Franz von Puthon, Gutsbesitzer mit Gemalin aus
(Etabl. Pupp.)
Wien.
Herr Samnel Meyer, Kaufmann aus Gotha. (Goethe.)
Herr Ladislaus von Karatsonyi, Gutsbesitzer a. Budapest.
Römischer Feldherr.)
Frau Isabella Andrews Müeller, Ingenieurs-Gemalina.
(Goldene Kugel.)
Budapest.
Herr Bailey. Oberstlieutenant mit Gemalin u. 2 Töchkern
(Germania.)
aus England.
Herr B Töwenstein, kgl. geh. Kommerzienrath und Kauf-
mann mit Tochter
Frau Schottländer, Rechtsanwalts-Gemalin aus Berlin.
Herzog v. Brabant.)
Herr Cuno Förster, Rittergutsbesitzer aus Kontop in preuß.
Etabl. Pupp.)
Schlesien.
Herr J. H. Rosenberg, Kaufmann mit Gemalin u. Tochter
Hotel Donau.)
aus Manchester.
Vergnügungs-Anzeiger.
Stadtpark.
Heute Abends halb 8 Uhr:
Abend-Konzert der Kurkapelle.
Café Posthof.
Heute
Konzert der Kur-Kapelle.
unter Leitung des Musikdirektors A. Labitzky.
Onperture „Nachklänge von Ossian“ von N. W. Gade.
Aus der Jugendzeit, Walzer von Jos. Labitzky.
3. Scene de Ballet von Ch. de Beriot. Violin Solo Herr
Oppl.
4. Serenata Veneziang von Kéler Béla. Piston-Solo:
Herr Jos. Garkisch.
5. Vorspiel z. Op. „Lohengrin“ von R. Wagner.
6. Ungarische Rhapsodie Nr. 2 von Frz.L
7. Ave Maria für Harfe und Streichinstrumente von Frz.
Schubert. Harfe Solo: Herr Jos. Schubert.
8. Zweites Finale der Operette „Der Bettelstudent“ von
Millöcker.
9. Schillerfest=Marsch von Neyerbeer.
Entrée 50 kr.
Anfang 4 Uhr.
Der König
Die Königin —
Donna Irene, Vertraute der Königin
Die Marquise von Villareal
Cervantes
.
Graf Villalobas y Rodriquez
Von SauchoS'Avellaneda yVillapin-
quedones, Präzeptor des Königs
Marquis de ja Mancha und Villareal
Herzog von Feria
Graf San Gregorio
Minister �
Graf Lemos
Don Diego de Parades)
Der brasilianische Gesandte —
Stadttheater.
Das Spitzentuch der Königin.
Operette in 3 Akten von Bohrmann-Riegen und RGenée
Musik von Johann Strauß.
Frl. Hild
Frl. Zimmermann
Frl. Herrmann.
Fr. Netsch
Hr. Netsch
Hr. Zelt.
Hr. Hening
Hr. Köhler
Hr. Knoller
Hr. Robert
Hr. Anspitz
Hr. Rust
Hr. Jules.
Frl. Langhammer
Hofdame — —
Frl. Hoffmann
Fr. Krosset
Der Tanzlehrer des Königs —
Herr Martini
Der Ceremonienmeister — — — Herr Rieger
Anfang Abends 7 Uhr.
Sommertheater.
Die Salonlöwen.
Lustspiel in 3 Akten von L. A. Mügge u. George Horn.
Graf Granson....
... Herr Auspitz
Vera von Meldegg, seine Nichte .. Fräulein Berkowitz
Baron Albert von Rent.... Herr Klang
Mathilde, seine Gattin ...... Fräulein Delia
Werner von Luckbert .. Herr Zelt]
Janko von Mischan....... Herr Reisch
Doktor Tillissen: ........ Herr Jules
Mina, seine Schwester ..... Frau Vetsch
Adam, in Diensten des Grafen .. Herr Rieger
Dorette, in Diensten bei Tillissen . Fräul. Langhammer.
Anfang 4 Uhr Nachmittags.
Telegramme
des Korrespondenz-Bureau.
Wien, 31. Mai. In der Duellaffaire des
preußischen Secondelieutenants a. D. Heydebrandt
und dem Herausgeber der Sportzeitung Silberer,
wurde ersterer zu sechswöchentlichem, letzterer zu
vierwöchentlichem Kerker, die Sekundanten Gukt-
mann, Grotta und Ernst zu je vierzehntägigem
Kerker verurtheilt; der Sekundant Oberlieutenant
Zubowitz unter Anheimgebung desselben unter das
ungarische Strafgesetz jedoch freigesprochen.
Warschau, 31. Mai. General-Gouverneur
Albedinsky ist gestorben.
Erste
Zweite
Dritte
Fenilleton.
Eine Verlobung per Luftballon.
Die Spielerei mit den kleinen bunten Ballons,
die mit einem beschriebenen Zettelchen versehen, in
die Lüfte gesandt werden, scheint Mode werden zu
wollen. So ist kürzlich auf einem Grundstück in R.
eine solche, von einer Bewohnerin der Residenz
„aufgegebene“ Ballonpost aufgefunden worden, und
der Finder war galant genug, den Gruß der Un-
bekannten sofort brieflich zu erwidern. An der
Windfahne einer Villa bei P. wurde ein paar Tage
darauf ein müder, auf die Hälfte seines ursprüng-
lichen Umfanges zusammengeschrumpfter rother
Ballon gefunden, der die ihm mitgegebene Brief-
Fracht nicht weiter zu schleppen vermochte. Der
Zettel enthielt den nachstehenden Erguß einer schwär-
merischen Seele:
„Zwischen den Mauern eines alten Hauses
gefangen gehalten, in einer beschränkten, vorurtheils-
vollen Umgebung lebend, dürstet eine Frauenseele
nach Befreiung, nach Freiheit; o könnte sie diesem
glücklichen Ball folgen, weit über's Meer.
Auguste D...
Nun die Berechnung dieser eingemauerten
Frauenseele hat sich nicht erfüllt: Der Ballon hat
den Stoßseufzer nur bis P. getragen, also in eine
Gegend, deren heilsamer Einfluß auf verdüsterte
Gemüther noch nicht nachgewiesen ist. Uebrigens
war es auch nur ein alter Gärtner, dem die Ballon-
post in die Hände fiel; spielt aber ein liebenswür-
diger Zufall mit, so kann sich sehr leicht ein artiger
Roman aus solchen Anlässen entwickeln, und der
Reiz, diesen Zufall zu versuchen, ist groß genug,
um eine Modespielerei hervorzurufen.
Das Abenteuerliche, Romanhafte wird auch die
Finder solcher Ballons anziehen, und die Chance
auf diesem — gegenwärtig noch ungewöhnlichen
Wege — Beziehungen entstehen sehen, ist gar nicht
gering. Bewährt sich das Mittel erst ein paar
Mal, so wird es wohl in verschiedenen — beson-
ders in gesegneteren Familien, die von Freiern er-
fahrungsgemäß mit geringer Vorliebe aufgesucht
werden, Gebrauch werden, daß etwa alle acht Tage
so viele Ballons aufsteigen, als — Töchter im
Hause sind. Natürlich muß jeder Ballon mit eini-
gen Zeilen versehen werden, deren Inhalt entweder
neckisch scherzhaft, schwärmerisch, tiefsinnig, jedesmal
aber derartig eingerichtet sein muß, daß der Finder
sich für die Botschaft interessirt. Die Auffindung
der Absenderin müßte nicht zur Unmöglichkeit ge-
macht werden, obwohl die genaue Angabe der
Adresse unpassend wäre; jedenfalls ist die Bezeich-
nung des Stockwerkes u. s. w. überflüssig.
Der Roman ist fertig. Ein jugendlicher
Calbenser ergeht sich eines Sommerabends an den
Ufern der grünen Saale. Hundert Schritte vor
ihm schwebt ein rother Ballon mit einem weißen
Zettel zu Boden, er eilt hin, entziffert die von
zarter Hand herrührenden Züge ... und in seiner
Seele beginnt sich etwas zu regen. Er wird schweig-
sam, Essen und Trinken schmeckt ihm nicht mehr,
er findet sogar seine Vaterstadt reizlos — zwei
Tage trägt er's, dann setzt er sich auf die Bahn,
am nächsten Morgen trifft er in der Stadt seiner
Schönen ein, den rothen Ballon — seine Legiti-
mation — immer am Herzen haltend. Er forscht
der Absenderin nach, es schlägt fehl, dann zeigt sich
wieder eine trügerische Spur ... es vergehen Tage,
der Ballon wird immer kleiner, sein Verlangen, sich
der gemüthvollen Absenderin der Ballonpost zu
nähern, wird immer größer, stürmischer. Endlich, End-
lich, ist sie gefunden! Der Ballon hat kaum' mehr
den Umfang einer Faust. „Mein Fräulein, verzeihen
sie einem Unbekannten ... ein glücklicher Zufall
— ich habe in Calbe an der Saale Ihre Botschaft
aufgefangen; Ihre Worte haben auf mich einen
unauslöschlichen Eindruck gemacht!“
„Mein Herr, ein unbedachter Mädchen-Scherz!“
„Scherz? Nicht doch — mein Fräulein —
Sie wenden sich ab, o Elise! Ich bin der Glück-
lichste der Menschen!! ...
Der rothe Ballon welkt rettungslos dahin, ein
junges Glück beginnt zu erblühen. Eine Verlobung
per Luftballon, das Mittel ist originell und
was die Hauptsache ist — auch Minderbemittelten
zugänglich.
Název souboru:
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