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Nr. 125.
Donnerstag den 23. September 1880.
III. Jahrgang.
KABLSBAIER BANEBLATT.
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Zum deutsch-böhmischen Parteitag.
Das deutsche Vetrauensmänner-Kolle-
gium beruft die Parte genossen für den
3. Oktober d. J. Zum deutsch-böhmischen
Parteitag nach Karlsbad. Es ist ein ernster
Augenblick, in welchem die Vertreter des
deutsch-böhmischen Volkes sich zusammen-
finden, um ihre politische Zusammenge-
hörigkeit, ihre Gesinnungstreue und nati-
onale Gemeinschaft zu dokumentiren und
gegenüber den bedrohlichen Anzeichen,
welche eine ernstliche Gefährdung unserer
heiligsten Güter, unserer Nationalität und
der Freiheit erkennen lassen, ihre war-
nende Stimme zu erheben. Sie werden
mit mannhaftem Worte die Thaten des
Ministeriums Taaffe verurtheilen, deren
letzte Consequenzen zum Zerfalle des herr-
lichen Baues führen müssen, welchen im
Laufe der Jahrhunderte gar einsichtsvolle
Baumeister mit hoher Weisheit und
Kraft vollendet haben, sie werden gar ein-
dringlich mahmen, bei Zeiten noch auf
dem verderbenbringenden Wege einzuhalten
und umzukehren, der in die trostlose Finsteꝛ-
niß der Feudal- und Pfaffenherrschaft
zurückführt, sie werden neuerdings den
Egoismus, die Kleinlichkeit und Engher-
zigkeit der nationalen Parteien gegenüber
der Selbstlosigkeit, dem weiten Ausblicke
und dem staatserhaltenden Streben der
deutschen Bevölkerung betonen und — ihre
Mission wird beendigt fein. Die eindring-
lichen, patriotischen Worte einer Versamm-
lung der besten und edelsten Geister des
deutsch-österreichischen Volksstammes werden
in Wien mit gleichgiltigem Lächeln ge-
hört und vergessen — wir wollen nicht
sagen, mißachtet werden, die wohlgemeinten
Rathschläge einer Partei, deren Opfermuth
und Staatstreue sich in den schwersten
Zeiten bewährt hat und oft bis an die
Grenze des Verzichtes auf die eigensten
und berechtigsten Wünsche ging, werden
in den Wind geschlagen werden — das
Ministerium Taaffe wird nach wie vor
zusehen, wie Stück um Stück von dem
Fundamente losgebröckelt wird, auf wel-
chem die Pfeiler des Staates ruhen —
der Verfassung.
Unsere Leser mögen wissen, das wir
der politischen Schönfärberei nie ge-
huldigt haben, sondern von Anfang an
die Ansicht vertraten, daß wir in dem
Kabinet Taaffe nicht nur ein forderalisti-
sches Ministerium reinsten Wassers zu
sehen haben, welches durch die Erfahrun-
gen Hohenwarts belehrt, nur geschickter,
glatter und tastender auftrete, sondern
daß dasselbe auch der Vorläufer eines
entschieden reaktionären Regimes sei, dem
es die Wege zu ebnen und Bahn zu
brechen habe. Unsere Ansichten bestätigen
sich heute leider nur zu sehr, unsere
Vorhersagungen verwirklichen sich mit er-
schreckender Deutlichkeit. An dem Firma-
mente unserer constitutionellen Freiheit
steigen dunkle Punkte auf, welche sich zu
schwerem Gewölke zu verdichten und den
Horizont arg zu verfinstern drohen. Eine
Meldung der letzten Tage stellt eine stren-
gere Beaufsichtigung der Presse in Aus-
sicht, die übrigens hinsichtlich der in jüngster
Zeit vielfach von Confiscationen betroffe-
nen liberalen Journale schon eingetreten
zu sein scheint. Auf die „religiös-sittliche
Erziehung“, auf welche“ der Minister
für Cultus und Unterricht kurz nach
seinem Amtsantritt so auffälligen Nach-
druck gelegt hat, wird durch Ver-
mehrung der Religionsstunden in den
Schulen zum Nachtheile der übrigen Lehr-
fächer besondere Sorgfalt verwendet. In-
Wiener Blättern findet sich die allerdings
kaum wahrscheinliche Nachricht, daß ein
Verbot der Sonntagsarbeit erlassen werden
solle; auch der Erlaß des Unterrichts-
ministeriums, welcher die Entlastung der
Mittelschulen zu Gunsten der Gewerbe-
schulen anempfiehlt, läßt Deutungen in
ruckschrittlichem Sinne zu. Die Theater-
censur wird, wie ein kürzlich in Brünn
gebotenes Beispiel zeigt, selbst bei harm-
losen und unverfänglichen Stellen wenig
nachsichtsvoll gehandhabt, kurz, es geschehen
Zeichen, deren Bedeutung nur die Halb-
oder Ganzblinden nicht zu würdigen ver-
stehen.
Gegenüber solchen Symptomen ist der
politische Scepticismus mehr als berechtigt.
Wir begrüßen den deutsch-böhmischen
Parteitag als ein Glied mehr in jener
großen Kette politischer Enunciationen,
welche nothwendig sein werden, das deut-
sche Volk in Oesterreich aus seiner Theil-
nahmslosigkeit aufzurütteln. Eine unmittel-
bare praktische Bedeutung aber kann dieser
Parteiversammlung nach der allgemeinen
Stimmung im Lande nicht zugesprochen
werden. Noch macht sich allzusehr der
Opportunismus selbst in den politisch-
reifsten Bezirken breit, noch steht das all-
gemeine Interesse hinter dem persönlichen
zurück. Wir verzichten darauf, auf lokale
Thatsachen aus der jüngsten Vergangen-
heit zu verweisen, Recriminationen würden
da eher schaden als nützen. Der Karls-
bader Parteitag wird seine Pflicht thun
und es ist gut, daß er sie thut. Aber ge-
genüber jenen Riesenkräften, welche heute
thätg sind, den Staat in unheilvolle
Bahnen zu lenken, muß ein größerer, ge-
waltigerer Faktor in den Kampf eintreten
— das erwachende, politische und nationale
Bewußtsein des deutschen Volkes. Daß
dies bald geschähe — das walte Gott!
Tokal- und Bädernachrichten.
(Marienbad, 21. Septemb.) Heute
wurde aus dem neuen Stadtverordneten-
Kollegtum Herr Hans Kroha mit 16 Stim-
men zum Bürgermeister und zu Stadt-
räthen Herr Wenzl Lerchl mit 24, die
Herren Cl. Lanzendörfer, Gütter, Gustav
Zeidler mit je 17, Herr Karl Brem mit
16 und Herr Friedr. Zickler mit 15 Stim-
men gewählt.
(Von der Teplitz-Schönauer
Kurliste) ist Nr. 153 erschienen und
weist dieselbe bis 18. d. 7376 Parteien
mit 10,664 Personen aus. An Passanten
und Touristen verzeichnet die Kurliste bis
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