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Unheil richtete aber der mit dem Wetter
ausgebrochene Orkan, der die ganze Nacht
und noch den gestrigen Tag über wüthete,
in der Umgebung Karlsbads an. Abge-
sehen von zahlreichen Windbrüchen in den
städtischen Waldungen und an der Straße
nach Hammer, hat der furchtbare Sturm
in den höher gelegenen Ortschaften Kohl-
hau, Espenthor und besonders Engelhaus
furchtbar gewirthschaftet. Einer großen Au-
zahl von Häusern fegte der Orkan die
Bedachung weg, ja an mehreren wurde
sogar das gesammte Dachgehölze vom
Sturme herabgerissen. Der Kirchthurm in
Engelhaus erlitt gleichfalls eine arge
Havarie, auch in Pirkenhammer und im
oberen Teplthale bis Petschau gab es viel-
fachen durch den wüthenden Sturm verur-
sachten Schaden. Die Passage auf der
Hammerner Straße war Abends durch
umgebrochene Bäume gesperrt, wurde aber
durch beorderte Arbeiter bald frei gemacht.
Gieß hubl-Puchstein, 2λ.
Se. Excellenz der Statthalter Hr. Baron
von Weber besichtigte gestern, das ist
in dieser Saison bereits das zweite Mal,
in Begleitung seiner Brüder, der Herren
Professor von Weber und Statthalterei-
rath von Weber und des Herrn Landes-
Sanitätschefs Statthaltereirath Professor
Dr. Pießling alle Quellen, die Füll- und
Versendungs-Anstalten, die neuen Bäder
sowie die Wasserheil-Anstalt. Die genannten
Celebritäten waren von dem Rundgange
höchst befriedigt und sprachen ihre vollste
Anerkennung gegen den Besitzer kais. Rath
Mattoni aus.
(In Marienbad) ist vorgestern
auch Ihre königl. Hoheit die Frau Gräfin
von Chambord zu längerem Aufenthalte
eingetroffen.
Badebulletin.
Nach der heute zur Ausgabe gelangenden Kur-
listeNr253 sind bis 25. Juli 14634 Parteien mit
19633 Personen zur Kur hier eingetroffen
Unter den Angekommenen der letzten Tage
befinden sich:
Herr Julius Hartung, Kaufmann aus Königs-
erg.
(König von Preußen.)
Frau Fanni Oroszy, Kaufmanns-Gemaliu und
Tochter aus' Budapest,
Herr Boleslas von Kobiec�yéka, Gutsbesitzer m.
Tochter und deren Gesellschafterin
Frau von Wyganowska aus Kalinow.
(Römischer Feldherr.)
Med. Dr. Ferdinand Weber Ritter von
Ebenhof, . k. Professor an der medizin.
Fatultät zu Prag, Direktor der Landes-
Gebr und Findelanstalt für Böhmen a.
Prag.
(Humboldt.)
Herr Jean Makarewicz, Partikulier mit Familie
(Postgarten.)
aus Wilna.
Herr M. Georgescu, Beamter mit Gemalin aus
Bukarest.
Herr Boleslaus Lastowski mit Gemalin und
Nichte aus Rußland.
Concordta.)
Herr von Bethmann-Hollweg, kgl. Landrath a.“
Hohen-n(Kaiser v. Rußland.)
Herr Eduard von Trausche, Landwirth mit Ge-
malin aus Tivlans,“
Herr Armin Preisz, Kaufmann aus Budapest.
(Erzherzogin Sofie.)
Herr Graf Casimir Stadnickt, Proprietär mit
Sohn und dessen Hofmeister
Herrn Apollinar Sokolowski aus Russ. Polen,
Herr H. Curtze, Med. Dr. mit Gemalin aus“
(Bavaria.)
Worms.
Herr Moritz Salzmann, Kaufmann mit Gemalin
aus Warsca.
(Salle de Saxe.)
Herr
Telegramme.
Wien, 27. Juli. In der heute
stattgefundenen Plenar-Sitzung des Wie-
ner Gemeinderathes wurden die Kom-
missions-Anträge, betreffs der fünfzigsten
Geburtsfeier des Kaisers, bestehend in
Ueberreichung einer Adresse, Abhaltung
eines Volksfestes, einer Lotterie, Errich-
tung eines Asyls für hundert Waisen und
Dekorirung der Stadt, angenommen.
Konstantinopel, 27. Juli. Die
heute übergebene Antwort der Pforte auf
die Collectivnote der Mächte hebt die
Unverträglichkeit der auf dem Congresse
ausgesprochenen Wünsche mit dem Be-
schlusse der Konferenz hervor, erörtert
die Frage vom strategischen und Racen-
Gesichtspunkte, erklärt weiter die Un-
möglichkeit der Abtretung von Janina,
Larissa und Mezzovo, constatirt die Ge-
neigtheit der Pforte, Griechenland Kon-
zessionen zu machen und bittet am Schlusse
die Mächte, ihre Botschafter in Konstan-
tinopel anzuweisen, sich mit der Pforte
wegen Feststellung der definitiven Linie
ins Einvernehmen zu setzen.
Paris, 27. Juli. Dem „Temps“
zufolge wird das Commando der behufs
einer Demonstration entsendeten Flotte
zwischen Frankreich und England getheilt.
Die Entsendung einer französischen
Mission nach Griechenland wurde vertagt.
Vergnügungs-Anzeiger.
Posthof-Garten.
Heute Nachmittags 4 1thr. Direttor: A. Labitzky.
Ronzert der Rur-Rapelle.
1. Ouverfure „Fidelio“ von Beethoven!
2. Nordseebilder, Walzer von Joh. Strauß.
3. Ballet-Musik aus der Oper „Feramors“ von
A. Rubinstein.
4. Beim Abendläuten, Gebet von A. Labitzky.
5. Duverture „Rosamunde“ von Frz Schüdert.
6. Serenade für Streichinstrumente von Josef
Daydn.
7. Potpoutri aus der Oper „Das Goldene
Kreuz“ von J. Brüll.“
8. In der Sennhütte, Jdylle von A. Labitzky.
9. Krönunngs-Marsch aus der Oper „Prophet“
von Meyerbeer.
man es vermöchte, die unwillkommenen
zu verbannen und die willkommenen her-
beizurufen! Aber sie ziehen bei uns ein,
ohne höfliche Anfrage in buntem Durch-
einander, ein wirkliches Spiel des Zufalls.
Graue trübselige Gesellen und heitere Ge-
stalten mit blitzendem Auge und lachendem
Munde; wie gerne möchte man die einen
verabschieden und die andern festhalten,
aber man kann kaum verhindern, daß der
trübe Schatten, den die ersteren werfen,
nicht auch die anderen verdunkelt.
Es sollte keinen Einsamen geben, am
allerwenigsten in der Dämmerstunde! —
denn der Zauber, den sie ausübt, birgt
Stacheln, die dem Einsamen ins Herz
dringen, und wäre es nur das Gefühl,
daß er einsam ist und daß — vielleicht
es anders sein könnte. Wie unzählig
viel andere, glücklichere, geben sich jetzt
gleich mir dem Zauber der Dämmerstunde
hin, nicht allein grübelnd und sinnend über
Vergangenheit und Zukunft, nur in un-
schuldigem Genuß des gegenwärtigen Be-
hagens. Könnte ich mich doch in einen
der kleinen Familienkreise hineinversetzen,
die sich so zahllos und traulich bilden,
wenn der Tag Abschied nimmt. Wie sich
die Schaar der Kleinen um Vater und
Mutter drängt, wie keck der blonde Kraus-
kopf auf dem Knie des Vaters Galopp
reitet, wie zärtlich das Blauauge das
Antlitz in den Schooß der Mutter birgt,
wie aufmerksam die größeren den Märchen
und Geschichten lauschen, die ihnen als
Lohn für die am Tage bewiesene Artigkeit
erzählt werden. „Ach) bitte, bitte, Mama,
noch nicht die Lampe“, wispert jedesmal
ein zartes Stimmchen, wenn die Mutter
Miene macht, aufzustehen. Und sie gibt
gerne der Bitte nach; auch für sie ist
diese Stunde der Erholung die schönste
des Tages, die sie nicht müde wird, immer
und immer wieder zu verlängern, sollte
darüber ein Kinderstrumpf auch noch vier-
undzwanzig Stunden länger sein gähnendes
Loch behalten müssen ..
Die Straße ist dunkel; aus dem
Nebel leuchten nur die Gaslaternen hervor
und das Rollen des Fuhrwerks tönt herauf
wie aus tiefem Abgrunde. Die dort unten
vorüberjagen, zu Geschäft und Vergnügen,
vornehm und gering, sie würden lächeln,
wenn sie wüßten, was zu gleicher Zeit die
Brust eines Menschenherzens bewegt. Die
Weltstadt kennt kein Träumen, nicht unter
dem Schnee des Winters, nicht im Blüthen-
schmuck des Sommers, nicht wenn die
Sonne Thürme und Kuppeln bestrahlt,
oder wenn der Mond seine nächtige Straße
zieht. Dort, mir gegenüber, an dem von
derStraßenlaterne spärlich erhellten
Fenster sitzt ein rechtes Kind der Riesen-
stadt — mit ihren blonden Locken, den
blauen Augen, mit der graziösen Figur
gleicht die Kleine einem lachenden Früh-
lingstage, der die ersten Knospen sprengt,
aber in ihrem Herzen ist nichts von Poesie.
Das Köpfchen gegen die Scheiben gedrückt,
verdirbt sie sich die Augen über einem
Buche in Goldschnitt; armes Kind, kenntest
du den Zauber der Dämmerstunde, sie
zeigte dir größere Herrlichkeiten, als du
sie dort aus den schwarzen Buchstaben müh-
P. v. Verry.
sam entzifferst! ..
Název souboru:
karlsbader-badeblatt-1880-07-28-n76_1550.jp2
Porta fontium