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Politische Rundschau.
Carlsbad, 31. Juli.
Ausser den in unserer heutigen
Depesche nach der „Wiener Abendpost“
wiedergegebenen Mittheilungen sind
keine weiteren neueren Nachrichten
von der sich vollziehenden Occupation
eingelaufen. Es wird allseits bestätigt,
dass der Uebergang und Einmarsch,
wie überhaupt alle Operationen sich
in voller Ordnung ohne jede Störung
vollzogen haben. Die Avantgarde hat
sofort den Marsch auf Derwent südlich
von Brood fortgesetzt. Das Gros des
dreizehnten Armeecorps nebst den Corps-
reserven, welche noch am 29. Juli in
Brood eintrafen und daselbst Bivouacs
bezogen, sollten noch gestern Morgens
die Save übersetzen, um ebenfalls den
Marsch nach Derwent anzutreten.
Der Pol. Corr.“ berichtet man aus
Bukarest vom 30. Juli, dass die Besitz-
ergreifung Bessarabiens durch die Russen.
unmittelbar nach der Ratification des
Berliner Vertrages in Vorbereitung ist,
und zu diesem Behufe die russischen
Truppen aus der Dobrudscha bereits im
Vorrücken nach Bessarabien begriffen
sind.
Kaiser Wilhelm in Teplitz.
Se. Majestät der Kaiser von Deutschland
und König v. Preussen, Wilhelm I. ist gestern
Abends 7 Uhr 42 Min' mittelst Separatzuges,
welchen von Aussig an der Director der Aussig-
Teplitzer Bahn, Herr v. Emperger, führte, in
Teplitz, welches zum Empfange des hohen
Gastes Festschmuck angelegt hat, eingetroffen.
Die in grossen Massen angesammelte Volks-
menge empfing den Kaiser mit stürmischen,
nicht endenwollenden Hochrufen. Se. Majestät
zog vor, in offenem Wagen mit der Gross-
herzogin von Baden und der Prinzessin Victoria
in Teplitz einzuziehen. Mit höchstdenselben
langten ein Se. Exc. der General-Adjutant,
General der Cavallerie, Graf von der Golz'
Se. Exc. General à la Suite Graf von Lehn-
dorf, Oberhofmarschall Graf von Pückler, ge-
heimer Hofrath Kantzky, Leibarzt von Lauer
und mehrere Assistenz-Äerzte. Der Bahnhot
der Aussig-Teplitzer Bahn war total abge-
sperrt; ausser den Angehörigen des Hosstaates
befanden sich auf dem Perron nur vier Beamte.
Der Zug hielt vor dem Perron, von welchem
ein aus exotischen Gewächsen und Blumen
geschaffener Weg, in dessen Mitte ein aus
Kornblumen gebildetes „W' prangte, zu dem
Ausgang führte. Vor dem Bahnhof hatten die
Spitzen der Behörden, mit Sr. Exc. Baron v.
Weber, Statthalter von Böhmen, voran, die
Stadtvertretung von Teplitz und die Gemeinde-
Vertretung von Schönau Aufstellung genommen.
Die Begleitung Sr. Majestät war in 15 Wagen
vertheilt, die, der Wagen, in welchem sich Se.
Majestät der Kaiser befand, voran, durch die
prächtig mit Fahnen und Flaggen, Kränzen
und Guirlanden geschmückte Bahnhof- und
Königsstrasse, den Curgarten zum Herrenhaus
fuhren, wo Sè. Majestät von Sr. Durchl. dem
Fürsten Clary-Aldringen, welcher bereits heute
Vormittags dem Oberbevollmächtigten Sr. Maj.
das Herrenhaus für die Curzeit des Kaisers
übergeben, empfangen wurde.
Wie wir soeben erfahren, ist der Besuch
Sr. Majestät des Königs von Sachsen für Mon-
tag angesagt. Für höchstdenselben wurde das
Neubad adaptirt.
Die Ehren-Wache, welche aus ehren-
werthen Bürgern der Stadt Teplitz gebildet
wird, hat besonders darauf zu achten, dass
die hächste Umgebung des Herrenhauses von
jedem Andrange des Publicums freigehalten,
der Eintritt in's Herrenhaus Unberutenen
nicht gestattet und überhaupt die grösstmög-
lichste Ruhe und Ordnung aufrecht erhalten
werde.
Besonders anerkennenswerth sind die Be-
mühungen der Behörden, den Nachrichtendienst
für die Presse zu erleichtern, und ist unter
anderen beispielsweise im Telegrafenamt von
heute ab der Nachtdienst eingeführt worden.
Das Personale des Telegrafenamtes ist, er-
heblich verstärkt worden.
In der Sonntag Vormittags auf Einladung
des Herrn Lehrer und Redacteur Stube aus
Berlin im „preussischen Hof“ stattgefundenen
Versammlung deutscher Curgäste wurde be-
schlossen, eine Adresse an Se. Majestät zu
richten, in welcher der Freude über die Ge-
nesung Ausdruck verliehen und ein Willkom-
mengruss enthalten sein soll.
'In der eben erwähnten Versammlung
deutscher Curgäste am heutigen Vormittage
wurde ferner beschlossen, am Geburtstage
Friedrich Wilhelm's III., welcher Tag anljähr-
lich durch einen Gottesdienst am Monument
des hochseligen Königs begangen ward, eine
grössere Festlichkeit zu arrangiren. Das Pro-
gramm derselben ist: Vormittags-Gottesdienst
an dem entsprechend decorirten Monument,
Mittags Festessen, an welchem auch Damen
theilnehmen werden. Freitisch finden alle
hier zur Cur weilenden deutschen Soldaten
vom Gemeinen bis zum Serganten im preussi-
schen und sächsischen Militärhospital. Abends
Commers, Illumination und Höhenbeleuchtung.
Die für diese Festlichkeit einlaufenden Kosten
werden durch den Ertrag einer Subscription
unter den Curgästen gedeckt.
Heute Mittags ist in Tepiitz der bekannte
„Kanonenkönig“ Alfred Krupp aus Essen mit
seinem Secretair angelangt und in der Villa
„Augusta“ abgestiegen.
Kleine Chronik.
(Wilhelm Graf Limburg-Stirum),
der seit mehr als sechs Wochen hier weilte,
und als grosser Musikfreund bekannt ist, ver-
lässt heute Carlsbad nach vollendetem Curge-
Wiesbadner Saison-Chronik.
Ein Wort über's Wetter; wird doch so
manche geistreiche Unterhaltung mit einer
scharfsinnigen Bemerkung über das Wetter
eingeleitet, warum nicht auch eine „geistvolle“
Saison-Plauderei, die ohne Wetterbericht ja
überhaupt unvollständig wäre. Oberflächliche
„Tisotwollen hin und wieder einen Flecken
an unserer „Taunusperle“ bemerkt haben, es
sei warm hier, vermuthlich, weil sie sich wärme
Quellen ohne warme Atmosphäre nicht denken
können, oder weil sie gerade an einem sonnigen
Tage hier durchpassirten. Kein Zweifel, dass,
wenn es zufällig geregnet hätte, sie ebenso
unseren unschuldigen Salzbach als austretenden
Nilstrom verschrieen und anstatt der trockenen,
eine nasse „Ente“ in die Welt gesetzt hätten?
Die Wahrheit ist, das himmlische Wetterbureau
beglückt uns im Durchschnitt mit einem an-
genehmen juste-milieu, und bis zu den aller-
letzten Tagen, denen bereits wieder kühlere
zu folgen schèinen, wurden, wenngleich von
zarten Organisationen ausgehend, eher Klagen
über allzugrosse „Kälte“ laut. Jedenfalls zeigt
die stetige Zunahme der Frequenz — laut
jüngster Fremdenliste 43,690 gegenüber 29,694
Personen am selben Datum des Vorjahres' —,
dass, wie alles Uebrige, was unser Curort
bietet, auch das Klima den Aufenthalt dahier
stets wünschenswerther erscheinen lässt.
brauche wieder; auch Ihre Durchlaucht Frau
Fürstin Trauttmannsdorf hat seit gestern
Carlsbad wieder verlassen.
(Die Tiroler Sänger-Gesellschaft
Hinterwaldner) ist heuer einzig vom Glück
begünstigt, was den Besuch ihrer Concerte
anbelangt, denn während die meisten hier
arrangirten Productionen, die Curcapellen-Con-
certe natürlich ausgenommen, im Besuche wohl
vieles zu wünschen übrig lassen, erfreuen sich
diese Tiroler-National-Concerte einer recht
beitälligen Aufnahme von Seite eines Theiles
des Curpublicums. Ob wir hier, was die
Geschmacksrichtung anbelangt, zu Reflexionen
berechtigt sind, wollen wir nicht erörtern,
immerhin aber bleibt es bemerkenswerth, dass
dis wackere Gesellschaft in der so überaus
mustkreichen Saison ihre Zugkraft bewahrt.
(Benefice). Frl. Zampa, die beliebte
Soubrette unseres Stadttheaters hat heute ihr
Benefice, zu welchen sich dieselbe „Seekadet“
gewählt.
Im Sommertheater beginnen die Vor-
stellungen von heute an um 4 Uhr Nachmittags.
Marienbad, 29. Juli. (Orig.-Corresp.)
Eine solche Bewegung und Sensation wie das
Gastspiel der Wiener Operettensängerin und
allgemeinen Liebling aller Kunstfreunde des
Fräulein Hermine Meyerhoff hier hervorge-
rufen, hat seit Jahren keine Kunstgrösse zu
verzeichnen. Wir sahen hier schon, Sonnen-
thal, Lewinsky, Geistinger u. s. w., aber keiner
dieser Kunstheroen vermochten, öbgleich ihre
Gastspiele von grossem Erfolge begleitet, einen
solchen allgemeinen Enthusiasmus hervorzu-
rufen, wie das Gastspiel der reizenden Meyer-
hoff. — Auf drei Tagen voraus ist das Theater
bis auf das jetzte Plätzchen vorgemerkt, und
wir erfreuen uns einer blühenden Agiotage
vor dem Theater. Für die heutige Vorstellung
wurden Logen mit 50 fl. und darüber über-
zahlt! Ein rührender Beleg der „schlechten
Zeiten.“ — Wie wir hören, wird Frl. Meyer-
hoff auch in Carlsbad als Gast im Stadttheater
erwartet. (Die Dame ist bereits gestern Nach-
mittags hier eingetroffen. Die Red.)
Nachdem in den letzten Jahren das ganze
Beleuchtungs-System der Curanlagen umge-
modelt und namentlich zu beiden Seiten des
Concertplatzes hinter dem Curhause prächtige
vielarmige Candelaber mit grossen Milchglas-
glocken angebracht worden, hat nunmehr die
Curverwaltung auch auf dem Platze vor dem
Curhause und dem sogenannten Bowling-green
sämmtliche Candelaber, austatt der alten eckigen
Laternen, aus Curmitteln mit eben solchen
fast Tageshelle verbreitenden Glasglocken ver-
sehen lassen, was gleichfalls nicht wenig zur
Verschönerung der Scene und zu den Annehm-
lichkeiten der Besucher beiträgt.
Unsere vor 7 Monaten abgebrannte Neue
Colonnade nähert sich bereits mit Liliputaner-
Riesenschritten der Vollendung, und gibt man
sich mit Recht der Hoffnung' hin, dass sie
noch vor dem Cölner Dom fertig gestellt sein
werde. Man sagt gewöhnlich: „was lange
währt, wird gut“; in diesem Falle�jedoch wird
auch gnt werden, was so zu sagen fast über
Nacht erstanden. Die Anordnung der Läden
wird eine gänzlich neue sein, die unschönen
und raumraubenden Auslagekästen kommen in
Wegfall und grosse geschmackvolle Kron-
leuchter werden die seitherigen vereinzelten
Glasflammen ersetzen.
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