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Es steht nun fest, dass in den letzten Congresssitzungen vom 28. und 29. Juni die Verhandlungen in erster Linie der bosnischen Angelegenheit ge- golten haben. Eine grössere Divergenz in den Anschauungen der Mächte scheint in dieser Sache nicht störend aufge- treten zu sein, denn merkwürdig schnell hat sich desfalls der Congress geeinigt und den Beschluss gefasst, die politische und militärische Verwaltung an Oester- reich auf unbestimmte Zeit zu über- tragen, allerdings unter dem Wider- spruche der türkischen Delegirten. Dieser türkische Widerstand wird wohl ein formeller bleiben, die Pforte wird nicht anders können, als sich dem Willen Europas zu unterwerfen, und so dürfte also, wie man erwartete, die eventuelle Besetzung Bosniens und der Herzego- wina einen ziemlich glatten Verlauf nehmen. Zum Commandanten der Occu- pationstruppen wurde FZM. Franz Philippovich ernannt, und es verlautet, dass für die Civilorganisation Sektions- chef Breisky ausersehen sei. Pariser Briefe. Paris, 28. Juni 1878. Die Nachricht von dem Ableben der jungen Königin von Spanien hat hier in allen Kreisen einen schmerzlichen Eindruck hervorgerufen. — Selbstverständlich wurden alle officiellen Receptionen, welche diese Woche stattfinden sollten, sofort abgesagt, und wollte man selbst das für Sonntag anberäumte Nationalfest ver- tagen. — Der Ministerrath hat sich gestern mit dieser Vertagungstrage beschäftigt, allein man erkennt die Unmöglichkeit einer Ver- schiebung, theils wegen den schon getroffenen Vorbereitungen, theils weil der 30. Juni durch ein Decret der Kammern fixirt wurde und man die Kammern vereinigen müsste, damit dieselben einen anderen Datum festsetzen. — Unter solchen Umständen konnte man also keine Abänderungen vornehmen, und wenn das Wetter dem Feste keinen bösen Streich spielt, dürfte dasselbe sehr glänzend ausfallen. Wohlthätigkeits-Concert für den blinden Organisten Schröder. Das hochansehnliche Comité, welches es sich zur Aufgabe gestellt hat, durch ein am 3. Juli in der hiesigen evangelischen Kirche zu veranstaltendes Orgel-Concert des blinden Organisten Schröder diesem selbst eine Unter- stützung zu verschaffen, darf sich der gegrün- deten Hoffnung hingeben, diesen seinen Zweck in vollstem Masse zu erreichen. — Erfahrene Besucher der Heilquellen von Carlsbad, denen wir — wir wollen es nicht leugnen — ziemlich nahe zu stehen die Ehre haben, sprechen mit grosser Sicherheit und auf Grund ihrer eigen?n Erfahrungen davon, dass noch niemals ver- geblich an den Wohlthätigkeitssinn Aller derer appellirt worden ist, welche durch diese Heil- quelle ihre Gesundheit wiedergefunden haben, oder doch wieder zu finden mit Zuversicht hoffen dürfen. Wer von diesen Glücklichen wollte nicht gern zur Linderung des Unglücks Was die von Berlin kommenden Nach- richten betrifft, so steht es fest, dass die bul- garische Frage nunmehr erledigt ist Alle Nachrichten gehen dahin, dass der Congress schleunigst die Hauptfragen erledigen wird, und die Details dann in eine Conferenz der zweiten Bevollmächtigten geordnet werden dürften. Die Nachrichten aus Constantinopel sind ohne Interesse. Man bemerkt hier seit einiger Zeit eine Campagne in der Presse zu Gunsten des Halim Pascha, Onkel des Khedive von Egypten. Wir können unseren Lesern nur rathen, mit grossem Vorbehalte Alles aufzunehmen, was man in diesem Augenblick von Ismael Pascha schreibt und sagt. Anlässlich des Nationalfestes werden eine gewisse Anzahl Begnadigungsdecrete erscheinen. Weitere Begnadigungen für die Verbrechen der Commune werden später folgen. Gestern fand in aller Stille in Passy die Trauung des bekannten Bonapartisten flerrn Paul de Cassagnac mit Frl. Acard statt. Die- selbe ist italienischer Abkunft, und will die Chronique scandaleuse wissen, dass deren Mutter in intimen Beziehungen zu den Cardinal Antonelli gestanden. Frl. Acard soll 300,000 Frcs. Vermögen haben. Kleine Chronik. (Dr. Heinrich Laube) der langjährige getreue Stammgast und Ehrenbürger Carlsbads ist wieder hier zum Curgebrauche angekommen. Desgleichen weilt seit gestern Hofschau- spieler Reusche hier. (Marie Geistinger), welche heute am Stadttheater ihr Gastspiel eröffnet, weilt seit gestern hier; einen Tag früher kam Herr Knaack hier an, der gleichfalls heute als Gast die Bühne des Sommertheaters betritt. (Die Reunion) am vergangenen Samstag im Curhause war die animirteste dieser Unter- haltungen der heurigen Saison. Ein Kreis wunderlieber Damen wirkte derart anregend auf die Tanzlust der Herren, dass s fleissig wie heuer noch nicht nach den Weisen der Cur- Capelle die Pärchen sich drehten; daher ist auch begreiflich zu finden, dass Alles mit dem Versprechen auf Wiedersehen am nächsten Samstag sich trennte. (Bianki-Concert). Wir erwähnen heute nur vorläufig, dass nächsten Donnerstag dieses eines ihrer Mitmenschen beitragen; um so mehr, wenn ihm für diese gute Handlung auch noch ein so seltener Genuss geboten wird, wie er kaum gehofft werden durfte. Wir wollen zunächst von dem echt künstlerischem Pro- gramm sprechen, welches zur Ausführung gebracht werden soll und welches allein wohl geeignet wäre, die Räume der Kirche mit einem ansehnlichen Publicum zu füllen — wir wollen vielmehr voller Freude und Genugthuung mit- theilen, dass Frau Friedrich-Materna, die Wiener Primadonna von europäischem Ruf, mit ihrer oft schon bewährten Liebens- würdigkeit und Hingebung für einen guten Zweck, wie der Erwähnte es ist, sich bereit erklärt hat, in dem Concert mitzuwirken. Sie wird das Gebet Elisabeths aus „Tannhäuser“ von Richard Wagner singen. — Diese Mit- wirkung ist um so höher anzuschlagen, als sich Frau Friedrich-Materna lediglich zur Cur hier befindet, um ihre durch die Anstrengungen, welche die Kunst so oft ihren wahren Jüngern und Interpreten auflegt, angegriffene Gesundheit Concert unter Theilnahme von vier auserlesenen Kunstgrössen stattfinden wird. (In Marienbad) waren bis 27. Juni 3089 Parteien mit 4441 Personen zur Cur einge- troffen. In Franzensbad waren bis zum gleichen Tage 1564 Parteien mit 2533 Per- sonen und in Elster 966 Parteien mit 1419 Personen anwesend. (Die Dircetion der Kaiserin Eli- sabeth-Bahn) hat vor Kurzem sogenannte Jahreskarteu eingeführt, deren Preis für die erste Klasse auf 400 fl., für die zweite Klasse auf 300 fl. und für die dritte Klasse auf 200 fl. fixirt wurde. Die Karten erster und zweiter Klasse berechtigen zur Benützung aller fahr- planmässigen Züge (inclusive der Curier- und Schnellzüge), gewähren also alle Freizügigkeit auf allen Linien der genannten Bahn und gelten auf ein volles Jahr, vom Tage der Ausgabe. (Kissingen.) Wie man hört, wird Kaiser Alexander von Russland, wenn die Congressverhandlungen einen guten Ausgang nehmen, im nächsten Monat hier zur Cur ein- treffen und nicht nach Ems gehen. Theater. (Sommertheater.) Vorigen Sonntag öffnete der Musentempel oberhalb Sanssouci zweimal seine Pforten, und zwar zu einer Kinder- Vorstellung, dessen Programm die kleine alt- kluge Dora' Friese ausfüllte, und zu gewöhn- licher Verstellung, in welcher der „Verschwen- der“ in sehr guter Besetzung zur Aufführung gelangte. Herr Friese und dessen Töchterlein traten in dieser Vorstellung zum letzten Male auf, nachdem sie eine Woche bei stets gutem, zum Theil ausverkauftem Hause gastirten. Heute beginnt der ausgezeichnete Komiker Herr Knaack sein Gastspiel. Eingesendet. Dem Sonnenbruder. Hast Du Morgens frisch getrunken vorschrifts- mässig Deinen Sprudel, Hast Du Wald und Busch und Felder durch- gerast wie Fausten's Pudel Dann lass's g'nug sein grausam Spieles, gib der Ruh Dich hin mit Wonne, Eile aus der Morgensonne in die kühle Morgen- sonne. C. P. wieder herzustellen! — Wir zweifeln nicht einen Augenblick, dass der Erfolg dieser echt humanen Handlungsweise ein für den unglück- lichen Blinden grossartiger sein wird. Möge sie dann in diesem ihren Lohn finden. Der Eintrittspreis wird Jedem die Theilnahme an dem in Aussicht stehenden Genuss ermöglichen. Um aber auch den besser situirten Besuchern des Concerts den Ausdruck ihrer Theilnahme für den Unglücklichen nicht zu verschränken, wird jeder den Eintrittspreis überschreitende Mehrbetag dankbar angenommen werden und gleichzeitig als ein der Bedeutung der be- rühmten Sängerin entsprechender Zoll der Be- wunderung den beabsichtigten Zweck des Con- certs fördern. Nur ein Uebelstand dürfte sich bei dem Unternehmen fuhlbar machen; der, dass die evangelische Kirche als Auditorium gewählt werden musste, weil wir fürchten, dass der Raum derselben für die Wahl der andrängenden Besucher des Concerts zu klein sein wird. Politische Rundschau. Carlsbad, 1. Juli.
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