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Politische Rundschau.
Carlsbad, 30. Mai.
In der Congressangelegenheit liegen
weitere Nachrichten nicht vor, man ver-
handelt über die Feststellung des Ter-
mins und den Ort, wo derselbe tagen
soll. In letzterer Beziehung nennt man
ausser Berlin auch Baden-Baden, auf
welchen Ort schon im Monat Februar,
als der Congressgedanke geboren ward,
reflectirt wurde. Obwohl diese hoch-
wichtige Angelegenheit augenblicklich
alle auf den Orient bezüglichen Detail-
fragen in den Hintergrund drängt, mag.
doch die gestrige Bukarester Meldung
registrirt werden, wonach Cogalniceanu
einen neuerlichen Protest gegen die Be-
setzung Rumäniens durch die Russen
von Stapel gelassen hat. Trotzdem
Bessarabiens dabei nicht gedacht wird,
geht doch aus dieser Nachricht hervor,
dass man in Bukarest auf jenem Wider-
stande beharrt, welcher aus Englands
Haltungen seine Lebenskraft schöpft und
welcher herangedieh, als man mit dem
Erwachen der Energie Englands einen
Rückhalt gewann, um gegen Russland
und seine Absichten auf Bessarabien
Front zu machen. So verständlich und
natürlich das Vorgehen der rumänischen
Regierung erscheinen mag, so gewiss
wird dasselbe im Sande verlaufen, wenn
England zur Erreichung seiner sonstigen
Forderungen und zur Erzielung einer
Verständigung in die Retrocession Bess-
arabiens willigen sollte. Auf eine Inter-
pellation Sturm's in der Delegations-
Sitzung sagte Andrassy die Vorlage des
Vertrags von San Stefano zu und er-
örterte die Einwendungen Oesterreichs
gegen diesen Vertrag, welche sich haupt-
Aus der ersten lugendzeit eines
Czaren.
Die „Wehrzeitung“ bringt einen interessan-
ten Brief der russischen Kaiserin Katharina
der Zweiten, der sich unter den Schriften be-
fand, welche König Gustav der Dritte, in einer
Kiste verwahrt, mit der Bestimmung hinter-
lassen hatte, dass sie erst fünfzig Jahre nach
seinem Tode zu eröffnen sei, was auch am
20. März 1842 geschah. Der in französischer
Sprache abgefasste Brief wurde kurz nach der
Geburt des schwedischen Kronprinzen Gustav
Adolf geschrieben und war bestimmt, guten
Rath bei dessen allerersten Erziehung zu geben,
zu welchem Zweckc denn die Kaiserin die
Art und Weise erzählt, wie sie ihren zarten
Enkel, den Grossfürsten Alexander — oder
„Monsieur Alexander“, wie er in dem Briefe
genannt wird — behandle. Die Kaiserin schreibt:
„Alexander wurde am 12. December 1777 (alten
Styls) geboren. Sobald er geboren war, nahm
ich ihn in meine Arme und trug ihn, nachdem
er gewaschen worden war, in ein anderes
Zimmer, in welchem ich ihn, leicht bedeckt,
auf ein Kissen legte und nicht erlaubte, ihn
auf andere Weise zu wickeln, als wie es die
beifolgende Puppe zeigt. (Eine solche war
also mitgesandt worden.) Nachher wurde er
in den Korb gelegt, in welchem sich die Puppe
befindet, und dies geschah, damit das Weiber-
Kleine Chronik.
(Wasserversorgung Carlsbads.)
Die Frage, wie und aut welche Weise die
Stadt Carlsbad am besten mit den ausreichenden
Ouantitäten von Trink- und Nutzwasser ver-
sorgt werden könne, wurde vorgestern um ein
Bedeutendes ihrer Lösung näher gerückt, in-
dem Herr Director Schmick der Frankfurter
Wasserwerksgesellschaft in der Sitzung des
Stadtverordneten-Collegiums die vollständig
ausgearbeiteten Projecte vorlegte und dieselben
erläuterte. Es gebricht uns hier leider an
Raum, diese Projecte eingehender zu schildern,
wir verweisen deshalb die Leser auf die nächste
Nummer des „Carlsbader Wochenblatt“, wo
wir den Ideengang der vom obengenannten
Wasserbau-Director gemachten Erläuterungen
skizziren werden.
(Die Abend-Concerte der Curca-
pelle), die jetzt der ungünstigen Witterung
halber immer noch im Curhause stattfinden,
erfreuen sich eines derart starken Besuches
von Seite des Curpublicums, dass die nicht
unbedeutenden Räume des Curhauses sich
dennoch als viel zu klein erweisen. Schon
beim Anfang der Concerte sind stets alle
Tische besetzt und wer um 1/28 Uhr erst das
Local betritt, kann immerhin froh sein, wenn
er irgendwo noch ein freies Plätzchen findet.
— Die Programme, die Herr Director Labitzky
für diese Concerte aufstellt, enthalten meist
Piècen, die sich nur zur Aufführung im ge-
schlossenen Raume eignen, wie einzelne Soli's,
Streichquartette u. dgl., welche bei dem Pub-
volk nicht in Versuchung käme, ihn zu wiegen.
Alexander wurde, so ausgerüstet, der Generalin
Benckendorf übergeben und in die für ihn be-
stimmten Räume gebracht. Seine Amme war
die Frau eines Gartenknechtes. — Man sorgte
besonders für frische und reine Luft. Alexan-
ders Bett (denn er kennt weder eine Wiege,
noch das Wiegen) ist von Eisen, ohne Vor-
hänge; er liegt auf einer Ledermatratze, auf
welcher das Betttuch ausgebreitet wird; er
hat ein Kopfkissen und seine englische Decke
ist sehr leicht. Man spricht immer laut in
seinem Zimmer, selbst wenn er schläft. Keine
Art von Lärm in den Corridoren über, unter
und neben seinem Zimmer ist verboten. Man
löst sogar Kanonen seinen Fenstern gerade
gegenüber auf den Bastionen der Admiralität,
welches bewirkt, dass er vor keinem Ohrge-
räusche bange wird. Man sorgt sehr dafür,
dass das Thermometer in seinen Räumen nicht
über 14 bis 15 Grad Wärme steigt. Alle
Morgen, wenn sein Zimmer ausgefegt wird,
trägt man ihn, im Winter wie im Sommer,
in ein anderes und öffnet die Fenster des
Schlafzimmers, um die Luft zu erneuern. —
Im Winter trägt man ihn, sobald das Zimmer
wieder warm geworden ist, in dasselbe zurück.
Seit seiner Geburt hat man ihn täglich, wenn
er wohl ist, gewaschen. Im Anfange war das
Wasser lauwarm, jetzt ist es kalt, doch am
Abend zuvor geschöpft. Er liebt das so sehr,
dass, wo er nur Wasser sieht, er in dasselbè
licum grossen Anklang finden. So wohnten
wir jüngst einem solchen Concerte bei, in dem
der „Piraten-Marsch“ von Parish Alvars von
Herrn Schubert derart virtuos auf der Harfe
zum Vortrage gebracht wurde, dass der Künst-
ler über stürmisches Verlangen noch eine
zweite Solopièce zugeben musste.
(Tiroler-Concert.) Heute Nachmittag
findet abermals im Schweizerhof ein Concert
der Tiroler Sänger-Gesellschaft Hinterwaldner
statt.
Theater.
(Stadttheatey.) Vorgestern erfreute
Baron v. Klesheim das Publicum mit dem
Vortrage seiner dichterischen Schöpfungen. Der
gemüthvolle Dichter weiss Menschen, Vögerln
und Blümerln so innig in ihrem Gefühlsleben
zu schildern. — Wer kennt nicht „s'Schwarz-
blattl aus'n Wiener Wald“, „S'Mailüfterl“ oder
das patriotische Lied: „O, id mein Oesterreich“
etc“ und hat sich nicht daran erfreut; aber
der Werth dieser Dichtungen steigert sich
noch durch die eigene Sprache des Dichters,
die so einfach und herzlich klingt, wie die
Liederln, die er zum Vortrag bringt — Baron
v. Klesheim erntete auch den rauschendsten
Beifall, und zu dem reichhaltigen Programm,
das er aus seinen Dichtungen zusammenstellte,
musste er noch einiges hinzufügen. — Frl.
Mesch theilte sich in dem geistvollen Zwie-
gespräch „Nacht und Tag“, als „liebliche“
Nacht in die Ehren des „Tages“ (des Ver-
fassers Baron v. Klesheim). — Auch die Damen
Barti, Rosenberg und Bigl liessen sich
angelegen sein, das humoristische Gedicht vom
selben Verfasser „Wir Mädchen unter uns“,
bestens zur Geltung zu bringen. Ausserdem
trug Herr Director Bachmann durch den
Vortrag zweier Lieder, welche mit grossem
Beifall aufgenommen wurden, sowie Capell-
meister Pohl mit seinem tüchtigen Orchester
für den gediegenen Vortrag von Compositionen
von Klesheimscher Gedichte, wie auch Herr
Prantl mit einem Violin-Solo zum guten Ge-
lingen des Abends bei. — Den Rest wollen
wir verschweigen.
hinein will. Man hat ihn gewöhnt, ihn nicht,
sobald er schreit, mit der Brust zu beschwich-
tigen, gewisse Stunden lang auf zu sein, an
anderen die Brust zu nehmen u. s w. Sobald
die Frühlingsluft es erlaubt, hat man Alexander
die Mütze genommen, man hat ihn in die
freie Luft hinausgetragen, man hat ihn all-
mälig gewöhnt, draussen zu sitzen, sei es auf
dem Grase oder im Sande, und auch draussen
im Schatten zu schlafen', wenn das Wetter
schön ist. Man legt ihn dann auf ein Kissen
und er schläft vortrefflich. Strümpfe kennt
er weder, noch leidet er sie an seinen Füssen
und er trägt keine Kleider, welche ihn im
Mindesten beschweren. Als' er vier Monate
alt war und man aufhörte, ihn beständig auf
den Armen zu tragen, gab ich ihm einen
Teppich. Man legte ihn auf diesen bauchunten
der Länge nach und es ergötzt ihn sehr, seine
Kräfte zu versuchen. Seine Bekleidung ist
ein sehr kurzes Hemd und eine kleine ge-
strickte, sehr weite Weste. Wird er hinaus-
geführt, so zieht man ihm einen kleinen Kin-
derrock von Tuch oder Taffet über alles dieses.
Er weiss nichts von Erkältung, ist gross,
stark, frisch und munter, mag gern hüpfen
und weint fast nie. Er hat neulich, ohne
beinahe krank zu sein, einen Zahn bekommen.
Er ist jetzt fast neun Monate alt.“ Ein Brief,
charakteristisch für die Person der Schreiberin
und für das Land, das sie beherrschte.
sächlich auf die Ausdehnung und Occu-
pation Bulgariens, und die Grenzen
unserer lieben kleinen Nachbarstaaten
im Süden beziehen und schon aus frü-
heren Eröffnungen bekannt waren.
Název souboru:
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