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Politische Rundschau. Inland. — Aus Wien meldet man unter dem gestrigen, dass der zahlreich ver sammelte Club der Linken in später Ab endstunde mit allen gegen nur vier Stimmen für die Annahme der Verein- barungen der beiden Regierungen in Betreff des Ausgleiches sich erklärte. Auch in Bezug auf die orientalischen Verwicklungen liegen günstigere Nach- richten vor. So gingen dem Wiener Kabinete von Berlin ausführliche, und im höchsten Grade befriedi- gende Mittheilungen über die Mission Schuwalow's zu. Darnach wäre seine Mission vom besten Erfolge gekrönt, und der Zusammentritt des Congresses nur noch eine Frage der Zeit Fürst Bismarck beglückwünschte den Bot- schafter zu seinem Erfolge. Ausland. — Die näheren Details, die jetzt über die in Stambul in Scene gesetzte Palastrevolution vorliegen, lassen. das kühne Unternehmen der Unzufrie- denen doch nicht so harmlos erscheinen, als es Anfangs geglaubt wurde. So soll der Name Suleiman Paschas, des ange- klagten Feldherrn, in ganz prononcirter Weise mit dem Putsche in Verbindung zu bringen sein. Wenigstens befanden sich sehr viele seiner erklärten Anhänger unter den Tumultuanten. Nach den Aussagen der bisher einvernommenen Putschtheilnehmer zielte die Revolte da- hin, den Exsultan Murad zu befreien, und ihn im Triumphe in das Seraskierat zu bringen und zum Herrscher auszu- rufen. — Aus Wien meldet man. dass Fürst Nikita durch den Senator Petro- witsch dem Grafen Andrassy eine Note überreichen liess, des Inhaltes, der Fürst sei von den friedlichsten Intentionen beseelt, und rufe die Intervention Euro- pas gegen eine das Fürstenthum in seiner Existenz gefährdende neuerliche Kriegsgefahr an. — Indessen scheinen die Friedenshoffnungen doch in einem eigenthümlichen Lichte, wenn man nach alle dem die Meldung zu verzeichnen. bemüssigt ist, dass die dänische Regie- rung die zweite Abtheilung der für den atlantischen Ocean bestimmten Escadre sei, vollständig kriegstüchtig ausgerüstet habe, so dass sie jeden Augenblick in See stechen kann. — Ebenso deprimi- rend wirkt die Nachricht, die rumänische Armee werde aus Krajova und Turn- Severin zurückgezogen und nehme zwi- schen Slatina und Pitesti ein befestig- tes Lager ein. Kleine Chronik. (Zur Saison.) So vielversprechend sich im Vergleiche mit früheren Jahren die dies- jährige Saison auch anlässt, indem der Frem- denzufluss eine, bisher wenigstens um diese Zeit nicht dagewesene Ziffer erreicht hat, und am heutigen Tage die Curliste sogar in vier Nummern zur Ausgabe gelangt: so sind die Erwartungen und Hoffnungen so vieler Inte- ressenten bisher leider nicht in Erfüllung ge- gangen! Denn trotz des grossen Menschenzu- flusses stehen noch eine Menge von Quartieren und Wohnungen leer, und jene Geschäftsleute, welche schon seit dem Frühjahre ihre Waaren- lager eröffnet, ihre Auslagen den Blicken des Publicums dargeboten, klagen über ein äusserst flaues Umsatzgeschäft. Im Interesse derselben wäre zu wünschen, es würde sich der po- litische Horizont recht bald vollständig klären, und nicht blos Curgäste allein, sondern auch recht viele kauflustige Touristen und Ver- gnügungsreisende herbeilocken. Speciell die Russen, welche sich bisher immer als noble Käufer gezeigt, fehlen heuer beinahe gänzlich, und dürften auch in späterer Zeit, wenn sich die Verhältnisse nicht urplötzlich ganz günstig gestalten, kaum zahlreich eintreffen. (Se. königl. Hoheit der Grossher- zog von Mecklenburg) verlässt, wie wir vernehmen, am kommenden Dienstag wieder unseren Curort, nachdem der hohe Gast durch nicht ganz vier Wochen dem Gebrauche un- sere Quellen mit recht erfreulichem Erfolge obgelegen. (Graf Waldstein), ein treuer Stammgast Carlsbads, wurde gestern Abend hier erwartet und dürfte derselbe auch eingetroffen sein. (Das vorgestrige Militär-Concert) im Freundschaftssaale war trotz der ungün- stigen Witterung zahlreich besucht und erntete die Capelle des Kronprinz v. Sachsen, 11. In- fanterie-Regimentes mit ihrem Capellmeister Herrn Komzak wied erholten Beifall. Theater. (Stadttheater.) Vor ausverkauftem Hause ging vorgestern die beliebte Operette „Fatinitza“ in Scene. Dieses, an Scenerien und theatralischen Effecten so reiche Bühnen- werk verfehlte auch diesmal seine Wirkung auf das wohl besetzte Haus nicht. In den Beifall der Anwesenden theilten sich iusbe- sondere Hr. Pagay, der ein trefflicher Kant- schukoff ist. Lydia (Frau Pagay) und Wla- dimir (Frl. Zampa) bemühten sich wacker, ihren Aufgaben gerecht zu werden, während Hr. Ehrenfest datur sorgte, dass das Haus in heiterer Stimmung erhalten bleibe, und Hr. Kicker als Journalist in gut gesetzten Noten von seiner Thätigkeit berichtete. (Sommertheater.) „Schwindel über Schwindel“, ist eine Posse, welche uns so recht drastisch das Gebahren der Gründer- und Schwindelära vor die Augen führt. Neues hat die Sache nichts an sich, und daher bedarf es des ganzen Aufgebotes schauspielerischer Thätigkeit, um Interesse zu erwecken. Die Darteller gaben sich denn auch die redlichste Mühe, ihre Aufgabe bestens durchzuführen, und erwähnen wir in dieser Beziehung vor Allem des Frl. Meiser, welche ihre Olga recht nett ausstattete und des Hrn. Muller, welcher den Schmierling trefflich zu zeichnen wusste. Nur möchten wir aufmerksam machen, dass Hr. Müller statt des höchst tragischen Couplets, welches er sich im 2. Acte eingelegt, lieber ein heiteres Motiv wählen möchte, indem diese colossale Rührung in das Ensemble der Posse absolut nicht passen will. Briefkasten der Redaction. Amica. Brief von uns unterwegs und bitten wir die kurze Verzögerung in der Be- antwortung Ihres Schreibens zu entschuldigen. Vor allem unseren Dank, dass Sie sich unser freundlich erinnern, wir werden dies jederzeit zu schätzen wissen. Wie Sie aus unserem Badeblatte ersehen, nimmt die Saison in Carls- bad einen recht erfreulichen Fortgang; werden wir auch Sie bald unter den Angekommenen finden? — Hoffend Sie recht bald hier zu sehen, grüssen wir Sie einstweilen herzlichst und harren Ihrer weiteren Nachrichten. Ich habe gestern versprochen, den geehrten Lesern des Badeblattes mitzutheilen, wer „Sie“ ist. Sie — jene Sie, die ich meine, und die Sie schon öfter gesehen haben dürften, also vielleicht auch kennen — ist, vor Allem an- deren, ein Dame! Es ist auch nichts natürlicher! Wäre von einem Manne die Rede — die Sache erregte nicht halb soviel Interesse. So aber ist „Sîe“ ein schönes, interessantes Weib, deren jugend- lichen Lebenslauf ein romantischer Schimmer umgibt, und sie selbst zu einer sympathischen, poetischen Gestalt macht. Wenn ich sage, dass ihr rosiges, beinahe kindliches Antlitz von blauschwarzem Haare umrankt wird, und dass sie wunderbare hell- strahlende Augen besitzt, habe ich der Er- kennungszeichen genug angegeben. Und nun zur Sache! Wer ist Sie? Sie ist die Tochter eines alten, hochade- ligen Geschlechtes — noch dazu die einzige Tochter. Allein so aristokratisch ihr ganzes Wesen erscheint; so adelig ihr ganzes Auf- treten sich ausnimmt: so steht sie doch in gar keinem Contacte mit ihren adelsstolzen Eltern. Im Gegentheil! Sie ist ausgestossen, verbannt aus dem Kreise ihrer Angehörigen als eine Abtrünnige, die Schande und Hohn aut das Haupt ihrer Familie gehäuft, und — nach deren Anschauung — das glänzende Wappen- schild durch ihre Handlungsweise besudelt hat! Das kam aber so. Efla — so wollen wir sie vorläufig nennen — hatte, was nicht immer der Fall sein soll, ein fühlendes Herz und einen starken Willen! Dieser war es nun, welcher ihr die Kraft gab, mit aller Macht eines unbeugsamen Entschlusses einem Plane entgegen zu streben, der darauf abzielte, sie mit einem Cousin, gleichtalls dem einzigen Sohne einer verwandten Familie, — zu ver- binden. Abgesehen davon, dass dieser Vetter in abgelebter, durch alle Leidenschaften ent- nervter Roué war, widersetzte sich Ella dem Projecte schon deshalb, weil sie liebte, heiss, innig, mit der ganzen Glut ihrer Seele liebte. Ihr Geliebter aber war, wenn auch ein höchst edler, — dennoch kein adeliger Mann, und nahm in dem Hause ihrer Eltern nur die bescheidene Stellung eines Klavierlehrers ein. Quelle horreur! — und diesen Musiker liebte Ella leidenschaftlich, abgöttisch, rasend, denn er war — wie schon gesagt, ein edler und ein schöner Mann! Kurz und gut — übergehen wir alle Episoden, - Ella brach mit Allen, riss sich los von Allen und folgte dem Manne ihrer Wahl zum Altare; theilte Anfangs selbst Entbehrungen und Noth, bis das Tälent des geliebten Mannes sich Bahn gebrochen und mit dem steigenden Ruhm desselben auch das Gold in breitem Strome ihm zufloss. Heute also ist sie die Gattin eines berühmten Künst- lers, die glückliche Gattin eines Fürsten im Reiche der Töne! — Das ist das, was ich dar- über sagen wollte — wer sie ist. Ein ander- mal vielleicht — wer sie nicht ist. H. W. Wer Sie ist.
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