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Inland. Gestern wurde in Wien die Vorlage über die Bedeckung des 60-Millionencredites eingebracht und zwar ohne jeden Motivenbericht. Man hofft, dass vom Gesammtcredit nur 30 Mill. erforderlich sein werden. Die Be- deckung dürfte durch die Lombardirung der drei Fonde erfolgen. Ueber die Zwecke der Bedeckung erfährt die „N. f. Presse“, es solle durch Occupation Bosniens eine Vereinigung Serbiens und Montenegros verhindert werden, even- tuell bei einem Uebertritte der rumä- nischen Armee nach Siebenbürgen eine Entwaffnung vorgenommen werden. — Offiziöse Meldungen sprechen von einer Occupation Adakaleh’s, wenn die Türken die Festung nicht schleifen. Ausland. Nach Bukarester Nach- richten fand bei Tatar Bazardschik ein Kampf zwischen den Russen und den 16.000 Mann starken Insurgenten statt, in welchem die Russen zum Rückzug genöthigt wurden. — In London dauern die Friedensagitationen fort. Von eben da meldet man, Egypten erlaubte den englischen Truppen den Durchzug. — Aus Konstantinopel geht uns die Nach- richt zu, dass durch Vermittelung der englischen Consuln eine friedliche Ver- ständigung zwischen der griechischen Insurrection und der Pforte erreicht worden sei; letztere ziehe alle Irregu- lären aus Thracien und Epirus zurück. Kleine Chronik. (Zur Aufklärung.) Da das in der heutigen Nacht anlässlich eines in Aich aus- gebrochenen Brandes hier gegebene Signal besonders unter dem Cur-Publikum einiger- massen Schrecken verursachte, so wollen wir, um bei einem sich etwa wieder treffenden Un- glücksfalle das Publikum in Kenntniss der Signale zu wissen hier anführen, dass bei einem Brande in der Stadt das Zeichen mit der Glocke vom Stadtthurm aus gegeben wird und für die Allarmirung der Feuerwehr Trom- peten-Signale erfolgen. Bei einem in den nächstgelegenen Ortschaften ausgebrochenen Brande aber erfolgt die Allarmirung der Feuer- wehr mittelst Hupen, wie dies in der heutigen Nacht der Fall gewesen. Im Uebrigen glauben wir, dass das löbliche Bürgermeisteramt gut thun würde, die Vorschriften über die Signa- lisirung von Zeit zu Zeit zu veröffentlichen, damit dieselbe zur Kenntniss des Publikums gelangen. (Hirschenprung.) Der lohnende Auf- stieg zur Höhe des Hirschensprunges, von wo aus dem Spaziergänger das hübsche Bild des Curortes aus der Vogelperspective sich dar- bietet, veranlasst gar manchen der Badegäste, diese Höhe zu erklimmen, um an dem Pano- rama sich zu weiden. Es ist nichts natür- licher, als dass der Spaziergänger, auf der Höhe angelangt, und einigermassen ermüdet von dem Bergsteigen, nach einem Ruheplätzchen sich umsieht, das den freien Ausblick gestattet, aber vor gefährlicher Zugluft geschützt ist- Weder auf der Höhe des Kreuzes, noch in dem vorspringenden Gloriett wird ein solches zu suchen sein, sondern nur an dem Rondeau, das unterhalb dem Kreuze an die schützende Felslehne sich anschmiegt, wo also der Zug- luft einigermassen Schranken gesetzt sind; da ist es, wo ein Ruhepunkt sich darbietet, wo der Spaziergänger verweilen kann, ohne fürchten zu müssen, sich zu erkälten, und da- rum plaidiren wir für diesen Punkt — um Anbringung einiger Bänke. (Sommertheater-Gesellschaft.) Heute dürfte in Karlsbad Frl. Bach u. Hr. van Hell, die Leiter des Sommertheaters, mit ihrer Schauspielergesellschaft von Wien eintreffen. Die Truppe soll voll guter Laune sein, soll doch das Unternehmen, welchem sich die Schau- spieler anschlossen, sehr gut fundirt sein, da unter ihnen erzählt wurde, dass Frl. Bach, die ehemalige Darstellerin vom Carl- und Strampfer- theater, welche zuletzt die Direction des Pester Herminentheaters geführt, eine sehr an- sehnliche Erbschaft nach einer Tante gemacht haben soll. Wir unsererseits können der Dame, wenn diese Nachricht sich bestätigt, zu diesem Glücke nur gratuliren, müssen aber dennoch zugestehen, dass Frl Bach, falls sie hier die schöne Erbschaft anzubauen gedenkt, einen vortheilhafteren Boden kaum anderswo wohl finden dürfte. (Aus Marienbad) wird die Ankunft des Fürsten Alfred Windischgrätz zum Cur- gebrauche daselbst mitgetheilt. Die Frequenz bezifferte sich am 7. d. M. mit 168 Parteien und 228 Personen. (In Franzensbad) soll demnächst die Verpachtung der Mineralwasserversendung vor sich gehen; nach verschiedenen Mittheilungen dürfte sich das Geschäft in Privathänden äus- serst günstig gestalten, und wäre die eventuelle Pachtsumme von 30.000 fl. eine bescheidene zu nennen. Politische Rundschau. Karisbad, 9. Mai. Karlsbader Federzeichnungen. (Von der Strasse. — Russisches. — Englisches. Vom Wiener Salzgries. — Vom Theater) Obwohl ich es in der darstellenden Kunst nicht viel über jene kühnen Versuche gebracht, durch welche die liebe Jugend ihre schulhette bestmöglichst zu verunstalten sich bestrebt, und dadurch die stete Entrüstung der diverser Herren Eltern und Lehrer in Permanenz zu erhalten weiss: will ich doch versuchen, so gut ich es eben vermag, mit meiner Feder dem geehrten Publikum einige Leistungen meines Talentes vorzuführen. Und warum auch nicht? Muss denn jeder ein Makart sein? Nein! Vor allem desshalb nicht, weil er es nicht kann, und ultra posse nemo tenetur; und zweitens, weil nicht ein jeder seine Modelle in den Boudoirs schöner Frauen suchen kann was ein grosser Uebelstand ist — nicht die schönen Frauen, sondern das nicht Suchen- Können, weil der Ärme dadurch der Möglich- keit beraubt wird, in Makart'scher Manier das Nackt-Menschliche darzustellen! Meine Mo- delle haben das Gute, dass sie nicht sitzen müssen, was schon deshalb sehr angenehm ist, weil dàs Sitzen unter gewissen Umständen nicht zu den angenehmsten Dingen gehören soll! Meinethalben können sie sich zwanglos bewegen, und allerhand malerische Stellungen einnehmen, just wie jener Herr, der so eben über das Buffet hingelehnt in schnarrendem Tone der schönäugigen Cassiererin den Hof macht, der übrigen Welt weltverachtend die Kehrseite seines Daseins besonders in jenen Partien voll zukehrend, wo sie aufhören, einen ehrlichen Namen zu führen! Ja die Kellnerinnen! Sie spielen eine grosse Rolle in Karlsbad und mancher Catetier oder Hote- lier muss sich eingestehen, dass nicht die Reize seiner Getränke, oder hochpreislichen, dafür aber minder gelungenen Schöpfungen seiner Küche die Anziehungskraft auf diverse junge, alte, ältere und alteste Herren bilden, sondern die frischen Gesichter, schelmischen Augen und vielgestaltigen Formen seiner Kelnerinnen. Und sie wissen das, die Heben des Buffets, und es soll auch schen vorgekommen sein, dass sie eben deshalb das Bewundertwerden oft im weitesten Sinne des Wortes als ihre erste, die Bedienung der Gäste aber blos als secundäre Berufsaufgabe betrachteten! — Doch lassen wir ihnen, den Herren und diesen Da- men das bischen' Vergnügen! Will doch ein jedes Geschöpf sein Plaisir! So dachte gewiss auch jener Attentäter, dem Peter des Grossen ehrliche Nase zuwieder war, und ihm dieselbe — die Bocchesennaseabschneidenden Anden- kens mit Variation imitirend — kurzweg ab- schlug. Es kommt davon zwar nichts in der Geschichte vor, deshalb aber ist es doch That- sache, dass das auf dem Hirschensprung auf- gestellte Bild des grossen Czaren in Folge eines jüngst verübten Attentates, ein nasen- loses Dasein fristen muss. Hoffentlich werden die Herren Russen, die ohnedies einen Zahn auf uns haben, darum nicht gleich einen Krieg anfangen und die Kosaken über uns schicken? Die kommen ohnedies von selbst alljährlich, wenn es auch nicht gerade Russen sind, um auf dem nicht mehr ungewöhnlichen Wege des Falschspielens einen Feldzug gegen die Taschen gewisser spiellustigen Leute aus- zuführen. (Fortsetzung folgt) 9. Mai. In Bébé lernten wir vorgestern eine fran- zösische Komödie kennen, deren Tendenz einen derartig frivolen Character an sich trägt, dass es schwer hält, auch nur andeutungsweise über das Stück zu berichten. Dreht sich doch das Ganze um einen wahren Rattenkönig von Ehe- bruch und Liederlichkeit! Die Mache des Stückes selbst ist, wie bei den französischen Bühnenstücken fast immer — eine geradezu vortreffliche. Gespielt wurde die Farce mit lobenswerthem Eifer. Bébé (Hr. Nasch) wusste den liederlichen Taugenichts, den die Mutter für einen Engel an Unschuld hält, und der doch durch und durch verdorben ist, trefflich zu zeichnen. Ebenso traf Aigreville (Holz- gärtner) den richtigen Ton, während Frl. Lang- hof die dupirte, kurzsichtige Mutter in über- zeugender Weise zu gestalten sich bemühte. Die Palme des Abends gebührt unstreitig dem Ehepaare Pagay (Kernagou und Toinette), indem Hr. Pagay in Maske und Spiel gleich trefflich war und Frau Pagay die kleine, ver- liebte, intrigante Kammerzofe vorzüglich wiedergab. Petillon (Hr. Ehrenfest) war wie immer brav, auch Beauvert (Straschitz) gab sich redlich Mühe mit seinem Part und die beiden Cocotten Aurelie und Rosita (Frls. Mesch und Neugebauer) sahen so reizend aus, dass man den beiden Schlingeln ihre Sünden wohl vverzeihen konnte. Da uns hier ein zu be- schränkter Raum zugemessen ist, kommen wir auf das Stück und auf die Aufführung in der nächsten Nummer des Wochenblattes nochmals ausführlicher zurück. Theater- und Kunstnachrichten.
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