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Strafen und Belohnungen eines anderen
Lebens; was jedoch die Handlungen betrifft,
durch welche man sich der einen oder der
andern würdig macht, so haben sie davon
auch nicht die entfernteste Spur. Millionen
gibt es in diesem Lande, die nie eine Kirche
betreten oder auch nur die bloße Bedeut-
ung des Wortes Christenthum kennen, die
keinerlei Religion, auch keinen Begriff von
einem zukünftigen Leben haben und jede
religiöse Abhandlung verabscheuen. Neben
unsern katholischen Kirchen wohnen soge-
nannte Protestanten, die vollständige Heiden
und Ungläubige sind, an keinen Gott glau-
ben, von seiner Gnade und von seinem
Evangelium nichts wissen und sich um den
Tod und das Weltgericht so wenig küm-
mern, als ob gar keine Offenbarung vom
Himmel herabgekommen wäre. Essen und
Trinken und schöne Kleidung ist Alles,
wofür sie sorgen. Auch gibt es hier Millio-
nen von heirathsfähigen Mädchen, die von
Gott, von der Menschwerdung des Wortes,
von der Existenz des hl. Geistes nicht den
entferntesten Begriff haben. Wir selbst
frugen einst den erwachsenen Sohn eines
Methodisten, wie viel Götter es nach seiner
Meinung gehe, und er antwortete: sieben;
und als wir dann den Dummkopf aus-
lachten, wollte er an uns seine Muskel-
kraft erproben. Einen amerikanischen Koh-
lengräber frugen wir einmal, ob er Jesum
Christum nicht kenne, und er antwortete
uns: Ich habe schon oft von ihm gehört,
aber noch nie in seiner Kohlengrube gear-
beitet. Ein freier amerikanischer Herr kam
einmal in unsere Kirche und frug ganz
naiv den Küster, wer doch jener INRI sei,
der dort nackt am Kreuze hinge. Das
sind Proben der Bildung und Civilisation
der amerikanischen Protestanten und ihrer
Nachtommenschaft.
Sehen wir uns nun ihre Sitten an.
Hört man so einen Methodisten oder Puri-
taner, so sollte man meinen, sie hätten die
Rechtschaffenheit des Lebens und auch die
Heiligkeit gepachtet, in Wirklichkeit aber
steht die Sache ganz anders. Da steht als
erster schwarzer Punkt die Ehescheidung im
Sündenregister der Protestanten. Die Ehe
hat unter ihnen keinen Schatten von Be-
stand und Heiligkeit mehr. Vielweiberei
existirt überall. Hat der vermögliche Ameri-
kaner auch keine zwei angetrauten Weiber,
so blüht doch unter ihnen das Maitressen-
wesen und die Prostitution. Ueberdieß ver-
geht auch keine Woche, wo nicht Männer
und Frauen wegen Bigamie vor Gericht
stehen. Dann unsere Kindesmorde, durch
welche Millionen Ungeborener jährlich hin-
gemordet werden. Warum haben die ameri-
kanischen Familien höchstens zwei Kinder?
Kennt man nicht in jeder Stadt eigene
Aerzte, die nur vom Morde der Unschul-
digen leben, kennt nicht jedes amerikanische
Weib das Gift zur Vertilgung der Leibes-
frucht? Und dann die Häuser der Sünde
und Schande, wie wuchern sie allenthalben,
wie unzählbar sind sie geworden? Welche
Zeugnisse, welche Abscheulichkeiten stehen
nicht Tag für Tag in den Zeitungen. Und
dann noch die vielen Selbstmorde, die aus
der Sittenlosigkeit, aus dem Mangel an
jedem moralischen Gefühl, jeder menschli-
chen, civilisirten und religiösen Gesinnung
entspringen. Soll das nicht genügen zur
Beleuchtung der protestantischen Sitte?
Nun zum Schluß noch eine Wahrheit.
Der Katholizismus ist gut, wenn auch das
Leben der Katholiken noch so sündhaft wäre,
während der Protestantismus schlecht ist,
wenn auch das Leben des Protestanten noch
so sittlich wäre. Die Katholiken können
nur schlecht sein, wenn sie die Lehren ihrer
Kirche nicht befolgen. Die Protestanten
aber können nur gut sein, wenn sie nicht
nach ihrem Gesetze leben. Luther hat ge-
lehrt, die guten Werke seien schädlich zur
ewigen Seligkeit. Calvin hat gelehrt, daß
von Gott alles Böse wie alles Gute komme;
Gott sei ebensowohl der Urheber des glor-
reichen Bekenntnisses Petri, als des Ver-
rathes des Judas; Jesus habe am Kreuze
verzweifelt, und noch andere Lästerungen,
worüber einem die Haare zu Berge steigen.
Sind nun diese Lehren nicht gottlos in sich
selbst, werfen sie nicht alle Moral über den
Haufen? Ist nicht die ganze Wiedergeburt
der Methodisten eine Scene voll Schmutz
und Greuel? Es ist also wahr, daß die
Anhänger dieser Sektirer nur unter der
Bedingung gut sein können, daß sie solche
Lehren verwerfen und verabscheuen, wie es
denn auch viele zur Ehre der Menschheit
und mit der Gnade Gottes thun.
(Baltimorer Volkszeitung.)
Název souboru:
katholischer-volksfreund-1874-02-19-n8_0670.jp2