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Else war ebenso wenig wie ihr Gatte an harte Arbeit
gewöhnt gewesen, aber beide setzten ihre volle Kraft ein
und sahen in der Beschäftigung, mit der sie sich den Lebens-
unterhalt erwarben, keine Entwürdigung
Falscher Stolz war ihnen fremd, und er wie sie hatten
sich mit ihrer Lage vollkommen ausgeföhnt. Alle ehr-
geizigen Pläne, die Charles ehemals gehegt hatte, waren
langst zurückgedrängt, und oft sagten sie lächelnd zu
einander:
„Mehr als Glücklichsein können wir nicht vom Geschick
verlangen.“ —
Man mag wohl die Behauptung aufstellen, daß für
einen Mann von Verstand und Bildung die Arbeit eines
Weichenstellers eine harte Zumuthung sei, aber Craven
fühlte, daß er all' seine Aufmerksamkeit und Gewissen-
haftigkeit einsetzen müsse, um die übernommenen Pflichten
auf's Beste zu erfüllen; auch hatte er seine Lieblings-
schriftsteller mit sich genommen, als er sein jetziges Amt
antrat, und sie gewährten ihm in den Stunden der Muße,
die ihm ab- und zu blieben, das größte Vergnügen. Zu-
weilen bearbeitete er auch mit Else gemeinschaftlich den
kleinen Garten neben seinem Häuschen und jeder Ertrag
desselben, jeder Blumenstrauß, den Else schnitt, um das
Zimmer damit zu schmücken, wie jede Schüssel Gemüse,
die ihre geschickten, fleißigen Hände auf den Tisch setzten,
bereitete ihm die lebhafteste Freude.
Wieder nahte sich zum dritten Male, seit wir Charles
und Else kennen, das Jahr seinem Ende, und der Weih-
nachtstag kam heran.
„Was wird er uns wohl dießmal bringen?“ fragte
Schön-Else mit ächt weiblicher Neugier.
Sie ahnte nicht, was ihr vom Schicksal für diesen
Tag vorbehalten war. —
Wir erwähnten bereits, daß Craven und seine Frau
mit einem alten Diener des Generals Walfort in Verbindung
geblieben waren und daß dieser ihnen dann und wann
brieflich Nachrichten über das Ergehen des alten Herrn
zukommen ließ. Wie aber erschrack Else, als James
Shephard am Morgen des dritten Weihnachtstages unver-
muthet in ihr Stübchen trat.
„Bist Du es wirklich, James?“ rief sie erstaunt, und
eilig wurde der Korb mit den Kartoffeln, welche sie soeben
schälte, auf den Boden gesetzt, um den alten Mann zu
bewillkommen.
„Ja, gnädige Frau, ich bin es,“ antwortete James
ehrfurchtsvoll, indem er seinen Hut abnahm, „bitte, er-
schrecken sie nicht, ich muß Ihnen eine böse Nachricht bringen.
Ihr Herr Vater ist gefährlich erkrankt und hat den Wunsch
ausgesprochen, Sie, gnädige Frau, noch einmal zu sehen,
bevor es mit ihm zu Ende geht.“
„Mein Vater ist krank?“ rief Else tief ergriffen, und
Thränen innigster Kindesliebe füllten ihre Augen. „Ich
hatte immer gehofft, er würde uns wieder verzeihen, und
Alles sollte noch gut werden.“
Charles, der soeben in's Haus getreten, war, hatte
diese Worte gehört, er beschloß sofort, seine Frau zur
Stadt zu begleiten, verschaffte sich Urlaub und Beide fuhren
mit dem nächsten Zuge ab.
(Fortsetzung folgt)
Ende voriger Woche passirte beim Haberfassen einer hiezu des
orderten Abtheilung von 12 Mann Landshuter Cuirassiere durch
unkluges schnelles Fahren das Malheur, daß einer der beiden Wägen
umstürzte, wodurch einem derselben die Hirnschale zerschmettert,m
zweiten ein Fuß und ein Arm abgebrochen wurde und weitere se
Mann nicht unbedeutende Contusionen davon trugen.
In dem Orte Mühle bei Schillingsfürst schlug der Blitz
in ein Taubenhaus. Der Strahl fuhr durch den a
tödtete eine Taube, nahm dann seinen Weg in's Wohnzimmer,
trümmerte daselbst ein Fenster und traf die an demselben sitzende
Tochter, jedoch nicht tödtlich. Sie wurde nur betäubt, und sind
einzelne Stellen des Körpers, namentlich der Rücken, wo der Strahl
hinabfuhr, vom Blut ganz' roth unterlaufen. Das Zimmer war
sehr mit Schwefeldämpfen angefüllt. Die getroffene Tochter erholie
sich unter ärzlischem Beistand sehr bald wieder, und sind die Be-
wohner des Hauses, da der Strahl nicht zündete, im Ganzen ge-
nommen, nur mit eiuem tüchtigen Schrecken davongekommen.
In Lochhausen hat der Blitz das Bahnwärterhäuschen bei
der Station entzündet und in Asche gelegt.
Der Congreß der Leichenverbrennungsvereine in Gotha hat
zur Herstellung eines Verbrennungsofens dortselbst 10,000.
willigt, ein Engländer, ein Russe und eine Dame in Leipzig spendete
je 1000 Mk., so daß der Ofen nun gebaut werden wird. Dieoen
einer Verbrennung sind auf 10 Mk. berecnet.
In Milkau bei Beuthen ritt ein Dienstknecht mit 4 Pferden
durch die Oder. Da ihm der Wind die Mütze entrissen hatte, schwammn
er derselben nach: indessen die Pferde sich verkoppelten und er
nebst dreien der Thiere erteank. Das vierte enkkam und schwamm
an das Ufer.
Die Wittwe eines Militärs zu Frankfurt a. M. hat sich
auf schreckliche Weise das Leben genommen. Sie vereinigte zu einem
Dekokte die Köpfe von 12 Schachteln Streichhölzern, eine gehörige
Dosis Strichnin und einen Schoppen Ameisenspiritus. Der'od
der Unglücklichen erfolgte, nachdem sie diesen Höllentrunk zu sich
genommen, erst nach langer Zeit.
In Wetter a. d. Nuhr nahm eine Frau, welche früher
in guten Verhältnissen gelebt hatte, ihre drei Kinder im Altervon
2, 5 und 8 Jahren mit auf den Weg' nach der Ruhr. Hier ange-
kommen, warf sie zuerst das 8jährige Mädchen in die Fluthen, süzte
sich dann mit den 2 kleineren Kindern, an jeder Hand eines haltend,
in den Fluß und fand mit diesen den gewünschten Tod.
Aus Rom meldet man, daß der Papst am Tage Peter und
Paul einem Judenmädchen, welches an diesem Festage, nachdem es
sich hatte taufen lassen, einen Christen heirathete, ein Hochzeitsgeschenk
von 50,000 Francs gespendet habe.
Eine gewiß seltene Hochzeit fand erst vor einigen Tagen zu
Paris statt; es war dieß die Civil-Trauung der beiden Sträflinge
Mailard und Brignault, von denen jeder zu 20 Jahren Zwang-
arbeit verurtheilt ist, mit den Mädchen Piat und Coutourier, deren
jede ebenfalls auf 10 Jahre Zwangsarbeit condemnirt ist. Vier
Fiaker brachten sie unter berittener Escorte aus dem Gefängnässe von
Mazas nach der Mairie des 12. Arrondissements, wo die Trauung
stattfand, acht Sicherheits-Agenten fungirten dabei als Beisände,
die den Grautpaaren beständig zur Seite blieben, und eswaren
alle Vorsichtsmaßregeln getroffen, um jeden etwaigen Fluchtversuch
zu verhindern.
Chamer Schranne vom 6. Juli 1876.
des Doppel-Hektoliters.
Höchster. Slitilerer.
Priedrigf.
Mrt.
Pfg.
Mrk Pfa
Weizen
Haber
Gerste.
Neunburger Schranne vom 5. Juli 1876.
Vermischte Nachrichten.
Straubing, 7. Jult. Bierbrauer' und Thierarzt Sandner
von Osterhofen wurde von der Anklage auf durch Gift verübten
Mord seiner Frau freigesprochen.
Deizen
Korn 8
Gerste.
Haber
Redaktion, Druck und Verlag von Ph. Vrönner, Buchdrucker in Cham.
Název souboru:
amtsblatt-cham-roding-1876-07-08-n55_2040.jp2