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1. Jänner 1898 �Karlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr. 1 Seite 5 und Zustellungs-Abtheilung: Official Kirchner v. Nesutircheln, zugleich zahlungsbetreiben der Beamte, Kanzelist Johann Sauer, zwei Gehilfen, drei Gerichtsdiener und ein Zustellungsbote. — Die Geschäftszeit wurde nachstehend bestimmt: An Wochentagen von 8 bis 12 Uhr vormittags und von 2 bis 5 Uhr nachmittags, an Feiertagen von 8 bis 12 Uhr vormittags. — Die Einlaufstelle wird zu nachbezeichneten Stunden offen gehalten sein: An Wochentagen von 8 bis 11 Uhr vormittags und von 2 bis 4 nachmittags, an Feiertagen von 8 bis 12 Uhr nachmittags. An Sonntagen und am Weihnachtstage (25. December) von 8 bis 11 Uhr vormittags. (Verurtheilter Simulant.) Wie humane Arbeiter-Institute, deren Fonds größtentheils aus den Kreuzern der Arbeiter gebildet, selbst wieder von Arbeitern und sogar von Arbeiterführern aus. genützt und durch Simulation und Betrug ge- schädigt werden, zeigen die, sich in letzter Zeit be- sonders mehrenden Strafanzeigen, welche die Be- zirkskrankencassa gegen solche Individiuen anzu- strengen genöthigt ist, die es vorziehen, dem Kassen- arzt Arbeiterfreundlichkeit zu simulieren, um nicht nur den Arbeitslohn sondern auch von der Kassa, von dem Gelde, das der ehrliche Arbeiter für wirklich Unterstützungsbedürftige einzahlt, Unter- stützung zu beziehen. Zum mindesten bedauerlich ist es, wenn solchem schwindelhaften, gewissenlosem Vorgehen von, sich als besonders arbeiterfreundlich zeigenden Arbeitern gehuldigt wird, von Arbeitern die als leuchtendes Vorbild für ihre Genossen gelten wollen. — Ein Tagarbeiter, zur Zeit auch Obmann der Organisation der Fuhrwerksgehilfen in Karlsbad bezog von der Bezirkskrankencassa Krankengeld, war aber nachgewiesenerweise bei einer Porzellanfirma als Kutscher in Beschäftigung. Bei der über Anzeige der Bezirkskrankencassa beim k. k. Kreis- als Be- rufungsgerichte stattgefundenen Verhandlung wurde der Betreffende zu 48 Stunden Arrest, verschärft mit einer Faste, zu Ersatz des widerrechtlich be- zogenen Krankengeldes und zur Tragung der Kosten verurtheilt. Vermischtes. (Der Pole und das Ausland.) Kein österreichi- scher Minister hat die Hilfe des Auslandes so sehr ge- sucht als der abgethane; keiner hat so viel darauf gesehen, die Deutschen sogar ihren natürlichen Stützen, den Deutschen im Reich, zu entfremden. Wie erfolgreich er war, be- weist die Fortsetzung dieser Verleugnung der Deutsch- Oesterreicher im Auslande. Wir glauben, daſs der Herr Landsmann Badeni's, der unsere äußere Politik leitet, eben auch nicht viel weiter vom Stamm gefallen ist als der verflossene Ministerpräsident. Hier ein Beispiel, wie zu können. Die Erhabenheit der Frauenliebe kennt keine Grenzen.“ Seine Frau kniete an seinem Lager, drückte den Kopf in seine Kissen. Sie konnte bisweilen kein Wort des Trostes finden, nur seine Stirn mit dem leichten Hauch ihres Mundes berühren, ihre Hand sanft auf die seine legen, sein Leid nur durch ihre Gegenwart beschwichtigen. „Erzähle mir von Deinem pariser Leben,“ fuhr sie fort, um ihn über die alten Erinnerungen seine gegenwärtigen Schmerzen vergessen zu lassen. „Daſs muss höchst interessant gewesen sein.“ „Ich war am Steigen und Fallen der Aktien und an den Männern, die Frankreich regierten, nur insoweit interessirt, als ihr Verhalten die Börse beeinflußte. Ein Mann, der sich auf Leben und Tod in einen Kampf stürzt, hat keine Zeit, an etwas zu denken, und die äußere Welt existirt nicht für ihn.“ „Und die tonangebenden Geister des Kaiser- reichs, die Männer der Wissenschaft, die Schriftsteller, die Maler sind Dir fremd geblieben?“ „Wie naiv Du bist, mein Kind! Die Leute, die Bücher schreiben und Gemälde malen, haben keinen direkteren Einfluß auf eine Epoche, als die Schneider, welche Röcke bauen, und die Modisten, welche Kostüme anfertigen. Die Staatsmänner und die Finanzgrößen sind es, welche den Ton angeben. Die beherrschen ihr Zeitalter. Alle Uebrigen sind sich in englischen Zeitungen, dem Lande des Parlamen- tarismus, unsere Verhältnisse wiederspiegeln. Lloyd's Weekly schrieb .........„Die Unruhe kommt von dem Umstand, daſs seit Jahren der Versuch gemacht wurde, den Deutschen die Vorherrschaft in einem Volke gemischter Stämme (?) zu geben. Als die Regierung die tschechische Sprache in den tschechischen Aemtern der deutschen einfach gleichstellte, erhoben sich die Deutschen dagegen, in der Hoffnung, die deutsche Sprache der ganzen Gemeinde aufzuzwingen. Die Tschechen, die die wahr- haften Oesterreicher sind (!), die Polen und die — Ungarn machen daher gemeinsame Sache gegen die Deutschen. .... und so geht der Kampf fort, der für Europa eine Schande und eine Gefahr zugleich ist.“ Dasselbe Blatt erzählt, als ob es sich um eine Wirtshausrauferei handelte, mit der größten Gleichgiltigkeit das Eindringen der Polizei in das Abgeordnetenhaus, um dort Ruhe zu schaffen. Es fällt ihm gar nicht ein, einen Fehler bei Jenen zu suchen, die eine gesetzliche Obstruction mit ungesetzlichen und Gewaltmitteln niederdrücken (nicht einmal bekämpfen) wollten. Das ist der klarste Beweis, daſs diesmal — der Gulden rollte. (Ministerpräsident Banffy steckbrieflich verfolgt.) Der Lemberger „Novy Narod“ schreibt: „Wir machen hiermit die österreichischen Gerichtsbehörden und Sicherheitsinstitute darauf aufmerksam, daſs der un- garische Ministerpräsident Banffy im Falle seines Wieder- erscheinens auf österreichischem Boden zu verhaften und den Kriminalbehörden einzuliefern sei. Der Genannte wird seit dem Jahre 1872 steckbrieflich deswegen verfolgt, weil er damals an der galizisch-ungarischen Grenze an mehreren Stellen die Grenzpfähle herausgerissen und zer- trümmert hat. Dessenungeachtet bewegt er sich von Zeit zu Zeit ganz ungeniert in Wien und unterhandelt da mit den Vertretern der Regierung. Da eine Verjährung dieses Falles noch nicht eingetreten ist, wundert es uns sehr, daſs die Wiener Polizei so wenig für die Wahrung der österreichischen Gesetze sorgt.“ (Die einfachste Elektrisiermaschine) ist ein Blatt Papier in der Größe eines Viertelbogens. Man erwärme dasselbe an einem Ofen oder über eine Lampe lege es auf eine polierte Tischfläche und streiche einige Male mit der flachen, trockenen Hand darüber. Hebt man das Blatt an einer Ecke auf, so spürt man an dem Widerstande die elektrische Anziehung zwischen dem Tisch und dem Papier. Ist die Trockenheit der Hand genügend und war das Papier gut erwärmt, so zeigt sich eine Lichterscheinung, wenn der letzte Zipfel des Papiers von dem Tisch getrennt wird. Reiben mit erwärmtem Pelz- werk, Fuchsschwanz oder Katzenfell steigert die Erschei- nungen, welche bei dem sogenannten Pycopapier (Nitro- celluloje-Papier) am schönsten au treten. (Des Bezirkshauptmannes väterlicher Rath an die Tschechen.) In Tetschen wurden massenhaft Tschechen gekündigt, die nun durch eine Abordnung den dortigen Bezirksbauptmann um Rath angiengen was zu thun sei, worauf der Bezirkshauptmann der Abordnung bedeutete, die gekündigten Tschechen mögen die Wohnungen nicht räumen, sondern die gerichtliche Kündigung ab- warten. (!?) Dieses Benehmen des Bezirkshauptmannes erregt unter den Deutschen Tetschens die größte Erbitterung und wurden dem Bezirkshauptmann sowie den Tschechen nunmehr die Wohnungen gerichtlich gekündigt. (Unzulässig, retour.) Aus Gabel wird der „Reichenberger Deutschen Volksztg“ berichtet: Diese beiden harmlosen Worte, welche sich gut zu einem Refrain für ein Couplet verwenden ließen, verstehen gewisse Postbedienstete in einer unverfrorenen Weise zu schwingen. Ein Fall, der wirklich der Erwähnung wert ist, kam vor einigen Tagen hier vor. Ein hiesiger Deutscher sandte eine Karte des Bundes der Deutschen lin Böhmen, wie sie zu hunderten abgesendet werden, vor einigen Tagen ab. Am gestrigen Tage nun kam dieselbe Karte mit der Bemerkung „unzu- lässig, retour“ zurück. Dieses Vorgehen eines jedenfalls tschechischen, oder was noch schlimmer wäre, eines mit den Tschechen haltenden deutschen Postbediensteten zeigt sich aber erst im rechten Lichte, wenn man neben den schönen Worten „unzulässig, retour“, wie man es gewohnt ist, den Stempel jenes Postamtes sucht, von wo aus die Zurück- sendung erfolgte, und denselben leider Gottes — nicht findet. Die Herren Tschechen suchen sich eben an allem, was deutsch ist, zu rächen. Solche Herren scheinen sich die Devise „unzulässig, retour“, welche mit dem Falle ihres Herrn Badeni in innigem Zusammenhang zu bringen ist, unzulässig, retour nach Polen“ recht sehr zu Herzen ge- nommen zu haben. Der Absender der Karte hat sich sofort an die Postdirection in Prag gewendet und diese wird hoffentlich in dieser Richtung etwas veranlassen. Da dieser Telegramme. Prag, 31. Dec. Das Testament des Advo- caten Dr. August Hancke wurde heute eröffnet. Es verfügt u. A. Folgendes: Zum Erben meines Ver- mögens ernnene ich den Verein Deutsches Casino in Prag. Sollte zur Zeit meines Todes dieser Verein nicht mehr bestehen, so ist mein Erbe der Deutsche Theaterverein in Prag. Sollte zur Zeit auch dieser aufgelöst sein ist Erbe meines Vermögens Herr Alex. Richter, Fabrikant in Smichow, an den ich die Bitte stelle mit meinem Nachlassvermögen deutsche Zwecke in Prag zu fördern. Die Uebereinstimmung unserer politischen und nationalea Gesinnung ist mein Bürge für die zweckmäßige Verwendung meines Nachlasses. Selbstverständlich unterliegt die Er- füllung meiner Bitte keiner Controle des Gerichtes. An Legaten bestimme ich den Kindern meiner Cou- sine Emma Peterka geb. Haubtmann, Karl Richard und Otto Peterka je 20.000 fl. allen in meiner Kanzlei zur Zeit meines Todes und wenigstens seit einem Jahre in Verwendung stehenden Concipienten, Kanzellisten, Schreibern und Dienern je einen sechs- fachen Jahresgehalt, nachstehenden Vereinen je 5000 fl. Lese-Redehalle der deutschen Studenten in Prag, dem deutschen Turnverein in Prag dem deutschen Männergesangverein in Prag, dem deutschen Hand- werkerverein in Prag, dem Verein zur Errichtung und Erhaltung des deutschen Mädchen yceums in Prag, dem Verein deutscher Schriftsteller und Künstler „Concordia“ in Prag, dem deutschen Theaterverein in Prag. Die Büchersammlung fallt dem Advocaten Dr. Kiemann zu, den näheren Verwandten und Freunden wird es freigestellt, sich aus dem Nachlasse ein Andenken zu wählen. Zum Substituten betr. das Advocatengeschäft wird Dr. Joachim Reichenstein, in Verhinderung Dr. Hans Kiemann, Dr. Alfred Goldschmidt oder Dr. Dr. Anton Kiemann bestellt, zum Testaments- vollstrecker Dr. Hans Kiemann. Mein Leichenbegängniß hat in einfachster Weise mit Vermeidung aller überflüssigen Kosten zu erfol- gen, doch wünsche ich, wenn es mit diesem Princip vereinbar ist, verbrannt zu werden. Da die Be- stimmung des Testaments in Ansehung des Leichen- begängnisses nicht als bindend hingestellt ist und überdies der Beisetzung der Aschenurne in heimat- licher Erde Schwierigkeiten entgegenstehen würden, hat der Testamentvollstreckr im Einvernehmen mit der Familie und Verwandten beschlossen, den Ver- blichenen in der Familiengruft in Wolschan beisetzen zu lassen, damit dem Grabe für alle Zeit die schul- dige Pietät erwiesen werden könne. Das Begräb- nis findet Sonntag Mittags aus dem deutschen C sino statt Wien, 31. Dec. Im Unterrichtsministerium tagte am 28. und 29. eine Commission behufs Aufstellung eines neuen Normal Lehrplanes für Realschulen. In der Eröffnungsrede betonte der Unterrichtsminister, dass an der Grundlage der Realschule nicht gerüttelt zu werden braucht, und daſs die auf dieser Grundlage er- reichten Resultate anerkennenswerte sind und das Vertrauen in ihre Organisation nur zu verstärken vermögen. Zur Diseussion wurden nur jene An- regungen gestellt, welche im Rahmen der gegen- wärtigen Organisation erledigt werden können, weil zu einer radicalen Umgestaltung einerseits ein wirk- licher Anlass nicht vorliege, anderseits die ver- wickelten legislativen Verhältnisse eine rasche Durch- führung weitgehender Verbesserungen kaum erwarten ließen. Wien, 31. Dec. Die „Wiener Zeitung“ publiciert ein kaiserliches Handschreiben an den Ministerpräsidenten Freiherrn v. Gautsch, mit welchem die Quote der Beitragsleistung zu den gemeinsamen Angelegenheiten beider Reichshälften im Sinne des Gesetzes vom 21. December 1867 für die Dauer des Jahres 1898 unverändert bleibt. — Die „Wiener Zeitung“ publiciert ferner die kaiserliche Verordnung an das Gesammtministerium, nach welcher Herr Postbeamte es noch nicht zu wissen scheint, wollen wir ihm mittheilen, daſs die Bundeskarten zur Postbeförderung wieder zugelassen werden. Es gibt aber gewisse tschechische Postbeamte, die sich mehr mit nationalen, als mit postalischen Sachen befassen, so z. B. mit dem Einstudieren tschechischer Couplets zur Aufführung in den „Besedas“ und bei ver- schiedenen tschechischnationalen Veranstaltungen. Sklaven“ (Fortsetzung folgt.)
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karlsbader-badeblatt-1898-01-01-n1_0065.jp2