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Er will sich eine Frau verdienen. Aus dem amerikanischen Volksleben. „So, so; meine Tochter möchtet Ihr haben, junger Herr?“ sprach Farmer Blifkins, die Pfeife aus dem Munde nehmend und den jungen Mann, der vor ihm stand, mit einem strengen Blicke von Kopf bis zu den Füßen messend. Trotz seines indolenten und weibischen Wesens, das hauptsächlich nur Folge einer verkehrten Erziehung war, konnte Luke Jordan in der That für einen schönen jungen Mann gelten; und er wußte das und that sich nicht wenig darauf zu gute. Jetzt aber stand er da, sich verfärbend und verwirrt unter dem forschenden Blicke des Vaters seiner Geliebten. „Ja, Herr“, brachte er endlich mit Mühe hervor und setzte dann etwas muthiger fort: „Ich sprach vorigen Abend mit Mary und — sie wies mich an Euch, den Vater.“ Des alten Mannes strenges Aussehen erheiterte sich ein wenig. „Mary ist ein gutes Mädchen, ein sehr gutes, braves Mädchen“, sagte er, sein Kinn mit nachdenklicher Miene streichelnd. „Und sie verdient auch einen braven Mann. — Was könnt Ihr?“ Diese so jählings gestellte Frage verwirrte den jungen Mann noch mehr. „Wenn Ihr damit meint, ob ich im Stande sei, eine Frau zu ernähren — so kann ich nachweisen „O, das weiß ich schon, daß Ihr reich seid, Luke Jor- dan; aber ich denke doch, daß mein Mädchen Euch und nicht Eurem Vermögen angeheirathet werden soll. Was für eine Garantie könnt Ihr mir nun für den Fall bieten, daß Euer Vermögen — wie es doch tausend Mal vorgekommen ist und vorkommt — Schiffbruch litte? Wie wollt Ihr dann für ihre Zukunft sorgen? Wozu habt Ihr Euern jungen Kopf und zwei kräftige Arme? Wißt Ihr dieselben auch zu gebrauchen? Was versteht Ihr?“ Auf eine solche Art und Weise verhört zu werden, war Lucke ganz und gar nicht gefaßt. Er starrte verlegen den Frager an und vermochte auch nicht eine Silbe hervorzu- bringen. „Ich meine, daß Ihr och ein College besucht habt. Welchem Fache habt Ihr Euch denn gewidmet?“ „Keinem, Herr; denn ich dachte —“ „Oder betreibt Ihr irgend ein Geschäft?“ „Nein, Herr; meine Mutter meinte, daß bei dem Ver- mögen, welches ich einmal haben werde, das Alles nicht nöthig sei.“ „Dann meinte Ihre Frau Mutter — Nichts für ungut! Aber wenn ich Euch so dastehen sehe, einen kerngesunden, wohlgebauten, jungen Mann von zwanzig Jahren, und denke, daß Ihr in Eurem ganzen Leben nicht einen Dollar Geld verdient habt — Nichts für ungut, aber schämen solltet Ihr Euch, Ihr und Eure Frau Mutter!“ „Und Ihr wollt meine Tochter zur Frau?“ setzte der Alte seine durch etliche kräftige Züge aus der Pfeife unter- brochene Stand- und Strafrede fort. „Nun, ich habe Mary so gute Gelegenheit zu ihrer Ausbildung gegeben, als irgend ein Mädchen im ganzen Townbezirke erhalten haben mag, und sie hat dieselbe auch wohl benützt. Aber, wenn sie trotz alldem nicht auch zu arbeiten verstünde, würde ich sie nicht als meine Tochter anerkennen. Iw könnte mir mehr als eine Magd halten, aber ich thu's nicht. Sie soll das lächelnde, frohblickende, rosenwangige Mädel bleiben, das sie ist; ich will keine oleiche, matte Dame mit Magen- schmerzen und Ach's und O's. Verschworen hab' ich's, daß sie je ein Junge heirathen sollte, der mit einem reichen Vater heimgefucht ist, aber sie hat nun einmal eine thö- richte Zuneigung zu Euch gefaßt. Hört also meinen Rath: Macht Euch dran und lernt — arbeiten. Erweiset Euch als einen Mann! Werdet in irgend einer Beschäftigung tüchtig; ich frage nicht danach, was es ist, wenn es nur etwas Anständiges ist. Dann kommt wiederum zu mir, und wenn das Mädchen Euch dann noch will, so soll sie auch die Eurige werden.“ Nachdem der alte Mann dieß gesprochen, klopfte er die Asche seiner Pfeife bedächtig an einer Säule der Halle aus, in der er gesessen, schob das Instrument in die Tasche seiner Jacke, wandte sich und ging in's Haus hinein. Die hübsche Tochter Blifkins' aber, Mary, wartete unten an der Gartenthür, wo sich auch sonst die jungen Leute zu sehen und zu sprechen pflegten, auf ihren Lieb- haber. Alle Heiterkeit aber wich aus ihren Zügen, als sie dessen ernstes und niedergeschlagenes Aussehen bemerkte. „Der Vater meint es gut“, tröstete sie ihn, nachdem Luke ihr das Resultat seiner Freiwerbung erzählt hatte. „Und ich weiß nicht, ob er nicht Recht haben mag“, setzte sie nach einer nachdenklichen Pause hinzu, „denn es will mir so vorkommen, als müsse doch ein jeder Mann, sei er reich oder arm, irgend eine Beschäftigung treiben.“ Dann, als sie sah, wie niedergeschlagen und traurig ihr Geliebter vor sich hinsah, legte sie ihm die Hand auf die Schulter und fügte mit weicher, zärtlicher Stimme hinzu: „Mag's sein, wie's will, Luke, ich will doch auf Dich. warten!“ — Luke Jordan war, zu nicht geringem Erstaunen seiner Kameraden plötzlich verschwunden und fehlte auf der Pro- menade, in Cafés und Salons. Wo war er? Niemand wußte es zu sagen. Er blieb verschwunden, und wir wür- den — denn was ist von einem verzweifelten Liebhaber nicht alles zu erwarten — ernstlich für ihn fürchten, wenn wir nicht das letzte Abschiedswort der schönen Mary gehört hätten: „Ich will doch auf Dich warten.“ Es war an einem schönen, sonnigen Herbstmorgen, und Farmer Blifkins prüfte eben den Weinstock, welcher sich an der Frontseite des Hauses hinanrangte, zu stützen, da er unter seiner köstlichen Bürde niederzubrechen drohte, als ein hübsch aussehendes Wägelchen dahergefahren kam, auf dem eine Ladung Küferwaaren gar künstlich aufgebeugt war, der Rosselenker aber war Niemand anders, als Luke Jordan. Vor der Gartenthür war derselbe dann auch mit schnellem, elastischen Sprunge vom Fuhrwerke und auf dem (Schluß folgt.) Boden. Straubinger Schranne vom 29. Dezember 1877. Durchschnittspreis des Doppel-Hektoliters. Niedrigst Höchster Mittlerer Mkt. Pfg. Mk. Pfg. k. Pfg. Weizen Korn Gerste Haber Regensburger Schranne vom 29. Linsen Dezember 1877. Weizen Korn Gerste Haber Redaktion und Verlag von Ph. Brönner in Cyam 12f Druck von J. Mayr in Stadtamhof.
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