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Freitag, am 1. Dezember 1933.
einbringungsfall zu einem Tag mehr Arrest
verurteilt.
Waffen wollten sie angeblich verkaufen, um zu
Geld zu kommen. Dann zogen sie bettelnd um-
her. In Karlsbad wurden sie aufgegriffen. Bei
dieser Gelegenheit fand man bei ihnen die
Waffen. Sie waren angeklagt wegen Verbre-
chens des Diebstahls, Uebertretung des Waf-
fenpatents und Vergehen der Vagabundage.
GR. Dr. Dušanek verurteilte sie im Sinne
der vom Staatsanwalt Dr. Hoyer vertrete-
nen Anklage. Die Strafe lautete auf drei
Monateschwerer Kerker mit monat-
lich einer Faste und Wahlrechts-
verlust unbedingt. Die Waffen wurden
dem Eigentümer wieder ausgefolgt. Wegen der
Uebertretung des Waffenpakents wurden die
beiden weiter zu je 50 K5 Geldstrafe, im Nicht-
Die weltliche Eidesformel in Deutschland abge-
schafft. Am 1. Jänner 1934 tritt ein Gesetz in
aft, das eine neue Eidesformel vorsieht. Wäh-
rend bisher der Zeuge die ganze Eidesformel nach-
sprechen mußte, erfolgt in Zukunft die Eidesleistung
derart, daß der Richter die Eidesformel „Sie schwö-
ren bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden,
daß Sie nach besten Wissen die reine Wahrheit ge-
sagt und nichts verschwiegen haben“, während der
Zeuge antwortet: „Ich schwöre es, so wahr mir Gott
helfe.“ Die sogenannte weltliche Form' des Eides
wird in Zukunft nicht mehr zugelaßen. Stumme
schreiben die Eidesformel nieder. Wenn sie nicht
schreiben können, wird ein Dolmetscher herangezo-
gen.
St. Nikolaus
— Eine Toschenlom-
kommt.
pe mit der Botterie PAlABA ist ein
stets willkommenes Geschenk, denn
sie erfreut nicht nur, sie leistet in den
finsteren Winternächten unschötz-
bare Dienste. Butterie PAABA —
die Butterie kür den
täglichen Be-
darf.
Theater und Kunst.
Ein halbes Fahr Amorika.
Von Dorothea Wiec.
Dorothea Wieck, deren erster Film in
Amerika soeben beendet wurde, stellte nach
einem halbjährigen Aufenthalt in den
Vereinigten Staaten ihre Eindrücke in dem
nachfolgenden Beitrag zusammen.
Ein halbes Jahr Amerika! Bei meiner Ankunft
in Newyort war ich bestürzt darüber, was man
alles mit mir anstellen wollte, wie wan mich pho-
tographieren wollte, wie ich alles beschreiben sollte,
was mich interessiert. Und ich hatte doch nur den
einen Wunsch: schon in Hollywood sein, im Atelier
stehen und — arbeiten! Und ich mußte erkennen,
daß das ein weiter Weg war bis dorthin. Nicht
nur die vier Tagesreisen von einer Küste zur an-
deren.
Man ist hier gründlich und muß gründlich sein.
Versuche so schlechthin, sogenannte „Experimente“,
will man nicht machen; der Künstler nicht und auch
nicht die Produktion. Man ist von vollendeter Zu-
vorkommenheit und Gastfreundschaft. Man hlift
einer Lady in jeder Hinsicht, ihr das Privatleben
zu erleichtern. Man tritt rechtlich für sie ein, wenn
es not tut. Man versucht mit einem Wort, alles
für sie zu tun, um ihr ein Gefühl des „Heimisch-
seins“ zu geben. Wenn das einigermaßen erreicht
ist, beginnt die Arbeit. Vielmehr die Vorbereitun-
gen für die Arbeit. Und dann ist man eben — Ar-
beiter. Und je mehr man sich dann als solcher
fühlt, je mehr man sich auf seine Rolle konzentriert.
sie durcharbeitet, in sich verarbeitet, um so größer
ist auch die Einstellung der Produktion auf den
Künstler. Der Arbeitswille allein entscheidet zu Be-
ginn. Und aus dieser Intensität soll dann der Er-
folg entstehen.
Ich habe meinen ersten mir zugedachten Film
abgelehnt: nicht so obenhin, sondern aus einer Be-
gründung, die meinen ganzen Wesen entsprang.
Und ich glaube, daß gerade dieses Ablehnen mit
die Verantwortlichen der Paramount näher ge-
bracht hat, als wenn ich einfach die Verantwortung
auf deren Schultern geladen hätte. Jetzt sind wir
Arbeitsgenossen; jetzt weiß einer vom anderen,
was er will.
Und nun geht es an die Arbeit. „Wiegen-
lied“ heißt mein Film, nach einem Bühnenstück
des iberö- amerikanischen Dichters Martinez Sierra,
Her an der Produktion mitarbeitet. Mit tausend
Hoffnungen gehe ich an diesen Film heran: das
Thema und die Rolle liegen mir; die Regie führt
geben Mitchell Leisen dem „director“ wie der Re-
gisseur hier heißt, eine Frau, Nina Mois. Sie war
gahrelang Stimmbildnerin in den Paramount-
Studios und ist die erste Frau, die seit Beginn des
Tonfilms zur Regisseurin avanciert ist. Wir haben
einen unvergeßlichen Aufenthalt als Gäste einer
Klosterschule in Pasadena hinter uns. Wir lebten
dort einige Zeit unter den Nonnen und ich fand
als Aebtiffin sogar eine Landsmännin vor. In
wundersamer Stille, hoch oben auf einem Berg mit
dem Blick über die kalifornische Landschaft, über
Hollywood, saßen wir und teilten das Dasein die-
ser Frauen in der Abgeschiedenheit. Man lernt
dort den Alltag mit seinen Aeußerlichkeiten fast
vergessen und sieht Schicksale, von denen ich eins
in meinem neuen Film vertörpern soll. Man wur-
de seiner künstlerischen Arbeit so nahegerückt, daß
man nur noch den einen Gedanken hatte: jetzt ins
Atelier können und so die Rolle gestalten!
Wünsche — auch das ging nicht so schnell. Aber
der Eindruck vom' Leben der Nonnen blieb. Und
ich möchte alles das wiedergeben, was ich dort
empfing, Hoffentlich wird es mir auch gelingen.
Hoffentlich wird man mich verstehen, so wie man
in ganz Amerika mein „Fräulein von Bernhurg“
verstanden hat. Und auch die Meinen zu Hause
und das deutsche Publikum, an das ich immer wie-
der dabei denken muß. So, wie ich mir den Film
zurechtgelegt habe, ist er bestimmt ein Werk, das
in Mikteleuropa verstanden werden wird, ja, in
seinen Motiven sehr hoch schätzt, vielleicht noch höher
als hier. Und wenn es auch noch für mich ein Er-
folg würde, hier und zu Hause — klopfen wir nach
gutem alten Brauch schnell dreimal an Holz!
Egerer Stadttheater.
Freitag, den 1. Dezember 1933, 3/48 Uhr abends,
Wiederholung der mit durchschlagendem Erfolge
aufgenommenen Dichtung „Kette“ v. Justus Mann.
Preistafel 1. Um falschen Gerüchten entgegenzutre-
ten, sei bemerkt, daß zwischen Antor und Theater-
leitung das vollſte Einvernehmen herrscht und keine
wie immer geartete Differenz besteht.
Samstag, den 2. Dezember, 2/48 Uhr abends, und
Sonntag, den 3. Dezember, halb 8 Uhr abends,
Operetten-Premiere „Rund um die Liebe“ von Os-
kar Straus. Preistafel 2.
Montag, den 4. Dezember, 2/28 Uhr abends, Ab-
schieds- und Ehrenabend Fritz Herbert-Schneider,
„Der Strom“, Drama in 3 Aufzügen von Max
Halbe. Preistafel 1 plus Ehrenabend-Abgabe von
Kε —.50 bis 3.—.
Letztes Auftreten Fritz Herbert-Schneider.
Wie bereits gemeldet, verabschiedet sich Fritz
Herbert Schneider, welcher sich in kürzester
Zeit die Sympathien unseres Publikums errun-
gen hat, Montag, den 4. Dezember in dem
Schauspiel „Der Strom“ von Max Halbe,
nachdem der Künstler anderweitigen Verträgen
und Verpflichtungen nachzukommen hat.
„England erwache!“ — Vernard Shaws neuestes
Theaterstück. Bernard Shaws neuestes Theaterstück
„Auf dem Felsen“ wurde in London mit großem
Erfolge aufgeführt. Wie der „Kaiser von Amerika“,
so ist auch dieses Stück politischer Natur. Es be-
faßt sich besonders mit den gegenwärtigen politi-
schen Strömungen in England. Die meisten Szenen
spielen in der Downing-Street Nr. 10. wo der eng-
lische Ministerpräsidenk zunächst eine marxistisch-
kommunistische Reform Englands durchzuführen
versucht, die aber kläglich mißlingt. Das gesamte
Kabineti tritt zurück und der Ministerpräsident
kommt, nachdem er selbst zurückgetreten ist, zur
Ueberzeugung, daß das Land nur durch Beseiti-
gung des Parlamentes und durch eine Diktatur ge-
rettet werden kann. „Besser ein einziger Diktakor
als ein schmutziger kleiner Diktator in jeder
Straße“. In der Schlußizene belagert eine große
Menschenmenge die Wohnung des Ministerpräsiden-
ten, wirft die Scheiben ein und singt: „England
erwache!“
Wettbewerbsausschreibung! Die Leitmeritzer Orts-
gruppen des „Bundes der Deutschen in Böhmen“
schreiben einen Wettbewerb zur Erlangung von
Entwürfen für einen Maueranschlag für das Bun-
desfest 1934, welches vom 29. Juni bis 1. Juli 1934
in Leitmeritz abgehalten wird, aus. Mit diesem
Bundesfest feiert der „Bund der Deutschen in Böh-
men“ das 40. Jahr seines Bestandes. — Zur
Beteiligung an dem Wettbewerb sind alle Ju-
detendeutschen Künstler eingeladen. Die Wahl ge-
eigneter Vorwürfe bleibt dem Künstler überlassen,
jedoch soll der Bundesgedanke der Volksgemeinschaft
in dem Entwurfe zum Ausdruck kommen und auf
den 40jährigen Bestand des Bundes hingewiesen u.
der Ort des Bundesfestes berücksichtigt werden. Die
Entwürfe sind in natürlicher Größe im Ausmaße
von 63x95 cm herzustellen. Für die besten Ent-
würfe sind 3 Preise ausgesetzt: 1. Preis 750 Kο, 2.
Pr. 500 Ks, 3. Pr. 250 Kο; außerdem stehen dem
Preisgericht noch 5 Trostpreise zu je 100' Kε zur
Verfügung. Die Entwürfe müssen bis zum 15. Jän-
ner 1834 an die Adresse Rudolf Winter, Beamter
in Leitmeritz, Michaelsgasse, eingelangt oder zu-
mindestens der Post zur Beförderung übergeben
worden sein. Die Einsendung erfolgt unter Kenn-
wort. Das Kennwort ist auch auf einem geschlosse-
nen Briefumschlag anzubringen, der die Anschrift
des Künstlers, sowie die Mitteilung enthalten muß,
welchen Betrag im Falle eines Ankaufes des Enk-
wurfes der Künstler dann verlangt, wenn er einen
Preis nicht erhalten sollte. Entwürfe, die nicht
preisgekrönt und nicht angekauft worden sind, wer-
den an die angegebene Anschrift zurückgesendet
werden.
Turnen, Snota. Spiel
Skiabteilung der Deutschen Sportbrüder Eger.
Morgen Freitag, den 1. Dezember l. J., Monats-
versammlung im Vereinsheim Schwarzer Adler.
Beginn 8 Uhr. Erscheinen Pflicht.
Der Gruppentag der Schiedsrichter im Westgau.
Die Westgau-Schiedsrichter versammelten sich am
letzten Sonntag in Karlsbad. Rund zwei Drittel
der Angehörigen war anwesend. Den Arbeitsbericht
erstattete der Gruppengeschäftsführer Strauß-Karls-
bad. Die Zahl der Wettspiele steigerte sich von rund
1000 im Vorjahre auf 1394 im abgelaufenen Jahre.
An Mitgliedern zählt die Gruppe 76 Schiedsrichter
und 29 Kandidaten, also um 9 mehr als im Vor-
jahr. Meisterschaftsspiele wurden 742 geleitet. Nach
dem vom Kassier K. Müller erstatteten Kassabericht
stieg der Gesamtumsatz auf über 166.000 Kο. Den
Revisionsbericht erstattete Schreck-Gossengrün. Für
den Gau sprach Böhm-Eger der Gruppe für die
einmütig geleistete Arbeit den Dank aus. Er be-
handelte auch die Ursachen der im heurigen Jahre
wiederholt vorgekommenen Spielabbrüche und sagte
tatkräftigste Unterstützung im Kampfe gegen die
Auswüchse des Fußballsportes zu. Die Reuwahlen
hatten nachstehendes Ergebnis: Öbmann B. Pfütz-
ner-Karlsbad; Stellv. H. Müller-Graslitz; Geschäfts-
führer R. Strauß-Karlsbad; Zahlmeister K. Müdler-
Karlsbad; Beisitzer: E. Micht-Eger, F. Schneider
DRIVEA
Ganz leicht damit
einreiben. Des ge-
nügt. Die Hausar-
bei hinterlßt dann
keine Spuren und
ihre Haut wird glant
und geschmetdi9.
Aus der Theaterlanzlel:
Heute Donnerstag, den 30. November, 3/48 Uhr
abends, „Glück muß man haben“, in der Pre-
mierenbesehung. Preistafel 2.
Die Duenna
von Sta. Maria
Roman von Anny von Panhuts.
Copytigkt 1730 by Xarl Köhlet 4 Co., Beelin-Zehlendort.
Nachdruck verboten.
64. Fortsetzung.
Sie eilte hinunter. Der Vater saß im ange-
nehm erwärmten Büro, er lächelte ihr entgegen.
„Es ist vorhin ein Gast gekommen, Dorita,
ich' habe ihn in Zimmer Nummer 2 unterge-
bracht. Es ist ein Herr von der Firma, bei der
wir wegen der Eisanlage angefragt haben. Die
Leute haben es eilig! Erst wollte ich dich rufen,
aber nun habe ich ihn zum Alcalden geschickt.
Wenn der nicht weiter weiß, holt er dich ja
doch.“
Dorita mußte sich sehr zusammenreißen, da-
mit dem Vater die Erregung nicht auffiel.
„Ich möchte bei der Sache aus dem Spiel
bleiben. Er soll seinen Anschlag machen. Da er
nun einmal hier ist, auch mündlich, das Wei-
tere findet sich. Aber ich will offiziell nichts da-
mit zu tun haben! Solche gerissene Geschäfts-
leute denken ja doch, eine Frau verstünde
nichts von derartigen Dingen, und du weißt,
weil ich noch keine Matrone bin, bekomme ich
oft, wenn ich geschäftlich unterhandle, erstaunte
Blicke, und das stört mich.“
Miguel Toreano zuckte die Achseln.
„Du bist heute sonderbar. Dorita, sonst
schiebst du dich meist mit ziemlicher Energie in
den Vordergrund, und es ist doch auch allge-
mein bekannt, daß du den gescheitesten Kopf
von ganz Santa Maria hast. Du bist eben die
Duenna, die Herrin von allem! Jeder fügt sich
dir, und uns Einheimische stört deine Jugend
nicht, die uns alten Kerls über ist an Klugheit
und Arbeitskraft. Du weißt, Kind, sogar ich,
dein Vater, habe es mir angewöhnt, zu anderen
von dir nur als von der „Duenna“ zu spre-
chen. Nun stelle dich in der wichtigen Ange-
legenheit, wie sie die Eisanlage doch nun ein-
mal ist, bitte nicht beiseite.“
Sie sagte fast trotzig: „Ich mag jedenfalls
nicht persönlich mit dem Menschen verhandeln.
Ich habe viel zu tun, habe meinen Kopf voll,
und ich will mich nicht von dem Großstädter
beschwatzen lassen.“
Es klang fast verächtlich, und die Lippen —
logen, während das arme, aufgewühlte Herz
vor Sehnsucht und Verlangen tausend Mar-
tern erlitt.
Miguel Toreano nickte. „Ganz wie du willst,
Duenna.“
Er lächelte sie an, und Stolz auf die schöne,
kluge Tochter leuchtete ihm aus den Augen.
Dorita atmete schon ein wenig leichter, weil
sie überzeugt war, daß der Vater den Gast, der
sich hier im Kurhaus einquartiert hatte, nicht
erkannt hatte, und der Gast selbst, der wohl
beruflich viel herumreiste, wußte vielleicht kaum
noch, daß er schon einmal eine Nacht in Santa
Maria zugebracht hatte.
Sie ging wieder hinauf in ihr Zimmer und
wollte sich in die Arbeit vertiefen, aber sie kam
damit nicht vom Fleck. Alles in ihr war erregt
und aufgewühlt.
Das Telephon schrillte. Sie nahm mechanisch
den Hörer ab. Der Anruf kam vom Ahunta-
miento (Gemeindeamt), sie erkannte die Stim-
me des Alcalden.
„Duenna, es gibt Arbeit für dich! Eine Un-
terredung. Der Thefvertreter von der Eis- und
Kühlanlagen-Fabrik aus Barcelona ist bei mir.
Er redet auf mich ein, daß wir nur von seiner
Firma die Arbeit ausführen lassen dürften:
Dein Vater hat ihn zu mir geschickt. Er ist, wie
ich hörte, bei euch abgestiegen. Es wäre geschei-
ter gewesen, dein Vater hätte ihn gleich mit dir
verhandeln lassen.
Wie ist es, soll ich ihn ins Kurhaus zurück-
schicken, oder willst du herkommen?“
„Ist er dort am Telephon?“ fragte Dorita,
anstatt die Frage zu beantworten.
„Bewahre, er sitzt drüben im warmen Amts-
stübchen. Du weißt doch, das Telephon ist im
Sitzungssaal.“
„Ja, ja!“ Dorita hatte sich nur für alle Fälle
vergewissern wollen, ob der Mann, dem sie aus
dem Wege mußte wie einem — Todfeind, sich
nicht im gleichen Raum mit dem Alcalden be-
fand.
„Also, Sennor Alcalde, ich stecke tief in Ar-
heit und habe gar keine Lust zu langen Unter-
haltungen mit dem Herrn. Er soll Ihnen alles
erklären und ganz einfach die Summe nennen,
die er ungefähr für die Anlage rechnen wird.
Falls er irgendwelche Ausmessungen im Kur-
haus machen muß, steht Vater als Erklärer zur
Verfügung. Hat er Bedingungen zu stellen, soll
er sie auch gleich nennen. Und wenn er das
alles getan hat, mag er wieder abreisen. Im
Kurhaus stört ein Gast um diese Zeit — vor
der Saison — mehr, als daß er etwas ein-
bringt. Wir haben doch noch kein Personal jetzt
außer unserem eigenen Mädchen.“
In Doritas Ohr klang das kurze, rauche La-
chen des Alealden, dann seine Stimme: „Duen-
na, warum bist du denn so schlecht gelaunt ge-
gen den Besucher? Er ist ein so netter ange-
nehmer Mensch und redet klar und vernünftig.
Wenn du mit ihm sprächst, sähest du das auch
ein.“
Sie gab hastig zurück: „Bei ihm handelt es
sich um ein gutes Geschäft, und solche Leute wie
er müssen klar und vernünftig reden, sonst
würden sie ja ihre Ware nicht los! Aber da ich
auch an zwei andere Firmen schrieb, und die
Antworten noch ausstehen, können wir uns
heute auf nichts einlassen. Machen wir jetzt
etwas ab, und eine der anderen Firmen ist be-
deutend billiger, ärgern wir uns nachher.“
„Natürlich, natürlich“, pflichtete der Alcalde
bei, „hast wie immer recht, Duenna, Duennita!
Ich will also von ihm Zahlen hören und dann
geben wir ihm Bescheid, nicht wahr?“
„Jawohl, Sennor Alcalde, damit muß er
sich vorläufig zufriedengeben.“
Dorita legte den Hörer auf die Gabel, suchte
wieder den Vater auf und berichtete von ihrem
Gespräch mit dem Alcalden.
Miguel Toreano nickte eifrig.
„Bist ein gescheites Mädchen, Dorita, so
muß es sein, wie du es zum Alcalden gesagt
hast. Und ich weiß nun auch die Richtung. Hast
recht, Kind! Da kommt so ein Sennor aus der
großen Stadt und denkt, uns Bauern windel-
weich zu schwatzen, bis wir zu allem ja und
amen sagen.“ Er rieb sich die Hände. „Er würde
sich auch wohl kaum irren, wenn wir unsere
Duenna nicht hätten.“
Dorita lächelte auch, aber es war Bitternis
in diesem Lächeln. Da hielten sie der Alcalde
und ihr Vater noch für besonders klug, und sie
hatte doch nur zu Ausreden gegriffen, um eine
Begegnung mit dem Manne zu vermeiden, der
heute so erschütternd plötzlich wieder in ihrem
Leben aufgetaucht war. Es war doch nur Angst,
die sie zu allem trieb, Angst davor, daß er,
wenn sie sich nicht dagegen wehrte, in kurzem
nahe vor ihr stehen würde, daß sie sein Gesicht
dicht vor sich erblicken und seine Stimme hören
könnte.
Sie wußte, daß sie das nicht hätte ertragen
können!
(Fortsetzung folgt.)
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