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„Ascher Zeitung.“
Freitag, 18. März 1932.
durschen in einem alten Militärschuppen ein Ar-
tilleriegeschoß. Sie gingen damit in die Dorf-
mitte und versuchten dort, den Zünder vom
Geschoß loszuschrauben. Dabei explodierte die
Granate. Zwei Personen wurden in Stücke ge-
rissen, zwei weitere erlitten so schwere Ver-
letzungen, daß sie nach kurzer Zeit starben.
Unglücksfälle in der polnischen Militärfliegerei.
Warschau, 18. März. Ueber dem hiesigen
Militärflugplatz stürzte am Donnerstag ein
Uebungsflugzeug aus bisher unbekannten Grün-
den ab; es wurde vollständig zertrümmert. Der
Insasse, ein Fliegerfähnrich, war auf der Stelle
tot. Ein weiteres Flugzeugunglüch ereignete sich
auf dem Flugplatz des vierten polnischen Flug-
zeugregiments in Thorn. Die zwei Insassen
krugen schwere Verletzungen davon.
Die französischen Frauenrechtlerinnen geben keine
Ruhe.
Paris, 18. März. Im Senat kam es
am Donnerstag wieder zu Kundgebungen von
Frauenrechtlerinnen, die von der Tribüne des
Hauses herab das Wahlrecht für die Frauen
verlangten. Mehrere Zuhörerinnen unterbrachen
die Redner durch Zwischenrufe und Pfiffe, so
daß sich die Kammerdiener gezwungen sahen,
die Ruhestörerinnen der Polizei zu übergeben.
Arzt nicht — aber tüchtig.
Mailand, 18. März. Hier wurde der
beliebte „Dr. Lanzilotti“ verhaftet und dem Ge-
richte überstellt, weil es sich nach vielen Jahren
herausstellte, daß der erfolgreiche Chirurg, welcher
350 schwere Operationen mit blendenden Er-
gebnissen durchgeführt hatte, nie ein Doktorat
abgelegt hat, und überhaupt keine Hochschule
besuchte.
Die italienische Sprache auf Malta.
Rom, 18. März. Der Beschluß des Lon-
doner Kolonialamts, den italienischen Sprach-
unterricht in den Volksschulen Maltas abzu-
schaffen, hat die italienische Oeffentlichkeit sehr
stark erregt. Der „Tevere“ richtet die Frage
an England, ob denn London neben den andern
nationalistischen Bewegungen, die seine Herrschaft
in Indien und Aegypten, in Irland und Zypern
bedrohen, noch einen maltesischen Nationalismus
großziehen wolle. Die englische Seeherrschaft sei
stark genug, daß man den Maltesern ihre Sprach-
wünsche ruhig erfüllen könne. Die aus 52' Ein-
heiten bestehende englische Mittelmeerflotte, die
seit einigen Tagen in Reapel vor Anker lag,
ist, eher als man erwartete, nach Malta ab-
gereist. Infolgedessen ist ein' Ausflug des ita-
lienischen Jloktenvereins zur Besichtigung der
Schiffe abgesagt worden. Ob das alles mit
der Spannung in Malta zusammenhängt, läßt
sich zur Zeit nicht übersehen.
Eine bleine Tänzerin macht ihr Glüch.
Newyork, 18. März. Bis jetzt glaubte
man immer, daß nur auf der Filmleinwand
der reiche Prinz die arme, von Gott und den
Menschen verlassene, dafür aber schöne Nä-
herin heirate. Aber auch im Leben kommen
solche Wunder vor und wenn auch die Be-
glückte keine Näherin ist, sondern eine Tän-
zerin, so zeigt doch der Fall des Multimillio-
närssohnes Allan Carlisle, daß es selbst im
nüchternen Amerika noch Liebesideale gibt.
Der Student Carlisle, dessen Vater ein fa-
belhaftes Palais in der Parkavenue von New-
york besitzt, kam eines Tages in den Tanz-
palast Orpheum, wo die gänzlich unbekannte
und unbeachtete Tänzerin Miß Fleming als
Taxitänzerin angestellt war. Ihre Taxe war
zehn Cents und sie mußte mit jedem tanzen,
der ihr diesen Riesenbetrag zahlte. Student
Carlisle tanzte mit ihr, machte ihr einen
Liebesantrag, fuhr mit ihr aufs Standes-
amt und heiratete sie. In echt amerikanischem
Tempo. Dann fuhren sie auf die Hochzeits-
reise. Was allerdings weiter geschehen soll,
ist ungewiß, denn Papa Carlisle will von
der Tänzerin nichts wissen.
Aus Stadt und Land.
Einen Ostermärchen-Nachmittag veranstal-
tet der Deutsche Bildungsverein Asch für un-
sere Kinder am Ostersamstag, den 26. d. M.
nachmittags 3 Uhr im Apollotheater. Die hei-
mische Märchendichterin Luise Steglich, deren
zu Weihnachten erschienenes Buch einen unbe-
strittenen Erfolg darstellt, hat den geistigen
Stoff zu der Veranstaltung in Form einiger
Märchen und eines Märchenspieles zur Verfü-
gung gestellt und Berufsschauspieler werden
ihn den Kindern vermitteln. Es darf schon
heute auf diesen Nachmittag empfehlend hin-
gewiesen werden.
Eine verzwickte Geschichte. Die Ascher Po-
lizei ist derzeit mit der Klärung einer heiklen
Angelegenheit beschäftigt. Ein Ehepaar, des
im Jahre 1927 geheiratet hatte, erhielt im er-
sten Jahre der Ehe Familienzuwachs. Soweit
wäre die Sache ganz in Ordnung gewesen —
aber, na ja, da war noch ein älterer Jung-
geselle, der war vorher ein guter Freund der
Frau gewesen und dann auch nachher noch.
Kurz und gut, Mann, Frau und Freund wuß-
ten, daß der Kindesvater eigentlich gar nicht
in der Familie zu suchen sei. Aber gegen ein
Entgelt erklärte sich der eheliche Gemahl groß-
mütig bereit, die Vaterschaft anzutreten. In
der Folgezeit schrieb die Frau dem „Haus-
freund“ immer einmal einen Liebesbrief und
zwischendurch kam es auch vor, daß der Ehe-
gatte oder die Ehefrau sich ein Schweigegeld
auszahlen ließen. Dann trat noch der Bruder
der Frau in Aktion, kam ebenfalls zu dem ge-
plagten Junggesellen und deutete an, was er
wußte, worauf der Mann auch dem Bruder
gegenüber mit seinem Gelde herausrücken
mußte. Dieser hatte dabei zwar im Auftrage
seiner Schwester gehandelt, prellte aber seiner-
seits die Schwester um die Hälfte des Betra-
ges, den ihm der Junggeselle ausgefolgt hatte.
Und nun sind die drei Männer verhaftet. Am
frohesten dürfte der „Außenseiter“ darüber sein,
denn nun wird er doch wenigstens bald wissen,
wie er dran ist und die ewige Angst vor dem
Angezeigtwerden ist für ihn vorüber.
Um Rentmeister Müller und Sepp Schwarz.
Zu der Untersuchung gegen den Rentmeister
Müller und den Wanderlehrer Sepp Schwarz
teilt Abg. Dr. Hassold als Rechtsanwalt der
zwei Genannten mit: Müller und Schwarz, die
sich seit November des Vorjahres in Pilsen in
Untersuchungshaft befinden, stehen mit den
Verhaftungen von Nationalsazialisten nicht in
Zusammenhang. Müller war Gauobmann des
neuen Probegaues Westböhmen des Bundes
der Deutschen in Böhmen, und Schwarz hat
einige Wanderversammlungen im genannten
Gebiet bei den Bundesortsgruppen abgehalten.
Ihre Verhaftung geht aber auch nicht auf ihre
Bundestätigkeit zurück, sondern darauf, daß
sie persönliche Verbindungen und Beziehungen
zu reichsdeutschen Volksgenossen unterhalten
haben sollen, die man verdächtig findet. Somit
hat auch der B. d. D. i. B. mit der Sache
nichts zu tun, was sich auch bei den in
der Bundesleitung in Teplitz durchgeführten
Hausdurchsuchungen einwandfrei herausgestellt
hat. In der Sache Müller und Schwarz ist die
Voruntersuchung seit Mitte v. M. abgeschlos-
sen, aber trotz der zwingenden Vorschriften des
Strafprozesses, daß binnen acht Tagen nach
Abschluß der Voruntersuchung entweder die
Anklage zu erheben oder die Verfolgung ein-
zustellen ist, ist nun seit Wochen weder das eine
noch das andere geschehen. Trotzdem besteht die
Hoffnung, daß Müller noch vor Ostern enthaf-
tet werden wird.
Vor einem politischen Sensationsprozeß?
Zu der angeblich bevorstehenden Auslieferung
oder Verhaftung der Abgeordneten Krebs und
Schubert erfährt die NSK., daß die beiden Ab-
geordneten bisher von den Behörden keinerlei
Verständigung oder Vorladung erhielten. Abg.
Schubert teilte im Gegenteil mit, daß die Aus-
sicht besteht, daß die Beschlagnahme des Braun-
hemdenstoffes, die vor einigen Tagen in seiner
Das Unwesen der Einkerkerungen.
Abg. Schollich über die tschechischen Verhaftungs-Praktiken.
Prag, 18. März. Die Debatte im
wohl die Strafprozeßordnung vorschreibt,
Plenum des Abgeordnetenhauses über das
daß nach Abschluß der Untersuchung die
Bankengesetz wurde Donnerstag wiederum
Staatsanwaltschaft binnen 8 Tagen ver-
den ganzen Tag über fortgesetzt. Als erster
pflichtet ist, entweder die Anklage zu er-
Redner sprach der deutsche Sozialdemokrat
heben oder das Verfahren einzustellen,
Schweichhart, der eine strenge Untersuchung
dauert es besonders in Spionage- und Hoch-
der Unglücksfälle von Zwodau und Bruch
verratsfällen wochenlang, bis die Ent-
forderte und feststellte, daß in den letzten
scheidung fällt.
zehn Jahren die Zahl der tödlichen Un-
Ist die ungewöhnliche Länge der Unter-
glücksfälle im Bergbau in der Tschecho-
suchungshaftzeit nicht ein unerhörter Skandal
slowakei sich verdoppelt habe. Zum Ban-
für unsere Gerichtspflege, ja ein Kulturskandal
kengesetz nahm Redner den bekannten so-
überhaupt? Ein halbes Jahr und länger werden
zialdemokratischen Standpunkt ein. Als
im Zeitalter der Menschlichkeit, der Humanität
nächster Redner sprach der deutschnationale
intelligente Menschen einer zermürbenden Haft-
Abg. Dr. Schollich. Er wendete sich den
zeit mit allen ihren Qualen und Schädigungen
in der letzten Zeit erfolgten Verhaftun-
auch für die Gesundheit ausgesetzt, wie Verbrecher
gen von Studenten zu, wobei er
behandelt, ohne für die erlittene Untersuchungs-
nach dem stenographischen Parlamentspro-
haftzeit, die auch eine schwere finanzielle Schädi-
tokoll 1. a. ausführte:
gung bedeutet, ja sogar den finanziellen Ruin
Die verfassungsgemäß gewährleistete
verursacht, eine Entschädigung beanspruchen zu
können, beziehungsweise zu erhalten.
Freiheit der Person wird hier nicht beach-
tet, grundlos werden politisch mißliebige
Ich erwähne in diesem Zusammenhang
Personen wahrscheinlich zum Zwecke der
nur die Verhaftung des Wanderlehrers
Einschüchterung für die anderen, aufgegrif-
Schwarz, des Rentmeisters Müller, der
fen, der Spionage und des Hochverrates
Mittel- und Hochschüler in Brünn und
beschuldigt, wenn auch gar keine schwer-
Jägerndorf wegen des Verdachtes „staats-
wiegenden Verdachtsgründe vorliegen. Die
feindlicher Umtriebe“, begangen durch die
Untersuchungshaft dient erst meist dazu
Teilnahme an dem geheimen Verein „Jung-
solche Gründe zu konstruieren. Man schließt
sturm“, in den letzten Tagen die Verhaf-
die „Verdächtigen“ hermetisch von der
tung von Funktionären anläßlich der Auf-
Außenwelt ab und nimmt ihnen jede Möglichkeit
lösung des nationalsozialistischen Vereines
der Verteidigung, da selbst ihrem Rechtsbeistande
„Volkssport“ und vieles andece mehr noch
in langer Reihe, wodurch angeblich der
jede Einsicht in die Akten verwehrt und das
Recht versagt wird, sich mit dem Verhaf-
Staat „gefährdet“ wurde. Er muß wahr-
teten über die Angelegenheit besprechen
scheinlich auf sehr schwachen Füßen stehen,
zu können. Die Untersuchungshaft dauert
wenn er schon durch einen unschuldigen
monatelang, einmal, weil Untersuchungs-
Mittelschülerverein „erschüttert und ge-
richter infolge Ueberlastung 30 bis 40
fährdet“ werden kann.
Fälle zu geicher Zeit zu führen gezwun-
Angesichts dieser zahlreichen schuld-
gen sind, und zum anderenmal, weil ja
losen Verfolgungen Sudetendeutscher frage
das Beweismaterial, das die Grundlage zur
ich zunächst den der tschechischen so-
Verhaftung bilden sollte, erst nachträglich
zialdemokratischen Partei angehörigen Ju-
beschafft werden muß.
stizminister, ob er dieses Vorgehen
Im Falle des Parteisekretärs Werner in
seiner Organe vom Standpunkte sei-
Jägerndorf hat es ganze sechs Monate ge-
ner Weltanschauung gut heißt und deckt und
dauert, bis endlich am 4. März die Ver-
warum er bisher nichts getan hat, um solche
handlung stattfinden konnte, die seinen Frei-
Uebergriffe hintanzuhalten, bezw. sie sofort
spruch zur Folge hatte.
abzustellen. Sein vollständig passives Ver-
ist interessant zu wissen, daß
halten ist bezeichnend für die sozialdemokra-
Spionageakten immer im Ministerium für
tische Partei und für die hier herrschenden
nationale Verteidigung von militärischen
Begriffe von Internationalität und Huma-
Sachverständigen geprüft werden und daß
nität. Auf diese an sich schönen Begriffe fal-
dieser Vorgang an der Verschleppung sol-
cher Voruntersuchungen die meiste Schuld
len doch nur mehr die deutschen Sozialdemo-
kraten herein. Was hätten die tschechischen
trägt.
Die militärischen Sachverständigen be-
Sozialdemokraten im alten Oesterreich für
herrschen aber den Prozeß, sie sind aus-
einen Krawall im Parlamente gemacht, wenn
schlaggebend und sie kümmern sich einen
solche „Persekutionen“ vorgekommen wären!
Teufel um die dummen Zivilisten, sie
Jetzt handelt es sich doch nur um Angehörige
nehmen nicht die geringste Rücksicht auf
des verhaßten sudetendeutschen Volkes, das
staatsgrundgesetzlich gewährleistete Men-
ohnehin auch nach tschechischer sozialdemokra-
schenrechte. Was gilt ihnen Freiheit, Ehre,
tischer Ansicht einer baldigen Entnationali-
Existenz und Gesundheit eines Zivilisten,
sierung zugeführt werden soll, stehen doch
was kümmert sie dessen Familie?
ihre Führer, ihre Abgeordneten und Sena-
Sie sehen das Vaterland in Gefahr,
toren an der Spitze der verschiedenen Tsche-
sie suchen es zu retten, wenn sie auch
99mal danebengreifen und Unschuldige zu-
chisierungsvereine.
grunde richten.
Wie soll die Bevölkerung Vertrauen
zur vollständigen Objektivität der Gerichtspfle-
ge haben, wenn festgestellt werden muß,
daß selbst von diesen Stellen, die doch zum
Hüter der Gesetze bestellt sind, die im Ge-
setze festgelegten Vorschriften nicht einge-
halten werden. Das Untersuchungsverfah-
ren ist mit der größten Beschleunigung
durchzuführen, um den Angeklagten rasch
über den Tatbestand von den gegen ihn
erhobenen Beschuldigungen in Kenntnis zu
setzen und ihm die Möglichkeit der Ver-
teidigung und zur Erbringung der Gegen-
beweis-Anträge zu geben. Das alles
geschieht nicht und monatelang bleibt
der seiner Freiheit Beraubte in völliger
Ungewißheit, weil ja erst das Anklagema-
terial zusammengesucht werden muß. Ob-
Wir verlangen vom Justizminister Dr. Meiß-
ner, daß er ehestens diesen offensichtlichen Kultur-
skandal beseitigt und die bedrohte Rechtsordnung
mit allen Mitteln wieder herstellt, weiters, daß
er das fehlende Gesetz über die Ministerverant-
wortlichkeit endlich zur Vorlage bringt, damit
man wenigstens die Möglichkeit erhält, auch einen
Minister für die Tat seiner Untergebenen zur
Verantwortung zu ziehen.
Denn das heutige System der Verant-
wortungslosigkeit führt doch nur dazu, daß
der Minister immer restlos deckt, wenn die
allmächtige Bürokratie die armen, geplag-
ten Steuerzahler und Mitbürger in der un-
erhörtesten Weise bedrückt, drangsaliert, un-
schuldig verfolgt und in Haft setzt.
Wohnung in Fulnek vorgenommen wurde, auf-
gehoben wird. Die Verhaftungen von einzelnen
„Volkssportlern“ überstürzen sich förmlich, so
daß es sich tatsächlich um einen groß angelegten
Zug der Behörden zu handeln scheint. Gegen
wärtig sitzen in Prag über 30 und in der Pro-
vinz 22 Studenten und „Volkssportler“ in An-
tersuchungshaft. Nach einer Meldung aus Prag
scheint sich jetzt die Aktion auch auf den Na-
tionalsozialistischen Jugendverband auszudeh-
nen, da jetzt die Namen einiger führender Per-
sonen dieses Verbandes in der Lifte der in Un-
tersuchung Gezogenen auftauchen. — Wie die
NSK. weiters mitteilt, wird der Prozeß, wenn
er tatsächlich zur Durchführung kommen sollte,
der größte politische Sensations- und Massen-
prozeß sein, der bisher in der Tschechoflowakei
in Szene ging. Allerdings hegt man in tsche-
chischen Regierungskreisen ernste Bedenken ge-
gen die politischen Folgen eines solchen Prozes-
ses, der auf das Verhältnis der Nationen, ja
sogar auf das Verhältnis der deutschen Par-
teien in der Regierung nicht ohne ernste Folgen
bleiben kann. Aber die tschechische Presse rast
und will ihr Opfer haben. Die Untersuchung
gestaltet sich sehr schleppend und langwierig,
trotzdem die Verhafteten im Bewußtsein ihrer
Unschuld aus ihrer Tätigkeit kein Geheimnis
machen. Mit einer totalen Niederschlagung des
Prozesses ist nicht zu rechnen, wohl aber mit
einer starken Einschränkung. Nach Abschluß der
Untersuchung wird die Mehrzahl der Verhafte-
ten, wenn keine „Verdunkelungsgefahr“ mehr
besteht, aus der Untersuchungshaft entlassen
und auf freien Fuß gesetzt werden. Der Pro-
zeß selbst soll noch vor dem Sokolkongreß, spä-
testens also Ende Juni, abgewickelt sein.
Schamlose Denunziationen gegen deutsche
Beamte. Die Berichte der tschechischen Presse
über die nationalsozialistischen Verhaftungen in
der Provinz arten jetzt in unerhörte De-
nunziationen aus. Aus der Art der gehässigen
Bemerkungen geht klar hervor, daß sich die
selbst
Blätter weniger für die Verhäftungen,,
interessieren, als den Zweck verfolgen die den
tschechischen Minderheiten im deutſchen Gebiet
mißliebigen deutschen Staatsbeamten bei der Re-
gierung anzuschwärzen. Die Hetze richtet sich
vor allem gegen die deutschen Bezirkshaupt-
leute in Teplitz-Schönau und in Tetschen. Jener
wird beschuldigt, nicht scharf genug gegen die
nationalsozialistischen Umtriebe vorgegangen zu
sein, dieser, dem man einen ähnlichen Vorwurf
scheinbar nicht zu machen wagt, daß er mit
einem der Verhafteten verwandt sei. Das ge-
nügt auch den Hetzern und, wie man hört,
auch der Jentralbehörde; sonst hätte der Bezirks-
hauptmann nicht die Andeutung erhalten, daß
er bald versetzt werden wird. Die kschechischen
Blätter geben auch zu, daß die Prager Behörden
mit Briefen überschwemmt werden, worin deut-
sche Staatsangestellte aller Gattungen verdächtigt
werden. Wie viele dieser Denunziationen mögen
nur den eigensüchtigen Zweck des tschechischen
Beamten verfolgen, den deutschen Vorgesetzten
hinauszubeißen, um seine Stelle zu erhalten?
Tschechische Nadelstichpolitik. Man schreib
uns: Seit einiger Zeit kann man die Fest-
stellung machen, daß die von den tschechischen
Staatsämtern herausgegebenen Drucksorten
(Posterlagscheine, Formulare für die Steuer-
einbekennung usw.) eine etwas geänderte
Druckanordnung aufweisen. Während nämlich
früher die auszufüllenden punktierten Linien
oder Striche von der zweiten Zeite also vom
man
deutschen Text aus fortführten, jo' daß
der
auch als Deutscher die Ausfüllung auf
Linie und nicht unter ihr vorzunehmen
brauchte, geht jetzt die Linie nurmehr vom
tschechischen Wortlaut aus. Eine Kleinigkeit?
Gewiß, aber aus Kleinigkeiten setzt sich unser
Leben zusammen! Und offenbart sich in die-
ser „Kleinigkeit“ nicht symbolhaft unser Schick-
fal in diesem Staate? Wird hier nicht auch
systematisch alles Deutsche „unter die Linie“
gesetzt? Und nehmen nicht tausende von Deut-
schen auch diese „Kleinigkeit“ aus Gedanken-
losigkeit oder Feigheit ohne jeden Widerspruch
hin? Nur durch den leidenschaftlichen Wider-
stand gegen jede Schmälerung der uns zuge-
en
billigten kärglichen Rechte können wir
Kampf um unsere Existenz siegreich beenden.
Und da dürfen wir auch über solche „Kleinig-
keiten“ nicht achtlos hinweggehen. Durch eine
sofortige Beschwerde eines jeden einzelnen bei
den zuständigen Behörden kann erreicht wer-
den, daß der frühere Zustand wieder herge-
stellt wird. Alle deutschen Inhaber von Post-
scheckkontis müssen auf der strengen Einhaltung
der Vorschriften durch die Staatsämter be-
stehen. Dies ist ihre nationale Pflicht! Der
Schreiber dieser Zeilen hat auf Grund der ein-
gebrachten Beschwerde z. B. sofort Poſt-
erlagscheine in der ursprüngli-
chen Fassung zugesendet erhalten.
Verbilligung der Sozialversicherung?
Ueber diesen Gegenstand hat die Masaryk-Aka-
demie der Arbeit im Vorjahr einen Wettbe-
werb ausgeschrieben, der großen Erfolg hatte.
Es liefen 15 Arbeiten ein, von denen 6 mit
Preisen im Gesamtbetrage von 11.500 Kronen
ausgezeichnet wurden. Die Verfasser dieser Ar-
beiten empfehlen die Zentralisierung des ge-
ſamten Versicherungswesens, d. h. der Kran-
en-, Alters-, Invaliditäts-, Unfall- und Berge
arbeiterversicherung, sowie der besonderen
Dateiname:
ascher-zeitung-1932-03-18-n66_2880.jp2