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AcherBeitung?
Samstag, 23. Juni 1923.
Wagen aus Wistevnitz geholt werden, in dem dann
die Leiche zur letzten Ruhestätte gebracht wurde.
Gerichtssaal.
Eine Ehrenbeleidigungsklage Meyers.
Eger, 22, Juni.
Vor einem Schöffensenat am Kreisgericht in Eger
sand gestern die Verhandlung über eine Klage des ehe-
maligen Abgeordneten Josef Mayer gegen den Kreis-
vertrauensmann des Bundes der Landwirte W. Reinl
aus Kavisbad wegen Vergehens gegen die Sicherheit der
Ehre, begangen durch eine Druckschrift statt. Nach durch-
geführter Verhandlung wurde der Angeklagte im Sinne
der Anklage schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe
von 500 Kronen, im Uneinbringlichkeitsfalle zu 10 Tagen
Arrest bedingt mit einjähriger Bewährungsfrist und zum
Strafhostenersatz verurteilt.
Turnen und Sport.
: Turnverein „Jahn“ Asch. Die für Sonntag vor-
mittags angesagte Turnstunde für Turnevinnen muß ent-
fallen, da der Turnwart an einer Turnfachsitzung in
Königsberg teilnehmen muß. Dafür beginnt die Montag-
Turnstunde für alle Turnerinnen pünktlich um 1/48 Uhr
abends.
: Zum Gauturnfest des Egerland-Jahnmalturngaues
in Königsberg (30. Brachets bis 2. Heuerts) wirduns
geschrieben: Zu der letzthin erschienen Festordnung ist
noch besonders hervorzuheben, daß bei dem Wetturnen
am Sonnabend erstmalig das Schwimmen als Pflicht-
übung für alle Wetturner festgelegt wurde und zur
Durchführung gelangt. Der Begrüßungsabend ist bei
schönem Wetter im Freien gedacht. Die Einleitung
soll ein feierlicher Sprechchor des Ascher Turnver-
eines (Verfasser Gauturnwart Henlein) geben, dem
die verschiedenen Begrüßungsworte folgen werden. Nach
turnerischen und musikalischen Darbietungen wird ein
Sonnwendspiel von Ludwig Protz den Abend be-
schließen. Germanische Göttersagen von Baldurs Tod
und verheißender Wiedergeburt geben Ausklang und
Weihe. — Sonntag früh morgens Tagwache! Um 6
Uhr finden sich alle bei der Morgenfeier am Jahn-
brunnen. Abmarsch zum Vereinswetturnen, Bewe-
gung, Straffheit und Manneszucht! Um 11 Uhr vor-
mittags Gedenkstein-Enthüllung für Ludwig Protz.
Das Wort „Pflicht“ in Jahnschem Sinne erfüllte
sein Leben, das Wort „Pflicht“ werde zur Mahnung,
daß über uns das Volkstum steht. — Nachmittags
Festzug, Heldenehrung, Sammelruf zu dem Schau-
turnen. Deutsches Lied und deutscher Tanz erfreuen
Herz und Sinn. Kein schleichend Gift, nein, gesunde
Kraft, Lebendigkeit, Frohsinn beschwingt die Glieder.
Anschließend allgemeine Freiübungen der Turnec;
Siegerehrung; Dankgebet: „O Herr, mach uns frei!“
Laßt es mächtig und kräftig aus tiefster Brust er-
schallen, eine Woge der Begeisterung erfülle und er-
faſse eine jede Faser unseres Herzens! Freiheit! —
Nachher möge geselliger und freundschaftlicher Aus-
tausch neue Bande knüpfen. Der Festabend (Sonntag-
abend) vereint nochmals die Gleichgesinnten in froher
Runde, dann Hinübergleiten in den Alltag. — Mon-
tag: Wanderungen in die herrliche Umgebung (Liebau-
thal, Lenkenteich, Teufelsmühle oder weiter in den
Kaiserwald). Besichtigungen verschiedener Betriebe,
Tischlereien, Bergbauwesen.
Bühne. Musi. Schrifttum. Bildende Künste.
Naturbühne auf der Luisenburg. Im Anzeigenteil
der heutigen Nummer veröffentlicht die Bayerische Landes-
bühne das Wichtigste für den Besucher der diesjährigen
Spiele auf der Luisenburg. Als Spieltage werden die
Samstage und Sonntage festgesetzt; an diesen Tagen
werden nachmittags und abends Vorstellungen gegeben,
außerdem wird noch an jedem Mittwochnachmittag gespielt.
Die Preise der Plätze bewegen sich wie in früheren
Jahren ab 2 Mark; Vereinen und Verbänden wird eine
bedeutende Ermäßigung gewährt. Der Vorverkauf hat
bereits begonnen; Karkenbestellungen sind an die Städt.
Sparkasse Wunfiedel (Rufnummer 155) zu richten. Die
Bayerische Landesbühne hat seit Mitte Mai in Wunsiedel
eine Geschäftsstelle eingerichtet, welche die Vorarbeiten lei-
tet und jede gewünschte Auskunft erteilt,
Mord hinter dem Rücken
des Verkehrspolizisten.
Unter besonders bemerkenswerten Begleitumständen
wurde kürzlich in Herald Square, also an einem der
verhehrsreichsten Punikte der Hudsonmetropole, am hellen
Tag vor Hunderten von Zuschauern ein Ueberfall aus-
geführt. In der Masse der Automobile, die sich dort
zusammendrängten und auf die Freigabe des Weges durch
den Polizisten warteten, war auch ein Luxuswagen; dieser
wurde von einem jungen Mann gesteuert, an dessen
Seite eine schöne, elegante Dame saß. Ihm hatte sich
ein Wagen an die Seite geschoben, der von oier Unbe-
hannten besetzt war. Noch ehe sich die Zuschauer Rechen-
schaft abzulegen vermochten, was eigentlich geschah, war
einer der vier Männer aus dem zweiten Wagen ge-
sprungen und hatte auf den jungen Jührer des ersten
Autos den Revolver gerichtet. Drei Kugeln durchschingen
das Jenster, und vier weitere wurden auf den Eigen-
tümer des angegriffenen Antos abgefeuert, der blutüber-
strömt in den Wagen zurücktfieh. Nach diesem Attentat
sprang der Angreifer in seinen Wagen zurück, der in
rasender Eile davonfuhr. Während des Zwischenfalles
war die Wagenreihe von dem diensthabenden Schutzmann
aufgehalten worden, der von der blutigen Tragödie hinter
seinem Rücken nicht das Geringste bemerkte, und der
deshalb auch die Straße den Autos freigab, sodaß sich
der Wagen mit dem Mörder unter die andern Autos
mischen und ungehindert entfernen konnte. Der ange-
griffene junge Mann blieb auf der Stelle tot, Was
die efegante Frau zu seiner Seite betrifft, so hatte sie
die allgemeine Verwirrung benutzt und war spurlos ver-
schwunden. Nach den bisherigen Jeststellungen handelt
es sich bei dem Opfer um einen gewissen Carten, der
Spritschmuggler gewesen sein soll und wahrscheinlich von
seinen mißvergnügten Konkurrenten aus geschäftlicher Rach-
sucht ermordet wurde.
Vermischtes.
(Die Heirat der Drillinge.) In der Pro-
vinz Antwerpen liegt ein kleines Dorf namens
Noeveren, das landschaftlich und baulich gleich reizend
ist. Es wird am 23. Juni der Schauplatz einer
nicht ganz gewöhnlichen Zeremonie sein. Drei junge
Mädchen sind dort vor 23 Jahren von einer Mutter
an einem Tage geboren worden. Sie haben noch neun
Geschwister, die alle am Leben sind, und ihre Eltern
sind einfache Arbeiter. Diese drei Mädchen werden
sich am 23. Juni mit drei Brüdern aus dem Nach-
bacdorfe verheiraten, die zwar nicht Drillinge sind,
aber im Alter nur je ein Jahr auseinander. Es
hat sich ein Komitee gebildet, das nicht nur diese
seltene Feier würdig gestalten und zu bezahlen, sondern
den jungen Mädchen auch eine Mitgift zu geben
gedenkt. Papa und Mama Boeymans aber werden
vom belgischen Staate eine Prämie erhalten. Denn
wenn es schon nicht leicht ist, Drillinge neben neun
anderen Kindern zur Welt zu bringen, so dürfte es
eine Rekordleistung bedeuten, diese drei Mädchen an
einem Tage an drei Brüder in demselben Ört zu
verheiraten.
(Europas schönste Journalistin im
Zeppelin.) Die bekannte Schriftstellerin Lady
Trummond Hay, die man „die schönste Journali-
stin Europas“ nennt, hat soeben mitgeteilt, daß sie
als erste Frau in einem Luftschiff über den Atlan-
tischen Ozean fliegen wird. Sie hat sich für die
Ueberfahrt in dem neuen Zeppelin vormerken las-
sen, der zurzeit in Friedrichshafen der Vollendung
entgegengeht. „Während der letzten Tage,“ so er-
klärte Lady Drummond Hay, „bin ich in ständi-
ger Verbindung mit Dr. Eckener gewesen und habe
ihm mitgeteilt, daß ich bereit bin, seine Bedingungen
für den Transatlantik-Flug anzunehmen. In un-
gefähr einer Woche werde ich mich nach Friedrichs-
hafen begeben, um die Verhandlungen zum Abschluß
zu bringen. Das Luftschiff wird wahrscheinlich im
Juli fertig sein; aber dann werden noch ein oder
zwei Versuchsflüge gemacht werden, bevor die Ozean-
fahrt versucht werden kann. Ich hoffe, daß sich
Dr. Eckener dann entschließen wird, ohne jede Un-
terbrechung der Fahrt nach Amerika und wieder zu-
rück nach Europa zu fliegen.“ Als man Lady
Drummond Hay fragte, welche besonderen Vorbe-
reitungen sie für den Flug zu treffen gedenke,
antwortete sie: „Das habe ich nicht nötig. Ich
bin an alle Arten des Reisens gewöhnt und habe
jederzeit alles bereit, was für eine Fahrt zu Was-
ser, zu Land oder in der Luft nötig ist. Sollte
sich dies als notwendig erweisen, so könnte ich zu
diesem Flug auf die allerkürzeste telegraphische Mit-
teilung hin aufbrechen.“
(Das unmagnetische Forschungsschiff.)
Das amerikanische Schiff „Carnegie“ wird auf seiner
wissenschaftlichen Weltreise, die dreieinhalb Jahre dau-
ern soll, auch Deutschland anlaufen. Der Leiter der
Expedition, Kapitän Ault, wird schon in der nächsten
Woche in Berlin sprechen. Die Hauptaufgabe des
Segelschiffes ist, magnetische Beobachtungen anzustel-
len. Aus diesem Grunde sind bei seiner Erbauung
alle magnetischen Metalle sorgfältig vermieden wor-
den. Die Besatzung des Schiffes besteht aus acht
Köpfen.
(Chemie hilft eine altägyptische
Schrift entziffern. ) Im Britischen Museum
zu London ruhte seit fünfzig Jahren eine Rolle
mit einer auf Leder geschriebenen Schrift aus alt-
ägyptischer Zeit. Ihr Inhalt war völlig unbekannt,
weil das Leder so brüchig und spröde war, daß
niemand es wagte, die Schrift aufzurollen. Die
moderne Chemie hat nun ein Mittel ausfindig ge-
macht, mit dessen Hilfe man die seit Jahrtausenden
verschlossene Rolle öffnen konnte, sodaß es endlich
auch möglich sein wird, ihren Wortlaut zu entzif-
fern. Das hierbei angewandte Verfahren bestand
darin, daß man das Leder zuerst mit einer dün-
nen Schicht von Zelluloid überzog, das sich in die
Poren des Leders einsaugte und sie festigte, wor-
auf noch ein zweiter, etwas stärkerer Zellulvidüber-
zug aufgetragen wurde, über den eine Lage feinen
Nesseltuches gelegt wurde. Jetzt konnte das Leber
vorfichtig aufgerollt, zwischen Glasplatten gepreßt
und getrocknet werden, und es zeigte sich nun, daß
die Schrift ebenfalls gut entziffert werden kann.
Das Verfahren, das im chemischen Laboratorim
des Museums vorgenommen wurde, erfolgte aber
selbstverständlich erst auf Grund wohlgelungenen
Versuche an Fragmenten des brüchigen Leders.
(Ein wohlriechendes Denkmalbad.)
Alle zwanzig oder dreißig Jahre wird an der zehn
Meter hohen Statue des Venur Gummata in Kanara
in Südindien von den Brahmanen eine Reinigungs-
prozedur vorgenommen, die, was die dabei verwandten
Ingredienzien angeht, einzig dastehen dürfte.
Kürzlich wurde diese Zeremonie des Bades wieder
einmal vollzogen. Die Priester hatten hundert Pfund
Sandelholz zu einer breiigen Masse verarbeitet und
außerdem eine große Menge von Rosenblättern, dwi-
ßig Pfund Safran, hundertfünfzig Pfund parfümierten
Puder und etwa hundertvierzig Liter wohlriechendes
Oel zusammengebracht; und das alles wurde während
der Zeremonie über das Standbild ausgegossen. Die
Wirkung, die diese Libation unter der heißen Sonne
Indiens ausübte, kann man sich besser denken als
beschreiben. Der Wind trug den Wohlgeruch mei-
lenweit ins Land, sodaß die Luft auf zehn Meilen
in der Umgegend wie parfümiert erschien. Etwa
10.000 Menschen, die aus den benachbarten Dörfern
herbeigeeilt waren, wurden festlich bewirtet, aßen und
tranken nach Herzenslust, ohne etwas bezahlen zu
müssen.
(Flugzeuge mit Schaufelrädern.) Der
französische Ingenieur Chappedelaine hat das Modell
eines Flugzeuges konstruiert, das weder Propeller
noch Flügel hat und dennoch fliegt. Der Erfinder be-
hauptet sogar, daß ein nach seinem Mödell gebau-
tes Flugzeug eine Stundengeschwindigkeit zwischen
1100 und 1500 Kilometer aufzubringen imstande sein
werde. Chappedelaine ist überzeugt, daß sein „Gyrop-
tere“, wie er seinen planlosen Aeroplan getauft hat,
die Flugmaschine der Zukunft sein wird. Sein Mo-
dell gleicht äußerlich einem gewöhnlichen Flugzeug.
An den Seiten sind halbverdeckte Schaufelräder ein-
gebaut, wie sie zum Antrieb der ersten Dampfschiffe
verwendet wurden. Da für das kleine Modell kein
entsprechender Motor in Frage kommen konnso be-
zog der Ingenieur bei den Probeflügen in seinem
Atelier die Antriebskraft von einem kleinen auf dem
Tisch stehenden Motor, der durch Drähte mit dem
Modell verbunden war. Die Räder erzielten dabei
7000 Umdrehungen in der Minute und trieben die
kleine Maschine durch den Raum. Am Rande des
Radkastens sieht man bewegliche Schließladen, die
dazu bestimmt sind, je nach der Weite der Oeffnung
das Flugzeug nach oben oder nach unten zu steuern.
Der Erfinder hofft, die Schnelligkeit der Maschine
noch dadurch steigern zu können, daß er nach dem
Prinzip des Raketensystems die Auspuffgase des Mo-
tors benützt. Auch für den Fall eines Versagens der
Motoren ist nach seiner Versicherung eine Gefahr
ausgeschlossen, da die Schaufelräder und Schließladen
so konstruiert sind, daß sie als Fallschirm dienen
können.
(Opium verdrängt das Getreide.) Ein.
der vielen unseligen Begleiterscheinungen der chine
sischen Wirren ist eine enorme Steigerung der An-
bau des Mohns, der zur Gewinnung des Opiume
dient. Im Südwesten des Landes verzeichnet man
gegenwärtig die größte Mohnernte, die eingebracht
wurde, seit der Kaiser von China vor einundzwanzig
Jahren durch sein berühmtes Edikt die Opiumgewin
nung verbot. Besonders in der Provinz Kweitscho hat
auf Kosten des Getreidebaus der Anbau von Mohn
eine solche Ausdehnung angenommen, daß sich in
verschiedenen Bezirken bereits die Hungersnot ein
gestellt hat. Opium bildet heute die Haupteinnahms
quelle des Staates dank den hohen Steuern, die
früher von der Regierung eingeführt werden, um die
Opiumgewinnung einzuschränken. Aber diese Steuern
schrecken angesichts der reichen Erträge, die die Ge-
wännung des Opiums aus dem Saft der unreifen
Mohnkapseln verbürgt, heute niemand mehr. Bekommt
doch der Kuli für eine Getreidemenge von 70 Pfund
nur ein paar Schillinge, für die er auch noch den
Transport nach der manchmal recht weit entfernten
Lieferungsstelle besorgen muß. Eine gleiche Menge
Opium dagegen wird heute so gut bezahlt, daß der
Käufer auch gut und gern die Kosten des Trans-
portes tragen kann, ohne den Kuli im Preise drücken
zu müssen. Und dieser Preis stellte sich umso höher,
je näher die Erzeugungsstelle der Küste oder dem Waſ
serweg liegt.
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Porta fontium