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Aschen Semuna.
Samstag, 23. Juni 1928
Vortrage die Großzügigkeit der bevorstehenden Polar-
forschungen und ihre einschneidende Bedeutung für die
europäische Wirtschaft. Er äußerte die Ansicht, das Polar-
gebiet sei eine gewaltige Quelbe an Nahrungsstoffen und
sprach die Vermutung aus, daß sich in der Arktis ein
Kontinent in Gestalt von Inseln erhebe,
Prager Parlament.
Abgeordnetenhaus.
Prag, 22. Juni. Das Abgeordnetenhaus erledigte
heute in beiden Lefungen das Gesetz über die Gebühren-
und Abgabefreiheit der anläßlich des 10jährigen Bestandes
der Republik errichteten Stiftungen und Widmungen. In
einer zweiten formalen Sitzung wurde dem Verfassungs-
ausschuß der Senatsbeschluß über den Initiativantrag der
koalterten Parteien betreffend die Aufschiebung der Wirk-
samkeit des Gesetzes über die politische Verwaltung zu-
gewiesen und ihm eine Frist von 3 Tagen zur Bericht-
erstattung gewährt. Der Antrag steht bereits auf der
Tagesordnung der nächsten für Dienstag anberaumten
Sitzung.
nicht von sich weisen, ohne die Grundlagen, auf denen
sich der Völkerbund aufbaut, schwer zu schädigen.
Titulesku über die Kleine Entente.
Bukarest, 23. Juni. Ueber die Politik der Klei-
nen Entente äußerte sich gestern der rumänische
Außenminister Titulesku im Anschluß an die
Bukarester Konferenz gegenüber Pressevertretern. Er
wies darauf hin, daß die heutigen Außenminister
der Kleinen Entente sich schon im Kriege kennen
gelernt und seitdem auf den verschiedensten Gebieten
in vollkommenem Einverständnis zusammengearbeitet
hätten. Weiter erklärte Titulesku, daß das ganze Pro-
gramm der Kleinen Entente zusammengefaßt wer-
den könne in die folgenden Worte: Laßt uns ar-
beiten und rührt uns nicht an! Die Kleine
Entente sei sich ihrer Kraft bewußt und
werde sie ganz in den Dienst des Friedens stellen.
der chinesischen Heere geplant. Die Durch-
führung einer Abrüstung dürfte aber auf große
Schwierigkeiten stoßen, weil für die Soldaten nur
schwer Arbeit gefunden werden könnte. Die süd-
chinesischen Nationalisten sollen versuchen, die Mand-
schurei, das frühere Machtgebiet des verstorbenen
nordchinesischen Generals Tschangtsolin, unter
ihre Herrschaft zu bringen. Die Nationalisten sol-
len deshalb versprochen haben, daß sie gegen die
jetzige Besetzung der kommandierenden Stellen in
der Mandschurei Einwendungen nicht erheben
werden.
Senat.
In der heutigen Sitzung des Senates wurde die
Hinausschiebung des Inkrafttretens der Verwaltungsre-
form in den historischen Ländern bis zum 1. Dezember
in zweiter Lesung genehmügt. Ferner erledigte der Senat
in zweiter Lesung das Gesetz über die nicht sichergestellte
Vorkriegsschuld und die Prüfung von Kleingeld. Die
nächste Sitzung des Senates wird auf schriftlichem Wege
einberufen werden.
Smerals Diäten für 6 Monate gesperrt.
In der heutigen Sitzung des Immunitätsausschusses
des Abgeordnetenhauses wurde der Antrag angenommen,
dem kommunistischen Abgeordneten Dr. Smeral die
Diäten für sechs Monate zu sperren, da er ohne Ent-
schuldigung und trotz wiederholter Aufforderung seine
Abgeordnetenpflichten nicht erfülle.
Neue Angaben Michaltos.
Prag, 23. Juni. „Lid. Noviny“ bringen heute
die Ergebnisse der Nachforschungen der Verteidiger
im Vörösmarty-Prozeß Dr. Kostecka und Doktor
Hrabal. Nach den neuen Angaben Michalkos ist
die Tat nicht am 16. Juli, sondern am 27. Juli
geschehen. Die Gesellschaft set gemeinsam am
14. Juli nach dem Csorbasee gefahren, aber dort
hätte sich Sykorsly nach einigen Tagen mit der
Vörösmarty von Michalko getrennt und
die beiden seien nach Tatra Lomnitz gefahren.
Am 26. sei Michalko dann mit Sykorsty in Strbste
Pleso zusammengetroffen und Sykorsly habe erklärt,
Margit bleibe noch in Tatra Lomnitz. Dann wolle
sie nach Prag und von da nach Paris und Ame-
rika fahren. Zu diesem Zweck habe man für den
27. ein Rendezvous in Strbske Pleso vereinbart.
Die Vörösmarty sei tatsächlich und zwar mit Mes-
zaros an diesem Tage nach Strbste Pleso gekom-
men. An diesem Tage sei Michalko, als er mit
Margit spazieren ging, auch dem Schuhwaren-
händler Josef Belnay begegnet, dem er Mar-
git als seine Frau vorstellte. Belnay habe sich
gestern Dr. Hrabal bereit erklärt, die-
sen Umstand vor Gericht zu beschwören.
Mittags sei dann, so erklärt Michalko, Margit und
Sikorsky mit Meszaros nach Alt-Schnecks gefahren,
während Michalko in Srbske Plesso blieb. Abends
habe Michalko Sikorsky wieder getroffen, als die-
ser allein zurückkehrte und die Abfahrt Margits
für den nächsten Tag ankündigte. Dann sei Sikorsky
abermals weggefahren und erst am nächsten Tag
wiedergekehrt und habe ausgerichtet, Margit werde
in den Prager Zug in Poprad einsteigen. Man
fuhr dann nach Prag und als Margit bei der An-
kunft in Prag nicht zu sehen war ebensowenig
wie vorher, habe Sikorsky erklärt, sie hätte wohl
den Zug versäumt. Erst am 29. nachmittags habe
Sikorsky Michalko gestanden, Margit in der Ta-
tra von einem Felsen ins Wasser gewor-
fen zu haben. Auf weitere Fragen Michaltos
habe Sikorsky als Tatort die „Sieben Was-
serfälle“ bei Alt-Schmecks angegeben. Sikorsky
habe Michalko aufgefordert, zu bezeugen, daß es
sich um einen Unfall Margits gehandelt habe.
Ungarns Außenminister über den
ungarisch-rumänischen Optantenstreit.
Budapest, 23. Juni. In der heutigen Sitzung des
auswärtigen Ausschusses des Abgeordnetenhauses gab
Minister Valko Informationen über einzelne außen-
politische Fragen und sagte u. a.: Die sich seit 11/2 Jahren
hinziehende dilatorische Behandlung der ungarisch-ramä-
nischen Schiedsgerichtsfrage ist durch die in Genf gefaßten
Beschlüsse wieder bei der gewohnten Situation angelangt.
Der Völkerbundsrat versucht mit seinem Janibeschluß, nun
zum vierten Male die Lösung der Streitfrage auf die
nceressierten Staaten zu übertragen. Von rumänischer
Seite wurde eine starke Propaganda begonnen, daß dieser
Beschluß des Rates so ausgelegt werde, als ob der
Rai die Lösung der Streitfrage aus der Hand gegeben
hätte. Bereits im September 1927 wurde von rumä-
nischer Seite eine ähnliche Propaganda betrieben, die
aber eine Schlappe erlitt. Der Rat kann die Lösung
Schwere Unwetter in Rumänien.
Zahlreiche Brände. — Zehn Tote.
Bukarest, 23. Juni. Schwere Sturzregen ha-
ben gestern in Bukarest beträchtlichen Schaden ange-
richtet. Durch den wolkenbruchartigen Regen, der
mit klernen Unterbrechungen 38 Stunden anhielt,
wurde auch der Straßenbahnverkehr in Mitleiden-
schaft gezogen, der für einen Zeitraum von zwei
Stunden vollständig aufhören mußte. In den Vor-
orten standen verschiedene Landhäuser unter Was-
ser. Die Feuerwehr war die ganze Nacht über be-
schäftigt. Aehnliche Unwetter haben gleichzeitig fast
ganz Rumänien heimgesucht, besonders den Bezirk
Ismael in Beßarabien, wo sie von besonders star-
ken Erscheinungen begleitet waren; in vielen Törfern
sind infolge Blitzschlages Häuser in Flammen auf-
gegangen, außerdem wurden zehn Personen
durch Blitzschläge getötet.
Doppelmord und Selbstmord.
Könnern a. d. Saale, 23. Juni. In Hohenend-
kau erschoß der Arbeiter Wetzle seine Braut mit
deren wahrscheinlichen Einverständnis in deren Woh-
nung. Beim Verlassen der Wohnung trat ihm der
Großvater des Mädchens entgegen. Es kam
zu einem Wortwechsel, in dessen Verlaufe der Mör-
der die Waffe auch gegen den alten Mann richtete
und ihn durch einen Schuß tötete. Darauf rich-
tete der Mörder die Waffe gegen sich und ver-
letzte sich so schwer, daß er einige Zeit später starb.
Die Eisenbahnkatastrophe bei Bolnäs.
Bis jetzt 16 Todesopfer.
Stockholm, 23. Juni. Nach den bisherigen Fest-
stellungen beträgt die Zahl der Todesopfer der Eisen-
bahnkatastrophe bei Bolnäs 16, die der Verletzten 20.
Die Untersuchung wird fortgesetzt.
Tschitscherins Krankheit.
Moskau, 23. Juni. Der Gesundheitszustand
des russischen Außenministers Tschitscherin soll
sich nach Moskauer Meldungen sehr verschlech-
tert haben. Die Aerzte hätten deshalb dem Mi-
nister empfohlen, von seinem Posten zurückzutreten.
Meuterei an Bord.
Ein Passagier-Korps gegen Besatzung.
London, 23. Juni. 17 Stunden lang war von
dem Tampfer „Jervis-Bay“, der in einem
Notruf um sofortige Hilfe gebeten hatte, da an Bord
eine Meuteret ausgebrochen sei und die Mann-
schaft drohe, das Schiff zu verbrennen,
nichts gehört worden. Alle Versuche, mit dem Schiff
in drahtlose Verbindung zu gelangen, blieben er-
folglos, so daß bereits die ernstesten Befürchtungen
gehegt wurden. Gestern abends ist nun ein Tele-
gramm eines Direktors der australischen Schiffahrts-
linie aus Perth in London eingetroffen, das besagt,
daß nach einem dort vorliegenden Telegramm der
„Jervis-Bay“ die blinden Passagiere die
die Meuteret zu veranstalten versuchten, in sicherem
Gewahrsam sind, daß alles an Bord gut gehe und
daß das Schiff hoffe, Montag in Colombo einzu-
laufen. — Was sich an Bord des großen 13.000-
Tonnendampfers der 174 Mann Besatzung, 15 Of-
fiziere und 600 Passagiere mit sich führt, in den
Stunden ereignete, als der Kapitän sich veranlaßt
sah, wegen Meuterei und Feuergefahr um Hilfe zu
bitten wird daher erst am Montag zu erfahren sein.
Daß die Lage an Bord des Schiffes außerordentlich
ernst gewesen sein muß, geht aus einem früheren
Telegramm des Kapitäns hervor, daß er ein frei-
williges Korps aus den Passagieren zu-
sammengestellt habe. Nach inzwischen hier einge-
gangenen Nachrichten drohte die Besatzung
des Schiffes, falls der Forderung der Besatzung
nach Ankunft in London und Uebergabe des Schif-
fes aus dem Besitz der australischen Schiffahrtsli-
nie in den Besitz der White Star Linie, freie Rüch-
reise als Passagiere nach Australien zu gewähren,
nicht entsprochen werden sollte.
Die chinesischen Heere sollen abrüsten.
London, 23. Juni. In China wird die Ein-
berufung einer Konferenz zur Abrüstung
Neues vom Tage.
General von Heeringen gestorben.
Kolberg, 22. Juni. In der Nacht vom Müt-
woch zum Donnerstag starb auf dem Gate Batzwitz im
Kreise Greifenberg in Pommern Geneval von Heerin-
gen im Alter von 77 Jahren. — Jofias von Heeringen
war im Jahre 1850 geboren. Vom Jahre 1909 bis zum
Jahre 1913 war er Kriegsminister. Am Welthriege
nahm er als Generaloberst zunächst im Elsaß, späht
in Belgien und Nordfrankreich teil. Im Jahre 1016
wurde er zum Oberbefehlshaber der Küstenverteidigung
ernannt und im November desselben Jahres zur Die-
position gestellt.
Bei einem Bauunfall tödlich verunglücht.
München, 23. Juni. Gestern abends ist beim
Kanalbau an der Elsenheimerstraße das Erdreich ins
Rutschen gekommen, wobei die Baustelle auf etwa 50
Meter verschüttet wurde. Zwei in der Tiefe beschäftigne
Arbeiter wurden begraben. Einer von ihnen konnte ge-
rettet werden, der andere wurde als Leiche geborgen,
Nächtliche Flugpost Stockholm-London.
Stockholm, 23. Juni. Der erste Versuch eines
Nachtbetriebes der Flugpost zwischen Stockholm and
London brachte vollen Erfolg, obzwar das Wetter äußerst
ungünstig war. Das Flugzeug ist ganz wie ein Postand
eingerichtet. Während des Fluges sortiert der Beamne
die Sendungen.
Zwei Geschütze zersprungen.
Helsingfors, 23. Juni. Bei einem militärischen
Uebungsschießen in Perkjaervi zersprangen zwei Ge-
schütze, wobei vier Soldaten getötet und einer verletzt
wurde.
Prägung von französischen Geldftüchen.
Paris, 23. Juni. „Havas“ bestätigt die Nach-
richt über die Prägung von französischen Geldstücken.
Die Bank von Frankreich werde im Einvernehmen mit
dem Finanzminister für etwa 3 Mikliarden 5' und 10
Frankstücke, aber keine 20 Frankstüche ausgeben.
Blutige Zusammenstöße in Salonini.
Paris, 23. Juni. Der „Information“ wird ge-
meldet, daß nach Nachrichten aus Saloniki gestern Zu-
sammenstöße zwischen streikenden Arbeitern und Polize
stattgefunden hätten. Sieben Personen sollen getötet und
dreißig verwundet worden sein.
Riesenbrand in Damushus.
London, 23. Juni. Die Times“ berichtet aus
Beirut: In Damaskus hat ein Brand die Sanjahdar-
Moschee vor der Citadelle fast ganz und einen großen
Teil der Stadt einschließlich einiger Hotels und des
Wahr-Gebäudes mit seinem wertvollen Museum zer-
stört. Die französischen Truppen verwendeten Dyna-
mit, um die Ausbreitung der Feuersbrunst und Plün-
dereien zu verhindern. Man glaubt, daß über 300
Häuser und 70 Kaufläden zerstört worden sind. Der
angerichtete Schaden wird auf 500.000 Pfund Ster-
ling geschätzt. — Das Feuer wütete schon seit einigen
Tagen. Nunmehr ist man endlich seiner Herr ge-
worden.
Ein Tunnel unter einem Fluß.
London, 23. Juni. Unter dem Fluß Mersey in
Liverpool wird ein Tunnel errichtet, das 21/2 Mitlionen
Pfund Sterling kosten wird. 4000 Arbeiter werden zwei
Jahre zu arbeiten haben.
Die Elemente.
London, 22. Juni. Wie aus Mexiko gemeldet
wird, wurde durch eine heftige Meeresbrandung der Hafen
Chatahua vollständig zerstört. Seit Samstag abends
wurden in der Umgebung 108 Erderschütterungen verspürt.
Statt drei Wochen Karawanentransport eine Flugstunde.
London, 23. Juni. Englische Blätter melden: In
dem Goldfelder-Distrikt „Salamoa“ auf Neu-Guinea wur-
de von der „Guinea-Gold“-Gesellschaft ein Junkers-
Flugzeug der Type „Bremen“ in Dienst gestellt. Das
ugzeug versieht, wie die „Umschaa“ mitteilt, die Gold-
und Maschinentransporte zwischen dem in ungefähr 3000
Meter Höhe liegenden Goldminen-Distrikt und den Häfen
Wau Creek und Lae und wird auch für die Reisen
der Ingenieure und Direktoren verwendet, da in dem
unwegsamen, wegarmen Gelände die Reise nach den
Minenfeldern, die nunmehr in einer Flugstande erfolgen
kann, ungefähr drei Wochen Karawanentransport er-
forderte.
Hat Kalutta nur betrügerische Bankiers?
London, 23. Juni. Unter der Ankelage der Jalsch-
spielerei und betrügerischen Spekulation wurden dieser
Tage in der Börfe von Kaknukta nicht weniger als 116
Dateiname:
ascher-zeitung-1928-06-23-n146_6510.jp2
Porta fontium