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Seite 4. tel und Ländergebiet vererbten sich auf den Sohn Ferdinands, Franz IV., sodann auf den Enkel Franz V. Der Marin Theresin-Orden für Erzherzog Friedrich. Wien, 27. November. Aus dem Kriegspressequartier wird gemeldet: Armeeoberkommandant Feldmarschall Erzherzog Friedrich hat folgenden Armeeoberkommandobefehl erlassen: „Soldaten! Seine k. u. k. Apostolische Majestät hat mir das Großkreuz des Militär-Maria Theresia-Or- dens verliehen und meinen bewährten Mitarbeiter Ge- neraloberst Freiherrn von Conrad zum Feldmarschall ernannt. Dieser Ausdruck Allerhöchster Gnade gilt Euch allen, gilt Eurer heldenhaften Aasdauer, Eurer stets bewährten Tapferkeit, Eurer treuen Hingebung in dem schweren Kampf für Macht und Bestehen unseres teueren Vaterlandes. Er ist eine Allerhöchste Anerkennung der bisherigen glänzenden Leistungen der Armee und Flotte. Erweisen wir uns würdig des Allerhöchsten Vertrau- ens! Harren wir aus und tun wir unsere Pflicht, bis der ehrenvolle, siegreiche Frieden erkämpft ist! Gott war mit uns, er wird mit uns bleiben! Feldmarschall Erzherzog Friedrich!“ Feldmarschall Erzberzog Eugen. Wien, 27. November. Kaiser Karl richtete an Erzherzog Eugen folgendes Handschreiben: „Lieber Herr Vetter Erzherzog Eugen! Ich er- nenne Euer Liebden in vollster dankbarer Erinnerung Ihrer als Führer einer Heeresfront vor dem Feinde geleisteten hervorragenden Dienste zum Feldmarschall. Wien, 23. November 1916. Karl m. p. Die Tnnastie der Habsburger. Das Kaiserhaus führt genealogisch den Namen „Haus Lothringen-Habsburg“. Die Stammeltern des Hauses sind Franz Stephan von Lothringen, nachmaliger römisch-deutscher Kaiser, und Maria The- resia, die Tochter des letzten männlichen Sprossen aus dem Hause Habsburgs, Karls VI. Sowohl das Haus Lothringen wie das Haus Habsburg ge- hören zu den allerältesten deutschen Adelsfamilien. Der Ahnherr des Hauses Lothringen war Eber- hard III., Graf im Nordgau in Nieder-Elsaß ge- nannt (898), seine Nachkommen wurden 1047 Her- zoge von Lothringen. Ahnherr des Hauses Habs- burg ist Guntram der Reiche, Graf zu Altenburg, im nachmaligen Schweizer Kanton Aargau (952), seine Nachkommen hießen seit 1020 Grafen von Habsburg; der Gründer des landesherrlichen Hauses Habsburg- Oesterreich, Rudolf Graf von Habsburg wurde 1273 zum deutschen Kaiser gewählt. Gegenwärtig besteht das gesamte Haus Loth- ringen-Habsburg aus sechs Linien. Die Hauptlinie, die regierende, entstammt der Ehe Kaiser Franz I. und seiner zweiten Gemahlin Maria Theresia, der Tochter Ferdinands von Sizilien. Von den vier Enkeln dieses Kaiserpaares wird nur die Linie des drittjüngsten Bruders, des verstorbenen Erzherzogs Karl Ludwig, des Vaters des gegenwärtigen Kai- sers, im Mannesstamme fortleben; Kaiser Franz Jo- sef I. hinterläßt nur zwei Töchter, Erzherzogin Gi- sela, vermählt mit Prinzen Leopold von Bayern, und Erzherzogin Valerie, vermählt mit Erzherzog Franz Salvator; die Ehe des zweitgeborenen Bru- ders, Erzherzogs Maximilian, des nachmaligen Kai- sers von Mexiko, mit Charlotte von Belgien ist kinderlos geblieben; der jüngste Bruder Erzherzog Ludwig blieb unvermählt. Erzherzog Karl Ludwig hinterließ aus s einer zweiten Ehe mit Maria Annunziata Prinzessin von Bourbon-Sizilien, drei Söhne; diese sind: der er- mordete Erzherzog Franz Ferdinand, fernet oer eben- falls schon verstorbene Erzherzog Otto, der zwei Söhne hinterließ; den jetzt regierenden Kaiser Karl Franz Josef, geboren 1887, und Erzherzog Maxi- milian, geboren 1895; endlich Erzherzog Ferdinand Karl. Aus der dritten Ehe des Erzherzogs Karl Ludwig mit Maria Theresia, Infantin von Por- tugal, stammen zwei Töchter; die Erzherzogin Ma- ria Annunziata, Aebtissin auf dem Hradschin zu Prag, und Elisabeth. Von den Nebenlinien des Hauses stammen vier von Brüdern des Kaisers Franz I. ab. Die erste Li- nie, Toskana, war ehemals souverän, ihr Ahne ist der nächstgeborene Bruder des Kaisers Franz I., Ferdinand, damals souveräner Erzherzog von Tos- kana. Das Haus Toskana wurde als Sekundoge- nitur des Hauses Lothringen-Habsburg gegründet. Mit der Einverleibung des ehemal'gen Großherzog- tums Toscana mit dem Königreich Sardinien im Jahre 1860 verlor die Linie Toskana ihre Souverä- nität. Die Toskanas sind in allen Zweigen durch einen reichen Kindersegen herovrragend. Von dessen drittem Sohn Karl Ferdinand stam- men ab: Erzherzog Friedrich, der das ungeheuere Vermögen seines verstorbenen Oheims Erzherzog Al- brecht geerbt hat; Maria Christine, die Mutter des spanischen Königs; Erzherzog Karl Stephan, der zweithöchste Seeoffizier der österreichischen Marine und Erzherzog Eugen, der Hoch- und Deutsch- meister. Die dritte Nebenlinie stammt von Josef Anton, dem 1847 verstorbenen Palatin von Ungarn. Ihr gehört die Familie des Erzherzogs Josef, des Ober- kommandanten der ungarischen Honveds, an. Die vierte Nebenlinie entstammt dem Erzher- zog Rainer, dem ehemaligen Vizikönig der Lom- bardei. Sie ist gegenwärtig nur mehr durch dessen jüngsten Sohn Erzherzog Rainer repräsentiert. Endlich zählt das Kaiserhaus noch eine sechste Linie, die allerdings im Mannesstamm bereits er- loschen ist. Es ist dies die ehemals regierende Li- nie Modena-Este. Sie entstammt dem dritten Sohn der Kaiserin Maria Theresia, dem Erzherzog Ferdi- nand. Dieser heiratete im Jahre 1771 Maria Bea- trix, die Tochter des letzten Herzogs von Modena aus dem Hause d'Este, Herkules III. Durch den Wiener Kongreß erhielt Maria Beatrix und ihr Gemahl die während der napaleonischen Kriege ver- loren gegangenen Länder Modena, Massa und Car- rara zurück. Ferdinand nahm den Titel d'Este an. Die Familie Modena d'Este sollte eine Teritiogeni- tur des Hauses Lothringen-Habsburg bilden. Ti- Wilſons Zukunftsaufgaden. Ein verspätet eingetroffener Funkspruch des Ver- treters des W. T. B. in New York vom 20. No- vember meldet: „Associeted Preß“ veröffentlicht eine offenbar inspirierte lange Depesche aus Washington, in der die verhängnisvolle und verwickelte internationale Lage sowie die Stellungnahme des Präsidenten Wil- son erörtert wird, der jetzt nach seiner Wiederwahl handeln könne, ohne befürchten zu müssen, daß ir- gendein Schritt von ihm fälschlich als durch den innerpolitischen Kampf beeinflußt aufgefaßt werde. In der Depesche heißt es: Der Präsident muß sich entscheiden, wie sich die Vereinigten Staaten einer- seits der durch den deutschen Unterseebootskrieg ge- schaffenen Lage gegenüber und andererseits den Handelsbeschränkungen der Entente- staaten und ihrer Alliierten gegenüberstellen soll, ob eine Gesetzgebung der Wiedervergeltung nachdrücklich be- trieben werden soll, ob die überlieferte Lehre der Abgesondertheit zugunsten eines vereinigten Vorge- hens der neutralen Staaten aufgegeben werden soll und ob die Vereinigten Staaten eine aggresive oder passive Politik gegenüber einer Friedenskonferenz, ge- genüber einem Kriege nach dem Kriege und einer permanenten Liga zur Erzwingung des Friedens, die der Präsident in der Theorie annahm, befolgen sollen. Das beunruhigendste von diesen Problemen ist das durch die Unterseebootsfrage geschaffene Ver- hältnis zu Deutschland. Unter Hinweis darauf, daß im Fall irgendeiner Art von allgemeinem Un- terseebootskrieg Amerika es schwierig finden könnte, Verwicklungen zu vermeiden, führt der Bericht aus: Die amerikanische Haltung ist klar und endgül- tig festgelegt, Spitzfindigkeiten werden nicht gestat- tet. Es dürfen keine Schiffe ohne Warnung oder ohne Fürsorge für die Sicherheit der Passagiere auf hoher See oder in Entfernung von der Küste versenkt werden. Seine Erklä- rung über bewaffnete Schiffe mag von Deutschland geltend gemacht werden, aber würde sie angenom- men werden? Außerdem bleibt die „Lusitania“-An- gelegenheit noch in der Schwebe, da Versuche, die Streitfrage zu schließen, durch unerwartete neue U- Bootsverwicklungen wiederholt gestört worden sind. Die Ueberfalle der Unterseeboote an der Küste von New England wurden als vereinzelt betrachtet. Indessen wird ge- sagt, daß ein Andauern dieser Handlungsweise nicht gestattet würde, da es tatsächlich die Blockierung der amerikanischen Häfen bedeute. Der Bericht kennzeichnet die Beziehungen zu den Staaten der Entente und ihren Alliierten als weniger gefährlich, aber vielleicht ärgerlicher und weist im einzelnen auf die englische Blockade, auf die Rationierung der Einfuhr Hollands und Skandina- viens und auf die Verhinderung der Einfuhr nach Conrad von Hötzendorf — Feldmarschall. Im heiligen Land Tirol. Ein Zeitroman aus den Tiroler Bergen Von Anmy Wothe. (Nachdruck verboten.) Amerkanisches Copyright 1916 by Anny Wothe-Mahn, Leipzig“ Einen Brief mußte Lorle unverzüglich hinterher senden, damit Papi, wenn's anging, gleich auf Urlaub kam. Es sah ja aber auch toll aus auf Burg Kamp. Nicht nur, daß sie mit Sabine Axel schwer verwundet und bis auf den Tod erschöpft, heimgebracht hat- ten, auch der Oberleutnant von Weegern schien dem Tode nahe, und die Art wie Sabine sich bei der Ueberführung des Verwundeten benahm, zeigte Tante Brandine ganz deutlich, warum zwischen Stefan und seiner Braut alles nicht stimmte. Die rauchende Trümmerstätte — das einstige Schloß Heiden hatte Brandine Heidenkamp we- niger gekümmert. Sie war schon froh, daß wenig- stens noch der linke Flügel des weiträumigen Schlos- (jes stand, in dem Dienstleute, Verwalter und das Militär, das augenblicklich Heiden besetzt hielt, Un- terkunft finden konnte. Viel mehr Unruhe verur- sachte ihr der gar kein Ende nehmende Zug der Verwundeten, die man zunächst nach Kamp brachte, ehe sie abtransportiert wurden. Viel schwer Ver- wundete waren dabei und manches Grab wurde schon geschaufelt. Da hatte sie andere Gedanken als Verlobung. Aber die beiden jungen Bräute, das mußte Tante Brandine zugestehen, benahmen lich tadellos, als sie die Sachlage überblickten. Selbst Lorle konnte mit einem Mal zufassen und kräftig eingreifen. Das Schloß reichte nicht aus, alle Verwundeten, die zu Fuß, zu Wagen und auf Tragbahren gebracht wurden, zu bergen. Da mußte man die Schloßkapelle zu Hilfe neh- men. Im Mittelschiff der kleinen Kirche wurden 34) Lagerstätten errichtet. Die beiden Aerzte und zwei Schwestern arbeiteten unermüdlich bis in die Nacht hinein. Irgend welche Hilfskräfte zu erlangen, wie man durch Fernspruch versuchte, schien ganz unmög- lich. Da galt es selber schaffen. Sabine war völlig durch Axel und Weegerns Pflege in Anspruch genommen, deren Zimmer dicht nebeneinander lagen. Tante Brandine meinte, daß man ihr nicht noch mehr zumuten könnte, da sie selber in solcher Verfassung war, die dringend der Pflege bedurft hätte. Da lastete dann das meiste auf den starken Schultern von Tante Brandine, deren treueste Stützen, der alte Kellermann und Frau Hiltrudis waren. Diese Nacht verfaßte Frau Hiltrudis den läng- sten und inhaltreichsten Brief ihres Lebens. Sie schrieb: Liebste Gundel! Wo dös doch ine G'meinheit wär, wenn man helfen kann und tuats nit. Komm heim! Scher di daher! Du soagst zwar, Du schuldest den gnä' Grafen koanen Dank, aber i schuld's ihm un Du aaa! Du verstehst's nur halt net so. Heiden hoaben die Wallischen zerschoss'n — niedergebrannt hoa- bens das ganze Schloß, den jungen Herrn Axel erst gar haben's zug'richt. Am Sterben is er, um de ganze Kirchen ist voll Soldaten, alle sterbenswund, un de gnäd'ge Gräfin Sabine ist weiß wie a Lei- nentuchl, un kann nit mehr, weil's gar so viel Kum- mer hat. Sie bitt halt schön, wenn's Du ihr nur a bissel liab hast, doch zu komm'n un ihr beizuste- hen in all ihrer Not, wo Du doch nun einmal d' Krankenpflege g'lernt hast. Auch sonst mußt daheim komma, denn i muß Dir was soagen, was mir lang' 's Herz abdrückt hat. Von Deinem Mutterl woas. Hiltrudis Bonnetti.“ Sehr befriedigt von ihrer Glanzleistung hatte die Wirtschafterin einem vorüberkommenden Militär- auto den Brief mitgegeben. Nun harrte sie von Tag zu Tag auf Gundela. Aber sie kam nicht. Da faßte Tante Hiltrudis ein tiefer Zorn, und wer sie zwischen ihren Tiegeln und Töpfen hantieren sah — es galt, täglich für mehr als 60 Menschen zu kochen — der ging ihr wohlweislich aus dem Wege. Und dann eines Tages, es dämmerte schon, da flog plötzlich ein Sanitätsauto in den Schloßhof, und ihm entstieg nicht nur Schwester Gundela mit einigen Sanitätern, sondern auch der alte Heiden- kamp. Da weinte Hiltrudis Bonnetti vor lauter Glück und Stolz, aber auch vor Schmerz, denn der Tod schattete mit dunklen Flügeln über Burg Kamp. Und der alte Graf, der gekommen war, seinen Sohn noch einmal zu sehen, der wußte es, daß ein Hei- denkamp sterben mußte. Die sonst so hellen blauen Augen des Aeltesten des Geschlechts der Heiden- kamps, die hatten einen dunklen Schein, und es war, als gingen sie in weite Fernen. Mit Sabine stand er allein am Lager seines Sohnes, der kein Soldat war und der doch wie ein Wehrpflichtiger mit letzter Kraft die heimatliche Scholle verteidigt hatte, ehe ihn die räuberischen Feinde in die schon totkranke Brust schossen. Axel lächelte seinem in der Standschützenuniform so kriegerisch ausschauenden Vater mit dem eisgrauen Bart um das frische Gesicht, matt entgegen. „Wie geht es dir, mein Bub?“ fragte Graf Max bewegt, sich zu Axel herniederneigend. Der Verwundete sah ihn aus großen blauen Augen strahlend an. Um sein braunes Lockenhaar, das lose um die bleiche Stirn fiel, spielte die sin- kende Sonne.
Dateiname: 
ascher-zeitung-1916-11-30-n141_5640.jp2