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Ascher Zeitung Nr. 21. Seite 5. 18. Februar 1911. Tagesneuigkeiten. Fünf Arbeiter tödlich verbrannt. Dortmund, 17. Feber. Auf dem Eisen- werk „Union“, bei dem erst gestern beim Ein- sturz einer Baubühne 3 Arbeiter getötet wurden, ereignete sich seit heute wieder ein gräßliches Un- glück. Beim Transport glühender Schlacken wur- den fünf Arbeiter durch Schlackenspritzer töd- lich verbrannt. Hoffnungslos wurden sie ins Krankenhaus gebracht. Sprottenschwärme und Schießübungen. Flensburg, 17. Feber. Große Sprotten- schwärme, die sich seit einigen Tagen in der Ost- see bei der Insel Alsen zeigten, wurden durch die Schießübungen mehrerer Kriegsschiffe vertrieben. Der Apenrader Fischerverein wandte sich darauf an den Großadmiral Prinzen Heinrich von Preus- sen“ um Intervention an maßgebender Stelle. Daraufhin wurden die Schießübungen sofort ein- gestellt. Eine Schreckenstat. Graz, 17. Feber. Die Postbaukommissärs- gattin Likawetz erstach heute ihre beiden Kinder, einen sechsjährigen Knaben und ein 5 Monate altes Mädchen. Die Mutter tötete sich dann selbst durch einen Stich ins Herz. Die Frau scheint wegen eines törperlichen Gebre- chens ihrer Tochter trübsinnig geworden zu sein. Die Tat hat sie in geistiger Umnachtung verübt. Schweres Lawinenunglück. Innsbruck, 17. Feber. In den gestrigen Abendstunden ereignete sich abermals ein schweres Lawinenunglück, dem zwei Kaiserjäger zum Opfer fielen. Bei einer militärischen Skitour zum Ranggerköpfel geriet eine aus einem Leut- nant und 4 Mann des 4. Tiroler Kaiserjäger- Regiments stehende Patrouille unter eine Lawine. Der Leutnant und zwei Unterjäger wurden von der Lawine mitgerissen. Während sich jedoch der Offizier retten konnte, gerieten die zwei Mann unter die Schneemassen. Sie wurden heute vor- mittag als Leichen geborgen. Die Pest. Charbin, 17. Feber. Die Befürchtung wird immer lauter, daß mit Eintritt der warmen Wit- terung ein Anwachsen der Epidemie zu er- warten ist. Alle Gewässer und Flüsse sind voll Bakterien. In Fudjadian wurden 4000 Lei- chen verbrannt, 2000 liegen noch aufgespeichert. In Huangtscheng sind 3500 Personen gestorben. Die Gesamtzahl der der Pest Erlegenen beträgt in der Nordmandschurei 50.000. Unter schwerem Verdacht verhaftet. Klagenfurt, 17. Feber. Der Husaren-Ge- freite Lorinczek und sein Bruder Johann wurden verhaftet. Sie sind dringend verdächtig, in Ungarn einen Raubmord verübt zu haben. Die passive Resistenz. Triest, 17. Februar. Infolge der hier gestern ausgebrochenen passiven Resistenz der Staats. beamten und Staatsbediensteten, die bereits am ersten Tage zu Störungen im Verkehr ge- führt hat, beabsichtigen die Zuckerauslader und Frachtenkutscher die Arbeit niederzulegen. Bisher wurde die Ruhe und Ordnung nirgends gestört. Ein Vortrag des deutschen Kaisers. Berlin, 17. Feber. Kaiser Wilhelm hat heute im Landwirtschaftsrat einen Vortrag über seine Erfahrung als Landwirt und über die Ergebnisse abgehalten, die er in Cadinen bei der Urbarmachung von 500 Morgen bis dahin gänz- lich unbrauchbaren Torflandes gemacht hat. Der Kaiser erzählte ein paar lustige Anekdoten, die da- von zeugen, daß er bei bester Laune ist. Den Löwen zum Fraße vorgeworfen. Berlin, 17. Feber. Das „Journal“ er- hält aus Tanger eine Depesche, wonach sich im Harem des Sultans Muley Hafid in Fez- ein mysteriöses Drama abgespielt hat. Angeblich auf Befehl des Sultans sollen drei Negerinnen, Beschließerinnen des Harems, weil sie kostbare Schmucksachen entwendet hat- ten, den Zöwen in der Menagerie le- bend zum Fraße vorgeworfen wor- densein. Kleine Nachrichten. Berlin, 16. Feber. Die erste preußische Vollbahnlokomotive mit elektri- schem Betrieb, die kürzlich auf der Strecke Dessau-Bitterfeld Probefahrten veranstaltete, hat sich bewährt. Es wurde mit einem Ver- suchszug anstandslos eine Geschwindigkeit von 105 Kilometern in der Stunde erzielt. Port Said, 16. Feber. Hier herrscht lebhafte Erregung über die Schändung euro- päischer Grabstätten; eine Anzahl Gräber ist geplündert worden. Rouen, 16. Feber. Der Kapitän eines hier eingetroffenen spanischen Schiffes teilte dem spanischen Konsul mit, daß ein anderes spanisches Schiff, welches gleichzeitig mit ihm von Rotterdam auslief, infolge Unwetters Schiffbruch erlitten habe. Siebzig Mann von den Passagieren und der Besatzung sol- len umgekommen sein. Eine Bestätigung liegt nicht vor. Geroldshausen in Oberbayern, 16. Fe- ber. Zwei Brüder brachen auf dem Eise ein. Einer arbeitete sich heraus und holte den 82jährigen Großvater, der, bis zum Hals im Schlamm und Wasser versinkend, mit eigener Lebensgefahr den Enkel rettete. Berlin, 18. Feber. Beim Schlittschuhlau- fen auf der oberen Spree stürzte der 14jäh- rige Sohn des Besitzers Beier in eine offene Stelle und ertrank. Bertin, 16. Feber. Für den neuerlichen Wettflug Paris-Berlin, für welchen die „B.-Z.“ 100.000 MarkPreise gestif- tet hat, haben für den Weiterflug von Berlin über Brüssel nach Vondon das belgi- sche Blatt „Petit Bleu“ bereits vor langer Zeit 25,000 Mark und nunmehr auch der Lon- doner Standart einen Preis von 2500 Pfund Sterling gestiftet, der an die siegreichen Flieger ohne Unterschied der Nationalität verteilt wer- den soll. Halle a. S., 17. Feber. Der hier verstor- bene Kommerzienrat Bethke hat der Stadt Halle 1,500.000 Mark und außerdem zwei wertvolle Grundstücke zu Zwecken der Jugendfürsorge vermacht. Faschingschronik. 19. Feber: „Die Geisha“; Schützenhaus. Feber: Schützenball; Schützenhaus. 23. Feber: „Die Puppe“; Schützenhaus. Feber: „Akter Ascher Faschingshausball“ 25. (Radfahrerverein Asch); Jägerhaus. 25 Feber: Ball des Vereines „Willkommen“; „Rotes Roß“. 28. Feber: Feuerwehrball in Oberreuth; Gast- haus Grüner. März: Ball der Jungmannschaft „Körner“; Schützenhaus. März: „Die Puppe“; Schützenhaus. 9. März: „Die Puppe“; Schützenhaus. 11. März: Ball des Radfahrerklubs „Wander- lust“; Jägerhaus. 11. März: Turnerball der Riege Werners- reuth; Beilschmidt. Theater, Musik, Kunst, Literatur und Wissenschaft. Der Ascher Sänger Ferdinand Scheidhauer) ist an das Stadttheater in Augsburg als Heldentenor engagiert worden. Am 15. d. M. debutierte er als „Sig- mund“ in Richard Wagners „Walküre“ Der Theaterreferent der „Augsburger Reue- sten Nachr“ schreibt über den jungen Künst- ler u. a. wie folgt: „Mag Herr Scheidhauer den „Sieg- mund“ zur Paraderolle sich gewählt und diese mit besonderem Fleiße studiert haben, immer- hin war es doch erstaunlich, wie ein junger Sänger, der eben seine Sängerkarriere beginnt, in der Lage ist, den „Siegmund“ in dieser mühelosen Art überhaupt durchzuführen. Aber so geht es oft genug in allen Zweigen des öffentlichen Lebens, in der Politik, in der Tech- nik, in der Kunst, in allen Dingen; scheidet ein großer oder bedeutender Mann durch Weg- gang oder Tod aus, so denkt man mit geheimer Sorge, wer ihn wohl jemals ersetzen könnte. Und siehe da, am Horizont taucht schon wieder das neue Talent auf, das die gleichen Ansprüche 20. in vielleicht noch reicherem Maße erfüllt! Herr Scheidhauer bringt als Sänger auch ein angenehmes Aeußere ins Treffen, verfügt über natürlich noch einfache Darstellungskunst, die sich nicht genau genug an die Bezeichnungen des Meisters hält. Die Stimme ist kraftvoll, ein echter Heldentenor, vorläufig noch von durchgängig zu gleichmäßiger Farbe, in der Tiefen- und Mittellage gut entwickelt, nach der Höhe zwar nicht unfrei, im Gegenteil sehr mühelos, aber anscheinend leicht empfindlich. Die Aussprache gibt zu erheblichen Beanstän- dungen keinen Anlaß, die Tongebung ist sehr musikalisch, dagegen kam der Sänger mit dem Rhythmus zeitweise in schwierige Konflikte. Hier gab es ein Verzögern, dort ein voreiliges Einsetzen, ein Beweis, daß der Sänger noch nicht gewöhnt ist, der orchestralen Begleitung sich anzuschmiegen und wohl tatsächlich die Bühne zuvor nur einmal oder gar keun- mal betreten hat. Dann wäre die Darbietung selbstverständlich noch verwunderlicher, da ge- genüber anderen Anfängerleistungen, die man hier miterleben „durfte“, eigentlich wenig An- fängertum zu spüren war.“ Der Krititer der „Neuen Augsb. Zei- tung“ beurteilt das erste Auftreten Scheid- hauers folgendermaßen: „Also zunächst zum Neuesten des Abends, zur Ventilierung der Heldentenorfrage, die mit Tauchers Weggang wieder einmal ins Rollen gekommen ist. Während die früheren Tenöre allmählich und bedächtig den großen Schritt herauf vom „Max“ im „Freischütz“ über den „Lohengrin“ zum „Siegmund“ und „Sieg- fried“ taten und sich dieses Entwickelungssy- stems nicht zu schämen brauchten, springen die Modernen in einem Satz mitten hinein auf den Schauplatz des gewaltigen Nibelungen- Ringes. „Schaut her, ich bin's“, so konnte sich vertrauend auf seine faszinierenden Stimm- mittel Ferdinand Scheidhauer sagen, der heute als „Siegmund“ dem Beispiele anderer folgte und wagend gewonnen hat. Wer ange- sichts dieses geradezu vorbildlichen Heldente- nors von echtestem Timbre und charakteristi- scher Struktur von einem Engagement abraten wollte, hätte die Sünde auf dem Gewissen, die Ausgburger um den hoffentlich recht lan- gen Genuß eines Organs gebracht zu haben, das, einzig in seiner Art: leuchtend in ora- matischen Akzenten und wiederum mit dem notwendigen lyrischen Einschlag, dem noch sehr jugendlichen Sänger späterhin Engagements an ersten Bühnen sichert. Ich betone in Zu- kunft; denn heute ist dieser Stimmhelo trotz der gediegenen Schulung die seine Art zu sin- gen verrät, immerhin ein Anfänger, der auf allen Gebieten, am meisten aber im Spiel noch viel lernen muß, um speziell den Gedanken des Wagnerschen Gesamtkunstwerkes lebendig machen zu können. Zum Engagement an einer Provinzlichen genügen auch in diesem Falle, des lediglichen Besitzes wegen, bescheidenere schauspielerische Werte im Hinblick darauf, daß der Gast in Dingen des musikalischen Ge- schmackes feinfühlig genug ist, um durch den Vortrag gerade der getragenen Stellen Ein- drücke zu erzielen, wie sie nur Berufenen mög- lich sind.“ (Eine neue Operette.) Aus Mühlhau- sen schreibt man: Unter Leitung des Kompo- nisten ging vor ausverkauftem Hause die Ur- aufführung der Operette „Die Chauffeu- se“von E. A. Schalt, Musik von Hugo Neumeister, von statten. Das an musika- lischen Schönheiten reiche, von ursprünglicher Erfindungsgabe zeugende melodienreiche Werk erzielte bei ansprechender Wiedergabe einen durchschlagenden Erfolg. Nach jedem Akte mußten Tichter und Komponist sich zeigen. (Die Operette eines Komifers.) Der Operettenkomiker des Grazer Städtthea- ters Friedrich Becker hat im Verein mit dem Grazer Postbeamten Reuner, der die Musik lieferte, eine Operette unter dem Titel „Dev römische Ausgleich“ verfaßt, die“ bei ihrer soeben erfolgten Premiere im Grazer Stadttheater einen durchschlagenden Erfolg er- zielte. Die Operette behandelt in parodisti- scher Weise den Text des „Raubs der Sabine- rinnen“. Der Musik rühmt man Rhythmus und Schwung nach. *(Das Rätsel des Magnetismusge- löst?) Es ist schon oft hervorgehoben worden, daß durch die Entdeckungen auf dem Gebiet Annexion Kanadas? Washingkon, 17. Feber. Das Kongreß- mitglied Bennets hat eine Resolution einge- bracht, in welcher er befürwortet, in diploma- tische Unterhandlungen zur Annektierung von Kanada einzutreten. Die Resolu- tion erregt das größte Aufsehen.
Dateiname: 
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