Text auf der Seite 3
Text:
Ascher Zeitung Nr. 5.
hiesigen Friedhofe wurde gestern der Leichnam
der am Ostersonnabend des Jahres 1904 ver-
storbenen Braut des Oberleutnants Hof-
richter namens Johanna Amlacher in Gegen-
wart einer Gerichtskommission ausgegraben.
Der Leichnam, der schon ziemlich verwest war,
wurde mehrmals photographiert und es wurden
demselben Teile entnommen, welche nach
Wien zur Untersuchung gesendet wurden.
Ein Erzgauner.
Agram, 13. Jänner. (Privattelegr.) Der
Schwindler Straßnoff, der bekanntlich
wegen an politischen Persönlichkeiten verübten
Betrügereien zu drei Jahren schweren Kerker
verurteilt worden war, hätte heute nach Ab-
büßung der Strafe aus der Haft entlassen wer-
den sollen. Straßnoff hat aber während
seiner Haft neuerlich verschiedene Be-
trügereien begangen, indem er seine Be-
schäftigung in der Anstaltkanzlei dazu benützte,
verschiedene Frachtbriefe zu fälschen, um
auf Grund derselben sich an Lieferanten und
Möbelhändlern aus Fiume, Triest und anderen
Orten Geldbeträge anweisen zu lassen.
Deshalb wurde Straßnoff neuerlich dem Gerichts-
hofe in Mitrowiza zur Aburteilung überliefert.
Aus Stadt und Land.
Erhöhung der Milchpreise. Der Land- und
orst wirtschaftliche Bezirksverband Asch
sendet uns nachstehende Zuschrift mit dem Ersuchen,
dieselbe zu veröffentlichen:
„Ueber Anregung des Verbandes deutscher
Molkereien und Milchwirte Böhmens, und
auf Grund der von den landwirtschaftlichen
Vereinen des Bezirkes bekannt gegebenen
Beschlüsse, hat der Land- und forstwirtschaft-
liche Bezirtsverband Asch in seiner Delegierten-
versammlung am 8. d. M. einstimmig be-
schlossen, den Milchpreis um 2 Heller
per Liter allgemein und einheitlich zu
erhöhen. Der Preisaufschlag beginnt am
17. d. M. Wenn eine Erhöhung des Milch-
preises jemals gerechtfertigt ist, so ist es heuer.
Der Ausfall in der vorjährigen Futterernte,
die stets steigenden Preise für Kleie und andere
Kraftfuttermittel, die hohen Arbeiter- und
Dienstbotenlöhne und die ungewöhnliche Preis-
steigerung aller Wirtschafts und Lebensbe-
dürfnisse, zwingen auch den Landwirt zu dieser
Maßregel. In allen anderen Bezirken Böhmens
ist die Milch bereits ab 1. Dezember v. J.
teuerer geworden. Die Landwirte des Bezirkes
zweifeln nicht an der Einsicht aller billig
denkenden Konsumenten, daß sie dieses durch
den Kampf der Landwirtschaft um ihre
Existenz gebotene Vorgehen richtig einschätzen
und gerecht beurteilen; aber auch an den
Landwirten selbst wird es nun liegen, daß sie
sich als deutsche Männer zeigen und die von
ihnen gefaßten Beschlüsse auch halten.“
Tellquartett. Man schreibt uns: Herr Chor-
meister Reinl hat seine vor sechs Wochen ge-
gebene Demission als Leiter des Quartettes über
erneutes Ersuchen nunmehr zurückgenommen, so
daß die Krise als beseitigt angesehen werden
kann. Als Uebungsabend wurde statt des Mitt-
woch der Freitag gewählt.
Ein Ascher in Wien verunglückt. Vergangenen
Sonntag ist der Sekretär des Herrn Wilhelm
Geipel in Wien, Herr Albert Petzold aus Asch
durch einen schrecklichen Unglücksfall ums Leben
gekommen. Er wurde am Wiener Stadtbahn-
hofe von einem Zuge erfaßt und auf der Stelle
getötet. Herr Petold stand im 23. Lebensjahre.
Jnngmannschaft „Körner“. Auf die am
kommenden Sonnabend im Vereinsheime (Gast-
haus des Herrn Hermann Wunderlich) statt-
findende Hauptversammlung wird nochmals
aufmerksam gemacht und die Mitglieder werden
um bestimmtes Erscheinen ersucht.
Erster Natur- und kulturhistorischer Verein
Die Jahreshauptversammlung fin-
det Freitag, den 21. d. M. in der Hofmann-
schen Gastwirtschaft statt. Die Tagesordnung
ist im heutigen Anzeigenteile der „Ascher Zei-
tung“ ersichtlich. Eine rege Beteiligung der
Mitglieder ist sehr erwünscht, nachdem ein sehr
wichtiger Punkt zur Besprechung gelangt, der
gewiß Aller Interesse in Anspruch nehmen
dürfte.
gegenwärtige Programm im hiesigen
Phono-kinematographischen Zentraltheater kann
nur noch heute zur Vorführung gelangen, da
dasselbe vertragsmäßig nach Frankfurt geliefert
werden muß. Wer sich also' nicht die Gelegenheit
entgehen lassen will, dieses schöne Programm an-
zusehen, kann die Bilder heute noch sehen. —
Das neue Programm, welches morgen zur ersten
Vorführung gelangt, enthält u. a. das Drama
„Die Tochter des Arbeiters“ und das tiefergrei-
fende Schauspiel „Die zweite Mutter“, ferner das
Tonbild Matrosenlied aus „Der fliegende
Holländer“, köstliche Humoresken, sowie schöne
Naturaufnahmen.
Theater in der Schützenhalle. Heute, Donners-
tag, den 13. Jänner gelangt zur Aufführung die
Komödie „Don Cesar von Bazan“.“
Im Theater im Hotel „Jägerhaus“ ge-
langt am Freitag, den 14.“ d. M. der erfolgrei-
che Schwank „Die blaue Maus“ zur Auf-
führung.
Der Turner-Maskenball findet, wie wir bereits
berichtet, am Faschingsonnabend, den 5. Feber d. J.
statt. Zu demselben ist u. a. die Aufführung
eines Negerreigens geplant und es versprechen
auch die anderen vielseitigen Vorbereitungen einen
gediegenen Verlauf dieser Faschingsveranstaltung.
Die Rodelbahn am Hainberge ist infolge des
Neuschnees wieder in gutem Zustande; es liegt
eine starke Schneedecke, so daß die Bahn eisfrei
ist.
Der Schneefall, welcher heute Nacht endlich
eintrat, ist insbesondere auch von den Land-
wirten herbeigesehnt worden. Die Winter-
saat, welche schon im Herbste sehr kräftig
stand, hat sich bei der gelinden Witterung und
unter der schützenden Schneedecke im Dezember
noch weiter entwickelt. Die ungewöhnliche
Länge läßt aber einesteils Winkerlager
und Verstockung, andernteils bei kahlen
Frösten ein Erfrieren der weichen Spitzen be-
fürchten. Deshalb wünschen die Landwirte,
daß es noch mehr schneien und der Schnee
dann auch liegen bleiben möge.
Vom Steueramte. Wegen Reinigung des
Kassalokales schließt am Sonnabend, den 15.
d. M. die Kassa bereits um 12 Uhr mittags.
Roßbach, 12. Januar. Der Vortragsabend
unserer ehrenwerten Frauen- und Mädchen-Bun-
desortsgruppe, zum Hochneujahr, veranstaltet im
Saale des Aktienbrauereihotels, war bis zum
Schluß im Einklange gehalten mit den Begrü-
ßungs- und Einleitungsworten: „Der deutschen
Freundschaft, dem lauteren Frohsinn und der Liebe
zu unserem Volkstum seien diese Abendstunden
geweiht.“ Gleich anschließend wurde dann außer
einigen allgemein völkischen Fragen auch der hohen
Aufgabe und Bedeutung des Bundes gedacht.
Schon die erste programmäßige Nummer: „Von
der Wiege bis zum Traualtar“ von Leopold' Ely
(lebende Bilder mit Deklamation verbunden, und
in einem herzlich ansprechenden musikalischen
Rahmen gehalten) fand ungeteilten Beifall. Den
deklamatorischen Theil hatte Fräulein Hermine
Leupold, den volkstümlich-lyrischen Klavierpart
unser bewährter Bundesbruder Herr Fachlehrer
Hans Mayerl freundlich übernommen. Wenn-
gleich dem Fräulein die genialere Hälfte des Vor-
trages zugefallen war, es wurde die ganze Pro-
grammsnummer in schönster Weise durchgeführt,
was somit auch von den Darstellungen und allen
hier Beteiligten gilt, unter welchen Frl. Anna
Knöckel und Herr Ernst Müller am meisten
hervortraten. Von den dreistimmigen Frauen-
chören: „Die Tonkunst“ (nach einem Symphonie-
Motiv Bethovens) und das Volkslied „In einem
kühlen Grunde“, kam letzterer in seiner äußerst
stimmungsvollen Wiedergabe zu bester Geltung.
Bei der ohnehin nicht ganz einwandfreien Akustik
unserer Säle kann leider die Vorführung eines
Tonwerkes, das sich durch besondere künstlerische
Feinheiten auszeichnet, nicht mehr voll befriedigend
gelingen, sobald die Bühne — mitgebraucht wird
und dann, rücksichtlich der Koulissen und Vorhänge,
die erwünschten Klangwirkungen um so schwerer
erreicht werden können. Auch die bescheidene
Festkapelle, die sich aus Gönnern und Mitgliedern
des Fortbildungsvereines und der Ortsgruppe
zusammensetzte, kitt wieder, wie schon zu unserem
Schillerabend im November, unter diesen Ver-
hältnissen, obgleich ihre Leistungen seitens der
Zuhörerschaft immer mit Wohlwollen entgegen-
genommen wurden. Die humorvolle Teich'sche
Solopartie„Aennchen von Tharau“ wußte unser
lieber Bundesbruder Herr Hermann Bohra der-
weise trefflich zu behandeln, daß er sich zu einer
Zugabe direkt gezwungen fand, welche mit
13. Jänner 1910.
nicht minderem Beifall quittiert worden ist.
Seinem gefälligen, sehr routinierten Partner
am Piano, Herrn Fachlehrer Gustav Hoyer sei
noch hier ein Kompliment gemacht. Sehr frisch
und schneidig ließ unser Prager stud. juris. Herr
Rudolf Wölfel seinen „Deutschen Sang“ erklin-
gen als das allein begeistert-völkische Motiv des
Abendes und im Hinblick auf die ausgebliebene Fest-
rede. Mit dem schönen Vortrag des zweistimmigen
Liedes „In den Augen liegt das Herz“ von Abt
machten Frl. Linda Wolf (Sopran) und Frl. Frieda
Ludwig (Altstimme) einen großen Eindruck und
dankte ihnen überaus der so stattliche Kreis der
Zuhörer durch eine auffallend herzliche Beifalls-
kundgebung. Die Klavierbegleitung zu diesem
Gesangsduette besorgte unser allseits verehrter
Kantor Herr Lehrer Gustav Hofmann, dessen
musikalisches Verdienst auch um diesen Vortrags-
abend nicht genug zu schätzen ist. Die an hei-
terer Stimmung reichste Programmsnummer war
„Die musikalische Kochschule“ von Lehnhard. Alle
dabei beteiligten wertgehaltenen Bundesschwestern:
Frl. Liddy Roßbach, Frl. Frida Pöpel, Frl.
Emma Seidel, Fr. Frida Ludwig, Frl. Linda
Wolf, Frl. Emmi Künzel, Frl. Klara Fäckel und
Frl. Selma Ludwig gaben sich schon in den Proben
unendlich viel Mühe, den gestellten Anforderungen
bestens zu entsprechen und war daher die allsei-
tige Anerkennung und der durchschlagende Erfolg,
den sie, treu verbunden, erzielten, um so freudiger
zu begrüßen. Den Klavierpart zur Kochschule
erledigte in temperamentvollster Weise Frau
Hermine Rank. Allen deutschen Frauen und
Mädchen und allen Gesinnungsgefährten, welche
sich — zu Germanias Heil und Ehre auf heimat-
lichen Boden — um diese völkische Feier bemüht
haben, wie überhaupt allen treuen Ortsgruppen-
mitgliedern und ganz besonders der Vorsitzenden
Frau Hermine Rank sei für die in jeder
Richtung wieder gebrachten Opfer auch hier noch
gedankt und sei zugleich Aller mit einem deutschen
Heilruf gedacht.
O. L?
Roßbach, 12. Jänner. Der hiesige Gesellig-
keitsverein „Thalia“ beschloß in seiner Jah-
resversammtung, 100 Kronen der Rosegger-
Stiftung zuzuwenden, vorausgesetzt, daß hier
in Roßbach ein Baustein zusammen kommt.
Ferner widmete der Verein, wie alljährlich
den Ortsarmen 35 Kronen.
Wildstein, 12. Jänner. Heute früh entfernte
sich der in weitesten Kreisen bekannte Alt-
bürgermeister von Wildstein, Herr Johann
Müller, aus seiner Wohnung und zwar ge-
gen halb 7 Uhr. Eine Stunde später wurde
seine Leiche aus dem Mühlgraben bei der
Herrenmühle gezogen. Er hatte seinem Leben
selbst ein Ende gemacht. Ein unheilbares Nie-
ren- und Herzleiden hat den sonst noch rüstigen,
65jährigen Mann in den Tod getrieben. Herr
Johann Müller war längere Zeit Bürger-
meister von Wildstein, staatsanwaltschaftlicher
Funktionär, Verwaltungsrat der Lokalbahn
Tirschnitz-Schönbach, Ehrenmitglied vieler Ver-
eine und beteiligte sich in früheren Jahren
lebhaft an der Politik. Er hinterläßt eine
Witwe und eine Tochter, die mit Herrn Post-
offizial Kasseckert in Eger verheiratet ist, sowie
einen ledigen Sohn, namens Wenzel Müller.
Ein Unglücksfall ist nach Lage der Dinge aus-
geschlossen. Der Verstorbene war seit einem
halben Jahre infolge seines schweren Leidens
öfters von Gemüts-Depressionen befallen.
Eger, 12. Jänner. Wie wir seinerzeit be-
richteten, ist am 15. November v. J. die 21
Jahre alte Fabriksarbeiterin Johanna
Pompl aus Groß-Schöba spurlos verschwun-
den. Ihre Angehörigen setzten für die Auf-
findung der Vermißten eine Belohnung von
100 Kronen aus, was jedoch auch ergebnislos
blieb. Erst heute früh wurde nun die Leiche
der Pompf in der Vondreb bei der Mühle
in Groß-Schöba aufgefunden; sie war an den
vor dem Mühlgraben befindlichen Rechen an-
geschwemmt worden. Es liegt offenbar Selbst-
mord vor.
Selb, 11. Januar. Der Güterzug Nr. 1850
stieß gestern abends in der Station Selb-
Plösberg auf einen dort stehenden Güterzug
auf, wodurch vier Waggons teilweise zer-
trümmert wurden. Personen wurden nicht ver-
letzt. Nachdem zwei Wagen aus dem Geleise
geworfen worden waren, war der Zugsver-
kehr gestört; das Hindernis wurde jedoch bald
beseitigt. Der Materialschaden ist nicht un-
bedeutend.
Seite 3.
Das
Dateiname:
ascher-zeitung-1910-01-13-n5_0205.jp2