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20. September 1899
KKarlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr. 214
Sette 3
Nachdem die Delinquenten unter vierzehn Jahre
alt waren, muſsten sie zur Bestrafung an die Be-
zirkshauptmannschaft übergeben werden!
(Ein Messerheld.) Eine Rauferei mit
blutigem Ausgange hat sich vorgestern vormittags
in Untermey rhöfen zugetragen. Der Porzellan-
maler Anton Winek aus Untermeyerhöfen kam mit
dem Bäckergehilfen Josef Zaha aus Schönlind in
einen Streit, der zu Thätlichkeiten ausartete, wobei
Zaha dem Winek mit einem Dolchmesser eine 18
Centimeter breite Wunde in der Weichengegend bei-
brachte. Zaha wurde von der Gendarmerie ver-
haftet und an das Bezirksgericht eingeliefert.
(Inundierter Schacht) Mit Bezug
auf die diesbezügliche Notiz in unserer Samstag-
nummer, in welcher gemeldet wird, daſs die
Natalia Zeche in Janessen theilweise inundiert ist,
ersucht uns die Bergverwaltung mitzutheilen, „dass
nicht der Betrieb wegen mangelhafter Pumpwerke
eingestellt sei, denn die gegenwärtige Wasserhaltung
der Zeche biete eine sechsfache Sicherheit, so dass
eine Betriebsflörung oder gar eine Gefährdung der
Grubenarbeiter aus diesem Grunde ganz ausge-
schlossen ist und daſs nicht der Betrieb, sondern
lediglich die Förderung auf kurze Zeit wegen
vollständiger Reconsteuierung der Soctieranlage
unterbrochen wurde.“
(Leichtfasslicher Rathgeber zur all-
gemeinen Erwerbsteuer.) Im Verlage
von E Mareis in Linz ist unter obigem Titel
ein Büchlein erschienen, das bei Allen, welche mit
Steu reinbekenntnissen zu thun haben, ein höchst
willkommener Rathgeber also für Gewerbe-
treibende, Gemeindesecretäre, Steuerbeamte,
Notare und Ädvocaten ꝛc. sein wird. Das Büch-
lein, dem eine ganze Collection von Einbekenntnis-
mustern beiliegt, ist von Ju Dr. Hans Kastner,
k. k. Steuer Oberinspector in Steyr verfasst und
durch alle Buchhandlungen zu beziehen.
(Gesuche um abgabefreien Bezug
von Zucker und Branntwein.) Die
Handels- und Gewerbekammer in Reihenberg stellt
den Interessenten Formularien zu Gesuchen um den
abgabefreien Bezug von Rübenzucker und Brannt-
wein zu zucker- und alkoholhältigen Erzeugnissen,
welche zur Ausfuhr über die Zoll Linie gelangen,
über Verlangen zur Verfügung. Die diesbezüg-
lichen, an das k. k. Finanzministerium zu richtenden
vollständig instruierten Gesuche müssen mit dem
Visum der Handels- und Gewerbekammer versehen
sein und sind bei der zuständigen Finanzbehörde
1. Instanz zu überreichen.
(Durchführung des neuen Heimats-
gesetzes.) Am 1. Jänner 1900 endet die Frist,
nach welcher die neuen Bestimmungen über das
Heimatsrecht in Geltung treten. Die Bezirksver-
tretungen machen deshalb die Gemeindevorstände
darauf aufmerksam, daſs laut Gesetz vom 5. December
1896 § 2 jeder österreichische Staatsbürger, wenn
er sich in einer Gemeinde ununterbrochen 10 Jahre
aufhält, in derselben das Heimatsrecht erlangt.
Dieses Recht muſs ihm auf sein Ersuchen oder auch
dann ertheilt werden, wenn seine bisherige Heimats-
gemeinde darum ansucht. Es liegt also im Interesse
der Gemeinden, daſs sie sich möglichst genaue Daten
über ihre in anderen Gemeinden lebenden Ange-
hörigen verschaffen, damit sie eventuell dafür ein-
schreiten können, daſs den Obbezeichneten die Wohn-
sitzgemeinde das Heimatsrecht ertheilt.
(Der zweischwänzige Löwe im
Stadtwappen) Aus Leitmeritz wird uns ge-
schrieben: Der Stadtrath hat beschlossen, anstatt
der zweisprachigen Ortstafeln nur Tafeln in deutscher
Sprache anbringen zu lassen. In der letzten
Gemeindeausschusssitzung wurde beschlossen, das
Leitmeritzer Stadtwappen, in dem sich ein zwei-
schwänziger Löwe befindet, zu ändern und wurde
der Stadtrath beauftragt, das Bezügliche zu ver-
anlassen. —. Wie wär's, wenn Karlsbad sich an
Leitmeritz ein Beispiel nähme? Wir besitzen auch
den doppeltgeschwänzten Leu als Stadtwappen, eben-
so haben die tschechischen roth weißen Stadtfarben
schon manchmal bei deutschen Festen geniert und
kürzlich erst beim deutschen Landesschießen hat man
der blau weißen und weiß grünen Flagge den Vor-
zug gegeben und auf die Stadtflaggen verzichtet.
Der Vorschlag wäre also zeitgemäß!
(„Sonnensehnsucht“.) Unter diesem
Schlagworte sendet ein Kurgast folgenden Stoß-
seufzer zum Himmel:
Die Wasserquellen, heilsam und gut.
Wer hätt' dies nicht hier erfahren?
Doch vor der unendlichen Regenflut
Mögst Himmel uns doch bewahren!
Wir nießten zusammen heut' fünfzehnmal,
Mein Gatte zehn und ich fünfe.
Wir sitzen zu Hause im Lesesaal
Und feucht sind uns Schuhe und Strümpfe.
Umsonst winkt uns die Stephanie,
Der Hirsch selbst lockt vergebens.
Den Veitsberg seh'n wir heuer nie,
Kaum freut man sich des Lebens.
Ach Sonne, liebe Sonne! komm',
Vergold' uns mit deinem Lichte!
Dann werd' ich wieder sanft und fromm,
Und mach' keine schlechten Gedichte.
J. D. aus Riga.
Karlsbad, den 13. September 1899.
Graslitz, 18. September. (Zu den letzten Er-
eignissen. — Gemeindeverwalter.) Die Unter-
suchung der letzten blutigen Vorfälle in Graslitz nimmt
große Dimensionen an. Zahlreichen Personen wurden
Anklageschriften wegen verschiedener Delicte zugestellt,
weitere sollen noch bevorstehen. — Am 12. d. Mts. ließ
der amtierende k. k. Bezirkscommissär Schöpfer die ge-
wesenen Stadtverordneten, die Stadträthe ausgenommen,
zu sich berufen und ersuchte sie, aus ihrer Mitte bis zu
den Neuwahlen einen Gemeindeverwalter zu wählen.
Diesem Wunsche wurde entsprochen und Herr Fabrikant
Anton Richard Breinl gewählt, welcher nunmehr die Amts-
geschäftet leite. Die Neuwahlen dürften demnächst ausge-
schrieben werden.
Teplitz, 17. September. [O.-C.] (Verschiedenes.)
Die vorgestrige Sitzung des Stadtverordneten-Collegiums
war ausschließlich den Ereignissen aus den Demonstrations-
tagen gewidmet und nahm folgenden Verlauf: Der Bür-
germeister weist auf die im Verlaufe der Vorwoche vor-
gefallenen Straßendemonstrationen hin und verliest so-
dann den vom Polizei-Commissariate an den Stadtrath
erstatteten ausführlichen Bericht über diese Vorfälle, aus
dem zu entnehmen war, daſs sowohl auf das Polizei-
und Amtsgebäude, als auch auf die israelitische Be-
völkerung (?) kleine Stürme in Vorbereitung gewesen wären;
ferner hieß es damals, daſs ein verhafteter Ruhestörer an
den seitens der Polizei verabreichten Misshandlungen ge-
storben sei, daſs ferner gelegentlich des Bergmannstages
Arbeitermassen aus den umliegenden Orten nach Teplitz
sich zusammenrotten wollten ꝛc. Diesen Gerüchten gegen-
über sah sich der amtierende Bürgermeister-Stellvertreter
Dr. Schiepek veranlaſst, Militär zu requirieren. Sodann
verliest der Bürgermeister Siegmund behufs näherer
Begründung die vom amtierenden Stadtrathe Dr. Schiepek
am letzten Samstag getroffenen besonderen Schutzmaß-
regeln, insbesondere Heranziehung von Militär, einen
Auszug aus dem betreffenden amtlichen Berichte. Der-
selbe besagt u. A., daſs aus der ganzen Sachlage hervor-
gehe, daſs der § 14 nur als Vorwand gedient hatte, um
gegen die Polizei und die Gemeindevertretung vorzu-
gehen. Stadtrath Dr. Stradal spricht in energischem
Tone unter lebhaftem Beifalle der zahlreichen Galerie-
besucher gegen die verfügte Heranziehung des Militärs
und beantragte eine Resolution, in welcher die ungerecht-
fertigte Maßregel des amtierenden Stadtrathes Dr.
Schiepek, (weil ohne vorherige Verständigung des Stadt-
rathes) auf das schärfste missbilligt werde. Stadtrath
Dr. Schievek entgegnet, daſs er als amtierender Bürger-
meister-Stellvertreter in vollem Einklang mit den gesetz-
lichen Bestimmungen gehandelt habe; jeder andere
Stadtrath hätte diese Maßregel verfügt. Allerdings, sagt
Dr. Schiepel, habe er im Stadtrathe nicht die allseitige
Zustimmung gefunden; er habe deshalb seine Resignation
gegeben. Dr. Schiepek sagt, daſs das Militäraufgebot
nicht gegen die Mitbürger, sondern zum Schutze der Be-
völkerung, zum Schutze der alten Kurstadt gerufen wurde.
Bei der namentlichen Abstimmung wird der Missbilligungs-
antrag Dr. Stradals mit 26 gegen 8 Stimmen ange-
nommen. In Betreff der Resignationen der Stadträthe
Dr. Stradal und Schiepek beschloss das Collegium, beide
Herren zu ersuchen, ihre Mandate beizubehalten. — Frau
Frieda Lanius, die bewährte Künstlerin, hat nach vier-
wöchentlichem Kurgebrauche unsere Stadt wieder verlassen.
Kurz vor ihrer Abreise empfieng die Künstlerin den Be-
such des Directors Heinowitz vom Bukarester Hugo-
Theater, welcher Frau Lanius für ein zweimonatliches
Gastspiel verpflichtete.
von Herzen nachfühlen. Wilhelmine Buchholzen,
was seine Frau is,“ die hatte hier Skat kloppen
jelernd, un war nu janz wild druff. Soll doch
sehr viel Talent dafür entwickelt haben. Een Dag
drinken wir in de Freundschaft alle zusammen
Koffee, denn beeilt sich de Buchholzen schon sehr
damit, un uff eenmal steht se uff, un sagt: „Ver-
zeihen de Herrschaften, ick hab ne Verabredung, un
muss jetzt!“ Se sagt noch: „Adieu, Alterchen!“
und weg is se. Kaum is de Dier hinter ihr zu,
kommt se schon wieder zurück, und sagt zu ihrem
Mann: „Du lässt Dir doch ooch jannich stören,
Oller!“ „Nanu, woher denn?“ sagt der, „ick habe
Dir doch Adieu' gesagt, Dieke!“ Det kennten wir
denn doch alle bemeineidigen. „Ach“, sagt er uff
eenmal so recht jerührt un zärtlich, „Du willst wohl
een Küſsten haben, wat?!“ Na, se zog aber ohne
Küssken un den bisken pikiert wieder ab. Wir
wuſsten nich wohin, und der alte Buchholz rückte
nich recht mit der Sprache raus. Aber: „Es is
nichts so fein jesponnen, et kommt doch ans Licht
der Sonnen!“ Iloobste det oder nich? Wie wir
von unserem Spaziergang so um zwölfe um vom
Plobenweg runter durch den Schweizerhof kommen,
sitzt meine Wilhelmine da, un spielt mit drei Herren
Skat! Dadrum die Eile! Eene verdrehte Seite
hatte Wilhelmine doch. Wenn det rejente, ließ se
immer ihren Rejenmantel im Spinde, wat ihren
Karl immer höllisch uffbrachte. „Se hat ihn doch,
also kann se'n doch ooch anziehn; aber ne, nese
dhut's nich!“ sagt er immer. „Habe ick da nich
Recht?“ sagt er. Dann rief se: „Jawoll, allemal,
Kar.! un ließ sich weiter nich stören.
Die Straßenjungens sind hier jenau so fredch,
wie bei uns. Ich habe mal jesehen, wie een kleener
Knirps, von vielleicht 5 Jahren, sich janz vorsichtig,
un heimlich een Becher Neubrunn stiebitzte, um dann
mit een höchst pfiffiges, verschmitztes Jesicht glück
selig damit abzog, wo dann zwee noch kleenere
Bürschchen bewundernd un voll Neid zusahen, wie
der kleene Racker mit sachverständ'jer und wichtiger
Miene det Zeug kostete, un dann mit Behagen janz
alleene auspichelte. Na, wenn's ihm man jut be-
kommen is!
Det ick det mit mein Dr. Kuntz sehr jut
jetroffen habe, schrieb ick dir woll schon. Er macht
det nich so, wie der Badearzt, der neulich uff eene
Frage, ob er viel Patienten hätte, erklärte: „Die
Quantität lässt zu wünschen ührig, aber die Qualität
ist umso besser!“ Der Mann hatte nich uff meine
juten Ohren jerechnet bei's Symphonieconcert, wo
ick nie wieder hinjehen würde, weil man da vor
Andacht kaum athmen, jeschweige denn sprechen darf.
Da lobe ick mir die Zigeunerconcerte! Donner-
wetter! Da is Mum drin!
De Jeschäfte sinn jroßartig. Denke mal, heute
Vormittag hat meine Frau halb Karlsbad ausje-
kooft, for all de Mittingsel, und ließ sich aus viel-
leicht 10 Läden de Sachen schicken, weil se nadier-
lich nich allens schleppen konnte. Det sollte nu
allens bis Mittag hier sein. Un wahrhaftig, es
war allens da, doch nich det jeringste fehlte! Wir
waren janz jerührt über de Jewissenhaftigkeit von
die Leute. Die haben wirklich keene „Ruhmeshalle
der Worthalter“ nöthig, wie ick det in eener kleenen
Stadt, wo ick bei meinem Onkel zu Besuch war,
jefunden habe.
Un nu Adjes ooch! Lotte is fertig mit 's Packen
un will det letztemal zu 'sAbendessen in's Concert
in den Stadtpark. Der Abschied von det scheene
Karlsbad wird uns doch recht schwer. N1, nächstes
Jahr kommen wir ja wieder. Det is ooch een
Trost.
Wie immer mit vielen Grüßen for Dir, die
Deinen un alle Bekannten
Dein treuer Freund
Karl Müller u. Frau.
NB. Der Erzherzog is ooch neulich abjereist, hat
sich aber keen Waschservice jekooft, sondern det Jeld
dafor de Armen jejeben, wat mir von dem Mann
recht jefallen hat!
Název souboru:
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