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„Karlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr. 89
19. April 1899
suchung wird im Schulgebäude im Beisein der Schulbe-
hörden und womöglich der Eltern oder Erzieher der Kinder
vorgenommen werden.
(Zwei neue Tunnels) unter der Themse hin-
weg beabsichtigt der Londoner Grafschaftsrath auszuführen.
Der eine dient dazu, eine Verbindung zwischen der Hunde-
Insel und Greenwich herzustellen. Er soll nur dem Fuß-
gängerverkehr dienen und wird die Form einer Röhre
von 3·89 m Durchmesser und mit einer Gangbreite von
2·59 m und einer Ganghöhe von 2·67 m erhalten. An
beiden Ufern führen sowohl Fußwege mit starkem Gefälle
in denselben hinunter, als Schachte mit Treppen. Bei
steigender Benutzung sollen später Fahrstühle eingerichtet
werden. Der Tunnel selbst geht in leichtem Bogen unter
dem Themsebett hinweg, und seine Sohle wird an der
tiefsten Stelle 22 m unter der Erdoberfläche liegen. Die
Gesammtlänge wird 371 m betragen. Die Arbeiten sind
für den Betrag von 2,200.000 Mark vergeben worden,
und die Ausführung wird in aller Kürze in Angriff ge-
nommen werden. — Für den zweiten Tunnel ist bis
jetzt nur der Entwurf und Kostenanschlag aufgestellt
worden, die Ausführung bedarf nur noch der Genehmigung
des Parlamentes. In diesem Falle handelt es sich um
einen Fahrtunnel, der zwei ungemein verkehrsreiche Stadt-
bezirke mit einander in Verbindung bringen soll, und zwar
den Stadttheil Shadwell auf der Nordseite mit Rother-
hithe auf der Südseite. Er wird sehr ähnlich dem Black-
wall-Tunnel werden, nur etwas größer in den Maßen,
nämlich 9 15 m statt 824 m im Durchmesser. Auf jeder
Seite des Flusses werden, wie beim Blackwall-Tunnel
zwei Schächte angelegt werden. Die ganze Länge des
Weges (des Tunnels und der Zufahrten) wird dann um
ein Geringes länger sein als beim Blackwall-Tunnel,
nämlich 2082 m. Die Kosten des Unternehmens sind auf
44 Millionen Mark veranschlagt, wovon 16 Millionen
auf Erwerbung von Grund und Boden entfallen.
(Die gutmüthigen Sachsen.) Die „Deutsche
Warte“ schreibt: Der Strom böhmischer und italienischer
Arbeiter, der herein nach Sachsen fluthet, ist sehr stark.
Den Bahnhof Weischlitz z. B. berührten in diesem Jahre
schon 3000-4000 solcher Arbeiter. Die Italiener sind
fast durchgängig fleißige, stille Arbeiter, die nur, was
wenigstens von den Geschäftsleuten ungern vermerkt wird,
das meiste Geld nach Hause senden. Aber Bruder
Bemmisches! Hier nur ein Beispiel für viele: In
Nuſsdorf bei Zittau kam es zwischen dem Bahnhofsre-
staurateur Matthes und mehreren Tschechen zu einem
heftigen Streite, bei dem Matthes an Armen und Brust
durch Fußtritte verletzt wurde. Zwei tschechische Weiber
zerrieben auf bestialische Weise einen aus dem Teiche des
Matthes gestohlenen Fisch auf dem Gesichte des wehrlos
daliegenden Mannes.
(Drahtlose Telegrapie zwischen England
und Amerika?) Ueber kurz oder lang dürfte London im
stande sein, mit New-York mittels drahtloser Telegraphie
kleinen Pfeil vor die Augen hielt. „Wenn ich da-
mit in die Halsader steche, bin ich in einer Minute
eiggeschlafen und in der nächsten todt.“
„Ich verstehe; aber ihr sprecht für ein so
junges und schönes Geschöpf recht leichtherzig vom
Tode.“
„Das kommt, Senor, weil ich das Leben nicht
gar zu süß gefunden habe und —“ fügte sie seuf
zend hinzu — „weil ich nicht weiß, welches Schick-
sal meiner in der Zukunft harrt; aber ich weiß,
daſs wir, wenn wir beim Herzen des Himmels
entschlafen,
Frieden finden werden.“
„Das hoffe ich“, sagte der Senor. „Seht,
da kommen sie“, und als er sprach, erschienen im
Thalgrunde sieben bis acht Männer, davon drei
berittene, die, nachdem sie abgesessen, ihre Thiere
an die Bäume banden.
„Nun los“, sagte der Senor, indem er auf-
stand und sich schüttelte, wie ein Hund, der aus
dem Wasser kommt. „Ich möchte wohl wissen,
wie viele von uns beim Sonneuuntergang noch
leben mögen.“
Während er sprach, gelangte einer der Männer,
der einen großen Hund an der Leine hielt, an den
Fuſs der Treppe. Nur einen Augenblick beschnüffelte
der Hund die Stufen, dann hob er den Kopf und
bellte laut, worauf die ganze Bande frohlockte,
denn sie wusste, wir waren gefangen. Sie traten
zusammen und beriethen ernstlich, während wir uns
verzweifelnd ansahen, denn unsere Lage war ent-
setzlich. Fliehen konnten wir nicht und Waffen
zu verkehren. Der Vertreter eines Londoner Syndikats
hat sich an die Wireleß Telegraph Companie mit der An-
frage gewendet, ob sie geneigt wäre, diesem Syndikat die
alleinigen Rechte zur Herstellung einer drahtlosen tele-
graphischen Verbindung zwischen England und Amerika zu
verkaufen. Der Antrag soll ganz ernstlich gemeint sein.
(Wir zweifeln noch an seiner Ausführbarkeit.)
(Das Recht auf Hosen.) Lady Haberton ist nicht
allein eine begeisterte Radlerin, sondern auch bereit, wenn
nicht gerade für das Recht auf Pluderhosen (bloomers) zu
sterben, so doch für sie vor das Gericht zu gehen. Mylady
war im vorigen Winter in ein ländliches Gasthaus in
Ockham gegangen und hatte dort ein Frühstück verlangt,
das ihr von der Wirtin jedoch blos in der Schankstube
zur Verfügung gestellt wurde, weil die Besucherin Pump-
hosen trug und infolgedessen nach Ansicht der Hausderrin
nicht in den allgemeinen Speisesaal palste. Die entrüstete
Lady, die alle modernen Frauen in ihrer Person für be-
leidigt erachtete, zog die Wirtin vor das Gericht und —
unterlag. Das Gericht gieng gar nicht auf die Frage ein,
ob die Wirtin berechtigt gewesen wäre, ihr überhaupt den
Aufenthalt im Wirtshaus zu untersagen, sondern entschied,
daſs die Stube, in welcher sie bewirtet werden sollte, ein
genügend anständiger Aufenthaltsort gewesen sei. Die Lady
hatte an dem Tabaksgeruch in diesem Raume Anstoß ge-
nommen, sowie daran, daſs ein Mann in Hemdsärmeln
eintrat.
Vom Büchertisch.
Die Fackel, herausgegeben von Karl Kraus, ein neu
erscheinendes, in satirischem Tone und actuell gehaltenes
Kampfblatt, das sich die scharfe Kritik aller politischen,
volkswirtschaftlichen, künstlerischen und socialen Vorkomm-
nisse zur Aufgabe macht, enthält in seiner zweiten Nummer
(Mitte April): Ein Brief Maximilian Hardens an den
Herausgeber. — Antwort des Herausgebers. (Die Wiener
Journalistik.) — Die Helden des Communiqués — Graf
Kielmanseag über die Sprachenfrage. — Graf Grünne.
Der Amtsstil. — Die Bilanz des Patriotismus —
Perosi. — Deutsches Vol'stheater. — Der Bauernfeld-
Preis. — Bahr. — Die Theaterrubrik der „N. Fr. Presse.“
Briefkasten. — „Die Fackel“ erscheint dreimal im
Monat, im Umfange von 16—32 Seiten Octavformat.
Preis der einzelnen Nummer 10 Kreuzer. — Abonne-
ment bis Ende December fl. 2.25 (für Deutschland Mk.
4.50, für die Länder des Weltpostvereines Mk. 5.25).
— Man abonniert bei der Geschäftsstelle der „Fackel“:
Verlagsbuchdruckerei Moritz Frisch, Wien, l., Bauern-
markt 3.
„Gaudeamus“, Blätter und Bilder für die studierende
Jugend. Geleitet von f. k. Prof. Ferd Ginzel, Verlag
von G. Freytag & Berndt in Wien VII/l (mit directer
Postversendung in Oesterreich-Ungarn ganzjährig 3.25 fl.,
durch den Buchhandel fl 3.—=Mk. 5.—). Von dieser
neuen Schülerzeitschrift, die im Vorjahre so vielverſrechend
ins Leben getreten ist, hat soeben das 1. Heft des neuen
Jahrganges die Presse verlassen. Auf 20 Seiten ist da
eine reiche Fülle von gediegenem Lesestoffe, so recht für
den Gedankenkreis der Mittelschüler, Bürgerschüler u. s. w.
passend, in Verbindung mit den prächtigsten Bildern
hatten wir ebenfalls nicht, also schien es gewiss,
daſs wir in wenigen Minuten von der Hand dieser
Männer sterben würden, wenn sie so barmherzig
waren, ans gleich zu tödten. Der Senor barg
sein Gesicht in den Händen, dann blickte er auf
und sagte:
„Können wir mit Ihnen verhandeln, Ignatio?“
„Unmöglich,“ sagte ich, „was können wir
bieten, das sie nicht so wie so nehmen könnten?“
„Dann bleibt uns nichts übrig, als so tapfer
wie möglich zu sterben,“ sagte er. „Das ist das
Ende vor unserem Suchen nach der Goldenen
Stadt. Es ist kein glückliches Unternehmen ge-
wesen, Ignatio.“
Nun sprach der alte Indianer, der bis dahin
am Boden gekauert, die ersten Worte.
„Freunde,“ sagte er, „warum flieht ihn nicht?
Ihr sindet zweifellos jenseits der Pyramide einen
Pfad und der Wald verbirgt euch wohl vor den
Verfolgern.“
„Wie können wir fliehen, wenn Ihr keinen
Schritt zu gehen vermögt,“ entgegnete der Senor.
„Ich bin alt und zum sterben bereit,“ ent-
gegnete der Alte; „laßt mich hier und seid über-
zeugt, dass ich im letzten Augenblicke weiß, wie ich
mich der Gewalt dieser Schufte entziehe. Kind,
geh' mit ihnen. Du hast das heilige Symbol, und
solltest du entkommen und dieser Fremde sich als
der Mann erweisen, den wir suchen, so führe ihn
nach unserer Heimat, daſs die Dinge sich erfüllen,
wie sie bestimmt sind.“
(Fortsetzung folgt.)
zusammengestellt worden. Wir finden den Anfang einer
längeren Studentengeschichte „Wald und See“ von dem
gemüthvollen Jugendschriftsteler Hermann Brandstätter,
das erste Stück einer Reihe von vornehm illustrierten
Streifzügen durch die Trümmerwelt der ewigen Roma,
Bilder zu deutschen Klassikern, Altdeutsche Heldengeschichten
von Rich. Kralik, ein Menschenfresser-Interview, den
Leopoldsteiner See in Bild und Wort, kleine französische
und englische Anekdoten, Mathematisches, physikalische
Uebungen, „Kleine Rundschau“, überaus mannigfaltige
Aufgaben zum Nachdenken mit ausgesetzten Preisen, und
zuletzt eine sehr reichhaltige Briefpost. Hier wird der
Jugend wirklich zu billigstem Preise die beste Unterhaltung
und zugleich reicher Stoff zur Geistesbildung geboten, so
daſs verständige Eltern nicht säumen sollten, ihrem stu-
dierenden Sohne die Vortheile einer so umsichtig geleiteten
Zeitschrift zu sichern.
Telegrapfiische Nachriciten.
Böhmischer Landtag
III. Jahressession. 17. Sitzung.
18. April 1893.
Oberstlandmarschall Fürst Georg Lobko-
wicz eröffnet um 12 Uhr 15 Min. die Sitzung.
Am Regierungstische: Statthalter Graf Cou-
denhove, Statthaltereirath Vojácek und Statt-
haltereisec etär Dr. Neumann.
Der Einlauf gelangt zur Verlesung.
Die Petitionen werden mitgetheilt.
Das Haus geht in die Tagesordnung ein.
Zum vorletzten Gegenstande der Tagesordnung.
der zweiten Lesung des Berichtes der Gewerbe-
commission über den Landesausschussbericht, be-
treff nd die Errichtung einer Landes-Gewerbe-
Commission für das Königreich Böhmen (Referent
Abg. Dr. Pinkas) ergreift Statthalter Graf
Coudenhove das Wort. Der Statthalter
sichert der Commission die thatkräftige Unter-
stützung der Regierung zu, begrüßt den Antrag der
Conmission aufs Wärmste und spricht die Hoffnung
aus, daſs sich beide Nationen vielleicht auf diesem
Wege begegnen werden.
Die Sitzung währt bis 1/45 Uhr nachmittags.
Nächste Sitzung Freitag, den 21. d. M, um
11 Uhr vormittigs.
Wien, 18. April. Landtag. Der Bericht
über die Action zur Verbesserung der Erwerbsver-
hältnisse der notleidenden Weber des niederösterrei-
chischen Waldviertels mit dem Antrage, der Produc-
tivgenossenschaft dieser Weber 30.000 fl. zu ge-
währen, sowie dem Statthalter und anderen Per-
sonen und Körperschaften für deren werkthätiges
Eingreifen zur Linderung der Notlage der Weber
den Dank auszusprechen, wird ohne erhebliche Debatte
erledigt.
Wien, 18. April. Im niederösterreichischen
Landtage interpellierte Abg. Bärtel und Genossen
den Statthalter, ob derselbe geneigt sei, geeignete
Maßnahmen zur Verhinderung marktschreierischer
Reclamen der Aerzte, insbesondere des Universitäts-
professors S. Schenk, dessen Namen sogar von
einer Chocoladefabrik als Anpreisung benützt wird.
zu treffen.
Wien, 18. April. Der Maler Horowitz
erhielt vom Kaiser den Auftrag, ein zweites Bild
der Kaiserin Elisabeth zu malen, das zunächst im
Alter, aber auch in mancherlei anderen Beziehungen
von dem Bilde, das gegenwärtig in der Jahresaus-
stellung im Künstlerhause ausgestellt ist, sich unter-
scheiden soll. Während die Kaiserin auf dem ersten
Bilde im Alter von ungefähr 45 Jahren dargestellt
ist, soll sie auf dem zweiten Bilde um etwa 10
Jahre jünger dargestellt werden, und besonders die
Anordnung des prächtigen Haares soll eine wesent-
liche Veränderung erfahren.
Wien, 18. April. Der Hauptmann in Pension
Anton Buresch ist heute Nacht derart gefährlich
erkrankt, daſs er in einem Rettungswagen in das
Allgemeine Krankenhaus gebracht werden musste,
wo er mit den Sterbesakramenten versehen wurde.
Der Hauptmann hat bekanntlich 1893 nach einem
Streit im Gasthause den Bäck imeister Johann
Knoth auf der Straße, wo er ihn erwartete, deralt
misshandelt, daſs der Bäckermeister nach acht Tagen
starb und unter demonstrat ver Theilnahme der
Bevölkerung zu Grabe getragen wurde. Der Haupt-
mann wurde damals verhastet und ins Garnisons-
Název souboru:
karlsbader-badeblatt-1899-04-19-n89_4090.jp2