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30. August 1898
KKarlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr. 197
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Gelde hergestellten Kirche in Jerusalem mit Freuden er-
greift, um eine Fahrt nach Palästina und einigen anderen,
von Touristen auf der „großen Orientreise“ gewöhnlich
witbeluchten Ländern und Ortschaften zu machen.
Gewils reist der Kaiser anders als andere Orient-
eselbst auch als andere Monarchen. Aber darum
bracht man ihm nach lange keine weitreichenden confessio-
rellen und politischen Pläne zuzuschreiben. Weder will er
die Feanzosen und noch weniger die Katholiken in Schatten
ktellen. Er will weder auf das heilige Grab, noch auf
die heilige Stadt, noch auf das heilige Land für den
eeus Beschlag legen. Aber romantisch veran-
lagt wie er ist, tief religiösen Sinnes wie die ihn be-
gleitende Kaiſerin ist, wollen sie diese Reise, die auch ganz
andere Leute mit anderen als den gewöhnlichen Touristen-
gefüdlen machen, besonders feierlich gestalten, und sie glauben
dies am betten thun zu können, wenn sie die heiligen
Stätten mit hervorragenden Vertretern ihrer eigenen und
dieſer nahe verwandten Kirchen besuchen, die ihnen ja auch
als die besten Führer und Erklärer dienen können. Der
Monarch, der die Völker Europas aufgefordert hat, sich
zu einigen, um ihre heiligsten Güter zu wehren, ist wohl
der Lette, die Kirchen zu trennen und auf religiösem Ge-
biete Eifersucht zu erwecken. —
Local-Nachrichten.
(ersonales) Herr k. k. Landesgerichts-
Hönl hat seinen mehrwöchentlichen Urlaub
angetreten. Die Leitung des Bezirksgerichtes hat in
e*e“
Abwesenheit Herr k. k. Gerichtssecretär
l übernommen. — Das Bureau des k. k.
Vollſtreckungsbeamten beim hiesigen Bezirksgerichte,
anzlei-Officials Eduard Kirchner
Neukirchen befindet sich von nun ab im
Fremdenhospitalgebäude II. Stock, den be-
kanntlich)
für das Bezirksgericht acceptierten Räum-
lichkeiten
(Personalien.) Herr k. u. k. General-
jor Georg Ritter von Friedrich aus Graz
der Redacteur und Feulletonist der „Dresdener
Zeitung“ Herr Lndwig Hartmann, ein beson-
derer Freund unserer Sprudelstadt, sind zum Kur-
gebrauche hier angekommen.
(Bestätigke Obmannswahl. ) Se.
Majestät der Kaiser hat die Wahl des JUDr.
Rudolf anoll zum Obmanne der Bezirksvertretung
in Karlsbad zu vestätigen geruht.
(Legate.) Der Gesellschaft Kinderfreund
sowie dem Ersten Karlsbader Krankenunterstützungs-
vereine wurden dem letzten Willen ihres Gatten
entsprechend von Frau Emma Schindler der
Betrag von je 100 fl. übermittelt.
(Kelinerbali im Kurhause.) Donners-
den 1. September findet im Kurhause der bereits
längerer Zeit schon ovisierte Kellnerball statt.
Das
Comité hat keine Mühe gescheut, um das
Arrangement zu einem recht gelungenen zu gestalten.
on
Bahngeleise gewendet und haben das Terrain vor
zu beobachten. Kein Mensch, kein Thier darf
sich nahen. Die Landpolizei hat darauf zu achten
daſs Niemand sich der Bahn nähert, da Gefahr
für Leib und Leben damit verbunden ist. Die
Soldaten haben die Instruction, einen Jeden, den
sie sich nahen sehen, mit erhobenem Gewehr zu
drohen, falls er in Rufweite, ihn zu sofor-
Umkehr aufzufordern, und sollte auch das
nützen — unbedingt zu schießen. Dieser letzte
tritt allerdings kaum je ein, da alles Volk
panischer Angst erfüllt ist, und Niemand es
t, an das Bahngeleise heranzukommen. Die
Kinder in nahegelegenen Dörfern werden eingeschlossen
die Erwachsenen hüten sich, auch nur aus den
enstern nach der Bahn zu blicken. So vergehen
ter Gravesstille um den Eisenbahnrayon die
Stunden bis zur Durchfahrt des Monarchen. Alle
Züge auf der betreffenden Strecke sind schon lange
graphisch angehalten, desgleichen die Anschluss-
züge auf den einmündenden Bahnen, die Passagiere
haben auf den nächsten großen Stationen — der
kaiserliche Zug halt zur Wasser- und Kohlenanf.
ahme nur an den kleinsten Stationen — zu warten,
der Zar durchgefahren. Kein Mensch kommt
ber den Bahndamm, kein Arzt darf zu einem
vdtkranken, kein Priester zu einem Sterbenden,
an der „dritte Zustand“ eingetreten, selbst der
ffecier am Uebergang hat nicht das Recht dazu,
Fall
o
und
(Im Theater Variété) erzielte vor-
gestern Abend der Komiker Mariot mit dem Vor-
trage seines Couplets „Die Burgmusik“ einen
colossalen Heiterkeitserfolg. Mariot musste das
Couplet über vielseitiges Verlangen zum Vortrage
bringen, und dasselbe übte dieselbe Wirkung aus
wie vor Jahren. Der Humorist entfesselt über-
haupt schon durch seine Vis comica eine Lachlust,
wie wenige seiner Vorgänger. — Das Theater
Variété war bis aufs letzte Plätzchen besetzt und
viele Besucher mussten Platzmangels umkehren.
Von übermorgen ab beginnt ein neues Programm,
das letzte in dieser Saison, welches am 16. Sep-
tember geschlossen wird.
(Eine neue Straßenverbindung)
von Dallwitz unterhalb Hohendorf führend zum
Anschlusse an die Karlsbad-Schlackenwerther Chaussee
beim sogenannten Neuwirtshause bei Sodau
tritt in den Vordergrund der Discussion über
Straßenfragen. Diese Straßenverbindung wurde
bereits im Jahre 1892 trassiert und die Detail-
pläne hierüber, sowie der Kostenvoranschlag durch
das technische Bureau Herglotz in Eger ausgear-
beitet. Die Theilstrecke von Dallwitz bis unterhalb
Hohendorf ist bereits seitens der Bezirksvertretung
im Vorjahre zum Ausbau sichergestellt und leidet
die Bauausführung nur unter der von der Gemeinde
Hohendorf, welche das Bauaufwandscapital aufzu-
bringen hat, wogegen der Bezirk ein Drittel des-
selben zur Verzinsung und Amortisation und über-
dies die Erhaltung und Verwaltung der Straße
übernimmt, unter der festgestellten Bedingung, dass
ihr ein Durchzugsverkehr, sei es in der Richtung
gegen Sodau oder gegen Haid, garantiert werde.
Nunmehr bewirbt sich ein Interessent um die Ver-
legung der Aerialstraße vor Sodau bei der sog.
Erlmühle und soll das bezügliche Petit von der
betreffenden Behörde im günstigen Sinne der Er-
ledigung zugeführt worden sein, so daſs also der
Bezirk behufs Vewirklichung der Idee von Dallwitz
einen Anschluss an die Aerarialstraße zu finden,
nurmehr eine Strecke von etwa 600 Meter auszu-
bauen haben würde. Durch die Verwirtlichung des
Anschlusses der Bezirksstraße in Dallwitz an die
Aerarialstraße bei Sodau würde das Straßennetz
in jener Gegend die richtige Vervollständigung er-
fahren, weil man diesfalls auf einem bequemen
Wege sowohl nach Schlackenwerth als nach Lichten-
stadt und in der Richtung über Haid gegen Gieß-
hubl-Sonerbrunn gelangen kann. Hoffentlich wird
es nicht an der Einsicht der verufenen Factoren
fehlen, dieses Project der Realisirung zuzuführen,
da dasselbe nicht allein im Interesse einer oder
mehreren Gemeinden gelegen, sondern wohl das
Interesse eines bedeutenden Gebietes des Bezirkes
mit Recht in Anspruch nimmt.
(Eisenbahnunfall.) Nachträglich erfahren
wir von einem Eisenbahnunfalle, der in Falkenau
sich ereignete. In der Nacht vom Donnerstag auf
Jemand durchzulassen; wenn er es thut, handelt
er auf eigene Verantwortung gegen die Vorschrift.
Endlich tönt die electrische Klingel am Sta-
tionsgebäude, ein Zeichen, daſs der kaiserliche Zug
die Vorstation passirt hat; noch eine viertel oder
halbe Stunde vergeht, und lautlos rollt er heran,
nicht schnell; laut Vorschrift wird nach der Borki-
Katastrophe eine Geschwindigkeit von höchstens 45
Werst, etwa 48 Kilometer, die Stunde, eingehalten,
deutlich sieht man die dunkelbau lackirten Wagen
mit ihren goldenen Laternen und Verziehrungen,
ihren glänzenden Spiegelscheiben, hinter denen die
seidenen Vorhänge meist zugezogen sind. Die Of-
ficiere stehen in gemessenen Abständen auf dem
Bahndamm, wie der Isprawnik und Stanowoi,
die Hand an der Mütze, das Gesicht in der Fahrt-
richtung des kaiserlichen Zuges gekehrt, die Sol-
daten den Rücken zum Zuge, gespannt, mit char-
girtem Gewehr ins Land blickend; dem, der sich
nähern würde, eine Kugel aus der „Berdanka“
würde ihn niederstrecken. Doch Niemand naht,
liefe Stille, Grabesstille rings. Kaum ist der Zug
vorbei oder vielmehr die Züge, die in nicht großem
Abstande hintereinander passiren, einer für die Suite
und der andere für die kaiserliche Familie bestimmt,
begirnt das Leben wieder. Officiere und Mann“
schaften sind froh, das der schwere Dienst zu Ende,
und auch die benachbarte Bevölkerung athmet auf,
weil der Verkehr wieder freigegeben ist.
den Freitag um 11/2 Uhr morgens fuhr auf der
dortigen Station der Buschtiehrader Eisenbahn die
Maschine eines ausfahrenden Lastzuges bei einer
Uebersetzung in einen kreuzenden Verschubstheil von
fünf leeren Frachtwagen, wobe vier der Wägen
nahezu gänzlich demolirt wurden, auch die Maschine
wurde theilweise stark beschädigt. Einer der aus
dem Geleise geworfenen Wagen drückte zum Theil
die Wand eines daneben stehenden Signalhäuschens
ein. Der Schaden dürfte mehrere tausend Gulden
betragen. Verletzt wurde bei dem Zusammenstoße
glücklicherweise niemand. Dem Bremser auf dem
Verschubstheil gelang es noch rechtzeitig abzuspringen.
Ob und inwiefern irgendwen an dem Unfall über-
haupt ein Verschulden trifft, ist noch nicht festge-
stellt.
(Zum Brandunglücke in Deutsch-
Bösig.) Die Ortsgruppe Karlsbad des Bundes
der Deutschen in Böhmen sandte gestern an das
Hilfscomité für die Abbrändler in Schloss Bösing
die erste Sammlung von 100 fl. ab. — Die Bundes-
leitung in Prag hat bereits zur augenblicklichen
Hilfeleistung 300 fl. gespendet und vertheilen lassen.
(An der k. k. deutschen Staatsge-
werbeschule in Pilsen) findet die Einschreibung
für beide Abtheilungen der höheren Gewerbeschule,
sowie für die mechanische Abtheilung der Werk-
meisterschule am 15. September Vor- und Nach-
mittag und am 16. September Vormittag und an
der Werkmeisterschule für Bauhandwerker am 14.
October Vor- und Nachmittag und am 15. October
Vormittag statt. Auf Verlangen werden von der
Anstaltsdirection Jahresberichte und Programme
zugesendet.
(Sächſisch-Böhmische Dampfschiff-
fahrt.) Trotz des ungünstigen Wasserstandes bleibt
der Fahrplan der Personendampfer vollständig auf-
recht, nur wird zwischen Aussig und Leilmeritz die
Aufnahme größerer Frachten bis auf weiteres ab-
gelehnt.
(Frühzeitiger Blätterfall.) Eine
Folge der andauernden heißen und trockenen Wit-
terung zeigt sich an den Bäumen insbesondere an
den Kantanienbäumen. Diese Bäume sind gegen
Trockenheit am empfindlichsten. Die Blätter fangen
in Folge dessen bereits an, gelb zu werden, als
stünden wir am Beginn des Herbstes. Hält die
Trockenheit noch einige Zeit an, so werden wir bald
die Kastanienbäume entblättert vor uns sehen.
(Gegen das Protectionswerben)
Ein dieser Tag den Schulbehörden und sämmtlichen
Schulleitungen im Budweiser Schulsprengel zuge-
kommener Erlass verbietet die bisher üblichen per-
sönlichen Vorstellungen und Besuche bei den Mit-
gliedern und Referenten des Oris- und Bezirks-
schulrathes, Gemeinderathes u. s. w. und fordert
die Schulleitungen auf, „die Bewerber um erledigte
Lehrerstellen darauf aufmerksam zu machen, daſs sie
durch ihre persönlichen Aufwartungen und Besuche
eine Unterflützung ihrer Gesuche nicht erreichen
werden und daſs sie diese Besuche zu unterlassen
haben.“ — In einer demnächst einzuberufenden all-
gemeinen Lehrer Versammlung sollen Beschlüsse zu
einem Einschreiten an die competenten Behörden
gefasst werden, daſs eine solche Verordnung für
alle Schuldezirke erlassen werde.
(Die Sprachenverordnungen und
der Richterstand.) Bekanntlich hat der
Oberste Gerichtshof in einer Entscheidung sich dahin
ausgesprochen, daſs nach den bestehenden gesetzlichen
Vorschriften, insbesondere nach § 13 der Allgemeinen
Gerichtsordnung, nicht jede der in einem Lande
üblichen mehreren Sprachen bei jedem Gerichte
dieses Landes als landesüblich anzusehen sei, sondern,
daſs die Gerichtssprache diejenige sei, welche bei
den betreffenden Gerichten üblich ist. Diese Ent-
scheidung bezog sich auf einen speciellen Rechtsfall,
der sich in Eger zugetragen hatte. Es war nahe-
liegend, daſs diese Entscheidung, welche indirect den
bestehenden Sprachenverordnungen die Rechtsgiltigkeit
aberkannte, auch in anderen einsprachigen Gerichts-
sprengeln Anwendung finden werde. So geschah
es, daſs in dem rein deutschen Gerichtsbezirke
Joslowitz nach dieser Entscheidung des Obersten
Gerichtshofes vorgegangen wurde. Demgemäß
wurden tschechische Eingaben unter Hinweis auf
die bestehende Gesetzesbestimmung, welche durch
Verordnungen nicht derogitt werden kann, zurück-
gewiesen. Dadurch fühlten sich aber die tschechischen
Název souboru:
karlsbader-badeblatt-1898-08-30-n197_3145.jp2