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Seite 4 �Karlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr. 255 7. November 1897. Zahl und Steuerkraft entsprechende Vertretung im neuen Collegium zu Theil werde, ich erkläre, dass ich in ein Collegium nicht eintreten werde, dessen Zusammensetzung dieser Forderung nicht Rechnung trägt, ich müsste hiezu meine ganze Vergangenheit verläugnen und das kann und werde ich nicht. Wirken wir also zusammen meine Herren, damit der Friede in unserer Stadt erhalten bleibe und das Aufblühen derselben einen ungestörten Fortgang nehme! In formeller Beziehung beantragt der Stadt- rath von einer Ersatzwahl in den Stadtrath mit Rücksicht auf die bevorstehenden Wahlen Umgang zu nehmen. Es bittet sodann Herr Hofmann um das Wort. Derselbe sagt: Ich habe auf einige Worte des Herrn Dr. Fleischner zu erwidern. Er hat gesagt, daſs er Derjenige sei, der für den natio- nalen Charakter der Stadt eingetreten; ich will nicht bestreiten, daſs er viele Resolutionen verfasst hat, aber er hätte dann auch als Stadtrath dafür sorgen sollen, daſs die städtischen Arbeiten nicht tschechischen Geschäftsleuten übertragen werden. Als Baurath hat Herr Stadtrath Dr. Fleischner fürs Gewerbe viel gethan. Aber warum, frage ich, hat der Baurath Dr. Fleischner nicht dafür Sorge ge- tragen, daſs die städtischen Arbeiten in Loco' ver- fertigt werden, und warum musste ich erst vor drei Jahren dies erkämpfen? Er sagt, der Turnverein sei antisemitisch geworden, das ist unwahr, er ist bloß arisch geworden. Er sagt ferner, daſs es sich die Bürger nicht gefallen lassen werden, von Einigen sich patronisteren zu lassen, ich frage nun, wer hat denn speciell die letzten Wahlen gemacht, waren es nicht hauptsächlich unsere jüdischen Mitbürger? Ich habe mich veranlasst gefühlt, dies als Vertreter der Nationalen hier zu sagen und den Vorwurf zurückzuweisen, daſs diese die Stadt patronisieren wollen. Ich anerkenne dankend, was Dr. Fleischner geleistet und es fällt mir schwer, ihm hier entgegentreten zu müssen. Herr Hofmann weist dann noch darauf hin, daſs er in ein 21- gliedriges Wahlcomité seinerzeit gewählt wurde, welches die Candidaten der letzten Wahl aufzustellen hatte, daſs man ihn aber diesbezüglich nicht einmal ver- ständigt habe. Dr. Fleischner erklärt, daſs er hinsichtlich des Vorwurfes der Vergebung städtischer Arbeiten an Tschechen kein Wort finde und ganz starr sei. Der Vorsitzende weist den Vorwurf gleich- falls zurück und betont nochmals, daſs Fleischner stets für die Bevorzugung der Deutschen eingetreten und sogar die Vergebung der Kürschneratbeiten, Granitpfeilern befindliche schmiede iserne Gitter stand weit auf und das von Rosen und Myrten um- kränzte Landhaus lag an dem Sommerabend so schläfrig dahinter, wie das Zauberschloss der Schönen aus dem Märchen. Selbst die alten spanischen Kastanienbäume sahen aus, als laste ein hundert- jähriger Schlummer auf ihnen. Zwischen dem großen alten Thorweg und dem Eingang zur Halle dehnte sich nur ein wei er Rasenplatz und ein eingehegtes Stück Land, und das Haus konnte, so solide und geräumig es sich auch erwies, auf die Würde eines Herrenhauses keinen Anspruch erheben. Es war lang, niedrig und gestreckt, dabei voller kleiner Zimmer, verschlungener Durchgänge unzähliger Thüren und Fenster und niedriger massiver Decken, ein Haus, in dem fremde Gäste und Diener geneigt waren, Gespenster zu sehen und unterirdisch-grabver- kündende Töne zu hören, wiewohl die Familie von Geschlecht zu Geschlecht gemüthlich genug darin ge- wirtschaftet hatte und gediehen war ohne von Kund- gebungen aus der Geisterwelt behelligt worden zu sein. Bothwell glaubte, dass Heathcote sich am Ein- gang der spanischen Villa von ihm verabschieden würde. Gute Nacht,“ sagte er ziemlich schroff- „Ich begleite Sie bis nach Penmorval, um zu hören, was die Leichenbeschau für einen Eindruck auf Wyllard gemacht hat,“ sagte der Andere. „Es ist noch nicht halb acht — Ihr Cousin wird mir noch ein paar Minuten vor Tisch schenken können.“ Bothwell schritt weiter ohne ein Wort zu er- widern. In zehn Minuten gelangten Sie an das Thor von Penmorval, einer bei Weitem herrschaft- licheren Domaine, deren Geschichte reich an aristo- Local-Nachrichten. (Wohlthätigkeits-Concert.) Wir machen hiemit neuerdings auf das heute nachmittags 4 Uhr im Kurhause stattfindenden Concert der Kur- kapelle aufmerksam, dessen Ertrag dem Fonde zur Labung schwächlicher Kinder mit Milch zugeführt wird. Das Concert-Programm ist folgendes: 1. Krönungs-Marsch a. d. Op. „Prophet“ von Meyerbeer. 2. Jubel-Ouverture von C. M. von Weber. 3. Schönbrunner Walzer von Lanner. 4. Fantasie a. d. Op. „Das Glöckchen des Ere- miten“ v. Maillart. 5. Anniebel, Polka frangaise von A. Labitzky. 6. Rondo Papageno für Violine mit Orchesterbegleitung von H. W. Ernst. 7. Trost im Lied, Lied von Guglielmo. 8. Durch das Reich der Melodien, Potpourri von Leibold. (Die Stadtbeleuchtung) mittels Auer- gasglühlichtes wird nun demnächst in allen Stadt- theilen zur Durchführung gelangen. Dieselbe sollte über Auftrag des Stadtrathes bereits schon am 15. v. M. beendet sein, doch hatte die Armaturen- und Maschinenbau-Actiengesellschaft (vorm. Hilpert & Co.), welcher die Installation übertragen wurde, noch nicht die nöthige Anzahl von Auerbrennern auf Lager. Es sind noch c1. 200 Lampen zu montieren und werden vorläufig in den oberen Stadttheilen die ganznächtigen Richtungslaternen mit Auerbrennern montiert werden. Es wäre wünschenswert, daſs die Installationsfirma baldigst Sorge trüge, die vollständige Gasglühlicht-Be- leuchtung zur Ausführung zu bringen. — Die elektrischen Glühlämpchen nehmen sich neben dem Auerlichte sehr armselig aus. (Generalversammlung der Scheiben- schützen-Gesellschaft.) Morgen Montag 8 Uhr abends findet in Wojtech's Weinstuben eine außerordentliche Generalversammlung der hiesigen Scheibenschützen-Gesellschaft statt, welche sich haupt- sächlich mit der Frage der Verlegung der Schieß- stätte zu beschäftigen haben wird, da der Bahnbau die Erhaltung der jetzigen Schießstätte zur Unmög- lichket machen wird. Hier wäre nun wieder der Zeitpunkt gekommen, wo die Scheibenschützen-Gesell- kratischen Ueberlieferungen war. Das alte Geschlecht jedoch, für das Penmorval gebaut worden und mit dessen Söhnen und Töchtern es im Laufe der Jahr- hunderte an Macht und Größe gewachsen war, lebte bloß noch im Echo eines dahingeschwundenen Ruhmes. Penmorval schien nicht ganz so in Schlaf ver- sunken, wie Villa Heathcote. Durch die liebliche Lautlosigkeit der Sommernacht schwirrten Frauen- stimmen, die Bothwell sowohl wie seinem Gefährten lieb und vertraut ans Ohr drangen. Frau Wyllard gieng in der Allee spazieren, begleitet von einer jungen Dame in weißem Kleide und einem großen italienischen Strohhut. Die Letztere war groß, schlank, von anmuthiger Gestalt und hatte ein reizendes Gesicht. Als sie Heathcote erblickte, stieß sie einen Schrei angenehmer Ueber- raschung aus. „Eben wollte ich nach Hause stürzen, Eduard,“ sagte sie, „aus Furcht, Du könntest mit dem Mittag- brot auf mich warten.“ „Wirklich, Hlda! Was Du so stürzen nennst,“ antwortete er, dem Mädchengesicht zulächelnd, während er die Hand der Frau Wyllard schüttelte. „Was hält Mr. Wyllard von der Leichen- schau?“ fuhr er fort. „Sie haben ihn doch schon gesprochen?“ „Einen Augenblick, als er abstieg, während Hilda und ich in der Allee spazieren giengen. Aber Bothwell, wie krank und matt siehst Du aus!“ rief Dora ihren Vetter an. „Nur gelangweilt,“ entgegnete Bothwell, was dem Gefährten seines langen Spaziergangs gerade nicht schmeichelhaft war. (Fortsetzung folgt.) schaft mit dem Schützencorps gemeinsame Sache und gemeinsam an die Lösung dieser Frage schreiten sollte. Die am 9. und 10. stattfindende Commission auf den Schützengründen welche sich mit der Be- räumung des bisherigen Walles (Kugelfang) der Schießstätte des Schützencorps beschäftigen wird, gäbe die beste Gelegenheit dazu, auch die Schieß- stättenfrage von Seite des Schützencorps wieder in den Vordergrund zu stellen. Daſs die heutige Schießstätte des Schützencorps dort keinen Bestand hat, ist kaum mehr in Zweifel zu ziehen und mit der Auflassung der Schießstätte wird auch der Verkauf der Schützenhausgründe wieder actuell. Hoffentlich gelingt es, diese Angelegenheit in dem Sinne zur Erledigung zu bringen, daſs die Stadt- gemeinde diese Gründe erwirbt. (Kirchenmusik.) Am heutigen 22. Sonn- tage nach Pfingsten werden im Hochamte nach der um 1/210 Uhr beginnenden Predigt die Messe in A und D von Ernest Bröer und das Offertorium „Deus meus“ für Bass-Solo (Herr Hans Naaff), gemischten Chor und Orchester (Odoe-Solo: Herr Eduard Dietrich) von A. Maschek zur Aufführung. gebracht werden. (Nansen's NordpolExpedition im Webersaale), welche Dienstag den 9. d. an der Hand von 45, die ganze Bühnenhöhe ein- nehmenden Lichtbildern durch Wanderlehrer Georg Müller zur Darstellung und Besprechung gelangt, ist so recht dazu angethan, uns einestheils die schauerlich-schönen Polargegenden, anderntheils die furchtbaren Gefahren lebendig vor Augen zu führen, von denen die Menschen der gemäßigten Zone sich auch nicht eine annähernde Vorstellung machen können. Besonderen Wert erhalten die Vorführungen dadurch, daſs sie nach Originalaufnahmen Nansen's von einem Künstler angefertigt wurden, der aus eigener Anschauung, das Gebiet des ewigen Eises kennen gelernt hat. Zwei neue Werke von Pro- fessor Gebhardt werden uns in der zweiten Ab- theilung „Von Fels zum Meer“ in Ueberlebens- größe vorgeführt werden und zwar: „Der Tod der Virginia“ und „Die Märtyrin“, welche in der vor- jährigen Kunstausstellung in München mit dem ersten Staatspreise prämiirt wurde. Jedenfalls steht zu erwarten, daſs es auch diesmal Herrn Müller an einer ebenso zahlreichen als dankbaren Zuhörerschaft nicht mangeln wird. (Ueber den Erdstoß,) der am 29. v. M. 3/28 Uhr Abend in unserer Stadt verspärt wurde, liesen bei dem Stadtgeologen Herrn Ingenieur Knett im Ganzen 25 Anzeigen ein, welche, wie uns von demselben mitgetheilt wurde, ein sehr in- teressantes Ergebnis bezüglich der Ausbreitung der Erschülterung in unserer Stadt liefert. Das nörd- liche, auf jüngeren Formationen liegende Beobach- tungsfeld ist durch die Stellen: Sprudelsalzwerk, Villa Graf, „Bohemia“ und „Hercules“, das süd- liche auf Granit liegende, complicierter gestaltete durch die Gebäude: Kleinversailles, Villa Schäffler, „Warschau“ „E.sase,“ „Panorama“, „Josefshof“, „Stadt Nürnberg“ und „Hotel Continental“ be- zeichnet. Zwischen beiden Feldern bilden die Ge- bäudecomplexe des Kaiserin-Elisabeth- Quai, der Egerstraße, Gartenzeile und Parkstraße eine „beben- lose Brücke.“ Von mannigfachen widersprechenden Beantwortungen in den Fragebögen, insbesonders bezüglich des Zeitpunktes und der, meist auf Grund subjectiven Empfindens angegebenen Stoßrichtung, abgesehen, ließ sich doch mit einiger Sicherheit con- statieren, daſs besagter Erdstoß dem zur selben Zeit in Graslitz heftig verspürten Beben angehört und unsere Stadt an der P'ripherie des Schüttergebietes liegt. Die verlässlichen Stoßrichtungsangaben wisen von Nordwest nach Südost, also radial gegen das Epicentrum des Erdbebens (oberes Vogtland.) Herr Ingenieur Knett theilt uns weiters mit, daſs auch die täglich fortgesetzten Quellenmessungen durch- wegs normale Ergiebigkeits- und Temperaturs- werthe lieferten, demgemäß alle gegentheiligen Aus- streuungen jedweder Begründung völlig entbehren. (Der entomologische Verein für Karlsbad und Umgebung) hält heute nachmittags um 2 Uhr im Café „Panorama“ seine erste Monatssitzung für den heurigen Winter ab. Nach gefassten Beschluss des Vereines finden die im Vorjahre mit so großen Beifall aufgenommenen Vorträge zur Einführung der Anfänger in die Kenntnis der Entomologie heuer ihre Fortsetzung. Für heute wird neben anderen nachdem bloß zwei tschechische Kürschner hier seien, nach Eger verlangt habe. Die Debatte wurde so- dann geschlossen. — Das Stadttheater wird an Director Raul vergeben. Sämmtliche Ansuchen um Gastgewerbe-Con- cessionen wurden in nicht befürwortendem Sinne er- ledigt.
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