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Seite 4 �Karlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr. 91 22. Ap-1 1897 befinden sich 65 Gewerbegenossenschaften mit zu- sammen 9000 Mitgliedern, 15 registrierte Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften mit gegen 600 Mit- gliedern und mehrere derarlige in Bildung be- griffene Genossenschaften. Im Jahre 1896 wurden zwei Ausstellungen, in Wels und Hohenelbe, ver- anstaltet, zwei weitere Ausstellungen beschickt und drei bleibende kleingewerbliche Ausstellungen unter- stützt. Im Kleingewerbesaale um Technologischen Gewerbemuseum fanden sich 3318 Besucher ein; es wurden vom dortigen Personale in zahlreichen Fällen fachliche Auskünfte an Gewerbetreibende unentgeltlich ertheilt und in Wien, sowie an anderen Orten Vorträge abgehalten. Auch wurden zahl- reichen Gewerbetreibenden außerhalb Wiens Bei- hilfen zum Besuche des Kleingewerbesaales ertheilt. Ferner wurden je vier Meistercurse für Schuhmacher und Bautischler in Wien und sieben Curse für Schuhmacher außerhalb Wiens abgehalten, in denen zusammen gegen 300 Meister und Gehilfen einen vier-, beziehungsweise sechs- oder achtwöchentlichen Unterricht erhielten. Für das Jahr 1897 sind weitere Meistercurse für Bauschlosser und Kleider- macher in Wien, sowie Ausgestaltung des gewerblichen Wanderunterrichtes mit dem bereits im Jahre 1896 Versuche gemacht wurden, geplant, besonders ist aber auch Förderung von Rohstoff-, Magazins-, Werk- und Productivgenossenschaften der Kleinge- werbetreibenden in Aussicht genommen. Das ist alles nun ganz schön und lobenswert, aber es trifft den Kern der Frage des Kleingewerbes nicht. Man sieht, daſs es sich zumeist doch nur um Ver- wirklichung der altliberalen Einseitigkeit handelt, welche dem Kleingewerbe hauptsächlich durch Erhöhung der „Bildung“, durch Belehrung und Unterricht allein helfen zu können glaubt und jedem that- sächlichen Eingriff in die moderne capitalistische Entwicklung zugunsten des Kleingewerbes, ängstlich ausweicht. Nun ist es zuzugeben, daſs die Frage des Kleingewerbes zur Zeit noch unklarer und schwieriger ist als die sogenannte socialistische Lohn- arbeiterfrage. Aber auf der Seite des Unterrichts liegt der Haupttheil der Lösung der Gewerbefrage jedenfalls nicht. Im Ernste kann kein Vernünftiger und Ehrlicher behaupten, daſs die Noth des Klein- gewerbes nur auf dem Mangel an Bildung und Berufsgeschicklichkeit beruhe. Nur von diesem Standpunkte auszugehen, müsste reiner Unsinn genannt werden. (Kirchenmusik.) Am morgigen Freitag den 23. d. M. vormittags 9 Uhr werden im Hoch- amte zur Feier des neunhundertjährigen Jubiläums des heil. Adalbert die Messe in F' von Franz Schöpf op. 10, das Graduale „Alleluja Confite- buntur coeli“' und das Offertorium „Confite- buntur coeli“ von C. A. Leitner aufgeführt werden. (Neue Kapelle.) Die vormals am Anfang der ehemaligen Donitzer Straße bestandene Ecce Homo-Kapelle wurde an der Gießhühlerstraße nächst dem Reelgymnasium erbaut und ist dieselbe bereits soweit fertiggestellt, daſs an deren innere Aus- stattung geschritten werden kann. Herr Stadtrath Groß wendet sich nun namens der Armencommis- sion in einer öffentlichen Bitte an alle Jene, welche diesen Zweck fördern wollen, um Zuwendung einer Spende. Von Seite einer Anzahl Karlsbader Frauen wurde bereits der Betrag von 127 fl. 40 kr. für ein neues Altarbild gespendet. Teplitz, 20. April. Orig.-Cor.] (Verschiedenes.) Die Gemalin des sächsischen Krigsministers ist gestern in Begleitung ihrer Kammerfrau zu längerem Kurgebrauche eingetroffen, ebenso Frau Prinzeisin Hohenlohe-Schillings- fürst. — Die Theilstrecke Teplitz=Lobositz der Teplitz- Reichenberger Bahn soll schon am 1. August l. J. eröffnet werden. — Wie bereits berichtet, hat die Teplitzer Spar- cassa von ihrem diesjährigen Reingewinn, respective aus dem Reservesond, der Teplitzer Stadtgemeinde 70000 fl. zu öffentlichen Localzwecken gewidmet. Der Altersspar- cassa wurden 2500 fl. zugewendet. Weiters spendete die Sparcassa; Der Suppenanstalt 200 fl., der „University Extension“ (Localcomité zur Veranstaltung wissenschaftlich- populärer Vorträge) 200 fl., Bezirtslehrer-Bibliothek 300 fl., Schwimmschulverein 500 fl, Gebirgsverein für den Bau des Aussichtsthurmes 1000 fl., Museums- gesellschaft 500 fl., für ein Schülerbad 2000 fl., zur Er- richtung einer Freilesehalle und Volksbücherei 2000 fl., Witwen- und Waisencassa des Teplitzer Bezirkslehrer- vereines 300 fl. — Hier ist eine Bewegung der Schuhmacher- gehilfen im Zuge, ab 1. Mai, wenn ihre Forderung betreffs 30 %iger Lohnerhöhung nicht bewilligt werden sollte. — Donnerstag ist in der kgl. Bergstadt Graupen eine Brücke in dem Augenblicke eingestürzt, als der Bretterwagen des Fabrikanten Hönig in Niklasberg passierte. Der Wagen fiel um, die Brücke ging unter, unter sich den Kutscher begrabend, welcher sehr schwer verletzt ist, daſs an seinem Aufkommen gezweifelt wird. — Zum Chefarzt der k. u. k. Militärbade=Heilanstalt in Töplitz=Schönau wurde für heuer der Regimentsarzt 1. Classe Herr Dr. Karl Elbogen aus Theresienstadt ernannt. — In der dieser Tage statt- gehabten Versammlung der Genossenschaft der Gastwirte der Landgemeinden des Teplitzer Gerichtsbezirkes wurde nach stürmischer eingehender Debatte beschlossen, gegen die Entscheidung der Statthalterei den Recurs an das k. k. Ministerium zu ergreifen und fest auf dieser Gründung zu beharren. Chiesch. (Brand.) Gerade zur Zeit, als am Char- samstag um 2 Uhr nachmittags die Procession aus der Klosterkirche zur Spitzbergerkirche auszog, kam aus unbe- kannten Gründen in Behner's Scheuer beim Klostergarten Feuer zum Ausbruche, welches nicht nur diese, sondern auch drei benachbarte hölzerne Scheuern einäscherte; zwei Scheuern sind versichert, zwei jedoch nicht. Das Gasthaus „Zum Hirschen“ und dessen Wirtschaftsgebäude, Stallung und Scheuer — letztere war nur 2 Meter vom Brandplatze entfernt — wurde glücklicherweise gerettet. Feuerwehren waren anwesend aus Buchau, Chiesch, Großfürwitz, Luditz. Lubenz, Modschidl und Waltsch. Telegramme. Vom Kriegsschauplatze. Athen, 21. April. Eine Depesche aus offi- cieller Quelle versichert, daſs die griechischen Truppen auf dem Wege über Bughazi gegen Damassi vor- rückten, dasselbe besetzten und niederbrannten. Eine andere Brigod ist über Reveni gegen die Ebene von Damassi vorgerückt, wurde aber von schwerer Artillerie angegriffen. Viglia wurde nicht besetzt. Die griechische Artillerie zerstörte 2 türkische Batterien in Nezero, nur ein Kopitän blieb am Leben und wurde gefangen genommen. Die Truppen besetzten alsdann die befestigte Kaserne. Athen, 21. April, 3' Uhr 20 Min. früh. Eine offizielle Depesche über den gestrigen Angriff bei Damassi besagt, daſs die Griechen alle von den Türken unternommenen Angriffe zurückschlugen und ihre Positionen behaupteten. Die Nachrichten von Nezero bestätigen sich. Das Bombardement von Prevesa hörte bei Enbruch der Nacht auf und wird heute fortgesetzt werden. Athen, 20 April. Meldung der „Ag. Havas“: Officielle D'peschen aus Arta berichten, daſs die griechischen Truppen, nachdem sie den Fluss Arachthus überschritten hatten, die Ortschaften Neochari und Pachykalamo bestzten und gegen Traprasl“ weiter vorrücken. Arta wird zum Theile beschossen. Die griechischen Batterien brachten die gegenüber der Stadt befindliche Batterie Imaret zum Schweigen. — Die Türken versuchten um 5 Uhr früh die Artabrücke zu passieren, wurden jedoch mit Ver- lusten zurückgewiesen. Einige griechische Officiere wurden theils getödtet, theils verwundet. Constantinopel, 21. April. Der österreichisch- ungarische Militär-Attaché Baron Gisel, welcher den Kriegsschauplatz besuchte, äußerte sich zu dem Correspondenten der „Neuen Fr. Presse“, daſs das türkische Menschenmaterial dem griechischen im Allgemeinen überlegen ist. Die türkischen Soldaten — sagte er — sind physisch stärker und durch die islamitischen Religionsgesetze leichter in Disciplin zu halten. Bei beiden Armeen ist die Artillerie vorzüglich; sie ist bei beiden die Elitewaffe, und die Griechen haben auch ein gut ausgebildetes Ingenieur- corps. Die türkischen Truppen benützen Martini- Gewehre, die Griechen aber nur Gras-Gew Zugestanden muſs werden, daſs die giechische Flotte Einrichtungen zur Folge haben müsste; allein die Schwierigkeiten dürften nicht unüberwindlich sein. Papst Leo XIII. hat die Angelegenheit bereits vor längerer Zeit in die Hand genommen und sich im günstigen Sinne dafür ausgesprochen. Es wurde dießbezüglich eine Commission von hervorragenden Fachmännern in Rom eingesetzt, welche die Sache berathen und ihm darüber Bericht erstatten solle. So ist es vielleicht möglich, dass früher oder später eine Uenderung in der Feier des Osterfestes ein- tritt, was insofern leicht geschehen kann, als die gegenwärtige Festsetzung kein Dogma ist, und von der Kirchenversammlung zu Nicäa hauptsächlich nur dazu eingeführt worden ist, um eine Uebereinstim- mung der ganzen Christenheit bei der Osterfeier herbeizuführen. Auf Jennershof. Novelle von Renate Fischer. (4. Fortsetzung.) Machdruck verboten. Die Magd hatte eine Kammer für die Anne herrichten müssen, und die Frau sagte ihr jetzt, das Mädchen dahin zu bringen. Aber das waren nur Glieder, die sich regten, wenn der Hannes Jenner befahl, als ob er Herr wäre im Hause und Nie- mand außer ihm. „Geh' zu Bett, Anne,“ sagte er; und dann wollte er sie noch heißen, dem Jenner und der Jennerin gute Nacht zu wünschen, aber sie war schon an der Thür, ihr Bündel in der Hand und die Augen sonder großen Ausdruck auf ihn gerichtet; wie auf den Pastor und die Pastorin, als sie von denen gieng. Anne schlief bald ein, indess noch die Herr- schaft beisammen saß und der junge Mann von den Einkäufen erzählte, die sie in der Stadt gemacht. Ueber die Anne=Susanne fiel kein Wort. Die Jennerin wusste, ihr Sohn würde ihr haarklein Alles berichten, wenn sie allein mit ihm war. Sie traute seinem Handeln mehr als dem Bauern zu, und selber zu sprechen, ehe sie Grund und Boden unter sich wusste, und zurückzunehmen und wieder zu sprechen, war nicht der Jennerin Art. Anderen Morgens wurde die Anne-Susanne vor der Sonne wach, stand auf und holte ihre alten Sachen hervor, ihren Rock vom Vorwerkshause, der eitel Lumpen war, und das graue Mäntelchen, darin ihr Bündel gewesen. Danach gieng sie auf den Hof. Rechts von der Thür waren Ställe, gerade- aus Scheunen und der Thorbogen, und linker Hand wieder Ställe, der Backofen und ein Berg Faschinen daneben. Darauf kletterte sie und setzte sich in dem Reisig zurecht. Durch die Lattenthür des Hofthores sah sie auf einen kurzen Weg, von beiden Seiten mit starken Pappeln umfasst, und dahinter auf ebenes Land. Auf dem Hofe standen Ackerwagen, Melkschemmel, Milchbutten und anderes Wirtschafts geräth; nirgends ein wilder Ort, als etwa der Reisighaufen. darauf sie gestiegen war. Mit der Zeit trat der Knecht unter die Stall- thüre, die Mägde kamen aus dem Hause und giengen melken, und aus den Schornstein stieg Rauch auf, da die Jennerin Frühstück kochte. Anne-Susanne war bald bemerkt worden; aber wenn die Leute lachten, daſs sie da oben sitze: es kümmerte sie nicht — oder daſs sie ihre Beine unter dem Mäntelchen, das nirgends deckte. Es war gut so. Sie hatte die Kleider daheim getragen. Und wenu die Kossäthen und Doppelkossathen an ihr vorüber giengen, hatten sie wohl auch gelacht. Der alte Jenner war unter die Hausthür ge- treten und wieder verschwunden. Mochte es ihm nun einer gesagt haben, daſs die Anne da oben sitze oder hatte er es selber gesehen, aus dem Stubenfenster; er trat unter die Thüre, hielt die Hand über die Augen, als traue er sich nicht, und kam über den Hof. „Was machst da oben?“ schrie er zu der Anne hinauf. Er hätte am liebsten geschimpft und getobt und seine ganze Sippe heruntergezogen. „Was starrst mich an? Willst herunterkommen!“ Aber das Mädchen regte sich nicht. Eben als er seine Hand nach ihr ausstreckte, zog sie ihre Beine empor und rückte zurück, daſs er sie nicht erreichen konnte. Erst als er hässlich auflachte, sah sie sich um. Sie saß auf der Kante des Strauchberges und hinter dem Baun, wo er abfiel, lief ein tiefer Graben vorbei; da konnte sie sie sich Hals und Beine brechen, wenn sie hernieder- stürzte. Anne-Susanne kletterte vorsichtig zurück und stand bald auf beiden bloßen Sohlen neben dem Kolonisten, der nah ihr griff. Aber er erwischte sie nicht, denn sie lief vor ihm dem Hause zu. Der die junge Jenner stand am Fenster und kehrte ihr den Rücken zu; die Jennerin that an dem Tisch Suppe auf. (Fortsetzung folgt.)
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