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„Karlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr. 34
12. Feber 1897
Altersnachweise und dem von ihrer Cultusgemeinde
ausgestellten Armutszeugnisse, bis 15. März l. J.
an die Direction in Prag zu richten.
(Verlobung.) Fräulein Antonie Grim,
Tochter des Baumeisters Herrn Emanuel Grim,
hat sich mit dem k. k. Postofficial Herrn Karl Meser
in Karlsbad verlobt.
(Die Ermäßigung der Fernsprech-
gebüren) ist bekanntlich einer derjenigen
Wünsche der Handel- und Gewerbetreibenden, die
immer dringlicher wieder ausgesprochen werden.
Nun hat aber der Postfiscus die Erfüllung dieses
berechtigten Wunsches davon abhängig gemacht,
daſs ein brauchbarer Gesprächszähler seitens unserer
Electrotechniker erfunden wird, dessen genaue und
zuverlässige Registrierung aller Gespräche es er-
möglicht, die stärksten Benutzer dieses Telephons
zu entsprechend höheren Beiträgen heranzuziehen.
Trotzdem nun nach einer Mittheilung des Patent-
und technischen Bureaus von Richard Lüders in
Görlitz die Zahl der geschützten Gesprächszähler
für Telephone bereits über das erste halbe Hundert
hinaus ist, befindet sich doch kein seinen Zweck voll-
ständig erfüllender handlicher Apparat darunter,
so daſs hier noch die Gelegenheit zu einer Erfin-
dung vorliegt, die sicher goldene Früchte trägt.
(Geschäftliches.) Das Atelier für Kunst-
malerei von Fr. Adele Sträußler befindet sich seit
1. Feber l. J. wieder in Karlsbad, Kleinversailler-
strasse, Haus „Nelson.“
(Die Hundesperre aufgehoben.)
Die im November v. J. infolge eines Wuthfalles
augeordnete dreimonatliche Hundesperre tritt mit
morgigem Tage außer Kraft.
(Schulhausbau in Weheditz. ) Wir
machen Interessenten auf die im heutigen Blatte
befindliche Offertausschreibung zum Schulhausbau
in Weheditz aufmerksam. Die Frist der Offert-
legung lauft mit 25. d. M. ab, das Vadium be-
trägt 2000 fl.
(Sterbefall. ) Mittwoch nachts verschied
hier die Bürgerswitwe Frau Franziska Eberhart
geb. Windirsch im 71. Lebensjahre. Die Beerdi-
gung der Verblichenen findet morgen Samstag den
13. d. M. 1/24 Uhr nachmittags vom Hause „Stadt
Ems“, Petersberg, aus am hiesigen Friedhofe statt.
Drahowitz, 10. Feber. IO-C.] (Vom Turn-
vereine) In der vom hiesigen deutschen Turnvereine
am 6. Feber l. J. im Gasthause „zur Ueberfahrt“ abge-
hattenen constituirenden Versammlung wurden nachsie-
hende Herren in den Turnrath gewählt. Johann Derla
zum Sprechwart, Anton Zuleger zum Sprechwart-Stell-
vertreter, Wilhelm Schöttner zum Säckelwart, Alois
Häring zum Schriftwart, Josef Schneider jun. zum
Turnwart, Karl Schneider zum Zeugwart, Karl Watzke
zum Schriftwart-Stellvertreter, Anton Grund zum Turn-
wart-Stellvertreter, Karl Storm zum Zeugwart-Stell-
vertreter Der erst seit 10. December 1896 gegründete
Verein zählt bereits 28 wirkende, 5 beitragende Mit-
glieder und 3 Zöglinge, zusammen 36 Vereinsangehörige.
geschaffen wäret und Euer Gesicht glänzt wie die
Sonne am Mittag?“
Der Thorwärtel lachte. „Ist auch ein lustsam
Geschäft, Herr Rathsherr, den vornehmen Herr-
schaften die Devotion bezeigen zu dürfen.“
„Möchtet wohl selber mittanzen, wenn die
Geigen zum Umsprung laden und die Decke Euch
Euch zu Häupten zittert vom Schleifen und Stampfen
der fröhlichen Paare?“ meinte Herr Tobias gut-
launig.
Aber Lutz schüttelte das Haupt: „Nein, Euer
Wohledlen, es soll keiner die Wunsche höher tragen,
als sich für ihn ziemt!“
Da nickte Herr Tobias ihm freundlich zu:
„Habet recht Lutz, es ist das Klügste, zu vergessen,
was man nicht haben kann.“
Dann folgte er seiner Tochter, die an der
Treppenrampe seiner wartete und mit Entzücken den
feinen Bewegungen des Jünglings folgte und seiner
klaren melodischen Stimme kauschte.
„Es ist schad' um den Burschen“, sprach er im
Hinaufgehen zu Frau Agnese, „er hätte wahrlich
ein besseres Los verdient, wär' er nicht als der
Sohn eines armen Webers zur Welt gekommen, er
hätt' ein schmucker Junker werden mögen!“
Frau Agnese erwiderte nichts; sie hatte die
Entdeckung längst gemacht, aber sie wagte nicht sie
(Fortsetzung folgt.)
auszusprechen.
Aus dem Gerichtssaale.
Weitere Schwurgerichtsverhandlungen) bei
dem I. i Kreisgerichte in Eger: Am 15. Feber l. J. vor-
mittags 2/4 Uhr wider Josef Kämpf, Bergarbeiter aus
Thein, wegen Verbrechens des Todtschlages und der
schweren körperlichen Beschädigung (Vorsitzender Herr
SGR. Daas); — am 16. Feber vormittags 83/4 Uhr
wider Anton Haderer, Schuhmachergehilfe in Jda-
chimsthal, wegen Verbrechens des Todtschlages Vor-
sitzender Herr LGR. Woratschek); I am 17. Feber vor-
mittags 8/1 Uhr wider Anton Würzler, Hausbesitzer
und Maurer aus Neumarkt, wegen Verbrechens des
versuchten Meuchelmordes (Vorsitzender Herr LR. Kohl);
am 18. Feber vormittags 214 Uhr wider Josef
Jeikal, beschäftigungslosen Glasarbeiter, ohne bestimmten
Wohnort (gebürtig aus Nilau) wegen Verbrechens des
Diebstahls (Vorsitz. Herr LGR. 9aas.)
(Feuerwehrstreik.) In Queuleu bei Metz ist ein
Feuerwehrstreik ausgebrochen. Die „M. Pr.“ berichitet
darüber Folgendes: Am Donnerstag, vormittag 11 Uhr,
ertönte das Alarmsignal der Feuerwehr. Erschreckt eilten
die Einwohner auf die Straße; sie konnten zwar keinen
Grund für den Alarm bemerken, sie sahen jedoch, wie sich
die 32 Mitglieder der Feuerwehr in bürgerlicher Kleidung
auf dem Maximinplatze um ein großes Packet ver-
sammelten. Die Kolonne marschierte sodann, Musik an
der Spitze, nach dem Bürgermeisteramte, um dort den
Pack, der ihre Uniformen enthielt, und die Erklärung
ihrer Gesammtdemission abzugeben. Grund für diesen
Vorgang soll das Vorgehen des Beigeordneien gegeben
haben, der bei der Kaiserfeier am vorgehenden Abend das
Absingen von Liedern — Feuerwehrliedern — in fran-
zösischer Sprache verbot. Hoffentlich wird der Streit in
Güte beigelegt, da sich sonst aus diesem Streik für die
Bewohner von Queuleu bei einem etwa ausbrechenden
Brande leicht unheilvolle Folgen ergeben könnten.
Telegramme.
Vrag, 11. Feber. (Böhmischer Landtag.)
Oberstlandmarschall Fürst Lobkowicz eröffnet die
Sitzung um 11 Uhr 15 Minuten. Am Regierungs-
tische: Stalthalter Graf Coudenhove, Statthalterei-
rath Pietrziekowski und Bezirkscommissär Dr. Neu-
mann.
Der Oberstlandmarschall theilt mit, daſs in
die Commission zur Berathung über die Regierungs-
erklärung vom 26 Jänner l. J. aus dem ganzen
Landtage noch gewahlt wurden die Abg. Graf
Buquoy, Prof. Fournier, Hermann Janda, Dr.
Kramak, Lippert, Dr. Pergelt, Prade, Wenzel
Sule und Graf Wolkenstein.
Erster Gegenstand der Tagesordnung ist der
Autrag der Abg. König, J. Mar§ und Genossen
betreffend die Aufhebung des Schulgeldes an Volks-
schulen und die Deckung des dadurch entstehenden
Ausfalls aus dem Landesfonde. Der Antrag wird
nach Motivierung durch den Abg. König der
Schulcommission zugewiesen.
Weiter begründet Abg. Johann Kaftan seinen
Antrag betreffend die Einhebung einer Landesab-
gabe von der im Königreiche Böhmen gewonnenen
Braunkohle.
Nach dem Schluſsworte des Antragstellers,
welcher sich dagegen verwahrt, daſs sein Antrag als
gegen die Deutschen gerichtet aufgefasst werde, wird
der Antrag mit den Stimmen der Tschechen, Groß-
grundbesitzer und Deutschnationalen gegen die der
Deutschen angenommen.
Es folgt die Motivierung des Antrages des
Abgeordneten Josef Karlik betreffend den Schutz
des Müllergewerbes und der mit demselben eng
verbundenen Landwirtschaft durch den Antragsteller.
Zur Behandlung dieses Antrages wird beschlossen,
die vorjährige anlässlich des vom Dr. Fort ge-
stellten Antrages gewählte Commission zu reacti-
vieren.
Weiter wird noch der Antrag der Abg. Aigner,
Ludwig und Genossen über die Musikabgabe und
der der Abg. Dvorák, Jaros und Genossen be-
treffend die Errichtung einer Anstalt zur Erzeugung
von Schutzstoffen gegen Ansteckung (Antitoxine)
und Einführung der Tuberculin-Jmpfung behufs
Constatirung der Rindvieh-Tuberculose nach Be-
gründung seitens des betreffenden Antragstellers der
Budgetcommission zugewiesen.
Es werden noch einige Wahlen in unterschied-
liche Commissionen vorgenommen, womit die Tages.
ordnung erschöpft ist.
Schluss der Sitzung um 2 Uhr 20 Minuten.
Nächste Sitzung Samstag um 11 Uhr vorm.
Wien, 11. Feber. Das officiöse „Fremden-
blatt“ schreibt: Die Freunde Griechenlands können
dieses Land nur mit Besorgnis den gefährlichen
Weg betreten sehen, auf dem es in Situationen
gerathen kann, denen es nicht gewachsen ist und es
wird gewiss auch noch in letzter Stunde an ernsten
Mahnungen nicht fehlen. Die Zauderpolitik der
Pforte hat leider viel dazu beigetragen, auf Kreta-
jene Anarchie zu schaffen, die, während sie Griechen-
land trotz der Warnungen Europas auf eine höchst
bedenkliche Bahn lockt, doch auch der Türkei schwere
Opfer auferlegt und ihre erschütterte Autorität
neuerdings schädigen muss. Das „Neue Wiener
Tegblatt“ sagt: In unterrichteten Kreisen ist man
nach wie vor der Anschauung, Griechenland werde
es angesichts der Mahnung sämmtlicher Großmächte
nicht wagen, die schwere Verantwortung auf sich
zu laden, als kriegsführende Macht aufzutreten, da
dies für Griechenland die schwersten Consequenzen
im Gefolge haben müsste. Das Vorgehen der
griechischen Regierung ist jedenfalls dazu angethan,
derselben die Sympathien der Freunde Griechen-
lands zu entziehen. Gerade die letzteren haben im
Interesse des Königreiches die ernstesten Wärnungen
erhoben. Wir glauben versichern zu können, daſs
insbesondere die Vorstellungen Oesterreich-Ungarns
es an größter Entschiedenheit nicht haben fehlen
lassen. Was Griechenland jetzt unternimmt, geschieht
auf seine eigene Verantwortung. Auf die Unter-
stützung einer europäischen Großmacht kann es hiebei
nicht rechnen. Die Frage, ob und wann Griechen-
land in den Besitz Kretas gelangt, ist für die Groß-
mächte zu unbedeutend, um so schwere Conflicte
heraufzubeschwören. Es mag übrigens den Anschein
haben, als ob es sich dem König Georg mehr um
eine populäre Manifestation, als um den thatsächlichen
Friedensbruch handeln würde.
Athen, 11. Feber. Dem Journal „Astr
zufolge beschloss die Regierung die Entsendung der
Flotille über Drängen des Königs. Die Nachricht,
daſs der Commandant des griechischen Schiffes
„Hydra“ an den Gouverneur von Rethymno ein
ültimatum gerichtet hatte, in welchem er ihn auf-
fordert, die Landung von Christen nicht zu ver-
hindern, bestätigt sich nicht.
Athen, 11. Feber. (Meldung der „Agence
Havas.“ Prinz Georg, welcher heute nachts mit
6 Torpedobooten nach Kreta abgeht, begab sich,
nachdem er die Befehle des Körigs entgegengenommen
hatte, in das Marineministerium und war auf dem
Wege dahin Gegenstand herzlicher Kundgebungen
seitens der Kretenser. Die Nachricht von der be-
vorstehenden Abreise des Prinzen Georg circuliert
seit einer Stunde und ruft außerordentliche Sen-
sation hervor. Der Prinz nahm von der könig-
lichen Familte in sehr bewegter Weise Abschied.
Man macht kein Geheimnis daraus, daſs die Flotille
den Befehl erhielt, die Landung der türkischen
Truppen auf Kreta mit allen Mitteln zu verhindern.
Athen, 11. Feber. Eine ungeheüre Menschen-
menge bereitete dem nach dem Bahnhofe sich be-
gebenden Peinzen Georg große Kundgebungen.
Pinz Georg, der König und Kronprinz Nikolaus
wurden lebhaft acclamiert. Die Königin stand
weinend an einem Fenster des ersten Stockwerkes.
Der Andrang des Publicums war ein so starker,
daſs der königliche Wagen nur mit Mühe vorwärts
kommen konnte. Im Augenblick der Abreise er-
neuerten sich die Kundgebungen. Die Menge
schwenkte die Taschentücher und schrie: „Es lebe
Kreta!“ Ein Theil der Volksmenge begleitete den
König unter fortgesetzten Acclamationen nach dem
Palais zurück. Gleiche enthusiastische Kundgebungen
ereigneten sich im Piraeus.
Athen, 11. Feber. 1500 Christen behindern
den Verkehr in den östlichen Provinzen Kretas.
In der Umgebung von Heracleion stehen sich zahl-
reiche Gruppen von Türken und Christen beobach-
tend gegenüber und drohen handgemein zu werden,
falls ihre Glaubensgenossen angegriffen werden
würden. Die Nachricht von der Entsendung tür-
kischer Truppen aus Smyrna hat lebhaste Be-
wegung hervorgerufen.
Athen, 11. Feber. Die Torpedo-Flotille ist
begleitet von der Yacht „Sphakteria“ welche
Lebensmittel mit sich führt, um 2 Uhr morgens
abgedampft. — Gestern fand ein erbittertes Gefecht
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