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10 Jänner 1897
„Karlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr 7
Seite 5
wird. Das Programm verspricht ferner, daſs die so all-
gemein beliebte Rubrik der kleinen illustrierten Mitthei-
lungen und Winke für allerlei nützliche Beschäftigungen
und Arbeiten im Hause bedeutend erweitert werden wird.
Dieser so reichhaltige Inhalt, der noch durch einen sorg-
fältig hergestellten künstlerischen Bilderschmuck gehoben
wird, muss auch den weitgehendsten Ansprüchen genügen,
und so können wir unsern Lesern die „Gartenlaube“ an
der Jahreswende mit gutem Gewissen als ein gediegenes,
Belehrung und Unterhaltung im reichsten Maße brin-
gendes Familienblatt empfehlen.
Telegramme.
Wien, 9. Jänner. (Abgeordnetenhaus.) Präsi-
dent Freiherr von Chlumecky eröffnet die Sitzung
um 10 Uhr 45 Min. Auf der Ministerbank sämmt-
liche Minister.
Das Haus geht zur Tagesordnung über und
setzt die Specialdebatte über den Etat des Finanz-
ministeriums bei den Capiteln „Stempel, Toxen
und Gebüren“ fort. Abg. Kronawetter plaidiert
für die Reform des Gebürengesetzes und beautragt
die Aufhebung des Zeitungsstempels, sowie die
Streichung der Einnahmen aus dem Zeitungs- und
Kalenderstempel.
Der Präsident erklärt, darüber jetzt nicht ab-
stimwen lassen zu können.
Finanzminister Ritter v. Biliuski wendet sich
den Ausführungen des Vorredners zu. Der Mi-
nister gibt zu, daſs das Gebürengesetz bereits ver-
altet sei, doch sei es schwierig, die Reform des-
selben durchzuführen. Was das Gebürengesetz
trägt, wissen wir, was die Einkommensteuer tragen
wird, wissen wir nicht. Solange das Erträgnis
der Einkommensteuer nicht bekannt sei, könnte man
auf den Gedanken des Abg. Kronaweiter nicht ein-
gehen, den der Minister auch theoretisch nicht als
richtig ansehen könne. Bezüglich der Post „Zeitungs-
stempel“ will der Minister nur constatieren, daſs
bisher immer nur über die Posten des Finanz-
gesetzes, nicht über die einzelnen Ziffern abgestimmt
worden sei. Das Haus beschließt die Finanzgesetze
und das Virement dürfte dann nur in den Schranken
des votierten Gesetzes stattfinden. Der Minister
glaubt nicht, daſs die Streichung einer Post auch schon
die Nichteinhebung der betreffenden Steuer involviere,
wie dieses auch in dem classischen Lande des Par-
lamentarismus, in England, geübt werde. Wenn
das Budget verweigert werde, dürften dann die
Zinsen der Staatsschuld und die Gehalte der Be-
amten nicht gezahlt werden?
(Abg. Pernerstorfer: Der Minister muss gehen.)
Die Herren haben nicht das Recht zu sagen,
daſs das Budgetrecht wegescamotiert werde. Im
Budgetrecht liege nur die Befugnis, zu erklären,
daſs dem Parlament diese Regierung nicht genehm
sei. Der Antrag des Abgeordneten Kronawetter
bedeute den Krieg gegen die Regierung, die auch
erklärt habe, principiell nicht gegen die Aufhebung
des Zeitungsstempels zu sein. Der Minister müsse
erst über einen Ersatz nachdenken. Die Regierung
verdiene es also nicht, daſs dieser Streit in einer
solchen Form vom Zaune gebrochen werde. Das
Haus möge ein wenig Geduld haben. Es werde
nicht nach Jahren gehen, bis die Regierung ihre
Vorschläge machen könne.
(Abg. Pernerstorfer: Ein bestimmts Datum!)
Ja, wenn ich wüsste, daſs das Haus zu einem
bestimmten Datum auch die betreffende Steuer be-
schließt! (Heiterkeit.) Der Minister schließt mit
der Bitte, die Post so anzunehmen, wie sie vorliegt.
Das nächste Haus werde Gelegenheit haben, die
Sache ruhig zu überlegen. (Leohafter Beifall.)
Nach dem Schlusswort des Berichterstatters
wird zur Abstimmung geschritten. Der Antrag
Pernerstorfers, über den Antrag Kronawetters
namentlich abzustimmen, wird abgelehnt und hie-
rauf die höhere Ziffer (also inclusive des Erträg-
nisses aus dem Zeitungsstempel) mit 104 gegen
70 Stimmen angenommen. Dafür stimmten die
Polen, die Linke, der Hohenwartelub und die Volks-
partei, dagegen die Antisemiten und Deutsch-
nationalen, die Jungtschechen und die Deutschböhmen.
Hierauf wurde Capitel „Lotto“ in Verhandlung
gezogen. Als erster Redner ergriff Abg. Dr. Roser
das Wort Demselben wurde von allen Seiten
des Hauses lebhaft applaudiert.
Wien, 9. Jänner. Die „Wiener Zeitung“
veröffentlicht die Eathebung des Gesandten für
China, Jopan und Siam, Grafen Christoph
Wydenbruck, von der Vertretung für China und
die Ernennung des Generalconsuls Czikann Freiherr
von Wahlborn zum Gesandten für China. —
Se. Majestät der Kaiser hat dem Vicepräsidenten
des Oberlandesgerichtes in Prag Dr. Franz Richter
anlässlich der erbetenen Versetzung in den bleiben-
den Ruhestand das Kleinkreuz des St. Stefan-
Ordens mit Nachsicht der Taxe verliehen.
Der Justizminister ernannte den Bezirksrichter
mit dem Titel und Charakter eines Landesgerichts-
raths Josef Koller in Czaslau und den Bezirks-
richter Franz Pösch in Petschau als Bezirksgerichts.
Vorsteher mit Belassung in ihren bisherigen Dienst
orten. Der Justizminister ernannte zu Bezirks-
richtern den Bezirksgerichtsadjuncten Josef Scholz
in Wegstädtl für Espel und den Bezirksgerichts-
adjuncten Ignaz Smutny in Pisek für Netolitz und
versetzte den Bezirksrichter Wenzel Tisek in Eipel
nach Pilgram.
Wien, 9. Jänner. Von der Schottenkirche
aus fand heute um 2 Uhr nachmittags das Leichen-
begängnig des Sectionschefs v. Papay statt. In
der Kirche waren als Vertreter des Kaisers der
Erzherzog Ludwig Victor, ferner die Erzherzoge
Eugen und Rainer, Obersthofmeister Fürst Liechten-
stein, Minister des Aeußern Graf Goluchowoki, die
Minister Gautsch und von Guttenberg, sowie die
höchsten Hof- und Staatswürdenträger erschienen.
Nach erfolgter Einsegnung wurde die Leiche nach
Hetzendorf überführt.
Wien, 9. Jänner. Der in der heutigen
Sitzung des Abgeordnetenhauses vorgelegte Bericht
des Montanausschusses über die Anträge der Abg.
Graf Kounic, Schwarz und Pacak schließt mit den
Worten: Das hohe Haus nimmt zur Kenntnis,
daſs von 252 Bruderladen mit 143947 Mitgliedern
mit 1. November 1896 160 Bruderladen mit
101.707 Mitgliedern, also 63·49 Procent der
Bruderladen mit 7066 Procent der Mitglieder
nach dem Gesetze vom 28. Juli 1889 R.-G.-Bl.
127 und nach den Bestimmungen der Novelle vom
17. September 1892 R-GBl. 178 eingerichtet
waren, und fordert die Regierung dringend auf,
die neue Einrichtung und Sanirung der übrigen
92 Bruderladen mit 42.240 Mitgliedern auf Grund
der bestehenden Gesetze mit aller Entschiedenheit
durchzuführen und von der Errichtung der Landes-
bruderladen abzusehen.
Constantinopel, 9. Jänner. Es verlautet, der
russische Botschafter hätte im Yldiz-Kiosk gegen die
fortdauernden Verhaftungen von Türken unter Hin-
weis auf die Gefahr der hiedurch in der Vevölke-
rung hervorgerufenen Missstimmung freundliche
Vorstellung erhoben. — Der seit 20 Jahren als
Militärarzt in türkischen Diensten stehende italieni-
sche Staatsangehörige Marans wurde auf Grund
einer Verurtheilung wegen einer angeblichen Maje-
stätsbeleidigung nach Trapezunt verschifft um in
das Innere exiliirt zu werden. Der italienische
Stationär „Archimedes“ wird bereit gestellt um
gleichzeitig nach Trapezunt abzugehen.
Constantinopel, 9. Jänner. Nach Berichten
aus Creta zogen die Ermordungen zweier Christen
und zweier Mohamedaner die wechselseitige Blockier-
ung einiger christlicher und mohamedanischer Dörfer
nach sich. In Canea herrschte am 5. d. M. eine
Panik. Diese Zustände und das vom General-
gouverneur an die Militärattachés gerichtete Er-
suchen um Beschleunigung der Aufstellung der ge-
planten 5 Gendarmerie Compagnien beweisen die
Dringlichkeit der Reorganisation der Gendarmerie
auf Creta sowie der Zuhilfenahme fremder Ele-
mente, für deren Einrichtung sich auch die beiden
türkischen Delegirten ausgesprochen haben.
Tondon, 9. Jänner. Einer Meldung der
„Times“ aus Odessa zufolge erklärte ein Mitglied
der aus Abessynien zurückgekehrten Abordnung
des russischen „Rothen Kreuzes“, der Negus sei
benachrichtigt worden, er werde eine offizielle Ein-
ladung zur Pariser Weltausstellung erhalten und
habe versprochen der Einladung Folge zu leisten, von
Paris werde er sich nach Ruſsland begeben.
Gmunden, 9. Jänner. Graf Belcredi unter-
zog sich heute einer Steinzertrümmerungs-Operation,
welche durch den Primarius Dr. Brenner aus
Linz ohne Zwischenfall glücklich ausgeführt wurde.
Bombay, 9. Jänner. Bei einem Zusammen-
ſtoß auf der Baroda Eisenbahn wurden fünf Per-
sonen getödtet und 24 schwer verletzt.
Liverpook, 9. Jänner. Im königl. Theater
brach heute früh ein Feuer aus, welches einen be-
deutenden Schaden anrichtete. 200 Personen sind
brotlos geworden.
Condon, 9. Jänner. Auf Ersuchen des
Staatssekretärs für Indien, Lord Georg Hamilion,
genehmigte heute den Lord-Mayor die Errichtung
eines Hilfsfonds zur Bekämpfung der Hungers-
noth in Indien.
Um mehrfachen Aufragen zu entsprechen.
geben wir bekannt, daſs wir von dem hübsch
ausgestatteten, immer giltigen Datumzeiger, den
wir unseren P T Geschäftskunden und Abon-
nenten diesmal als Neujahrsgabe widmeten, so
weit der Vorrath reicht, auch Exemplare
im Einzelnverkaufe u. zw. zum Preise von
je einer Krone in unserer Leihbibliothei
„3 Lämmer“ wie im Druckerei-Comploir „Velle-
vne“ abgeben.
Franiec'sche Buchdruckerei und
lithogr. Anstalt.
Familien-Nachrichten.
Geborene:
3. December 1896. Dem F. Schuldes, k. k. Post-
amtsdiener, e. M. — 6. L. Palta, Gärtner, e. K. —
9. Josef Viehmann, Schneider, e. M — 10 Heinr. Schloß-
bauer, Oberkellner, e. K. —' 13. Isabella Gerson, e. M.
14. N. Herget, Sprudelsteinschleifer, e. K. — 18. Anton
Stadler, Hausbesitzer, e M. 20. Adolf Wiesinger,
Hotelier' e. M. — 26. Anton Kneißl, Gastwirt, e.K
23. Anna Heifert, Private, e M. — 25. Anton Graf,
Hausbesitzer, e. K. 25. Richard Gruber, Ingenieur, e.“
M. — 25' Andreas Platzer, Sprudelsteinschleifer, e. M.
=26. Josef Hofmann, Kunstmaler, e. M. 29. Hans
Schidlo, Baumeister, e. K. — 30. Hermann Breitenselder.
Badediener, e.K.Franz Hawliczek, Installateur, e. K.
Moritz Teschner, Restaurateur, è K.
1. Jänner 1897. Wilhelm Geiser, Hausbesitzer, e M.
2. Anton Neubauer, Kaufmann, e. M. — 6. Eduarο
Weissenberger, Poſtamtsdiener, e. M. — 7. Rodert Putz.
Sicherheitswachmann. e. 7. Max Wolff, Commis',
e. M. — 7. Eduard Wobisch, Bürgerschullehrer, e. W.
Gestorbene:
4. Jänner. Adolf Bartell, Diurnist, 66 J., kath. verh.
— 5. Karl Müller, Hausbesitzer, 76 J', karh', verw.
5. Anna Zimmermann, Hausbesitzersgattin, 57' J., kath.,
verh. — 6. Franziε?a Weiglein, Musikersgattin, 36 J.,
mos., verh. —6. Neugeborene Tochter des Eduard Weissen-
berger, 1 Tag. — 7. Julius Pollak, Hausbesitzer, 58 J.
kath., verh. — 7. Anna Löbl. Private, 89 J., mos., led,
S. Julius Seifert, Schuhmacherssohn, 4 J., kath.
8. Vincenzia Hanusch, Nähterin, 26 J., kath., led.
8. Theresia Müller, Tagarbeiterin, 64 J', kath., verw.
Gefundene und nerlorene Gegenstände
Verloren:
2 militärische Präsentierungskarten lautend auf Josef
Prager aus Wallern, 1 Herren-Cylinder-Remontotruhr
von Silber, einfachen Mantel, Sekundenzeiger, mit
Wappen auf der Rückseite, gravirt V. G. mit kurzer
Officierskette von Silber, daran ein Compaſs.
Gesunden:
1 Armband, 1 Umhängtuch, 1 Maulkorb, 1 Arm-
band, diverse Schlüssel.
Mitglieder-Anmeldungen und Spenden
für den deutschen Schulverein
werden entgegengenommen bei den Herren: Ernst
Hofmann, Mar enbaderstraße, „4 Jahreszeiten“;
Rudolf Kohn, Bahnhofstraße, „Wieland“; Dr.
Franz Kugler. Egerstraße, „Englische Krone“,
Dr. Julius von Rüling Kreuzgasse, „Branden-
burger Thor“; Karl Sebert, Spiudelgasse,
„Billroth“; Sig. Straschitz, Mühlvadgasse,
Escomptebank.
Karlsbad,
30752
Täglich Unterricht für Herren und Damen.
Pensions-Stallungen für Reit- und Wagenpferde.
estaurant Steinerner Brunnen,
Leitmeritzer und Tüppelsgräner
Lagerbier.
Mittagstisch im Abonnement.
Rendez-vous für Tarock- und Schachtreunde.
E. Genert.
Heute:
Dateiname:
karlsbader-badeblatt-1897-01-10-n7_0315.jp2