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22. März 1896
„Karlsbader Badeblatt und Wochenblatt“ Nr. 68
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schafft im jetzigen Krankenhause zur nothwendigen
Unterbringung der Schwestern vom hl. Kreuze.
Der gleiche Vortheil wird durch die Erbauung des
chirurgischen Pavillons erzielt, denn hiedurch können
die jetzigen für Operationszwecke und Kranken-
zimmer im Erdgeschoß verwendeten Räume dem-
selben Zwecke zugeführt werden.
Das neue Lüchengebäude misst nach dem von uns
eingesehenen Plane 22 Meter in der Länge, 15
Meter in der Breite und kommt ebenerdig mit
einem erhöhten Dachaufsatze zur Ausführung. In dem-
selben sind außer den erforderlichen Magazinen,
die große Kochküche, Räume für die Mägde und
das Kochpersonal, der Spülraum, das Handma-
gazin, die Speisen-Aus- und Abgabe untergebracht.
Das Waschküchengebäude, welches in einer Länge
von 22·4 Meter und einer Breite von 18 Meter
gleichfalls ebenerdig aufgeführt wird, erhält ein
erhöhtes Dachgeschoß zur Trocknung der Wäsche.
Weiters werden im Erdgeschoße desselben, Räume
für die Empfangnahme der schmutzigen Wäsche,
Magazine für reine Wäsche, ein Flickzimmer,
Bügelzimmer, Rollstube, Trockenkammer und Wasch-
küche untergebracht.
Der chirurgische Pavillon, das Hauptgebäude
des jetzt zur Aufführung projectierten Tractes, soll
eine Länge von 69' Metern und eine Breite von
1415 Metern, im normalen Krankensaaltract eine
solche von 10' Metern erhalten. Derselbe ist voll-
ständig unterkellert und enthält im Souterrain die
erforderlichen Räumlichkeiten für die Centralheizung,
Kohlendepot und diverse Magazinsräume. Im
Erdgeschoße, in dem der Straße zugewendeten Theile,
die Räume für das chemische Laboratorium, ac
teriologische Caboratorium, chirurgische Präparate,
Räume zur Sterilisierung der Operationswerkzeuge,
Verbandszeug, Erzeugung von Verbandszeug-
material, sowie ferner das bis ins Souterrain
reichende Stiegenhaus mit Aufzug für Kranke;
weiters in dem nordöstlich gelegenen Krankentract
vier Krankenzimmer, jedes für 1 bis 2 Kranke,
zwei Bäder, zwei Badelogen für Kranke und
Pflegerinnen, eine Theeküche, Wäscheräume, dem
großen Krankensaal mit anschließendem Tagraum
für 19 Kranke.
Der Pavillon erhält über dem Parterre noch
ein weiteres Stockwerk, in welchem sich, wieder
gegen die Straße zu, zwei zum Theil mit Ober-
licht versehene Operationszimmer, Instrumenten-
zimmer, ein Baderaum, das Aerztezimmer, ein
Warte- und Ruheraum, ein eigenes Zimmer zur
Chloroformierung befinden; an der nordöstlichen Seite
sind in diesem Stöckwerke wie im Parterre neben dem
Treppenhause vier Krankenzimmer mit geringerem
Belagraum, mit dem Zimmer für Pflegerinnen,
Baderaum, Theeküche, Wäschedepot, sowie ein
gleicher Krankensaal für 19 Kranke mit Tagraum
angeordnet, so daſs im Ganzen 50 Kranke dort
untergebracht werden können.
Der Infections-Pavillon wird nordöstlich ge-
gen die Drahowitzer Grenze zu, situiert sein. —
Dieser isolierte Pavillon besitzt eine Länge von
211/4 Meter und eine durchschrittliche Breite von
16 Metern. In dem zum Theil freistehenden Sou-
terraingeschoße desselben, ist für eine eigene kleine
Kochküche, Spülküche, Magazine und Kohlenräume,
Speiseraum, dann die nöthigen Unterkünfte für die
Bedienung und der Köchinnen Sorge getragen, in-
dem seitens des Primarius angestrebt wurde, die
Zubereitung der Speisen und Reinigung des Ge-
schirres und der Wäsche in demselben Gebäude
vornehmen zu lassen, um jedweder Gefahr einer
Ansteckung für die übrigen Kranken vorzu-
beugen. Dieserhalb wird der Isolierpavillon, je
nach Belagsziffer sein eigenes Wartepersonal zu-
getheilt erhalten.
Die eigentlichen Krankenräume befinden sich
in diesem Pavillon im Parterre und ersten Stock-
werke und zwar ist Unterkunft für je 8, also 16
Kranke vorhanden. Außerdem sind dort noch die
Theeküche, Raum für die Pflegerinnen, Waschräume
angeordnet.
Das Desinfections- und Leichenhaus, welche
hinter dem Isolierpavillon nächst der Drahowitzer
Gemeindegrenze situiert werden soll, erhält eine
Länge von 21.7 Meter und eine Breite von
11·4 Meter, wird bloß ebenerdig hergestellt, ohne
Unterkellerung und erhält einerseits die Leichen-
kammer und ein Secierzimmer, anderseits die Des-
infectionslokalitäten mit einem getrennten Raum für die
Desinfektion der Wäsche und Kleidungsstücke, welche
zur Desinfection gebracht werden, ferner den Ver-
brennungsofen für inficierte Verbandsmittel ꝛc.
außerdem noch zwei Remisenräume für eigene
Vehikel, welche zum Transporte der Desinsfctions-
gegenstände dienen.
Diese beschriebenen fünf Gebäude bilden somit
den ersten Schritt zur Errichtung diefer neuen,
allen hygienischen Anforderungen entsprechenden
Krankenanstalt, deren Completierung nach und nach
durch Aufführung des medicinischen Pavillons, der
gleichfalls einstöckig geplant ist, erfolgen würde,
welch' Pavillon in dem Falle, als auch das im
Generalprojecte aufgenommene Administrations-
gebäude zur Errichtung kommen würde und somit
das derzeit an dieser Stelle befindliche alte Kran-
kenhaus, dieser neuen Anstalt weichen müsste, die
Errichtung eines zweiten medicinischen Pavillons
als sogenannten Ergänzungs-Pavillons zur Folge
haben würde, mit welchem dann auch die Errichtung
von Dampf- und Heißluftsälen im Sonterrain
verbunden wäre; ebenso ist dann auch die Errich-
tung eines kleinen Pavillons zur Unterbringung
von Geisteskranken zum Zwecke der Beobachtung
derselben vor Abgabe in eine Irrenanstalt geplant.
Das generelle Project der gesammten Kran-
kenhausanlage, welches als bindende Directive für
die scizzierte Aufführung der genannten Baulich-
keiten zu dienen hätte, gibt die Möglichkeit eine
Zahl von 200 Kranken unterzubringen und zeigt
in seinen Plänen die zweckmäßigste Situierung
der einzelnen Pavillons auf der gegen Nord und
Nordwest abfallende Lehne und werden die Ge-
bäude in terrassenförmiger Anlage zur Errichtung
gelangen; untereinander werden die Kochküchen
mit dem Administrationsgebäude durch gedeckte,
temperierte Verbindungsgänge in Communication
gebracht, welche Einführung sich nach den Erfah-
rungen beim Pavillon-System als unbedingte
Nothwendigkeit herausstellte. Die Pläne zeigen die
genaue Fixierung des schon bei den anfänglichen
Bauten einzuhaltenden Niveaus für die Gebäude
und werden die Zwischenräume unter den einzelnen
derselben mit Gartenanlagen versehen, deren Neigung
derart reguliert ist, daſs sie Reconvalescenten als
Erhohlungsorte dienen können.
Was die Kosten der Gesammtbaulichkeiten an-
belangt, so sind dieselben seitens des Architekten
Hofrathes Ritter von Gruber mit 570000 fl. be-
zeffert; die für den chirurgischen Pavillon erforder-
liche Summe beträgt nah zu 100000 fl., während
die Niveau-Regulierung, Gartenanlagen und die
für den ersten Theil in Angriff zu nehmenden fünf
Baulichkeiten 150.000 fl. erfordern würden. Die
Stadtvertretung dürfte daher demnächst in die Lage
kommen, einen Credit von 150,000 fl. zu bewilligen,
wie überhaupt das Gesammtproject im Principe zu
genehmigen.
Daſs diese Genehmigung seitens unseres Stadt-
verordneten-Collegiums bestimmt erfolgen wird,
daran braucht man nicht zu zweifeln, denn es gilt
ein fortschrittliches Werk zu krönen, zu welchem
die Sparcasse bereits das Fundament gelegt. Nach
der principiellen Genehmigung der Stadtvertretung
tritt an den Stadtrath die Aufgabe heran bei den
competenten Behö den die Genehmigung einzuholen,
dann kann nach Ausfertigung der Detailpläne, an
einen Bau geschritten werden, der auch in kur-
örtlicher Beziehung von weittragender Bedeutung ist.
Wenn dann im Jahre 1898, als dem Jubi-
läumsjahre unseres gütigen allerhöchsten Herrschers
aus allen Gauen unserer Monarchie die Kunde in
Die Worte retteten ihn und bewahrten mich
vor einem Verbrechen. Wusste ich soviel, dann
wollte ich Alles wissen. Morgen Nacht also in der
todten Schlucht!
Das war das Rendezvous, zu dem sie nach
seiner Meinung sicher erscheinen würde.
Er wandte sich hinweg, und ich ließ ihn
gehen. Es war das letzte Mal, daſs er mir
entkam.
Morgen Nacht verlor er entweder seine Frei-
heit oder sein Leben, denn ohne Zweifel würde ich
bei jener Begegnung Alles erfahren, was ich zu
wissen brauch e, um in meiner amtlichen Eigenschaft
Hand an ihn zu legen; ob auch an sie? Ich kehrte
in das Haus zurück.
Hier fand ich Alles in Angst und Aufregung.
Mistreſs Milion war, als sie im Salon saß,
ohne sichtbare Veranlassung ohnmächtig umgesunken.
Den vereinten Bemühungen Eugenie Milton's und
der Dienerinnen war es endlich gelungen, sie in's
Bewusstsein zurückzurufen, aber ihr Geist schien um-
nachtet.
Sie sagte, sie habe ein Gespenst gesehen, einen
Todten. Auf die Frage, wen, schüttelt sie nur
den Kopf, als wenn sie es nicht sagen wolle oder
selbst nicht wisse.
So berichtete mir Eugenie.
„Und Sie haben selbst keine Ahnung, wen sie
gesehen haben kann?“ fragte ich zweideutig.
„Nicht die mindeste,“ entgegnete sie mit über,
zeugender Wahrheit.
Ich wandte mich ab, denn Ekel gährte in meiner
Seele.
Sie gab vor, die Mutter schützen zu wollen,
Schreck und Aufregung von ihr fern halten zu
wollen, und sie konnte es zugeben, daſs jener un-
heimliche Mensch hier herumstrich, der auch ohne
Maske etwas Gespenstisches hatte.
Sie wusste um seine Anwesenheit, muſste
darum wissen, und doch leugnete sie mit der Miene
eines unbefangenen Kindes.
Welche Schlechtigkeit durfte ich hiernach nicht
in ihr suchen.
Vielleicht stand die Mutter allein noch trennend
zwischen ihr und diesem Menschen, und so wollte
man durch Schreck auf sie wirken, um den drohen-
den Wahnsinn zum Ausbruch zu bringen. Dann
fort in's Irrenhaus!
Dann waren ja Beide frei, hinauszufliegen in
die Welt und in einem stillen Erdwinkel oder in
einer Millionenstadt dem erträumten und durch Ver-
brechen erkauften Glück zu leben. Wie ich mich
nun voll Etel von der Tochter abwandte, erwachte
in meinem Herzen tiefste Theilnahme für die Mutter,
die einem furchtbaren und unverdienten Schicksal
entgegenging.
Ich ging hinein zu ihr und suchte selbst be-
ruhigend auf ihren Geist einzuwirken, leider ganz
ohne Erfolg.
„Denken Sie noch an meine Frage von vor
wenigen Tagen?“ fragte sie gleich nach meinem
Eintritt. Ich verneigte bejahend das Haupt. Wie
hätte ich jene seltsame, zum zweiten Mal an mich
gestellte Frage vergessen können. „Sie hatten
Unrecht mit Ihrer Antwort,“ fuhr sie fort. „Es
giebt Gespeuster, es giebt eine Wiederkehr nach dem
Tod; ja, ja, es lebt ein Gott zu rächen und zu
richten.“
Diese Aneinanderkettung von nicht zusammen-
gehörigen Dingen war mir ein voller Beweis für
ihren geistigen Verfall.
„Und doch muss ich bei meiner Antwort von
damals stehen bleiben, Madame,“ erwiderte ich.
„Sie dachten —“
„An gar nichts!“ fiel sie mir erregt in's Wort.
„Gelangweilt blickte ich von meinem Buch auf,
und weil ich zufällig dem offenen Fenster gegen-
übersaß, ging mein Blick dorthin. Und da sah ich
ihn mit derselben Deutlichkeit, wie ich Sie jetzt vor
mir sehe, die Todtenfarbe im Gesicht und die Lippen
zu einem Fluch geöffnet —“
Sie schauderte in sich zusammen und bedeckte
das Gesicht mit den Händen.
„Wen, wen sahen Sie?“ drängte ich, nun
selbst sehr erregt, denn was sie von dem Mann
am Fenster sagte, hatte ich selbst an ihm beobachtet.
Sie meinte ihn und Niemanden sonst hatte sie ge-
sehen. „Er war's, er war's!“ stöhnte sie hinter
den vorgehaltenen Händen, und das war ihre ganze
Antwort.
Ich muss gestehen, mir wurde hierbei selbst
unheimlich zu Muth.
Hätte der Mann aus der todten Schlucht
seine Maske getragen, dann würde ich an eine be-
absichtigte Täuschung geglaubt haben, aber er gab
sich, wie er war, und doch glaubte sie, den Geist
eines Abgeschiedenen gesehen zu haben, der ihr im
Leben einmal nahe gestanden.
Die Geschichte wurde immer geheimnisvoller.
Ich hatte mich schon am Ziel gewähnt, Ver-
So können nur Teufel lügen.
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