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Nr. 50.
Dienstag den 28. Juni 1887.
X. Jahrgung.
Karlsbader Sadeblakt.
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Zür Karlsbad
Saison-Tagblatt.
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Der Hoſt, Inland6 ß. — W.
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Herausgeber: Ernest Franieck.
Redaktion und Administration
im Hause „Dellevue“. Stesanspromenade.
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Raum 6 kr. Pränumerationen und Inſerate
werden in der Adminiktration dieses Slattes
und in der Sethbibliothek „,3 Lämmer“,
Markt, entgegengenommen.
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Mosse in Berlin, Breslau, Hamburg, Nürnberg, Wien, Prag, Frankfurt a. M., Leipzig, Stuttgart, Halle a.'S.
und Lausanne, Rudolf
München, Straßburg und Zürich. — A. Oppelit, Wien und G. L. Dande & Comp, Frankfurt aM.
Badebulletin.
Nach der heute zur Ausgabe gelangenden Kurliste Rr. 173
sind bis 27. Juni 10757 Parteien mit 13935 Personen zur
Kur hier eingetroffen.
Unter den Angekommenen des gestrigen Tages nennen wir:
Herr Achilles Müller, Kaufmann mit Gemalin a. London
Herr J. Wilchinsli, Kaufmann aus Mississipi.
(Anger's Hotel)
Herr Stefan von Kegl, Grundbesitzer aus Ungarn. (Eiche)
Raphael Cadorna, Offizier aus Turin,
Herr Joseph Hymann, Kaufmann aus Honolulu. (Venus)
Herr Johann Berger, Realitätenbesitzer aus Wien.
Frau Sol. Stein mit drei Töchtern aus Newyork.
(König von Dänemark)
(Villa Shakespeare)
Frau Charles H. Wilmerding, Rentiere aus Haltford,
Mrs. E. H Beddington und
Mrs. Henry Levy aus London.
Mr. John Joseph Jones mit Gemalin und Tochter aus
(Westminster.)
England
Herr Walter Myers aus Birmingham
(Hotel National.)
(Germania.)
Herr Henry Zando. Kaufmann a. New-York (Hotel de Russie.)
Herr Alberko Graf Bonasie, k. k. Oberlieutenant mit
Gemalin aus Florenz
(Drei Lerchen.)
Herr van der Schrieck, Generalmajor aus Breda
Herr Louis Teuscher, Kaufmann aus St. Louis. (Fischer.)
(Weißes Reh.)
Vergnügungs-Anzeiger.
Etablissement Pupp.
Konzert der Kurkapelle.
Unter Leitung des Musikdirektors August Labitzky.
Norwegischer Scharfschützen-Marsch von N. Lasson.
Ouverture z. Op. „Schön Annie“ von H. Cooper.
Lebende Binmen, Walzer von E. Strauß.
Erstes Finale d. Op. Lohengrin“ von R. Wagner.
Nachtigall und Drossel, Konzert-Polka von Kling.
L'incertitude, Lied ohne Worte von A. Labitzky.
Tarantelle „Die Fischerinnen von Procida“ von J. Raff.
ecenes napölitaines, fünfte Snite von J. Massenet.
Anfang 4 Uhr.
Entrée frei.
Herr
Stadtpark.
Abend-Konzert
der Karlsbader Konzert-Kapelle unter Leitung des
Kapellmeisters Ludwig Pleier.
1. Rudolf Stefanie-Marsch von Kral.
2. Ouverture zur Op. Die lustigen Weiber von Windsor“
von Nicolat.
3. Du und Du, Walzer a. d. Optte. „Die Fledermaus“
von Johann Strauß.
Fantasie aus der Oper „Der Tribut von Zamora“ von
Gonnod.
5. Carmencita, Polka von Bizet.
6. „Die türkische Schaarwache“ von Michgelis.
7. Aus der Heimath, gr. Potpourri von Tomaschek.
8. Schwamm drüber, Galop von Millöcker.
Entrée frei.
Anfang 1/28 Uhr.
Freundschaftssaal.
Zigenner-Konzert
der ungarischen National-Kapelle Dudas Pali
in ihrem National-Kostüm.
1. Zigeuner-Baron, Marsch von J. Strauß.
2. Carmen, Quadrille von Ed. Strauß.
3. Ungarische National-Melodie.
4. Semiramis, Ouverture von Rossini.
5. Die stumme Königin, Walzer von Waldteufel.
6. Ungarische National Melodie, Violiu Solo.
7. Briestaube, Polka francaise von Ziehrer.
8. Stefanie-Gavotte von Czibulka.
9. Ungarische Melodie.
10. Die schöne Polin. Polka Mazur von Millöcker.
11. Ohne Bremse, Polka schnell von J. Strauß.
12. Ratocsi-Marsch.
Entrée 50 kr.
Anfang 4 Uhr.
Morgen Mittwoch: Früh Konzert der Pleier'schen Konzert-
Kapelle von 83/2—10 Übr.
Stadttheater.
Zum ersten Male:
Der Hufuaru.
Romantisch-komische Operette in 3 Akten von Hugo Witt-
mann und Julius Bauer. Musik von Adolf Muller jun.
Anfang halb 7 Uhr.
Etablissement Sanssouci.
Heute:
Auftreten der Wiener Duettisten
Edy und Biedermann aus Danzer's Orpheum,
sammt Gesellschaft.
Entrée 50 kr.
Anfang 4 Uhr.
Café Posthof.
Ausstellung der sensationellen Kolossal-Gemälde
Die Lebensmüden
von Professor C. Neide.
Die Lebensfrohe
(Fellole) von Professor Graef.
Täglich von 8 bis 12 Uhr Vorm. und von 2 bis 7 Uhr Nachm.
Entree 60 kr.
Telegramme
des Correspondenz-Burean.
Wien, 27. Juni. König Milan von Serbien
besuchte Nachmittags einige Mitglieder des diplo-
matischen Korps. — Der Kaiser und der König
von Serbien nahmen an dem vom Kronprinzen-
Paare in Laxenburg veranstalteten Diner theil, wobei
sich dieselben gleichzeitig von dem heute nach
Galizien sich begebenden Kronprinzen-Paare ver-
abschiedeten.
Paris, 27. Juni. In der heutigen Sitzung
der Kammer beantragte Lavordère (Intransigent),
den Senat mittelst allgemeinen Stimmrechtes zu
wählen und verlangte die Dringlichkeit der Berathung.
Raynal (Opportunist) weist nach, daß dieß Auf-
hebung des Senates wäre, dessen Aufrechthaltung
wünschenswerth sei. Rouvier spricht in gleichem
Sinne und weist die Dringlichkeit zurück, welche
mit 317 gegen 205 Simmen verworfen wird.
Chicago, 27. Juni. Im Waarenlager der
Chicago Packing and Provision-Company brach
in der letzten Nacht ein verheerendes Feuer aus.
Die Gebäude, welche eine Erdfläche von fünf
Aeres bedecken, wurden vollständig zerstört und mehrere
Giesshübl-Puchstein.
Schießstand des k. k. priv. Schützen-Corps
an der neuen Bahnhofstraße,
ist täglich zur gefälligen Benützung geöffnet.
der Karlsbader Konzert-Kapelle unter Leitung des
Kapellmeisters Ludwig Pleier.
Feuilleton.
Karlsbader Plaudereien aus dem
Stegreif.
Der erste Sommertag hat das Zeitliche ge-
segnet und es war ein rechter Sommertag, ganz
der bisherigen Physiognomie unseres Sommers an-
gemessen. Er sah aus wie eine Satyre auf schönes
sonniges Sommerwetter. Blasius pfiff auf allen
Löchern. Der Himmel war voller Wolken und zu-
weilen fielen Ergüsse auf die keineswegs durstige
Erde. Die Sommertoiletten der Damen konnten
sich nicht recht zeigen, Umhüllen verhüllten sie be-
wundernden Blicken, denn die Sonne ließ es uns
recht merklich fühlen, daß 21 Millionen Meilen
zwischen ihr und unserem Planeten liegen. Sie lachte
nicht einmal über die riesig hohen Hüte, welche
jetzt auf verschiedene Art geformt, die Frisuren oder
Chignons unserer Damen behaupten und von denen
ein hiesiger Gärtner neulich erklärte, daß nur
höchstens Alpenblumen darauf vegetiren könnten.
Sie hatte das Spotten verlernt und war ganz bel-
gisch
geworden diese Sonne, sie — streikte. Seit
Sonntag thut sie wieder ihre Pflicht, lächelt sie
wieder. Hoffentlich wird sie diese gegenwärtige Laune
beibehalten, und nicht wieder ihr glänzendes Ange-
sicht mit dem eselfarbenen Schleier verhüllen oder
durch kalte Douchen uns aus einem kurzen Sommer-
nachtstraum in die nasse Wirklichkeit zurück versetzen.
Sie würde wenigstens die Genugthuung haben,
sämmtliche auswärtig Cafés sowie die dem Gambrinus
geweihten Tempel bevölkert zu sehen, und sie würde
nicht mehr auf sich schimpfen hören, denn alles
was da in unserem Sprudelbezirke, ob fremd oder
einheimisch, herumkrabbelt, würde ihr Weihrauch
streuen. Alles würde sie loben, sogar unsere Wirthe
möchten sie verherrlichen und würden mit ihr zu-
frieden sein, trotz Bierluftdruckapparat-Verbot und
trotz — Sperrstunde!
Ja diese Sperrstunde! deren Einführung zum
Wohle der hiertrinkenden Stammgäste jetzt wieder
mit einer drakonischen Strenge gehandhabt wird,
die liegt unseren Wirthen in der — Tasche. Diese
Zwölf ist jetzt der erklärte Feind des § 11. Das
dritte Viertel dieser Geisterstunde hat noch nicht
ausgehoben und schon rücken die Biertischpolitiker
unruhig auf ihren Bänken, die Themas werden
rasch gekürzt die Karten werden weggelegt, das
Schlucktempo wird vergrößert, die altdeutsche Regel
„sie tranken noch eins“ wird schnell verwirklicht
und kaum zwölfe hat es geschlagen, so tritt eine
Ruhe ein an diesem der Fröhlichkeit wie dem Zanke
und Streite geweihten Orte, eine hypercurgemäße
Ruhe, wie sie eben nur unserer Kurstadt — würdig
sein kann. Allein unseren Stammtischlern scheint
diese Sperrerei doch nicht so recht angenehm zu
sein, besonders Einem will diese ältere Neuerung nicht
in den Kram passen, denn er vermaß sich sogar
Kotzebue zu parodiren und schrieb mit dicker Kreide
an die Thüre seines Kneiplokales:
„Wir saßen so fröhlich beisammen
Und hatten einander so lieb — so lieb
Doch da wir kein Bier bekamen,
Das Heimgeh'n uns übrig nur blieb.
Doch so drakonisch uns diese Maßregel er-
scheinen mag — man weiß sich zu helfen! auch
hier wurde ein Hinterthürchen offen gelassen, auch
hier gibt es einen Ausweg, eine Ausnahme von
der Regel: „Der Wirth nimmt über die Zeit!“ —
Es kostet einen Gulden zweiundfünfzig Kreuzer!
— Dafür kann anstandslos weiter gekneipt werden!
— Ja, ja, für Geld ist Alles zu haben!
Augustus junior.
Dateiname:
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