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Nr. 22
Donnerstag den 25. Mai 1882.
V. Jahrgang.
Karlsbader
Bad
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Herausgeber: Ernest Franieck.
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Palitische Nachrichten.
Im französischen Auswärtigen Amte finden in
diesen Tagen Berathungen über die Neugestaltung
Tunesiens statt. Cambon wird erwartet, Roustan ist
aus Marseille bereits eingetroffen und wird am
3. Juni nach Havre reisen, wo er sich zur Ueber-
nahme seines neuen Postens in Washington nach
den Vereinigten Staaten einschiffen wird. — Die
Generalernennungen sind auf den 14. Juli vertagt
worden, wo 6 neue Divisions- und 14 Brigade-
generälé ernannt werden sollen. — Es heißt, der Bey
von Tunis werde sich zu den Festen des 14. Juli
in Paris einstellen. — Die Jury über die Gemälde
im Salon hat einstimmig beschlossen, daß keine ersten
Medaillen, dagegen acht zweite und neun dritte ver-
liehen werden sollen.
Irische Zeitungen aller Färbungen sehen in
Davitt's gestriger Rede in Manchester eine Ableugnung
des Vertrags von Kilmainham, eine neue Kriegs-
erklärung des Stifters der Landliga und die Erneuerung
des ursprünglichen Programms der Landliga, nämlich
die völlige Abschaffung des Gutsherrenthums durch-
zuführen. Davitt trennt sich dadurch bestimmt von
der irischen Parlamentspartei, besonders von Parnell,
und wird wahrscheinlich Dillon, Healy, Sexton
herüberziehen, so daß Parnell vereinzelt bleibt, wenn
er nicht vorzieht, das Bündniß mit der Regierung
aufzugeben. Es geht schon das Gerücht von Pärnell's
Austritt aus dem parlamentarischen Leben.“
Lukal- und Bädernachrichten.
(Konzert und Kolonnadenbelenchtung.) Das
Promenade Abend-Konzert der Kurkapelle in der Sprudel-
kolonnade und die Beleuchtung der letzteren finden definitiv
heute Abend statt.
(Tiroler Konzert.) Im Etablissement „Sanssonci“
findet Samstag den 27. ds. Mts., Nachmittags, das erste
Konzert der alljährlich hier sich produzirenden bestrenom-
mirten Tiroler Sänger Gesellschaft Hinterwaldner statt.
(agelwetter.) Das vorgestern Abends 8 Uhr
niedergegangene Hagelwetter hat in der Stadt immerhin
einigen Schaden angerichtet. So wurden mehrfach Glas-
tafeln, welche an sogenannten Lichthöfen angebracht sind,
von den mit Pehemenz darauf fallenden Schlossen zer-
schmettert. — In der Sprudelgasse drang die von dem
Berge herabstürzende, gestaute Wasserfluth in den rückwär-
tigen Theil des Hauses „Zum Kronprinzen“ in die Ge-
mächer des ersten Stockes ein und strömte von dort herunter
bis in den Hausflur. Die Besitzer der Gärten haben
gleichfalls allerlei Schaden an Gemüse und Blumen er-
litten. Ein eigenthümliches Zusammentreffen war es, daß im
Theater bei Aufführung der Operette „Apajnne, der Wasser-
mann“, die Orchestermitglieder wirklich bald in Wassers-
gefahr geriethen, da das einströmende Wasser sich im Or-
chester zu einer ganz ansehnlichen Höhe angesammelt hatte.
Von Auswärts berichtet man uns, daß in Schneidmühl
und Satteles die Schlossen die Feldfrüchte arg beschädigt
haben sollen.
(Teplitz-Schönau, am 23. Mai. Zur Verdämmung
der Einbruchstelle. — Kurfrequenz. Mehr als drei
Jahre sind verflossen, seit die unglückselige Doppel-
Katastrofe Döllinger Wassereinbruch und Teplitz-Quellen-
rückgang die Gemüther der hiesigen Bevölkerung und auch
die der Bewohner der Umgegend in nicht geringe Aufregung,
tausende Kranke in Schrecken versetzte. Teplitz-Schönan war
wohl vom Glücke begünstigt, denn nach bangen 18 Tagen
wurde die gesunkene Urquelle wieder aufgefunden, zu ihrer
Sichtung wurden die umfassendsten Vorkehrungen getroffen,
weder Geld noch Mühe gescheut und es gelang im Verlaufe
des letzten Winters die Urquelle in einer Tiefe zu fassen,
welche sie nicht nur vollständig unabhängig gemacht, sondern
auch den Kurort in die angenehme Lage versetzte, so viel
Thermalwasser Vorrath stets zu besitzen, um nöthigenfalls
eine doppelte Anzahl Bäder, als derzeit bestehen, speisen zu
können. Doch noch immer war die Sorge nicht ganz ent-
schwunden, insolange die Einbruchstelle im Döllinger, diese
gähnende Kluft, welche so unendlich viel Verdruß und Ge-
fahr heraufbeschworen hat, nicht geschlossen, der frühere
Stand wieder hergestellt war, unsere altberühmte Quelle
ihren mehr tausendjährigen unterirdischen Lauf ungestört
und ununterbrochen fortzusetzen vermochte. Nun aber kann
Teplitz-Schönan aufjukeln, denn diese schwierige Arbeit ist
vollendet; Teplitz-Schönau mag doppelt aufjauchzen, war
es doch einer aus der Mitte seiner Bewohnerschaft, welcher
dieses Meisterstück zur Ausführung brachte. Samstag den.
20. d. M. begab sich die Kommission, bestehend aus den
Herren: k. k. Oberbergkommisstr Mlady, Professor Ullrich,
und Oberbergingenieur Berta zum Döllinger Grubenfelde.
In Gegenwart des Herrn k. k. Regierungsrathes v. Mer-
beller, des Duxer Bürgermeisters Herrn Franzl, der Bau-
komitémitglieder Herren: k.k. Baurath Piscaczek und k. k.
Bergverwalter Mixa, sowie des Bauunternehmers Civilin-
genieur Adolf Siegmund wurde nach einer vorherge-
gangenen Inspektion sämmtlicher Maschinen und Pumpan-
lagen angefahren, alle bisher durchgeführten Objekte einer
eingehenden Prüfung unterzogen. Nachdem diese das denk-
bar günstigste Resultat lieferte, die Kommission ihre Befrie-
digung betreffs der Ausführung dieser Arbeiten ausgespro-
chen hatte, begab man sich zur Einbruchstrecke. Es war
m 10 Uhr, sechs Minuten Vormittags, als zur Schließung
der von Herrn A. Siegmund seinerzeit projektirten und von
ihm ouch ausgeführten Schleuse geschritten wurde. Der
Bauunternehmer ersuchte zuerst den Herrn k. k. Oberberg-
kommissar Mlady, mit ihm die Schließung der Schleuse
Fenilleton.
Die Amerikanerin.
In den Vereinigten Staaten Nordamerikas
bilden Mann und Weib in ihrer äußeren Erscheinung
gar seltsame Gegensätze. Der Mann in seiner regen
Geschäftigkeit legt wenig Werth auf Nebendinge;
er hat keine Zeit, sich feine Umgangsformen anzu-
eignen; er ist unmanierlich und rücksichtslos. Die
Frau dagegen schätzt den kleinen Zierrath des
Lebens ungemein hoch; sie liebt Putz und elegantes,
Auftreten. Die Amerikanerin ist viel vor ihrem
Spiegel beschäftigt, noch weit mehr und eifriger im
Durchschnitt, als die Schönen Deutschlands, und
das will viel sagen; sie studirt sich das kindliche
Aussehen, das Schönthun, die Blicke ein, welche
sogleich die Leute entzücken sollen. Ist ihr Profil
von der rechten Seite verführerischer als von der
linken, so sei versichert, daß sie ihren vornehmsten
Besuch sich zur Rechten setzen wird. Ihre Toiletten
sind etwas auffallend, sie liebt besonders Zierrath,
wie breite Stahlschnallen, phantastische Nadeln,
schweren Schmuck; ihre tolle Lockenfrisur bedeckt sie
mit einem Hute voller Firlefanz und aus all diesem
übertriebenen Detail, diesen Contrasten, macht sie
ein elegantes Ganze. Sieh' sie nur mit ihrem ent-
schiedenen und feinen Gesichte vorübergehen: ihr
Schritt ist anmuthig, die Formen sind weich und
tadellos. Abends freilich werden diese harmonischen
Konturen, diese reizvollen Rundungen mit der Robe
fallen. Mit dem Verluste seiner Jllusionen gewinnt
man insofern, als man erfährt, wie weit die modernen
Schneiderinnen es in der Kunst der Plastik gebracht
haben und was für auatomische Kenntnisse das
Fabriziren einer Amerikanerin erfordert. Wenn
auch in keinem Lande der Rock den Mann, in
Amerika macht das Kleid die Frau.
Der schroffe Kontrast zwischen Mann und Frau
ist besonders hervorstechend in den unteren Klassen.
Auf den Farmen ec. scheinen manche Paare kläglich
zu einander zu passen: der Mann mit dem Arbeits-
wamms, der derben, arbeitgewohnten Hand, dem schlecht
gekämmten Barte, spielt eine eigene Figur neben
seiner elegant herausgeputzten Frau. Der Bauers-
mann hat eine Kokette zur Gefährtin; sie ist nicht
wie er bei der Arbeit frühzeitig in die Lehre gegangen,
sie hat Zeit gehabt, sich zu verfeinern; ihr Mann
würde übrigens davor erröthen, sie Feldarbeit thun
zu lassen und die Taglöhnerin ist in den vereinigten
Staaten auf dem Lande fast unbekannt.
In innigem Zusammenhang mit dieser Bevor-
zugung in der Erziehung steht' die Achtung des
Amerikaners vor den Frauen, eine Achtung, auf die
er sich so stolz zeigt. Dieser Cyniker unterliegt hier
unbewußter Weise dem Einfluß der Formen. Eine
Amerikanerin kann von Newyork nach San-Francisko-
reisen, kann allein durch die Straßen einer Stadt
oder auf den Pfaden der Prairie kutschiren, ohne
irgendwie Beleidigungen ausgesetzt zu sein. Diese
Achtung ist auch der Ausgangspunkt der Theorien,
welche so nachdrücklich auf die Emancipation der
Frau hinarbeiten. Uebrigens besitzt die Amerikanerin
in der That eine große Thatkraft und Stärke; wenn
der Mann bleich und erschöpft von den Aufregungen
des Geschäfts nach Hause kommt, ruht er an
der Schulter seiner Frau aus und geht er
mit ihr aus, so ist er es oft, der sich auf ihren
Arm stützt. Seine Frau ist nicht ein schwaches
Wesen, das er beständig schützen muß, sie ist sein
tapferer Kamerad.
Das junge Mädchen genießt in den Vereinigten
Staaten völlige Unabhängigkeit; es geht allein aus,
es läßt sich von jungen Leuten ins Restaurant oder
ins Theater begleiten, es ladet sie zu sich ein und
empfängt sie selber im Salon. Die Eltern zählen
gar nicht; man kann Hausfreund werden, ohne sie
zu kennen; fragt man gelegentlich bei einer Abend-
gesellschaft' das junge Mädchen nach dem Namen
des und des Herrn, so antwortet es nachlässig:
„Es ist mein Vater.“ In New-Orleaus wurde eines
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