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Nr. 22 Donnerstag den 25. Mai 1882. V. Jahrgang. Karlsbader Bad Saison-Abonnement: .......4 fl. — kr. Tür Harlsbad Saison-Tagblatt. Herr, Intand6 fl. — kr. Deutches' nei12 Ueichsmk. (Erscheint mit Ausnahme der Montage täglich.) Monatl. Abonnement: Tür Karlsbad .. ..— fl. 90 kr. Einzelne Nummer 5 kr. Herausgeber: Ernest Franieck. cblatl. Redaktion und Administration im Hause „Bellevur“, Stefanspromenade. Inserate werden nur gegen Vorausfahlung angenommen. und koltet die Pspaltige Petitheile oder deren Raum 6 kr. Pränumcrationen und Inferate werden in der Adminiſtration dieses Blattes und in der Leihbibl othek „3 Lämmer“, Karkt, cutg gengenömmen. Inserate übernehmen: Haasenstein & Vogler, Aunoncenbureau in Wien, Prag, Hamburg, Lübeck, Berlin, Leipzig, Dresden, Breslau, Köln, Frankfurt a. M., Stuttgart, Vasel, St. Gallen, Zürich, Genf und Lausanne. Rudolf Mosse in Berlin, Bresιan, Hamburg, Nürnberg, Wien, Prag, Frankfurt a. �., Leipzig, Stuttgart, Halle a. S., München, Straßburg und Zürich. A. Öppelik, Wien und . L. Sdúbe &'Comp, Frankfurt a. M. Palitische Nachrichten. Im französischen Auswärtigen Amte finden in diesen Tagen Berathungen über die Neugestaltung Tunesiens statt. Cambon wird erwartet, Roustan ist aus Marseille bereits eingetroffen und wird am 3. Juni nach Havre reisen, wo er sich zur Ueber- nahme seines neuen Postens in Washington nach den Vereinigten Staaten einschiffen wird. — Die Generalernennungen sind auf den 14. Juli vertagt worden, wo 6 neue Divisions- und 14 Brigade- generälé ernannt werden sollen. — Es heißt, der Bey von Tunis werde sich zu den Festen des 14. Juli in Paris einstellen. — Die Jury über die Gemälde im Salon hat einstimmig beschlossen, daß keine ersten Medaillen, dagegen acht zweite und neun dritte ver- liehen werden sollen. Irische Zeitungen aller Färbungen sehen in Davitt's gestriger Rede in Manchester eine Ableugnung des Vertrags von Kilmainham, eine neue Kriegs- erklärung des Stifters der Landliga und die Erneuerung des ursprünglichen Programms der Landliga, nämlich die völlige Abschaffung des Gutsherrenthums durch- zuführen. Davitt trennt sich dadurch bestimmt von der irischen Parlamentspartei, besonders von Parnell, und wird wahrscheinlich Dillon, Healy, Sexton herüberziehen, so daß Parnell vereinzelt bleibt, wenn er nicht vorzieht, das Bündniß mit der Regierung aufzugeben. Es geht schon das Gerücht von Pärnell's Austritt aus dem parlamentarischen Leben.“ Lukal- und Bädernachrichten. (Konzert und Kolonnadenbelenchtung.) Das Promenade Abend-Konzert der Kurkapelle in der Sprudel- kolonnade und die Beleuchtung der letzteren finden definitiv heute Abend statt. (Tiroler Konzert.) Im Etablissement „Sanssonci“ findet Samstag den 27. ds. Mts., Nachmittags, das erste Konzert der alljährlich hier sich produzirenden bestrenom- mirten Tiroler Sänger Gesellschaft Hinterwaldner statt. (agelwetter.) Das vorgestern Abends 8 Uhr niedergegangene Hagelwetter hat in der Stadt immerhin einigen Schaden angerichtet. So wurden mehrfach Glas- tafeln, welche an sogenannten Lichthöfen angebracht sind, von den mit Pehemenz darauf fallenden Schlossen zer- schmettert. — In der Sprudelgasse drang die von dem Berge herabstürzende, gestaute Wasserfluth in den rückwär- tigen Theil des Hauses „Zum Kronprinzen“ in die Ge- mächer des ersten Stockes ein und strömte von dort herunter bis in den Hausflur. Die Besitzer der Gärten haben gleichfalls allerlei Schaden an Gemüse und Blumen er- litten. Ein eigenthümliches Zusammentreffen war es, daß im Theater bei Aufführung der Operette „Apajnne, der Wasser- mann“, die Orchestermitglieder wirklich bald in Wassers- gefahr geriethen, da das einströmende Wasser sich im Or- chester zu einer ganz ansehnlichen Höhe angesammelt hatte. Von Auswärts berichtet man uns, daß in Schneidmühl und Satteles die Schlossen die Feldfrüchte arg beschädigt haben sollen. (Teplitz-Schönau, am 23. Mai. Zur Verdämmung der Einbruchstelle. — Kurfrequenz. Mehr als drei Jahre sind verflossen, seit die unglückselige Doppel- Katastrofe Döllinger Wassereinbruch und Teplitz-Quellen- rückgang die Gemüther der hiesigen Bevölkerung und auch die der Bewohner der Umgegend in nicht geringe Aufregung, tausende Kranke in Schrecken versetzte. Teplitz-Schönan war wohl vom Glücke begünstigt, denn nach bangen 18 Tagen wurde die gesunkene Urquelle wieder aufgefunden, zu ihrer Sichtung wurden die umfassendsten Vorkehrungen getroffen, weder Geld noch Mühe gescheut und es gelang im Verlaufe des letzten Winters die Urquelle in einer Tiefe zu fassen, welche sie nicht nur vollständig unabhängig gemacht, sondern auch den Kurort in die angenehme Lage versetzte, so viel Thermalwasser Vorrath stets zu besitzen, um nöthigenfalls eine doppelte Anzahl Bäder, als derzeit bestehen, speisen zu können. Doch noch immer war die Sorge nicht ganz ent- schwunden, insolange die Einbruchstelle im Döllinger, diese gähnende Kluft, welche so unendlich viel Verdruß und Ge- fahr heraufbeschworen hat, nicht geschlossen, der frühere Stand wieder hergestellt war, unsere altberühmte Quelle ihren mehr tausendjährigen unterirdischen Lauf ungestört und ununterbrochen fortzusetzen vermochte. Nun aber kann Teplitz-Schönan aufjukeln, denn diese schwierige Arbeit ist vollendet; Teplitz-Schönau mag doppelt aufjauchzen, war es doch einer aus der Mitte seiner Bewohnerschaft, welcher dieses Meisterstück zur Ausführung brachte. Samstag den. 20. d. M. begab sich die Kommission, bestehend aus den Herren: k. k. Oberbergkommisstr Mlady, Professor Ullrich, und Oberbergingenieur Berta zum Döllinger Grubenfelde. In Gegenwart des Herrn k. k. Regierungsrathes v. Mer- beller, des Duxer Bürgermeisters Herrn Franzl, der Bau- komitémitglieder Herren: k.k. Baurath Piscaczek und k. k. Bergverwalter Mixa, sowie des Bauunternehmers Civilin- genieur Adolf Siegmund wurde nach einer vorherge- gangenen Inspektion sämmtlicher Maschinen und Pumpan- lagen angefahren, alle bisher durchgeführten Objekte einer eingehenden Prüfung unterzogen. Nachdem diese das denk- bar günstigste Resultat lieferte, die Kommission ihre Befrie- digung betreffs der Ausführung dieser Arbeiten ausgespro- chen hatte, begab man sich zur Einbruchstrecke. Es war m 10 Uhr, sechs Minuten Vormittags, als zur Schließung der von Herrn A. Siegmund seinerzeit projektirten und von ihm ouch ausgeführten Schleuse geschritten wurde. Der Bauunternehmer ersuchte zuerst den Herrn k. k. Oberberg- kommissar Mlady, mit ihm die Schließung der Schleuse Fenilleton. Die Amerikanerin. In den Vereinigten Staaten Nordamerikas bilden Mann und Weib in ihrer äußeren Erscheinung gar seltsame Gegensätze. Der Mann in seiner regen Geschäftigkeit legt wenig Werth auf Nebendinge; er hat keine Zeit, sich feine Umgangsformen anzu- eignen; er ist unmanierlich und rücksichtslos. Die Frau dagegen schätzt den kleinen Zierrath des Lebens ungemein hoch; sie liebt Putz und elegantes, Auftreten. Die Amerikanerin ist viel vor ihrem Spiegel beschäftigt, noch weit mehr und eifriger im Durchschnitt, als die Schönen Deutschlands, und das will viel sagen; sie studirt sich das kindliche Aussehen, das Schönthun, die Blicke ein, welche sogleich die Leute entzücken sollen. Ist ihr Profil von der rechten Seite verführerischer als von der linken, so sei versichert, daß sie ihren vornehmsten Besuch sich zur Rechten setzen wird. Ihre Toiletten sind etwas auffallend, sie liebt besonders Zierrath, wie breite Stahlschnallen, phantastische Nadeln, schweren Schmuck; ihre tolle Lockenfrisur bedeckt sie mit einem Hute voller Firlefanz und aus all diesem übertriebenen Detail, diesen Contrasten, macht sie ein elegantes Ganze. Sieh' sie nur mit ihrem ent- schiedenen und feinen Gesichte vorübergehen: ihr Schritt ist anmuthig, die Formen sind weich und tadellos. Abends freilich werden diese harmonischen Konturen, diese reizvollen Rundungen mit der Robe fallen. Mit dem Verluste seiner Jllusionen gewinnt man insofern, als man erfährt, wie weit die modernen Schneiderinnen es in der Kunst der Plastik gebracht haben und was für auatomische Kenntnisse das Fabriziren einer Amerikanerin erfordert. Wenn auch in keinem Lande der Rock den Mann, in Amerika macht das Kleid die Frau. Der schroffe Kontrast zwischen Mann und Frau ist besonders hervorstechend in den unteren Klassen. Auf den Farmen ec. scheinen manche Paare kläglich zu einander zu passen: der Mann mit dem Arbeits- wamms, der derben, arbeitgewohnten Hand, dem schlecht gekämmten Barte, spielt eine eigene Figur neben seiner elegant herausgeputzten Frau. Der Bauers- mann hat eine Kokette zur Gefährtin; sie ist nicht wie er bei der Arbeit frühzeitig in die Lehre gegangen, sie hat Zeit gehabt, sich zu verfeinern; ihr Mann würde übrigens davor erröthen, sie Feldarbeit thun zu lassen und die Taglöhnerin ist in den vereinigten Staaten auf dem Lande fast unbekannt. In innigem Zusammenhang mit dieser Bevor- zugung in der Erziehung steht' die Achtung des Amerikaners vor den Frauen, eine Achtung, auf die er sich so stolz zeigt. Dieser Cyniker unterliegt hier unbewußter Weise dem Einfluß der Formen. Eine Amerikanerin kann von Newyork nach San-Francisko- reisen, kann allein durch die Straßen einer Stadt oder auf den Pfaden der Prairie kutschiren, ohne irgendwie Beleidigungen ausgesetzt zu sein. Diese Achtung ist auch der Ausgangspunkt der Theorien, welche so nachdrücklich auf die Emancipation der Frau hinarbeiten. Uebrigens besitzt die Amerikanerin in der That eine große Thatkraft und Stärke; wenn der Mann bleich und erschöpft von den Aufregungen des Geschäfts nach Hause kommt, ruht er an der Schulter seiner Frau aus und geht er mit ihr aus, so ist er es oft, der sich auf ihren Arm stützt. Seine Frau ist nicht ein schwaches Wesen, das er beständig schützen muß, sie ist sein tapferer Kamerad. Das junge Mädchen genießt in den Vereinigten Staaten völlige Unabhängigkeit; es geht allein aus, es läßt sich von jungen Leuten ins Restaurant oder ins Theater begleiten, es ladet sie zu sich ein und empfängt sie selber im Salon. Die Eltern zählen gar nicht; man kann Hausfreund werden, ohne sie zu kennen; fragt man gelegentlich bei einer Abend- gesellschaft' das junge Mädchen nach dem Namen des und des Herrn, so antwortet es nachlässig: „Es ist mein Vater.“ In New-Orleaus wurde eines
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