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Nr. 74.
Sonntag den 25. Juli 1880.
III. Jahrgang.
EARLSBADER BADEBLATT.
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aßburgundZürich.A. oppeliiéo.
Tokal- und Bädernachrichten.
(Die Moorbäder) im Parterre
des „Neubades“ werden Mittwoch den
28. Juli eröffnet. Die Badelogen daselbst
sind mit allem Comfort und nach den
neuesten Prinzipien eingerichtet und ist
mit der Eröffnung dieser Badeanstalt
einem wirklichen Bedürfnisse abgeholfen.
Wie wir vernehmen, hat Bürgermeister
Knoll das hiesige Aerzte-Collegium einge-
laden, Dienstag Nachmittags die neue
Badeanstalt zu besichtigen.
(Herr Nikolaus Dumba,)
Reichsraths-Abgeordneter aus Wien, ist
auch dieses Jahr zum Kurgebrauche gestern
hier eingetroffen.
(Im Sommertheater) tritt heute
Nachmittags die kleine Celina Delépierre
zum dritten Male auf. Dieselbe ist ein
wahres Wunderkind und wurde auch gestern
wieder von dem gut besuchten Hause mit
vielem Beifalle aus gezeichnet. Heute werden
nebstbei die beiden Einakter „Kaudel's
Gardinen-Predigten“ von Moser und
„Knopflochschmerzen“ von Dr. Eirich ge-
geben. — Im Stadttheater gehen Abends
„die Glocken von Corneville“ in Szene.
Franzensbad, 23. Juli. Das
Polizeibureau, welches seit dem Beginn
der Badesaison auf dem Bahnhofe Eger
zum Schutze des Publikums vor Taschen-
dieben eingerichtet ist, hat schon einige be-
kannte Langfinger, welche sich unter freund-
licher Maske an die in die Bäder reisen-
den Personen heranzudrängen und sie ihrer
Börse zu berauben wußten, dingfest ge-
macht. Nachdem erst vor Kurzem eine
Pester Taschendiebsgesellschaft unschädlich
gemacht worden war, hat man vor wenigen
Tagen wieder zwei bekannte Gauner,
nämlich den Handelsmann Samuel Reiß
und seinen Commis Moritz Haber, beide
aus Milec in Galizien festgenommen, als
sie eben einen Engländer um seine mit
Pfundnote wohlgespickte Brieftasche er-
leichtert hatten. Die Diebe sollen auch an
dem kürzlich in Schleiz vorgekommenen
Diebstahle theilgenommen haben und sitzen
jetzt im Gefangenhause zu Eger.
(Von der Teplitz-Schönauer
Kurliste) ist Nr. 103 erschienen und
weist dieselbe bis 21. d. 5015 Parteien
mit 7317 Kurgästen aus. An Passanten
und Touristen verzeichnet die Kurliste bis
20. d. 15.835 Personen. Die Summe der
Fremden beträgt mithin 23.152 Personen.
(Schweiz.) In Lausanne hat sich
eine Gesellschaft gebildet, welche in Onchy
ein großes Bade-Etablissement errichten
will.
Bad Wartenberg, 22. Juli.
Gegenwärtig herrscht in unserem Badeorte
sehr reges Leben. Die Zahl der Kurgäste
hat fast 200 erreicht, und werden jede
Woche Ausflüge, Musikkonzerte ꝛc. arran-
girt. Heuer hat das Bad seine 40. Saison
und pflegen die „Stammgäste“ Berathungen
darüber, in welcher Weise die vierzig-
jahrige Jubiläumsfeier zu veranstalten
wäre. Man kam überein, das Jubiläum
erst im nächsten Jahre zu begehen, was
dem Wunsche des greisen, aber immer noch
der besten Gesundheit sich erfreuenden
Begründers und Leiters der Anstalt Herrn
Dr. Schlechta entspricht. Es wird auch
Bedacht genommen, bei dieser Gelegenheit
Fenilleton.
Vor der Abfahrt.
Die Saison der Bäder ist gekommen.
Der liebenswürdige Hausarzt hat der
gnädigen Hausfrau bereitwilligst einen
Badeort, der gerade en vogue, als un-
erläßliche Panacee gegen der Gnädigen
nervöses Leiden verschrieben, die Vorbe-
reitungen zur Reise werden getroffen. Zwar
hat die arme Kranke in den letzten Tagen
mehr Lebenslust und Energie gezeigt, als
je in ihren gesundesten Tagen, mit rüh-
rendem Eifer ist sie von der Putzmacherin
zur Schneiderin, von Gerson zu Herzog
geeilt, Abschiedsbesuche sind gemacht, um
die neuen Toiletten doch noch zu zeigen,
bevor die Strapazen der Badecampagne
sie allzu sehr geschädigt — endlich ist
alles, alles geordnet, das kleine Dutzend
Gepäckstücke ist zur Bahn geschafft, die
Ueberfracht bezahlt — und nun, da die
Glocke zur Abfahrt ruft, da ist kaum noch
Zeit zum rührenden Abschied von dem
Gatten, den Kindern und Karoline, der
treuen Hüterin des Hauses, die schon
lange, lange sehnsüchtig der Badereise der
Gnädigen entgegenharrt. Nun gilt's ein
Coupé zu finden — hier dies ist schon
zu voll, dort dringt zu gewaltig schon in
dichten Wolken der Cigarrendampf durch
die geöffneten Fenster und das zweite
Zeichen erklingt schon, nur wenige Augen-
blicke noch, dann muß geschieden sein.
Drum schnell hinein in jenes Coupé, in
dem nur eine Reisende bisher Platz' ge-
nommen. Freilich, sehr unterhaltend wird
diese Reisegesellschaft kaum sein: das
junge Mädchen, das der Gnädigen nun
gegenüber sitzt, ist schlicht und einfach ge-
kleidet; recht ernst, gar nicht reisefroh und
reiselustig blicken die feucht schimmernden
Augen, nur wenn das Mädchen zum
Fenster hinausschaut, dann nickt das feine
Köpfchen dem Mütterchen freundlich zu,
das mit mühsam verhaltenen Thränen in
den treuen Augen zu der Tochter auf-
schaut, die nun so weit, weit in die Fremde
ziehen soll, „die Mädchen zu lehren, den
Knaben zu wehren“ ...„Larmoyantes
Gouvernantengesicht“, meint“ die Gnädige
nach flüchtigem Blick auf ihre Nachbarin
und grüßt dann freundlich zum Fenster
hinaus die magenleidende Frau v. S., die
mit ihrem allerliebsten, braunlockigen
Töchterchen soeben ins Nebencoupé steigt,
Es ist das erste Mal, daß Käthchen mit
ins Bad genommen und in die große
Welt eingeführt wird, bisher hat sie immer
mit ihrem kleinen Schwesterlein und dem
wilden Bruder Studio und dessem ernstem
Freunde, dem fleißigen Referendar am
Kammergericht, in Berlin bleiben müssen,
oder höchstens einmal mit Papa auf ein
paar Tage das langweilige Gut mit seinen
dummen, schmutzigen Kühen und Bauern-
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