Text auf der Seite 1

Text: 
Nr. 74. Sonntag den 25. Juli 1880. III. Jahrgang. EARLSBADER BADEBLATT. Redaktion und Administration: Saison-Abonnement: im Hause „Bellevue“, Stefans- Für Karlsbad fl. — tr. Saison-Tagblatt. erIland7 i i. Inferate werden nur gegen Vorauszahlung auf- (Erscheint mit Ausnahme der Montage täglich.) genommen und kostet die Zspalige Petitzeile oder deren Raum8. Monatl. Abonnement: Pranumerationen und Inserate werden Fur Karlsbad1 fl. — kr. in derdministrattondiesesBa and.1 5f. 40 tr. artt,egg Herausgeber: Ernest Jraniech. Inserate übernehmen: Haasenstein a Vogler, Annoncenbureau in Wien, Prag, Hamburg, Lübeck, Berlin, Leipzig, Dresden, Breslau, Köln, Frankfurt a. M., Stuttgart asel, St.Gaen, Zuric, Fenf unb gaujanne, Rudolf Mosse in Ber'eau, Samburg, Nürnberg, Wien, Prg, azigugar, Sahe aßburgundZürich.A. oppeliiéo. Tokal- und Bädernachrichten. (Die Moorbäder) im Parterre des „Neubades“ werden Mittwoch den 28. Juli eröffnet. Die Badelogen daselbst sind mit allem Comfort und nach den neuesten Prinzipien eingerichtet und ist mit der Eröffnung dieser Badeanstalt einem wirklichen Bedürfnisse abgeholfen. Wie wir vernehmen, hat Bürgermeister Knoll das hiesige Aerzte-Collegium einge- laden, Dienstag Nachmittags die neue Badeanstalt zu besichtigen. (Herr Nikolaus Dumba,) Reichsraths-Abgeordneter aus Wien, ist auch dieses Jahr zum Kurgebrauche gestern hier eingetroffen. (Im Sommertheater) tritt heute Nachmittags die kleine Celina Delépierre zum dritten Male auf. Dieselbe ist ein wahres Wunderkind und wurde auch gestern wieder von dem gut besuchten Hause mit vielem Beifalle aus gezeichnet. Heute werden nebstbei die beiden Einakter „Kaudel's Gardinen-Predigten“ von Moser und „Knopflochschmerzen“ von Dr. Eirich ge- geben. — Im Stadttheater gehen Abends „die Glocken von Corneville“ in Szene. Franzensbad, 23. Juli. Das Polizeibureau, welches seit dem Beginn der Badesaison auf dem Bahnhofe Eger zum Schutze des Publikums vor Taschen- dieben eingerichtet ist, hat schon einige be- kannte Langfinger, welche sich unter freund- licher Maske an die in die Bäder reisen- den Personen heranzudrängen und sie ihrer Börse zu berauben wußten, dingfest ge- macht. Nachdem erst vor Kurzem eine Pester Taschendiebsgesellschaft unschädlich gemacht worden war, hat man vor wenigen Tagen wieder zwei bekannte Gauner, nämlich den Handelsmann Samuel Reiß und seinen Commis Moritz Haber, beide aus Milec in Galizien festgenommen, als sie eben einen Engländer um seine mit Pfundnote wohlgespickte Brieftasche er- leichtert hatten. Die Diebe sollen auch an dem kürzlich in Schleiz vorgekommenen Diebstahle theilgenommen haben und sitzen jetzt im Gefangenhause zu Eger. (Von der Teplitz-Schönauer Kurliste) ist Nr. 103 erschienen und weist dieselbe bis 21. d. 5015 Parteien mit 7317 Kurgästen aus. An Passanten und Touristen verzeichnet die Kurliste bis 20. d. 15.835 Personen. Die Summe der Fremden beträgt mithin 23.152 Personen. (Schweiz.) In Lausanne hat sich eine Gesellschaft gebildet, welche in Onchy ein großes Bade-Etablissement errichten will. Bad Wartenberg, 22. Juli. Gegenwärtig herrscht in unserem Badeorte sehr reges Leben. Die Zahl der Kurgäste hat fast 200 erreicht, und werden jede Woche Ausflüge, Musikkonzerte ꝛc. arran- girt. Heuer hat das Bad seine 40. Saison und pflegen die „Stammgäste“ Berathungen darüber, in welcher Weise die vierzig- jahrige Jubiläumsfeier zu veranstalten wäre. Man kam überein, das Jubiläum erst im nächsten Jahre zu begehen, was dem Wunsche des greisen, aber immer noch der besten Gesundheit sich erfreuenden Begründers und Leiters der Anstalt Herrn Dr. Schlechta entspricht. Es wird auch Bedacht genommen, bei dieser Gelegenheit Fenilleton. Vor der Abfahrt. Die Saison der Bäder ist gekommen. Der liebenswürdige Hausarzt hat der gnädigen Hausfrau bereitwilligst einen Badeort, der gerade en vogue, als un- erläßliche Panacee gegen der Gnädigen nervöses Leiden verschrieben, die Vorbe- reitungen zur Reise werden getroffen. Zwar hat die arme Kranke in den letzten Tagen mehr Lebenslust und Energie gezeigt, als je in ihren gesundesten Tagen, mit rüh- rendem Eifer ist sie von der Putzmacherin zur Schneiderin, von Gerson zu Herzog geeilt, Abschiedsbesuche sind gemacht, um die neuen Toiletten doch noch zu zeigen, bevor die Strapazen der Badecampagne sie allzu sehr geschädigt — endlich ist alles, alles geordnet, das kleine Dutzend Gepäckstücke ist zur Bahn geschafft, die Ueberfracht bezahlt — und nun, da die Glocke zur Abfahrt ruft, da ist kaum noch Zeit zum rührenden Abschied von dem Gatten, den Kindern und Karoline, der treuen Hüterin des Hauses, die schon lange, lange sehnsüchtig der Badereise der Gnädigen entgegenharrt. Nun gilt's ein Coupé zu finden — hier dies ist schon zu voll, dort dringt zu gewaltig schon in dichten Wolken der Cigarrendampf durch die geöffneten Fenster und das zweite Zeichen erklingt schon, nur wenige Augen- blicke noch, dann muß geschieden sein. Drum schnell hinein in jenes Coupé, in dem nur eine Reisende bisher Platz' ge- nommen. Freilich, sehr unterhaltend wird diese Reisegesellschaft kaum sein: das junge Mädchen, das der Gnädigen nun gegenüber sitzt, ist schlicht und einfach ge- kleidet; recht ernst, gar nicht reisefroh und reiselustig blicken die feucht schimmernden Augen, nur wenn das Mädchen zum Fenster hinausschaut, dann nickt das feine Köpfchen dem Mütterchen freundlich zu, das mit mühsam verhaltenen Thränen in den treuen Augen zu der Tochter auf- schaut, die nun so weit, weit in die Fremde ziehen soll, „die Mädchen zu lehren, den Knaben zu wehren“ ...„Larmoyantes Gouvernantengesicht“, meint“ die Gnädige nach flüchtigem Blick auf ihre Nachbarin und grüßt dann freundlich zum Fenster hinaus die magenleidende Frau v. S., die mit ihrem allerliebsten, braunlockigen Töchterchen soeben ins Nebencoupé steigt, Es ist das erste Mal, daß Käthchen mit ins Bad genommen und in die große Welt eingeführt wird, bisher hat sie immer mit ihrem kleinen Schwesterlein und dem wilden Bruder Studio und dessem ernstem Freunde, dem fleißigen Referendar am Kammergericht, in Berlin bleiben müssen, oder höchstens einmal mit Papa auf ein paar Tage das langweilige Gut mit seinen dummen, schmutzigen Kühen und Bauern-
Dateiname: 
karlsbader-badeblatt-1880-07-25-n74_1505.jp2