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Hitze, theils durch die wolkenbruch-
artigen Regengüsse ungemein viel zu
leiden, sind aber trotzdem von vor-
trefflichem Geist beseelt. Die Zustände
in Serajewo werden übereinstimmend
als völlig anarchisch geschildert. Die
Ursache der dortigen Emeute will man
in Constantinopel der Weigerung der
Militärautoritäten von Serajewo, den
Wunsch der Bevölkerung nach Be-
waffnung zu erfüllen, zuschreiben. Nach
dem „N. W. Tagblatt hätte Hadschi
Loja in Serajewo eine provisorische Re-
gierung eingesetzt, eine Kriegssteuer
ausgeschrieben und in einem Manifest.
das Volk zu den Waffen gerufen. Mit
Bezug auf die Zustände in Bosnien
schreibt die „Nordd. Allg. Ztg.“: Die
einzige Hoffnung auf Wiederherstellung
der Ordnung in diesen Territorien der
europäischen Türkei beruht auf der
militärischen Action Oesterreichs, welche,
soweit aus den vorliegenden Nachrichten
ersichtlich, sich planmässig vollzieht.
Immerhin stellt die absolute Unberechen-
barkeit der vorgefundenen Zustände die
höchsten Anforderungen an die Umsicht
der Führer, sowie an die moralischen
und physischen Kräfte der Truppe, wenn
unliebsame Zwischenfälle vermieden
bleiben sollen, welche der Occupation
leicht einen von dem beabsichtigten
wesentlich verschiedenen Character auf-
prägen würden.“
In den letzten Tagen sollte die
Räumung erfolgen, heutige Nachrichten
besagen jedoch, dass trotz dem Drängen
Lobanows weder Varna noch Batum
bisher übergeben worden sind.
Kaiser Wilhelm in Teplitz.
Se. Majestät der deutsche Kaiser hat
Dienstag das erste Handmoorbad, und Mitt-
woch das erste Thermalbad genommen. Diens-
tag Nachmittags unternahm Se. Majestät eine
Rundfahrt durch den Schlosspark, begab sich
sodann im offenen Wagen und in Begleitung
Ihrer kais. Hoheit der Grossherzogin von Baden
und Prinzessin Victoria über Schönau, Turn
nach Probstau. Die Rückfahrt wurde, da der
früher eingeschlagene Weg vom Regen aufge-
weicht war, über Weisskirchlitz genommen.
Mittwoch Vormittags promenirte Kaiser Wil-
helm ganz allein, im Civilanzuge, im Curgarten
und geruhte einige der wachhabenden Bürger
anzusprechen. Am selben Tag zur Mittags-
stunde überreichte eine fünfgliedrige Deputa-
tion, bestehend aus den Herren: Geheim. vor-
trag. Rath Dr. Kersoudt, Stadrath Walker,
Lehrer Stube, Bez.-Vorsteher J. Dolfuss aus
Berlin, und Postmeister Wasner aus Franken-
berg (Cassel) die ca. 400 Unterschriften zäh-
lende Adresse, Namens der hier zur Cur an-
wesenden deutschen Curgäste. Die Adresse
ist auf feinstem Velinpapier calligraphisch aus-
geführt. Sie liegt in einer prachtvollen, blau-
sammtenen Enveloppe mit silbernen Ornamenten
reich und geschmackvoll verziert und trägt
die ebenfalls von Silberbuchstaben gefertigte
Aufschrift:
Ihrem Kaiser
die deutschen Curgäste
in Teplitz-Schönau
1878.
Die Enveloppe ist von der bestens be-
kannten hiesigen Firma Hermann Beetz ange-
fertigt worden.
Die Deputation wurde vom Obersthof-
meister Sr. Majestät des Kaisers, Grafen Per-
poncher auf's freundlichste empfangen, welcher
derselben eröffnete, dass Kaiser Wilhelm über
eindringlichsten Einspruch der behandelnden
Aerzte zu allerhöchst seinem Leidwesen die
Deputation persönlich nicht empfangen könne,
jedoch mit herzlicher Freude und Genugthuung
ihre Adresse entgegennehmen werde. Der
Einladung der Deputation, dem Gottesdienste
anlässlich der Friedrich-Wilhelmfeier auf der
Königshöhe beizuwohnen, wird Se. Majestät,
falls die Aerzte es gestatten, Folge leisten.
Der Hofstaat werde jedenfalls vollzählig er-
scheinen. — Nachmittags besuchte Se. Majestät
die Localitäten des Kaiserbades. In den
Abendstunden unternahm Kaiser Wilhelm,
nachdem sich das Wetter geklärt hatte, eine
Ausfahrt wiederum nach Probstau.
Wir waren bereits früher in der Lage,
die Ankunft des Königs und der Königin on
Sachsen entgegen den Nachrichten verschie-
dener anderer Blätter, das dieselbe auf Mon-
tag avisirten, für Samstäg anzuzeigen. Dieselbe
fand auch wirklich an diesem Tage — gestern
Samstag — statt und wurden für königl. Ma-
jestäten 15 Zimmer in Trotha's „Hotel London“
bestellt. Die Ankunft erfolgte' um 1 Uhr 40
Minuten Nachmittags auf dem Bahnhofe Tep-
litz-Waldthor.
Der Mittwoch Abend stattgehabten Vor-
stellung im hiesigen Stadttheater wohnten in
den reservirten Prosceniumslogen vom aller-
höchtsen Hofstaate Graf Perponcher, Graf
Goltz und Graf Steinäcker bei, welche der
Aufführung „Graf Waldemar“ bis zum Schlusse
des 4. Acteš beiwohnten. Vor dem mit Tep-
pichen bedeckten Treppenaufgange waren
exotische Gewächse aufgestellt Beim Eingange
wurden die Herrschatten vom Bürgermeister
Uherr und einigen Mitgliedern des Theater-
comité's empfangen und in die Logen geleitet.
Das Foyer war mit Blumen und exotischen
Gewächsen festlich geschmückt. — Die Cur-
Concerte beginnen jetzt, um die Morgenruhe
des Kaisers nicht zu stören, erst um 7 Uhr.
(Tepl. Ztg.)
Kleine Chronik.
(Curtrequenz.) Den heranrückenden
Herbst fühlt man schon merklich an dem
schwächer werdenden Fremdenzuflusse; früh-
zeitiger als andere Jahre tritt heuer die Stag-
nation ein, und wenn auch des Morgens an
den Brunnen noch ein reges Treiben herrscht.
so wird gewiss in einigen Tagen schon das
Bild sich merklich geändert haben. Der Ueber-
fluss an Wohnungen tritt von Tag zu Tag-
mehr hervor, und schon gibt es fast kein Haus
mehr, an dem nicht das ominöse Wohnungs-
tafelchen sichtbar wäre.
(Director Van Hell) gastirt von heute
ab mit der Gesellschaft des Sommertheaters
durch einige Tage in Saaz, wo, wie wir ver-
nehmen, drei Vorstellungen stattfinden sollen.
Wahrend dieser Zeit bleibt hier das Sommer-
theater geschlossen.
(Lord Loftus), der englische Botschafter
in Petersburg weilt seit 1. d. M. mit Gemalin
in Marienbad.
(Giesshübl-Puchstein.) Die vorgestern
ausgegebene Curliste Nr. 5 weist 79 Personen
als dort zum Curgebrauche angekommen aus
überdies verzeichnet dieselbe 12,960 Passanten.
— Unter den letzt Angekommenen befinden
sich der Karolinenthaler Bezirkshauptmann
Statthaltereirath Karasak, dann Stabsarzt Dr.
Schön und Baronin Ehrenberg aus Prag und
endlich Dr. Ritter von Barychar aus Wien.
(Aus Marienbad) schreibt man: Die
am 30. August ausgegebene 123. Curliste re-
gistrirte eine Frequenz von 5889 Parteien mit
8422 Personen, eine Ziffer, welche andeuten
lässt, dass in den Hotels der Kaiserstrasse und
des Parkplatzes nur schwer mehr ein Passanten-
zimmer auf einen Tag zu haben ist. An Ce-
lebritäten ist die Baderesidenz Marienbad der-
zeit ziemlich gut ausgestattet. Se. Durchlaucht
Moritz von Hanau hat in dem schön situirten
und gut geführten Hotel Casino längeren Auf-
enthalt genommen, ferner weilt hier der Lan-
descommandirende von Ungarn, Herr Baron
Edelsheim-Gyulai nebst Gemalin, Herr Gustav
Walter, der berühmte Lohengrin und beste
Liedersänger vom Wiener Hofoperntheater,
der Generaldirector der Franz Joseph-Bahn,
Hofrath Ritter von Kogerer freut sich des
Massenandrangs der Fahrgäste, die sich um
die Coupée's der einst viel verlästerten Bahn
oft förmlich raufen und halbtodt quetschen,
während Herr Sectionschef Wehli auf einsamen
Waldpromenaden jedenfalls über preussischen
Culturkampf Studien macht. Auch Excellenza
Philippovich, die Gemalin des bereits gegen
Bosnien gezogenen Occupations-Generalissimus,
der gleichfalls einige Zeit hier zubrachte,
geniesst hier ihren Sommeraufenthalt und Herr
Etienne, der Eigenthümer der „N. fr. Presse“,
macht Feuilletonstudien über unsere Hotels.
Am stärksten ist die hohe Finanz der Haupt-
stadt vertreten. Nebst Baron Wodianer ruht
auch Freiherr von Königswarter mit Gemalin
und Familie und einer Gesellschaft von nicht
weniger als zwei Köpfen von den Anstren-
gungen des Millionenerwerbens ein wenig aus,
während Ritter von Ofenheim es vorgezogen
hat, in Franzensbad seine Renten und Divi-
denden zu geniessen und dann zur Nachcur
nach Ischl zu gehen. Das stärkste Contingent
aber hat Norddeutschland gestellt.
Theater.
(Stadttheater.) Am vorigen Freitag
begann das Gastspiel des Frl. Mayerhoff
mit „Girofle-Girofla“. Die Gastin zeichnet sich
durch reiche Stimmbegabung und gute Schule
aus; ihre besonders auch in den Höhenlagen
in voller Reinheit klingende Stimme ist kraft-
voll, modulationsfähig und sehr sympathisch,
der Vortrag nuancirt und deutlich, ihr Spiel
decent und elegant. — Frl. Meyerhoff wurde
häufiger Beifall zu Theil. — Zu bemerken ist,
dass der trefflichen Künstlerin nicht die er-
wünschte Unterstützung zu Theil wurde, wes-
halb die schon so oft gegebene Operette nicht
in der guten Weise, wie wir sie früher zu
hören bekamen, zur Aufführung gelangte.
(Im Sommertheater) ging das Ro-
sen'sche Lustspiel „Unsere Feinde“ vor schwach
besuchtem Hause in Scene. Das Stück an und
für sich ist eine der besten Arbeiten Rosens,
verlangt aber eine recht exacte Wiedergabe,
welche demselben auch zu Theil wurde.
Název souboru:
karlsbader-badeblatt-1878-08-04-n94_1860.jp2