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Politische Rundschau. Der Congress arbeitet in beschleu- nigtem Tempo, die Sitzungen folgen einander täglich ohne Pause, sie fördern weitere Resultate zu Tage, und es ist nunmehr mit Sicherheit anzunehmen, dass das Friedenswerk der Diplomaten zu Stande kommen wird, da die Capital- frage, welche die meisten und grössten Schwierigkeiten in sich barg, die Frage Bulgariens in den Hauptpunkten nahezu ganz erledigt ist. Der Telegraf spricht heute zum ersten Mal von einer heftigen Opposition der türkischen Delegirten man wird wohl nicht fehlgehen mit der Vermuthung, dass deren Widerstand hauptsächlich mit der Zutheilung von Sophia an das künftige Fürstenthum Norgbulgarien gewidmet war, da durch dieselbe der Werth der russischen Con- cession, nach welcher die Balkanpässe den Türken bleiben und befestigt werden. können, illusorisch wird. In der gestrigen Congresssitzung gelangte man zum Abschluss in allen Hauptpunkten der bulgarischen Frage und wurde noch der Antrag Englands und Oesterreichs auf Schleifung der Festungen Schumla und Varna ange- nommen. Die nächste Sitzung findet morgen, Freitag statt und soll in der- selben die griechische Frage zur Ver- handlung kommen. Die Rumänen haben nunmehr ihr Memorandum dem Präsidium des Con- gresses überreicht. Dasselbe enthält in fünf Punkten die rumänischen Wünsche, welche sich auf die bessarabische An- gelegenheit, die Durchzugsrechte und die zu beanspruchende Entschädigung beziehen. Die Frage der Occupation Bos- niens und der Herzegowina tritt nun wieder in den Vordergrund. Den vor- liegenden Nachrichten über die bevor- stehenden Interventionen Oesterreichs mag einstweilen noch einiger Zweifel entgegengebracht werden, denn es ist nicht wünschenswerth, die Occupation gegen den Willen der Pforte zur That- sache werden zu sehen. Pariser Briefe. Paris, 25. Juni 1878. Wenn die Sonne dem Feste vom 30. Juni keinen Streich spielt, wird dasselbe gewiss sehr glänzend ausfallen. In allen 20 Arron- dissements von Paris herrscht grosse Thätig- keit und überall werden die Beleuchtungen und Decorirungen glänzend sein. — Die Fahnen- und Lampionsfabrikanten können kaum den erhaltenen Aufträgen genügen. Im Boulogner Geh�lz wird die Illumination noch nie Dagewesenes darbieten. Die ganzen Chanmps Elysées, von den Tui- lerien an bis zu den Seen am Boulogner Ge- holz, ungefähr 6 Kilometer, werden mit Gas, bengalischen Feuern etc. erleuchtet. Die beiden Seen werden namentlich einen sehr schönen Anblick darbieten. — Während des ganzen Abends werden auf denselben 100 Schiffe geschmückt und beleuchtet verkehren, auf 4 spielen Militärmusiken, andere werden Feuerwerke beherbergen. Auf den Hlöhen von Montmartre, Buttes Chaumont, werden ebenfalls Feuerwerke stattfinden. Die gestrigen Processionen anlässlich des Frohnleichnamstages haben in allen Kirchen hier mit grossem Pompe stattgefunden. — Die Militär-musikbanden spielten und die Theil- der Gläubigen war ziemlich gross. Heute findet ein zweites Balltest bei dem Seine-Präfecten statt. Der Schah von Persien, welcher sich nach Fontainebleau begeben natte, um die dortige Militärschule zu besuchen — ist nach Paris zurückgekehrt, welches er erst in den ersten Tagen des Monats Juli verlassen wird. Der Besuch der Ausstellung ist immerfort ein grosser, weder Hitze noch Regen hielten die zahlreichen Fremden und Pariser ab, die- selbe zu besuchen. Gestern zählte man 82,623 Entrées. Kleine Chronik. (Die Curcapelle) veranstaltet morgen Nachmittag im Garten des Posthofes ein ausser- ordentliches Concert zum Besten ihres Pen- sionsfondes. Unsere wackere Curcapelle er- freut sich sowohl unter dem Badepublicum als der einheimischen Bevölkerung derartiger Sympathien, dass aus dem Erlös des Concertes gewiss ein namhafter Betrag der Pensions- fondscassa erübrigen wird. (Das Orgel-Concert) des blinden Or- ganisten Schröder findet erst am 3. Juli statt, zu welchem aus ganz besonderer Gefälligkeit für den unglücklichen Künstler Frau Friedrich- Materna ihre Mitwirkung freundlich zusagte. (Israelitischer Gottesdienst.) In der neuen Synagoge beginnt der Gottesdienst Samstag den 29. Juni Vormittags 10 Uhr, die Predigt 1/411 Uhr. (Stadttheater.) Am vorigen Dienstag begrüssten wir einen bekannten, liebwerthen Gast: Frau Schenk-Ullmeyer, welche ein kurzes Gastspiel am hiesigen Stadttheater als „Rosalinde“ in der Strauss'schen Operette „Fle- dermaus“ eröffnete. (Im Sommertheater) findet heute Frei- tag das Benefice der Miniatur-Gallmeier Dora Friese statt. Morgen Samstag wird mit Herrn Friese und dessen Tochter ein neues Lustspiel nach dem Französischen „Careau-König“, über- morgen Sonntag der Raimund'sche „Ver- schwender“ mit ganz neuer Inscenirung und der vollständigen Musik von Conr. Kreutzer gegeben. (Ein Act der Rohheit.) Vorgestern Nachmittag passirte der Kammerdiener eines zur Cur hier weilenden Cavaliers mit einem Hündchen auf der neuen Wiese, als einige Wagen daherkamen und einer derselben, wie es scheint, das Hündchen streifte, das jämmerlich zu schreien begann. Auf das Geschrei sprang, wie dies so Hundeart ist, der grosse Jagdhund des Herrn K. P., ein ganz harmloses Thier herbei, und der eifrige Diener, in der Meinung, der grosse Hund habe den kleinen etwas zu Leide gethan, sprang auf denselben zu, schlug ihn mit einem Stocke derart über die Nase, dass derselbe sofort zusammenstürzte, damit nicht genug, hieb er weiter auf den dahinge- streckten Hund, dass der Stock in viele Stücke brach, verwundete denselben am Hals mit dem noch übrigen Stumpf des Stockes und zog endlich noch sein Messer, um ihn vollends zu tödten, was aber ein Nachbar durch energisches Dazwischenkommen hinderte. — Eine grosse Menschenmenge hatte sich indessen angesam- melt und zeigte sich empört über das gemeine und rohe Benehmen des Burschen. Derselbe wurde sofort zur Polizei behufs Vernehmung geführt und wird hoffentlich der verdienten Strafe für seine Rohheit nicht entgehen. (Herr Joh. Miesl Edler von Zeil- eissen, k. k. Statthaltereirath in Eger, wurde in dankbarer Anerkennung seiner um den Curort Franzensbad erworbenen Verdienste in der ausserordentlichen Sitzung des dortigen Gemeindeausschusses zum Ehrenbürger gewählt. Eingesendet. Geehrtester Herr Redacteur! Auf das in Nr. 52 vom 22. l. M. Ihres geschätzten Blattes enthaltene Eingesendet „Hundehetze in Franzensbad“, sehe ich mich Bemüssiget, nachstehende Richtigstellung zu veröffentlichen: Unwahr ist es, dass der Wasenmeister- gehilfe im Parke selbst seine Pflicht — herren- lose Hunde ob mit oder ohne Marke versehen, einzufangen — ausübte, sondern derselbe be- fand sich auf der öffentlichen Strasse, wozu derselbe den Auftrag hatte und von einem Polizeimann begleitet war. Die Curverwaltung hat sich zu dieser hier seltenen, ja zum ersten Male wahrend der Badesaison in Anwendung gebrachten Massregel bemüssiget gefunden, weil das Verbot des Hundemitbringens zu den Quellen und in das nachmittägige Parkconcert weder von den P. T. Badegästen noch von den Einheimischen auch nur die geringste Beachtung fand. Dem Gefertigten war es selbst unangenehm, zum ersten Male während seiner Amtsführung zu dieser Massregel greifen zu müssen, aber er erachtete sich hiezu aus „Rücksicht“ gegen das übrige Publicum, welches keine Hünde besitzt, umsomehr ver- pflichtet, als täglich theils schrittliche, theils mündliche Anzeigen über die Belästigung der Hunde, namentlich von Damen einliefen. — Die Curverwaltung wäre wohl laut der im Inspections-Blatte der Franzensbader Curliste veröffentlichten Durchführungsvorschritt über die Einhebung der Hundesteuer § 2 berechtigt, die Hundesteuer einzuheben; allein dies wird aus „Rücksicht gegen das Badepublikum“ unter- lassèn. — Dass man bei der Ausführung der in Rede stehenden Massregel mit Zartgefühl wohl nichts ausrichten wird, das liegt auf der Hand; allein, wenn die Herren Einsender im Stande sind, dem Gefertigten einen mehr ge- bildeten Wasenmeister-Gehilfen zu empfehlen, so erklärt sich derselbe gerne bereit, vorkom- menden Falles diesen zu acceptiren. Bürgermeisteramt als Curverwaltung Franzensbad. Carlsbad, 27. Juni. Der Bürgermeister: Schack.
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